Urteil vom Landgericht Köln - 24 O 279/06
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.471,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus seit dem 1.7.2005, sowie aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.8.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.9.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.10.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.11.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.12.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.1.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.2.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.3.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.4.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.5.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.6.2006 und aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.7.2006 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, ab dem 1.5.2007 zusätzlich zum bisher gezahlten monatlichen Rentenbetrag in Höhe von 4123,10 € einen Betrag in Höhe von monatlich 2748,70 €, insgesamt also eine Rente in Höhe von monatlich 6871,80 €, an die Klägerin zu zahlen, zahlbar jeweils zum Monatsersten.
3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 666,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1.4.2006 zu zahlen.
4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Höhe der Eintrittspflicht des Beklagten für die Witwenrente der Klägerin aus der betrieblichen Altersversorgung ihres am 24.6.2005 verstorbenen Ehemannes. Dieser hatte gegen die Maschinenfabrik H GmbH aufgrund Versorgungszusage vom 11.8.1975 einen Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 34.367,50 DM monatlich. Nach der Versorgungszusage beträgt die Witwenpension 60 % des Ruhegehaltes des Versorgungsberechtigten.
2Aufgrund der Insolvenz der Maschinenfabrik H GmbH erbrachte der Beklagte an den Ehemann der Klägerin den nach § 7 Abs. 3 BetrAVG begrenzten Höchstbetrag von 13.440,- DM monatlich. Seit dem Tod des Ehemannes der Klägerin zahlt der Beklagte ihr seitdem eine monatliche Rente von 4123,10 €, was 60 % der ihrem Ehemann nach § 7 Abs. 3 BetrAVG erbrachten Versorgungsleistungen entspricht.
3Die Klägerin, die mit dem Antrag zu 2) auch anteilige Anwaltskosten geltend macht, ist der Ansicht, gemäß Urteil des BGH vom 11.10.2004 (II ZR 403/02) sei ihr Anspruch nicht aus dem bereits nach § 7 Abs. 3 BetrAVG reduzierten Anspruch ihres Mannes zu berechnen, sondern vielmehr sei von 60 % des von der Maschinenfabrik H ihrem Ehemann zugesagten Ruhegehalts auszugehen; erst dieser Betrag sei dann nach § 7 Abs. 3 BetrAVG zu begrenzen. Damit stehe ihr derselbe Betrag zu, wie der Beklagte zuletzt an ihren Mann monatlich zahlte, nämlich 6871,80 €. Den unstreitigen monatlichen Differenzbetrag von 2748,70 € macht sie ihrer Klage geltend. Sie behauptet zudem, den Auftrag zur außergerichtlichen Interessenwahrnehmung unabhängig vom Klageauftrag erteilt zu haben.
4Die Klägerin beantragt,
5den Beklagten zu verurteilten, an sie 35.733,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus seit dem 1.7.2005, sowie aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.8.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.9.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.10.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.11.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.12.2005, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.1.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.2.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.3.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.4.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.5.2006, aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.6.2006 und aus weiteren 2748,70 € seit dem 1.7.2006 zu zahlen,
6den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 666,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.4.2006 zu zahlen,
7den Beklagten weiter zu verurteilen, ab dem 1.8.2006 zusätzlich zum bisher gezahlten monatlichen Rentenbetrag in Höhe von 4.123,10 € einen Betrag in Höhe von monatlich 2.748,70 €, insgesamt also eine Rente in Höhe von monatlich 6.871,80 €, an sie zu zahlen, zahlbar jeweils zu Monatsanfang.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Der Beklagte meint, der vorliegende Fall unterscheide sich vom BGH entschiedenen Fall des Todes des primär Versorgungsberechtigten vor dem Sicherungsfall maßgeblich: Schutzzweck des § 7 Abs. 3 BetrAVG, der Grundsatz der Akzessorietät der Hinterbliebenenversorgung wie der Umstand, dass nach der Rechnung der Klägerin sich lediglich eine Reduktion des Anspruchs gegen die Insolvenzmasse ergebe, verböten es, der Klägerin mehr als 60 % des an den Ehemann gezahlten Betrages zuzubilligen.
11Zum weitergehenden Vortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Beklagte hat unter dem 26.3.2007 einen Schriftsatz zur Akte gereicht.
Entscheidungsgründe
12Die Klage begründet.
13Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf laufende Versorgungsleistungen in Höhe des geltend gemachten monatlichen Differenzbetrages von 2748,70 € zu, § 7 Abs. 1, 3 BetrAVG.
14Wie der BGH in der hier in Anspruch genommenen Entscheidung vom 11.10.2004 dargelegt hat (II ZR 403/02) hat der Beklagte im Sicherungsfall dem aus der unmittelbaren Versorgungszusage berechtigten Hauptversorgungsempfänger oder aber seinen Hinterbliebenen die Versicherungsleistungen in der Höhe zu erbringen, die der Arbeitgeber aufgrund seiner Versorgungszusage zu erbringen gehabt hätte. Der gesetzliche Versicherungsanspruch knüpft ohne Einschränkungen grundsätzlich an den Versorgungsanspruch an, wie er sich aus der Versorgungsvereinbarung ergibt. Wortlaut und Systematik der §§ 7 Abs. 1 und § 7 Abs. 3 BetrAVG sind insoweit eindeutig (dazu Goette, DStR 2004, 2209): § 7 Abs. 1 knüpft an den Versorgungsanspruch an, der sich aus der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ergibt; § 7 Abs. 3 hingegen statuiert für diesen nach § 7 Abs. 1 BetrAVG ermittelten Betrag eine Höchstgrenze, jenseits derer der Beklagte nicht mehr eintrittspflichtig ist, um das aus den Beiträgen seiner Mitgliedsunternehmen stammende Vermögen möglichst zu schonen.
