Urteil vom Landgericht Köln - 7 O 376/06
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.160,- € nebst Zinsen in Hö-he von 8% seit dem 04.11.2005 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Kosten der Streithilfe trägt der Streithelfer selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Bei der Klägerin handelt es sich um ein sogenanntes unitarisches Einheitsunternehmen. Mit Erlass hat der Präsident der Russischen Föderation die Verwaltung des staatlichen Auslandseigentums an die selbständige Verwaltungseinheit "Verwaltung für die Angelegenheiten des Präsidenten der Russischen Föderation" delegiert und zur Übertragung des Rechts zur wirtschaftlichen Verwaltung an ein unitarisches Unternehmen ermächtigt. Die "Verwaltung für die Angelegenheiten des Präsidenten der Russischen Föderation" errichtete daraufhin durch Satzung die Klägerin in Form eines staatlichen unitarischen Unternehmens. Die Klägerin vermietete Räumlichkeiten auf dem Grundstück Köln-Efferen, Cstraße, Blatt 1630-16, G, Flur X, Flurstück X, P-Straße, 50937 Köln, dessen Eigentümerin die Russische Föderation ist, an die Beklagte zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von insgesamt 24.160,- €.
3Das Kammergericht Berlin erklärte am 16.02.2001 (Az.: 28 SCH 23/99) einen Schiedsspruch eines schwedischen Gerichts vom 07.07.1998 für vollstreckbar. Das schwedische Schiedsgericht hatte die Russische Föderation zur Zahlung von etwa 4,9 Millionen € an den Streithelfer verurteilt.
4Der Streithelfer betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Russische Föderation. Er erwirkte unter dem 22.09.2005 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Köln (Az.: 288 M 8259/05) in die Mietforderungen aus dem Mietvertrag der Klägerin mit der Beklagten. Insoweit erging unter dem 18.10.2005 ein vorläufiges Zahlungsverbot. Die Beklagte zahlte die Miete für November 2005 nicht an die Klägerin, sondern an den Streithelfer. Die Miete ab Dezember 2005 wird von der Beklagten hinterlegt.
5Die Vollstreckung in die Mietforderungen gegen die Beklagte sowie weitere vom Streithelfer versuchte Vollstreckungsmaßnahmen sind Gegenstand einer vor dem Kammer – Az.: 7 O 26/06 – von der Klägerin gegen den Streithelfer erhobenen Drittwiderspruchsklage.
6Die Klägerin ist der Ansicht, die Pfändung der Mietforderungen durch den Streithelfer gehe "ins Leere", da ihr und nicht der Russischen Föderation die Miete gegenüber der Beklagten zustehe. Sie behauptet, bei ihr handele es sich nach russischem Recht um eine eigenständige juristische Person, die weder dinglich noch schuldrechtlich für angebliche Schulden der Russischen Föderation hafte. Dies folge aus ihrer Satzung und dem russischen Zivilgesetzbuches (ZGB). Die Rechtsposition der Klägerin sei mit dem deutschen Nießbrauchsrecht vergleichbar. Einer Eintragung bedürfte es insoweit nicht. Die Klägerin führe an die Russische Föderation nur 3% des Gewinns ab. Hieraus folge, dass weder eine Identität der Klägerin mit der Russischen Föderation vorliege und - wenn überhaupt - eine eigennützige Treuhand gegeben sei. Selbst wenn man mit der Beklagten und dem Streithelfer von der von ihnen behaupteten Einflussmöglichkeit der Russischen Föderation ausgehe, habe dies keinen Einfluss auf die Eigenständigkeit der Klägerin, was sich aus einem Vergleich mit dem deutschen Konzernrecht ergebe. Überhaupt beruhe die Überlassung der Verwaltung an die Klägerin auf einem hoheitlichen Akt, der dem deutschen Recht entzogen sei. Deshalb könne weder eine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 288 StGB vorliegen noch wirksam die Anfechtung, die überdies verfristet sei, erklärt werden. Zur Stützung ihrer Rechtsauffassung nimmt die Klägerin Bezug auf zwei Gutachten von Prof. Dr. Q2 (Bl. 141 f. und Bl. 181 f. GA)
7Die Klägerin, die vom Urkundsprozess in der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2007 Abstand genommen hat, beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.160,- € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2005 zu zahlen.
