Urteil vom Landgericht Köln - 15 O 25/06
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 2) einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 4.192,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2006 hat, welcher zur Insolvenztabelle aufzunehmen ist.
Es wird festgestellt, dass der Kläger in Bezug auf den mit der Privatbank T GmbH & Co. KG unter dem 20.11./14.12.2002 geschlossenen Darlehensvertrag, Zug-um-Zug gegen Übertragung der auf ihn entfallenden 41 Anteile an der Beklagten zu 1) - Mitgliedsnr. 000 -, freigestellt wird und der Beklagte zu 2) diesbezüglich keine weiteren Ansprüche gegen ihn hat.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) sich mit der Rücknahme der Anteile des Klägers an der Beklagten zu 1) im Annahmeverzug befindet.
Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 36 % und der Beklagte zu 2) zu 64 %. Der Beklagte zu 2) trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Kläger wurden am 17.09.2002 in ihrer Wohnung von Frau Q2, einer Vermittlerin, die sie bereits aus anderen Anlagegeschäften kannte, zu einem Beratungsgespräch aufgesucht, das am Tag zuvor vereinbart worden war. Sie schlug ihnen vor, durch Beteiligung an der Beklagten zu 1) Förderung in Form der Eigenheimzulage zu erhalten, ohne selbst Wohnungseigentum zu erwerben. Ihre weiteren Äußerungen sind zwischen den Parteien streitig.
3Im Anschluss an das Gespräch erklärten die Kläger ihren Beitritt zur Beklagten zu 1) und verpflichteten sich gegen Zahlung von 8.200,00 € sowie eines Eintrittsgeldes von 410,00 € zum Erwerb von 41 Anteilen an der Beklagten zu 1). Am gleichen Tag schlossen sie zur Finanzierung der Beteiligung mit der F Projektentwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG (nachfolgend F) einen Darlehensvertrag, in dem diese sich die Refinanzierung des Darlehens vorbehielt. Eine Auszahlung des Darlehens durch die F erfolgte nicht, sondern die F machte von dem vereinbarten Refinanzierungsvorbehalt Gebrauch gemacht. Am 20.11./14.12.2002 schlossen die Kläger und die Privatbank T (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) folgenden Darlehensvertrag: Vereinbart wurde eine Darlehenssumme von 8.782,20 €, bestehend aus einem Nettokreditbetrag von 8.610,00 € sowie einer Bearbeitungsgebühr von 172,20 €, deren Auszahlung auf ein bei der Gemeinschuldnerin gleichzeitig eröffnetes Konto erfolgen sollte. Das Darlehen sollte mit 8% jährlich verzinst und in 75 Monatsraten zu je 38,35 € sowie durch die Abtretung der noch zu bewilligenden Eigenheimzulage zurückgezahlt werden. Der von den Klägern zu zahlende Gesamtbetrag wurde mit 11.756,28 € angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag Blatt 68 - 72 der Akten verwiesen. Nach Auszahlung des Darlehens zahlten die Kläger ab dem 27.03.2003 die vereinbarten Raten an die Gemeinschuldnerin.
4Im Februar 2003 bewilligte das Finanzamt Z den Klägern für die Jahre 2002 bis 2009 eine Eigenheimzulage in Höhe von je 1.014,00 €. Da das für die Beklagte zu 1) zuständige Finanzamt C im Februar 2005 durch einen Grundlagenbescheid feststellte, dass diese die Voraussetzungen für den Erhalt der Eigenheimzulage nicht erfüllte, forderte das Finanzamt Z von den Klägern im Juni 2005 die gewährten Eigenheimzulagen für die Jahre 2002 bis 2004 zurück. Nachdem das Finanzamt Vollstreckungsmaßnahmen angekündigt hatte, zahlten die Kläger insgesamt 3.200,30 € erhaltene Eigenheimzulage einschließlich Säumniszuschlägen an das Finanzamt Z zurück.
5Mit Schreiben vom 02.11.2005 widerrief der Prozessbevollmächtigte der Kläger gegenüber der Gemeinschuldnerin den Darlehensvertrag sowie alle Einzugs-ermächtigungen und kündigte das bei der Gemeinschuldnerin bestehende Konto. Zudem forderte er die Gemeinschuldnerin auf, an die Kläger bis zum 09.11.2005 den sich aus der zurückgezahlten Eigenheimzulage nebst Säumniszuschlägen ergebenden Betrag von 3.200,38 € zu zahlen und zu erklären, dass sie aus dem Darlehensvertrag und dem Girovertrag keine Ansprüche mehr gegen die Kläger geltend machen werde. Die Gemeinschuldnerin wies die Forderungen zurück und verlangte von den Klägern, den Sollsaldo ihres Kontos auszugleichen, was diese ablehnten. Unter dem 20.12.2005 widerriefen die Kläger den Beitritt zur Beklagten zu 1).
