Urteil vom Landgericht Köln - 4 O 548/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1Der Kläger begehrt mit der Klage die Zustimmung zur Aufhebung eines notariellen Kaufvertrages sowie die Löschungsbewilligung bezüglich einer Fremdgrundschuld; die Beklagte begehrt mit der Widerklage außergerichtlich entstandene Anwaltskosten.
2Der Kläger verkaufte als Eigentümer mit notariellem Kaufvertrag vom 08.09.2005 das Grundstück Z-Straße in Bergisch-Gladbach an die Beklagte, die als Bauträger dieses Grundstücks parzellieren und sechs Einfamilienhäuser errichten möchte. Bezüglich der Fälligkeit des Kaufpreises war vereinbart, dass diese unter der Bedingung der Erteilung der Baugenehmigung steht, wie ausdrücklich in einem ergänzenden notariell beurkundeten Vertrag vom 20.02.2006 festgehalten wurde.
3Nachdem bereits am 19.10.2005 ein Bauvorbescheid erteilt wurde, kam es aufgrund von Nachbarwidersprüchen sowie einer erst am 14.11.2006 erteilten Abrissgenehmigung bezüglich eines Altgebäudes noch nicht zur Einholung einer Baugenehmigung. Weiter wurde ein altes Wegerecht am 31.08.2006 im Grundbuch gelöscht.
4Am 09.03.2006 wurde zugunsten eines Herrn E eine Fremdgrundschuld zur Absicherung eines Darlehens in Höhe von 50.000,- €, welches dieser an die Beklagte gewährte, im Grundbuch eingetragen.
5Der Kläger forderte mit Schreiben vom 03.08.2006 unter Frist zum 16.08.2006 die Beklagte zur Kaufpreiszahlung auf. Die Beklagte wies dies unter Einschaltung ihrer Prozessbevollmächtigten mit Hinweis auf nicht vorliegende Fälligkeit zurück. Dadurch entstanden der Beklagten Anwaltskosten in Höhe von 3.301,20 € netto, die sie mit Schreiben vom 10.08.2006 unter Fristsetzung zum 25.08.2006 von dem Kläger ersetzt verlangte. Der Kläger erklärte darauf – nach nochmaliger Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 29.08.2006 unter Fristsetzung zum 07.09.2006 – mit Schreiben vom 12.09.2006 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
6Der Kläger behauptet, dass eine Teilungs- und die Abrissgenehmigung leicht zu erhalten gewesen wären und die Nachbarwidersprüche von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg gewesen seien. Das Wegerecht habe ebenfalls unproblematisch beseitigt werden können. Im Übrigen habe dies ohnehin der Risikosphäre der Beklagten angehört.
7Er ist der Ansicht, dass die Beklagte den Bauantrag sofort nach Erhalt des Vorbescheides hätte stellen müssen und sie durch ihr Verhalten den Bedingungseintritt arglistig vereitelt habe. Die Parteien seien daher gemäß § 162 BGB so zu stellen, dass der Bedingungseintritt vorliegen würde.
8Der Kläger beantragt,
91) die Beklagte zu verurteilen, der Aufhebung des Grundstückskaufvertrages zwischen den Parteien vom 08.09.2005, Urkundenrollen-Nr. ###/#### des Notars Dr. Y in T zuzustimmen.
102) die Beklagte zu verurteilen, Löschungsbewilligung zu erteilen betreffend die Fremdgrundschuld über 50.000,- € zu Gunsten Herrn E, Q-Straße, #### H, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Bergisch-Gladbach von R, Blatt X, Gem. R Flur X, Flurstücke #####/### und ###/#.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Widerklagend beantragt sie,
14den Kläger zu verurteilen, an sie 4.961,80 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.301,20 € ab dem 26.08.2006 und aus 1.660,60 € ab Zustellung zu zahlen.
15Sie behauptet, dass sie den Bedingungseintritt nicht arglistig vereitelt habe, da sie bisher nicht verpflichtet gewesen sei, einen Bauantrag zu stellen. Aufgrund der anhängigen Nachbarwiderspruchsverfahren, des erst später gelöschten Wegerechts und der erst später erteilten Abrissgenehmigung sei ein vorgezogener Bauantrag finanziell zu riskant und sinnlos gewesen. Im Übrigen habe sie alles weitere Nötige veranlaßt, wie – unstreitig – die Beauftragung eines Architekten, die Vermessung des Grundstücks sowie die Erstellung von Exposés.
16Sie ist der Ansicht, dass sie daher mit einem Bauantrag abwarten konnte. Dies gelte auch trotz der inzwischen erteilten Abrissgenehmigung sowie des gelöschten Wegerechts, da mittlerweile diese Klage seit November 2006 anhängig sei und deren Ausgang abgewartet werden müsse.
17Der Kläger beantragt,
18die Widerklage abzuweisen.
19Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
20I.
21Die Klage ist unbegründet.
221)
23Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zustimmung zur Aufhebung des Kaufvertrages zu.
24Der von ihm mit Schreiben vom 12.09.2006 erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag ist nicht gemäß §§ 323 Abs. 1, 286 BGB wirksam. Die Beklagte wurde durch die Zahlungsaufforderung des Klägers mit Schreiben vom 03.08.2006 unter Fristsetzung zum 16.08.2006 nicht in Verzug gesetzt. Eine Inverzugsetzung war nicht möglich, da der Zahlungsanspruch des Klägers gemäß § 271 BGB nicht fällig war.