9Die Beklagte und der Streithelfer, dessen Vortrag im Schriftsatz vom 29.01.2007 nebst Beweisantritten sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 02.02.2007 zu eigen gemacht hat, beantragen,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte bestreitet die Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin parteifähig ist. Der von der Klägerin überreichte Mietvertrag stimme nicht mit dem Originalmietvertrag überein. Durch die Zahlung der Miete für November 2005 an den Streithelfer sei die Beklagte von der Verpflichtung zur erneuten Mietzahlung an die Klägerin befreit worden. Der Beklagte und der Streithelfer sind der Ansicht, dass deutsches Recht anwendbar sei. Weiter meinen sie, dass es unerheblich sei, ob eine Identität zwischen der Klägerin und der Russischen Föderation bestehe. Denn aus Ziffer 3.5 der Satzung der Klägerin folge, dass für eine logische Sekunde der Russischen Föderation die Mieteinnahmen zustünden, bevor sie zur wirtschaftlichen Verwaltung auf die Klägerin übergingen. Es bestehe aber überdies Identität zwischen der Klägerin und der Russischen Föderation. Bei der Klägerin handele es sich trotz einer eigenen Rechtspersönlichkeit lediglich um den verlängerter Arm der Russischen Föderation. Auch dies ergebe sich bereits aus der Satzung, insbesondere aus den Ziffern 1.4, 1.6, 3.1, 3.2, 3.9, 7.4 und 7.5 der Satzung. Die Einnahmen aus der Vermietung stünden der Russischen Föderation und nicht der Klägerin zu. Nur ein Teil des Gewinns gehe an die Klägerin, um ihre satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen, was aus Art. 11 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 UnitarUntG in Verbindung mit den Ziffern 1, 3 und 4 der Einnahmenverteilungsverordnung (Regierungsverordnung Nr. 672) folge, wonach allein das Büro des Präsidenten unter Aufsicht des Finanzministeriums der Russischen Föderation über die Einnahmen entscheide. Auch aus dem ZGB, vor allem den Art 113, 132, , 295, 299 Abs. 3 und 300 ZGB folge, dass die Klägerin im Eigentum der Russischen Föderation stehe. Die Russische Föderation könne die Verwaltung jederzeit anderweitig vergeben, die Klägerin auflösen und sich das Vermögen einverleiben. Gemäß Regierungsverordnung Nr. 10 nehme die Klägerin an dieser Entscheidung nicht teil. Das Recht zur wirtschaftlichen Verwaltung lasse sich nicht mit dem deutschen Nießbrauchsrecht vergleichen. Entscheidend sei überdies, dass das Recht nicht im Grundbuch eingetragen sei, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Die Identität der Klägerin mit der Russischen Föderation folge bereits aus dem Namen der Klägerin, welcher unstreitig übersetzt lautet: "Staatliches Auslandsvermögen". Es handele sich bei der Klägerin um eine Körperschaft mit besonderer Rechtsstellung dahingehend, dass die Entscheidungsfreiheit auf hoheitliche Entscheidungen gemäß Satzungszweck beschränkt sei, was aus Art 49 Abs. 1 ZGB, Art. 3 Abs. 1 UnitarUntG folge. Das Recht zur wirtschaftlichen Verwaltung sei mit einer schuldrechtlichen Verwaltungsvereinbarung zu vergleichen. Der Klägerin komme nur die Stellung eines Bilanzträgers zu. Hierfür spreche auch, dass die Beklagte nur mit Vertretern der Russischen Föderation verhandelt habe. Das Recht auf wirtschaftliche Führung des föderalen Eigentums sei noch nicht im Sinne von 3.2 der Satzung übertragen. Die Klägerin müsse überdies den Durchgriff in die Mietforderungen dulden, da sie wie eine Einmann-GmbH zu behandeln sei. Bei dieser sei anerkannt, dass es allein auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes ankomme. Deshalb liege auch kein Treuhandverhältnis vor. Jedenfalls liege eine eigennützige Treuhand nicht vor, da die Klägerin nicht nach den für die Verwaltung des Auslandsvermögens geltenden Spezialregelungen gemeinnützig haften dürfe. Ferner sei die Übertragung der Verwaltung der Immobilie auf die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 288 StGB nichtig. Die Übertragung sei ausschließlich erfolgt, um der drohenden Zwangsvollstreckung zu entgehen. Auch aus der unstreitig am 06.12.2005 von dem Streithelfer erklärten Anfechtung der Übertragung der Verwaltung der Immobilie auf die Klägerin folge, dass die Drittwiderspruchsklage unbegründet sei
12Zur Stützung ihrer Rechtsauffassung nehmen die Beklagte und der Streithelfer Bezug auf ein Gutachten von Prof. Dr. I (Bl. 206 f. GA) sowie eine Rechtsauskunft von Dr. T2 (Bl. 221 f. GA). Der Streithelfer nimmt weiter Bezug auf eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. I (Bl. 283 f. GA) und eine ergänzende Rechtsauskunft von Dr. T2 (Bl. 279 f.)