15Angesichts des eindeutigen Wortlauts und der klaren Systematik der gesetzlichen Regelung gibt es keine Grundlage dafür, danach zu differenzieren, ob der Hauptversorgungsberechtigte nun vor dem Sicherungsfall verstorben ist, wie im höchstrichterlich entschiedenen Fall, oder ob der Hauptversorgungsberechtigte den Sicherungsfall selbst erlebt und die Hinterbliebenenversorgung erstmalig vom Beklagten zu erbringen ist. Soweit der Beklagte den Sinn der Kappungsgrenze des § 7 Abs. 3 BetrAVG bemüht, ist diesem durch die gesetzliche Regelung gerade Rechnung getragen, der Sinn der Vorschrift wird nicht entleert, wenn die Kappungsgrenze erst auf die nach § 7 Abs. 1 BetrAVG ermittelte Höhe der Versorgungsleistung auch des Hinterbliebenen angewandt wird. Natürlich hat der Beklagte mehr Leistungen zu erbringen, wenn die Hinterbliebenversorgung nicht von dem nach § 7 Abs. 3 BetrAVG gekapptem Betrag errechnet wird, wie es der Beklagte für richtig ansieht. Dies ist angesichts des klaren gesetzlichen Wortlauts und der gesetzlichen Systematik aber gewollt. So hat der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung auch hervorgehoben, dass das Vorgehen des Beklagten angesichts der klaren Gesetzeslage „selbst“ im Fall des Todes des Hauptversorgungsberechtigten vor Eintritt des Sicherungsfalles nicht mit dem Gesetz im Einklang steht. Im hier zu entscheidenden Fall gilt nichts anderes. Dem steht nicht entgegen, dass, wie der Beklagte einwendet, nach dem gesetzlich vorgezeichneten Vorgehen der Fall eintreten könnte, dass der Hinterbliebe mehr erhielte als der Hauptversorgungsberechtigte nach Eintritt des Sicherungsfalles erhalten hat. Der vorliegende Fall zeigt dies: Beide erhalten dasselbe. Betrüge 60 % der Versorgungsleistungen, die der Arbeitgeber zugesagt hatte, weniger als der aufgrund Kappung gemäß § 7 Abs. 3 BetrAVG ermittelte Betrag (bezogen auf den Hauptversorgungsempfänger), so fiele auch der Versicherungsanspruch gegen den Beklagten entsprechend geringer aus, denn der Versicherungsanspruch des Hinterbliebenen und derjenige des Hauptversorgungsberechtigten sind derselbe (s. Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3.Aufl., § 7 Rn. 251).
16Weiter steht dem nicht entgegen, dass der Versorgungsanspruch gegen die Insolvenzmasse bei Versterben des Hauptversorgungsberechtigten der Hinterbliebenenversorgung entsprechend gekürzt wird, der insolvenzgesicherte Anspruch hingegen scheinbar nicht, wie der Beklagte einwendet. Diese Sichtweise verkennt die gesetzliche Regelungssystematik. § 7 Abs. 1 BetrAVG bestimmt grundsätzlich die Höhe des gesetzlichen Versicherungsanspruchs (BGH, a.a.O.). Mithin wird auch der insolvenzgesicherte Anspruch des Hinterbliebenen gekürzt. Liegt der gekürzte Anspruch indes nach wie vor über der Kappungsgrenze, wie es hier der Fall ist, so kommt diese gesetzlich festgelegte Grenze zum tragen, sie bestimmt den vom Beklagten zu zahlenden Betrag, indes nicht den insolvenzgeschützten Anspruch des Hinterbliebenen. Dieser wird lediglich im Interesse der Schonung des Vermögens des Beklagten bei hohen Renten gedeckelt.
17Damit stehen der Klägerin pro Monat die geltend gemachten zusätzlichen 2748,70 € zu; der Höhe nach ist ihr Anspruch zwischen den Parteien unstreitig.
18Im Tenor zu Ziffer 1 waren der Klägerin die bis zum Entscheidungstermin aufgelaufenen Rückstände zuzuerkennen, soweit die Klägerin Zinsen begehrt hat (bis 1.7.2006) auch diese, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1, 288 Abs. 1 BGB. Im Tenor zu Ziffer 2 war die Leistungsverpflichtung des Beklagten für die Zukunft auszusprechen.
19Der Ausspruch zu Ziffer 3 ergibt sich aus Verzug des Beklagten. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass die anteilig geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren tatbestandlich begründet waren. Soweit sie anteilig Geschäfts- wie Verfahrengebühren geltend macht, hat sie unwidersprochen dargelegt, dass der erste Auftrag außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens erteilt und der zweite erst erteilt wurde, nachdem sich herausstellte, dass der erste Auftrag nicht den gewünschten Erfolg gehabt hatte. Da der Beklagte auf Mahnung der Klägerin vom 3.3.2006 (K 7) nicht zahlte, befand er sich auch mit dieser Schuld wiederum in Verzug. Soweit der Beklagte erst mit Schriftsatz vom 26.3.2007 eingewandt hat, die Klägerin habe nicht die Zahlung an ihren Anwalt dargelegt, steht dieses verspätete Bestreiten der Bezahlung der Gebührenrechnung dem Klagezuspruch insoweit nicht entgegen, § 296a ZPO. Es gibt insbesondere keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
20Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
21Streitwert: 134.686,30 € (35.733,10 € Rückstand bei Klageerhebung sowie 3-facher Jahresbetrag von monatlich geforderten 2748,70 €).
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