25Nach dem notariellen Kaufvertrag vom 08.09.2005, ergänzt durch die notarielle Vereinbarung vom 20.02.2006, ist die Fälligkeit des Kaufpreises bedingt durch das Vorliegen einer Baugenehmigung. Diese liegt unstreitig nicht vor.
26Die Bedingung gilt auch nicht gemäß § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass die Beklagte den Bedingungseintritt wider Treu und Glauben verhindert hätte. Dies ist nicht der Fall, denn die Beklagte war bisher nicht verpflichtet, einen Bauantrag zu stellen. Sie hat daher bisher nicht treuwidrig den Antrag einer Baugenehmigung unterlassen. Es ist nicht treuwidrig, sondern nachvollziehbar, dass die Beklagte aus Kostengründen zunächst den Ausgang des Nachbarwiderspruchsverfahren abwarten wollte. Ebenso wurde das Wegerecht erst am 31.08.2006 gelöscht, war also zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung noch vorhanden, und stellte insoweit eine Beeinträchtigung des Bauvorhabens der Beklagten dar. Die Abrissgenehmigung wurde sogar erst am 14.11.2006, also nach Einreichung der Klage erteilt. Ebenso konnte die Teilungsgenehmigung bisher nicht eingeholt werden, da diese einen Abriss des Altgebäudes voraussetzt, welches jedoch aufgrund Untersagung durch den Kläger mit Schreiben vom 03.08.2006 verhindert wurde. Schließlich war die Beklagte nach Einreichung der Klage nicht verpflichtet – obwohl möglicherweise mittlerweile die weiteren Voraussetzungen vorliegen – eine Baugenehmigung zu beantragen. Sie durfte vielmehr den Ausgang dieses Verfahrens abwarten. Die pauschale Behauptung des Klägers, die Baugenehmigung hätte bereits Anfang 2006 beantragt werden können, ist dagegen nicht ausreichend belegt.
27Im Übrigen kann der Beklagten auch sonst nicht der Vorwurf der treuwidrigen Untätigkeit gemacht werden. Sie hat vielmehr bereits verschiedene Aktivitäten entfaltet, um ihr Bauvorhaben fortzuführen, in dem sie einen Bauvorbescheid eingeholt, einen Architekten mit der Planung beauftragt, eine Vermessung durchgeführt und Exposés für Kaufinteressenten erstellt hat.
282)
29Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung durch die Beklagte.
30Die Fremdgrundschuld ist zugunsten des Herrn E im Grundbuch eingetragen, der somit Inhaber der Rechte aus der Grundschuld ist. Die Beklagte ist daher schon nicht passiv legitimiert, da nicht erkennbar ist, inwieweit diese wirksam über die Rechte des Herrn E verfügen können sollte.
31II.
32Die Widerklage ist ebenfalls unbegründet.
33Eine Anspruchsgrundlage, aufgrund dessen die Beklagte ihre außergerichtlichen Anwaltskosten ersetzt verlangen könnte, ist nicht ersichtlich.
34Es besteht weder ein Schadenersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB, da das Vermögen als solches nicht zu dessen Schutzbereich gehört, noch ein Anspruch gemäß § 286 BGB, da sich der Kläger nicht in Verzug befand. Auch eine Pflichtverletzung gemäß § 280 BGB ist nicht erkennbar, da es dem Kläger nicht verwehrt ist, wegen des Kaufpreises – wenn auch noch nicht fällige – Ansprüche geltend zu machen. Der Beklagten war es zuzumuten, diese Ansprüche selbst zurückzuweisen, da sie sich alleine auf die Nichtfälligkeit beruft.
35Es entspricht im übrigen der gesetzgeberischen Wertung, dass außergerichtliche Anwaltskosten normalerweise von jeder Partei selbst zu tragen sind. Ansonsten hätte der Gesetzgeber bei Verabschiedung des RVG eine entsprechende Anspruchsgrundlage neu schaffen müssen.
36III.
37Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
38Streitwert: 355.961,80 € (§ 45 GKG)
39Beschluss
40wird der Streitwert auf den als Beschwerde auszulegenden Schriftsatz der Beklagten vom 18.05.2007 nach Anhörung des Klägers wie folgt neu festgesetzt:
41- Klageantrag zu 1): 300.000,- €
42- Klageantrag zu 2): 50.000,- €
43- Widerklage: 4.961,80 €
44- Gesamt: 404.961,80 €
45Köln, den 19.06.2007
46Landgericht, 4. Zivilkammer
47Beschluss
48Der Beschluss vom 19.06.2007 wird aufgrund eines offensichtlichen Schreibfehlers dahin korrigiert, dass es heißen muss:
49Klageantrag zu 1): 350.000,- €.
50Köln, den 02.07.2007
51Landgericht, 4. Zivilkammer
52Beschluss
53wird der Streitwert auf den Schriftsatz des Klägers vom 09.07.2007 nochmals wie folgt neu festgesetzt, da der Klageantrag zu 1) falsch übertragen wurde:
54- Klageantrag zu 1): 351.000,00 €
55- Klageantrag zu 2): 50.000,00 €
56- Widerklage: 4.961,80 €
57- Gesamt: 405.961,80 €
58Köln, den 13.07.2007
59Landgericht, 4. Zivilkammer
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Referenzen
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