6Die Kläger sind der Ansicht, bei dem Beitritt zur Beklagten zu 1) sowie dem Darlehensvertrag mit der Gemeinschuldnerin handele es sich um verbundene Verträge. Dazu behaupten sie, die Gemeinschuldnerin nutze zum Vertrieb der Darlehensverträge die Struktur der Beklagten zu 1). Dies ergebe sich u. a. aus einem als "Außendienstinformation" bezeichneten, zu den Akten gegebenen Schreiben der Beklagten zu 1) an die für sie tätigen Vermittler, das der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen sei. Frau Q2 sei nicht nur hinsichtlich der Beteiligung an der Beklagten zu 1), sondern auch hinsichtlich des Darlehensvertrages mit der Gemeinschuldnerin als Vermittlerin tätig geworden.
7Die Beteiligung an der Beklagten zu 1) habe sie den Klägern als "absolut sichere Sache" präsentiert, die sie sich auch ohne freie Mittel leisten könnten, da sie zur Finanzierung die Aufnahme eines Kredits bei einer kooperierenden Bank vermitteln könne. Aufgrund der zu erwartenden Eigenheimzulage sei nur ein monatlicher Betrag von 20,00 € bis 40,00 € erforderlich. Ende November 2002 habe Frau Q2 sie ein zweites Mal in ihrer Wohnung aufgesucht und ihnen das Angebot der Gemeinschuldnerin auf Abschluss eines Darlehensvertrags sowie deren Allgemeine Darlehensbedingungen vorgelegt.
8Gegenüber der Beklagten zu 1) haben die Kläger die Klage mit bei Gericht am 09.05.2006 eingegangenen Schriftsatz zurückgenommen. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht Konstanz durch Beschluss vom 15.09.2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und den Beklagten zu 2) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Gegen diesen hat der Kläger den unterbrochenen Rechtsstreit wieder aufgenommen.
9Die Kläger beantragen nunmehr,
10es wird festgestellt, dass die Kläger gegenüber dem Beklagten zu 2) einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 4.350,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2006 haben, welcher zur Insolvenztabelle aufzunehmen ist.
11Es wird festgestellt, dass die Kläger in Bezug auf den mit der Privatbank T GmbH & Co. KG unter dem 20.11./14.12.2002 geschlossenen Darlehensvertrag, Zug-um-Zug gegen Übertragung der auf ihn entfallenden 41 Anteile an der Beklagten zu 1) - Mitgliedsnr. 000 -, freigestellt wird und der Beklagte zu 2) diesbezüglich keine weiteren Ansprüche gegen sie hat.
12Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) sich mit der Rücknahme der Anteile der Kläger an der Beklagten zu 1) im Annahmeverzug befindet.
13Der Beklagte zu 2) beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Mit Schriftsatz vom 04.07.2007 (Blatt 293 d.A.) hat der Beklagte zu 2) Eventualwiderklage für den Fall, dass von einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages ausgegangen wird, erhoben.
16Der Beklagte zu 2) beantragt insoweit,
17die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 7.680,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2007 zu zahlen.
18Die Kläger beantragen,
19die Widerklage abzuweisen.
20Der Beklagte zu 2) behauptet, er kenne Frau Q2 nicht. Nicht die Beklagte zu 1), sondern F habe die Gemeinschuldnerin um Finanzierung der Beteiligung der Kläger an der Beklagten zu 1) gebeten. Seiner Ansicht nach ist der Widerruf des Darlehensvertrages unwirksam, da § 358 BGB auf den rein organisationsrechtlichen Beitritt zu einer Genossenschaft keine Anwendung finde. Zudem liege ein verbundenes Geschäft nicht vor, so dass – bei einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages – die mit der Widerklage geltend gemachten Rückzahlungsansprüche bestünden. Gegenüber möglichen Rückzahlungsansprüchen der Kläger hat der Beklagte zu 2) die Aufrechnung mit den Darlehensrückzahlungsansprüchen der Gemeinschuldnerin erklärt.
21Am 08.06.2006 haben der Kläger und die Gemeinschuldnerin schriftlich das Landgericht Köln als örtlich zuständiges Gericht vereinbart. Weiter haben der Kläger und der Beklagte zu 2) übereinstimmend dem Übergang ins schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
24Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet, die Widerklage ist unbegründet.
25Die Kläger haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung ihrer Freistellung von den sich aus dem mit der Gemeinschuldnerin geschlossenen Darlehensvertrag ergebenden Verpflichtungen sowie des Nichtbestehens weiterer Ansprüche aus diesem Vertrag. Die Gemeinschuldnerin hatte mit Schreiben vom 10.11.2005 nicht nur die Ansprüche der Kläger zurückgewiesen, sondern diese darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Zahlungspflichten aufgefordert. Auch hinsichtlich der Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten zu 2) mit der Verpflichtung zur Rücknahme der Genossenschaftsanteile besteht ein ausreichendes Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 I ZPO. Die Vollstreckung des auf Zahlung und auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichteten klägerischen Anspruchs, welcher von der Zug-um-Zug zu bewirkenden Übertragung der Genossenschaftsanteile an die Gemeinschuldnerin abhängt, kann nach § 756 I ZPO nur begonnen werden, wenn durch öffentliche Urkunde nachgewiesen wird, dass sich die Gemeinschuldnerin insoweit im Annahmeverzug befindet.