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien und dem Streithelfer gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
16Die Klage ist zulässig.
17Die Klägerin ist parteifähig. Diese folgt aus den von den Parteien vorgelegten Satzungen, die inhaltlich nicht identisch sind. Aus Ziffer 1.9. der von der Klägerseite mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegten Satzung folgt, dass die Klägerin aufgrund des Rechts der wirtschaftlichen Verwaltung ein abgesondertes Vermögen besitzt und mit diesem Vermögen für ihre Verbindlichkeiten haftet. Sie kann in ihrem Namen materielle und immaterielle Rechte erwerben und diese innehaben, Verbindlichkeiten eingehen, in einem Gerichtsverfahren klagen und verklagt werden. Entsprechendes folgt auch aus 1.6 und 1.8 der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.12.2006 vorgelegten Satzung, die der von dem Streithelfer vorgelegten Satzung entspricht, sowie aus Art. 48 Abs. 1 und 2, 49 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB .
18Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist bevollmächtigt wirksam Prozesshandlungen für die Klägerin vorzunehmen. Die Vollmacht folgt aus der im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Prozessvollmacht Nr. 57 vom 15.07.2006. Aus dieser folgt in deutscher Sprache, dass der Generaldirektor der Klägerin, Herr Q, den Rechtsanwälten T in Köln Prozessvollmacht erteilt hat, die zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, zur Einlegung und Zurücknahme von Rechtsmitteln, ferner zur Empfangnahme von Geldern der vom Gegner, der Justizkasse oder anderen Stellen zu erstatteten Kosten ermächtigt. Aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts der erteilten Vollmacht ist es unerheblich, ob die Überschrift dieses Schreibens in russischer und englischer Sprache abgefasst und welchen Inhalts diese Überschrift ist, denn die Prozessvollmacht folgt allein aus dem folgenden Text. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass Herr Q als vertretungsberechtigtes Organ der Klägerin diese Prozessvollmacht unterzeichnet hat. Aus den vorgelegten Satzungen, – Ziffer 6.1 bzw. Ziffer 5.1 – folgt, dass die Klägerin durch den Generaldirektor vertreten wird. Aus einem von dem Streithelfer vorgelegten Schreiben vom 19.07.2003 folgt, dass Herr Q ab dem 01.11.2002 zum Generaldirektor der Klägerin bestellt worden ist. Das Schreiben hat unstreitig Herr Q unterzeichnet. Diese Unterschrift stimmt dem äußeren Erscheinungsbild nach mit der Unterschrift auf der Prozessvollmacht überein. Anhaltpunkte dafür, dass die Unterschrift gefälscht worden ist, sind nicht ersichtlich. Plausible Gründe, warum diese Unterschrift gefälscht worden sein soll, haben die Beklagte und der Streithelfer auch nicht vorgetragen.
19Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
20Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der Miete für November 2005 in Höhe von 24.160,- € aus § 535 Abs. 2 BGB zu.
21Die Beklagte ist nicht durch Zahlung des Betrages an den Streithelfer von dieser Verbindlichkeit befreit worden.
22Die Pfändung der Mieteforderung gegen die Beklagte durch den Streithelfer geht "ins Leere". Inhaberin der Mietforderung gegen die Beklagte ist nicht die Russische Föderation, sondern die Klägerin.
23Die Klägerin hat unstreitig den Vertrag mit der Beklagten geschlossen. Dabei kann dahinstehen, wer auf Seiten der Klägerin die Verhandlungen mit der Beklagten geführt hat, denn jedenfalls ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Mietvertrages die Klägerin und nicht die Russische Föderation als Vertragspartner der Beklagten in dem Mietvertrag verzeichnet. Überdies folgt aus dem vom Streithelfer vorgelegten Schreiben vom 19.07.2003, dass Herrn H Einzelprokura erteilt worden ist, er mithin für die Klägerin handelt durfte.
24Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Streithelfers verfügt die Klägerin über eigenes Vermögen, welches nicht für Verbindlichkeiten der Russischen Föderation haftete. Hierunter fallen auch die Mietforderungen der Klägerin gegenüber der Beklagten betreffend das P-Straße in Köln.
25Die Klägerin als unitarisches Unternehmen haftet aufgrund getrennter Vermögensmassen nicht für die Verbindlichkeiten der Russischen Föderation.
26Gemäß Art. 126 Abs. 1 ZGB haftet die Russische Föderation für ihre Verbindlichkeiten mit dem Vermögen, das in ihrem Eigentum steht, abgesehen von dem Vermögen, das von ihr gegründeten juristischen Personen mit dem Recht der wirtschaftlichen Verwaltung oder operativen Leitung zugeordnet worden ist. Nach Art. 126 Abs. 2 ZGB haften juristische Personen, die von der Russischen Föderation gegründet wurden, nicht für die Verbindlichkeiten der Russischen Föderation. Diese strikte Trennung der Vermögensmassen der Klägerin und der Russischen Föderation folgt zudem aus Art. 56 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 sowie 113 Abs. 5 ZGB und findet sich nochmals ausdrücklich in Art 114 Abs. 7 ZGB wieder. Letztlich kann unter Berücksichtigung von Art. 295 Abs. 1 ZGB, wonach der Eigentümer das Recht hat, einen Teil des Gewinns aus der Nutzung des Vermögens zu erhalten, das sich in wirtschaftlicher Verwaltung des von ihm gegründeten Unternehmens befindet, kein Zweifel darüber bestehen, dass die Klägerin über eigenes Vermögen verfügt.
27Art. 113 Abs. 1 ZGB, wonach es sich bei einem unitarischen Unternehmen um eine gewerbliche Organisation handelt, die nicht mit dem Recht auf Eigentum an dem ihr vom Eigentümer überlassenen Vermögen ausgestattet ist, steht dem ebenso wenig entgegen, wie Art. 113 Abs. 2 ZGB, wonach das Vermögen des staatlichen oder kommunalen unitarischen Unternehmens sich entsprechend in staatlichem oder kommunalem Eigentum befindet. Hiermit ist nur festgelegt, dass der Vermögenskomplex als solches im Eigentum der Russischen Föderation steht, nicht jedoch, dass die Klägerin kein eigenes Vermögen bilden kann, was sich – wie ausgeführt worden ist – eindeutig aus den oben genannten Vorschriften ergibt. Aus den gleichen Gründen steht auch der Name der Klägerin, "staatliches Auslandsvermögen" und Ziffer 1.4 der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegten Satzung, wonach das Unternehmen als Vermögenskomplex sich im Eigentum der Russischen Föderation befindet, der Vermögensbildung seitens der Klägerin nicht entgegen. Sonst ließe sich auch Art. 52 Abs. 2 ZGB nicht erklären, wonach unter anderem die Bedingungen und die Art und Weise der Verteilung von Gewinn und Verlust zwischen den Teilhabern durch Vertrag bestimmt wird.
28Die Mietforderungen gegen die Beklagte betreffend das P-Straße in Köln stehen wirtschaftlich der Klägerin und nicht der Russischen Föderation zu.
29Die Mietforderungen befinden sich entgegen der Ansicht der Beklagten und des Streithelfers nicht für eine logische Sekunde im Vermögen der Russischen Föderation. Der Vortrag der Beklagten ist bereits widersprüchlich. Zwar heißt es in der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegten Satzung in Ziffer 3.5, dass Früchte, Erzeugnisse und Gewinne aus der Vermögensnutzung, das dem Unternehmen zur wirtschaftlichen Verwaltung übertragen wurde, sowie das Vermögen, das aufgrund von Verträgen oder aus anderen Gründen erworben wurde, föderales Eigentum sind und zur wirtschaftlichen Verwaltung an das Unternehmen übergehen. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 12.12.2006 vorgelegte Satzung, die mit der von dem Streithelfer vorgelegten Satzung übereinstimmt, enthält jedoch eine entsprechende Regelung nicht, obwohl die Beklagte und der Streithelfer sich an anderer Stelle ausdrücklich auf die von ihm vorgelegte Satzung berufen. Welche Satzung nun maßgebend ist, ist von der Beklagten und auch vom Streithelfer nicht dargelegt worden, so dass auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen ist, dass tatsächlich Ziffer 3.5 der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegten Satzung der Entscheidung zugrunde gelegt werden kann. Überdies ist auch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegte Satzung in sich widersprüchlich, denn Ziffer 3.5 dieser Satzung steht im Widerspruch zu Ziffer 3.7, wonach der Eigentümer des dem Unternehmen übertragenen Vermögens das Recht auf einen Teil des Reingewinns hat, der dem Unternehmen, mithin der Klägerin, nach Zahlung von Steuern und anderen zwingenden Abgaben verbleibt. Wenn aber tatsächlich der Gewinn aus der Vermietung des Grundstücks unmittelbar der Russischen Föderation zustehen würde, bedurfte es keiner Regelung, dass diese auch Anspruch auf einen Teil des Reingewinns hat. Insoweit ist auch der Vortrag der Beklagten und des Streithelfers widersprüchlich. So tragen sie einerseits vor, dass für eine logische Sekunde die Mieteinnahmen der Russischen Föderation zustünden, andererseits legen sie dar, dass die Einnahmen aus der Vermietung zwar zunächst der Klägerin zustünden, diese jedoch gemäß Art. 11 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 UnitarUntG in Verbindung mit den Ziffern 1, 3 und 4 der Einnahmenverteilungsverordnung (Regierungsverordnung Nr. 672) verpflichtet sei, den Gewinn an die Russischen Föderation abzuführen und im übrigen der Klägerin nur ein Teil des Gewinns verbleibe, um ihre satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen. Weiterhin sprechen die Ziffern 5.3.3 und 5.3.5 der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegten Satzung dafür, dass die Klägerin selbständig über das ihr aufgrund des Rechts der wirtschaftlichen Verwaltung gehörende Vermögen verfügen kann, insbesondere die aufgrund des vorgenannten Rechts bei ihr befindlichen Immobilien vermieten und die daraus erzielten Einkünfte vereinnahmen kann. Letztlich zahlt die Beklagte die Miete nicht an die Russische Föderation, sondern auf ein Konto der Klägerin bei der Ost-West-Handelsbank.
30Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Mieteinnahmen auf ein Konto der Klägerin gezahlt werden, ihr zustehen und lediglich die Verpflichtung besteht, dass sie einen Teil des Gewinns an die Russische Föderation abführt. Ob tatsächlich das Büro des Präsidenten der Russischen Föderation unter Aufsicht des Finanzministeriums der Russischen Föderation über die Einnahmen der Klägerin ohne deren Einflussmöglichkeit entscheidet, kann dahinstehen. Zu Recht vergleicht die Klägerin die vorliegende Situation mit der Situation eines Tochterunternehmens mit einer faktisch konzernrechtlichen Bindung. Ein Gewinnabführungsvertrag ist in dieser Konstellation normal und steht einer erfolgreichen Drittwiderspruchsklage eines Tochterunternehmens bei der Vollstreckung eines Gläubigers in das Vermögen der Tochtergesellschaft bei einer Forderung gegen die Muttergesellschaft nicht entgegen. Anhaltspunkte dafür, warum dies im Verhältnis der Klägerin zur Russischen Föderation unter Berücksichtigung von Art. 52 Abs. 2 ZGB, wonach auch die Bedingungen und die Art und Weise der Verteilung von Gewinn und Verlust zwischen den Teilhabern geregelt ist, anders sein soll, haben die Beklagte und der Streithelfer nicht nachvollziehbar dargelegt. Aus dem zutreffenden Vergleich mit dem deutschen Konzernrecht folgt auch, dass es völlig unerheblich ist, ob die Russische Föderation der Klägerin Weisungen erteilen und diese sogar ohne weiteres liquidieren kann. Dies alles ändert nichts daran, dass die Mietforderungen aus dem von der Klägerin geschlossenen Vertrag ihr und nicht der Russischen Föderation zustehen.
31Der Ansicht der Beklagten und des Streihelfers, dass die vorliegende Situation entsprechend dem Durchgriff bei einer Einmann-GmbH zu bewerten sei, kann nicht gefolgt werden. Grundsätzlich ist ein solcher Durchgriff nicht zulässig. Die GmbH und der oder die Gesellschafter sind als Rechtspersonen streng auseinander zu halten. Ausnahmsweise kann ein Durchgriff des Gläubigers gestattet werden, wenn der gepfändete Gegenstand wirtschaftlich dem Vermögen des oder der Gesellschafter zuzuordnen ist. Abgesehen davon, dass der vorliegende Fall der hoheitlichen Übertragung des Rechtes der wirtschaftlichen Verwaltung auf ein unitarisches Unternehmen, das Mieten aus einem Mietvertrag einzieht, mit der von der Beklagten und dem Streithelfer vergleichsweise herangezogenen Fallgestaltung nicht vergleichbar ist, ist davon auszugehen, dass die Klägerin tatsächlich nur 3% des Gewinns an die Russische Föderation abführt. Die Beklagte und der Streithelfer sind insoweit dem Vortrag der Klägerin nicht erheblich entgegengetreten. Die Klägerin hat ihre Behauptung durch die Vorlage eines amtlichen Schriftstücks belegt. Es wäre an der Beklagte und am Streithelfer gewesen dem konkret entgegen zu treten. Allein das pauschale Bestreiten ist insoweit ungenügend.
32Aus den gleichen Gründen kann auch der Ansicht der Beklagten und des Streithelfers, es handele sich bei dem Verhältnis der Klägerin und der Russischen Föderation um eine sogenannte uneigennützige Treuhand, die die Vollstreckung des Streithelfers in die Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte rechtfertige, nicht gefolgt werden.
33Schließlich ist das Recht zur wirtschaftlichen Verwaltung auf die Klägerin übertragen worden, wie es Ziffer 3.2 der von dem Streithelfer vorgelegten Satzung vorschreibt. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2006 vorgelegte Satzung eine solche Regelung nicht enthält, ist aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten von der faktischen Übertragung des Rechtes auf wirtschaftliche Führung auszugehen. Die Klägerin ist Vertragspartnerin der Beklagten, hat dieser die Mieträume zur Verfügung gestellt und zieht die Mietforderungen auf ein auf ihren Namen laufendes Konto ein.
34Die Beklagte und der Streithelfer können sich auch nicht mit Erfolg auf Einwendungen berufen.
35Die Übertragung der Verwaltung der Immobilie Köln-Efferen, Blatt 1630-16, G, Flur X, Flurstück X, C Straße von der Russischen Föderation auf die Klägerin ist nicht gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 288 StGB nichtig. Bei der Übertragung der Verwaltung der Immobilie handelt es sich um einen hoheitlichen Akt, auf welchen § 134 BGB keine Anwendung findet.
36Aus den gleichen Gründen scheitert auch die von dem Streithelfer erklärte Anfechtung nach § 9 AnfG. Auch wenn der Begriff der Rechtshandlungen weit auszulegen ist und alle Willensbetätigungen umfasst, die rechtliche Wirkungen haben, fällt die Übertragung der Verwaltung durch hoheitlichen Akt nicht hierunter. Außerdem ist der Vortrag der Beklagten und des Streithelfers, die Russische Föderation habe die Verwaltung der Immobilie auf die Klägerin übertragen, um die Gläubiger der Russischen Föderation zu benachteiligen, unerheblich. Um die Umstände einer kongruenten oder inkongruenten zu überprüfen, hätte es näheren Vortrags seitens der Beklagten und des Streithelfers bedurft.
37Die Beklagte kann sich nicht auf § 836 Abs. 2 ZPO berufen, wonach der zu Unrecht erlassene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss solange zugunsten des Drittschuldners – der Beklagten – gilt, bis er aufgehoben wird. Die vorgenannte Vorschrift gilt nicht, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss "ins Leere" geht.
38Die Beklagte ist auch nicht schutzwürdig. Sofern sie vorträgt, die ihr von dem Streithelfer vorgelegten Unterlagen hätten die Identität zwischen der Klägerin und der Russischen Föderation belegt, kann dem nicht gefolgt werden. Die vorgelegten gerichtlichen Entscheidungen verhalten sich zu dieser Frage nicht, aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 06.10.2006 lässt sich im Gegenteil entnehmen, dass es sich bei einem staatlichen Einheitsunternehmen um eine nach russischen Recht selbständige juristische Person handelt. Allein auf die von dem Streithelfer in Auftrag gegebenen Rechtsauskunft des Instituts für Ostrecht durfte sich die Beklagte vor dem Hintergrund der eindeutigen Bezeichnung der Klägerin im Mietvertrag und im Handelsregisterauszug jedenfalls nicht verlassen.
39Die zuerkannten Zinsen stehen der Klägerin aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 Ziffer 1 des Mietvertrages zu, wonach die Miete monatlich im Voraus, spätestens aber bis zum dritten Werktag eines Monats zu zahlten ist. Zinsen konnten jedoch nur in Höhe von 8% zuerkannt werden, da insoweit die Parteien in § 4 Ziffer 2 des Mietvertrages eine ausdrückliche Regelung getroffen haben.
40Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1, 709 S. 1, und S. 2 ZPO.
41Streitwert: 24.160,- €
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