26Den Klägern steht gemäß §§ 346 I, 357 I 1 BGB gegen den Beklagten zu 2) ein Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten 30 Zins- und Tilgungsraten in Höhe von 1.150,50 € sowie der zur Tilgung zusätzlich abgetretenen Eigenheimzulage in Höhe von 3 x 1.014,00 € (vergleiche auch von dem Beklagten zu 2) zu den Akten gereichten Zahlungsaufstellung Blatt 303 d.A.) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2006 sowie Feststellung dieses Betrages zur Insolvenztabelle zu, Zug-um- Zug gegen Übertragung seiner 41 Anteile an der Beklagten zu 1). Der weitergehende Zahlungsanspruch (Säumniszuschläge des Finanzamtes) war zurückzuweisen. Daneben können die Kläger Feststellung verlangen, dass sie in Bezug auf den mit der Gemeinschuldnerin geschlossenen Darlehensvertrag freigestellt werden und der Beklagte zu 2) aus diesem Vertrag keine weiteren Ansprüche gegen sie hat. Weiter sind sie berechtigt, Feststellung zu verlangen, dass sich der Beklagte zu 2) mit der Rücknahme der klägerischen Anteile an der Beklagten zu 1) im Annahmeverzug befindet.
27Die Bindung der Kläger an den mit der Gemeinschuldnerin geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag sowie an den mit diesem verbundenen Beitritt zur Beklagten zu 1) ist nach § 358 BGB durch den mit Schreiben vom 02.11.2005 gegenüber der Gemeinschuldnerin wirksam erklärten Widerruf mit der Folge vollständiger Rückabwicklung beider Verträge entfallen.
28Die Kläger waren gemäß §§ 495, 355 BGB zum Widerruf ihrer auf den Abschluss des Vertrages mit der Gemeinschuldnerin gerichteten Willenserklärung berechtigt. Zwischen den Klägern und der Gemeinschuldnerin ist ein Verbraucherdarlehensvertrag i.S.d. § 491 BGB zustande gekommen. Vereinbart war die entgeltliche Gewährung eines Darlehens, wobei die Gemeinschuldnerin, eine als GmbH & Co. KG nach §§ 161 II, 124 I HGB rechtsfähige Personengesellschaft i.S.d. §14 II BGB, als Bank in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit und damit als Unternehmer i.S.v. § 14 BGB handelte. Die als Maschinenschlosser und Stationsassistentin tätigen Kläger verfolgten mit dem Abschluss des Vertrages hingegen rein private Zwecke und sind deshalb Verbraucher i.S.v. § 13 BGB. Die von den Klägern unterzeichnete schriftliche Vertragserklärung enthält die erforderlichen Mindestangaben und genügt damit den Anforderungen des § 492 BGB.
29Ob den Klägern wegen Vertragsabschlusses in einer Haustürsituation zusätzlich ein Widerrufsrecht aus §§ 312 I 1 Nr. 1, 355 BGB zustand, kann dahinstehen, da dieses nach § 312 a BGB durch das insoweit vorrangige Widerrufsrecht aus §§ 495, 355 BGB ausgeschlossen wäre.
30Mangels hinreichender Belehrung war das Recht, den mit der Beteiligung an der Beklagten zu 1) verbundenen Verbraucherdarlehensvertrag zu widerrufen, zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs noch nicht erloschen. Nach § 355 III S. 1 BGB erlischt ein Widerrufsrecht grundsätzlich spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Dies gilt nach § 355 III S. 3 BGB jedoch nicht, wenn der Verbraucher, wie im vorliegenden Fall, über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist.
31Die durch die Gemeinschuldnerin vorgenommene Widerrufsbelehrung entsprach nicht den Anforderungen der §§ 355, 358 BGB. Vorliegend wäre nicht nur, wie geschehen, § 355 II BGB Rechnung zu tragen, sondern nach § 358 V BGB zusätzlich über die Rechtsfolgen zu belehren gewesen, die sich bei einem Widerruf verbundener Verträge aus § 358 I, II BGB ergeben. Ist ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung mit einem Verbraucherdarlehensvertrag verbunden, entfällt nach § 358 I, II BGB im Falle des Widerrufs eines der beiden Verträge durch den Verbraucher auch dessen Bindung an den anderen Vertrag.
32Die Beteiligung an der Beklagten zu 1) ist als "Vertrag über die Erbringung einer anderen Leistung" vom Anwendungsbereich des § 358 BGB erfasst. Mit dieser Formulierung soll nur der offene Charakter des § 358 BGB als Erstreckungsnorm betont, der Widerrufsdurchgriff materiell jedoch nicht eingeschränkt werden. (MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 11) So ist der Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft als Vertrag über eine "andere Leistung" i.S.v. § 358 BGB anzusehen. (BGH, NJW 2004, 2731, 2733; NJW 2003, 2821, 2822; Palandt/Grüneberg, 65. Aufl., 2006, § 358, Rn. 3, 7; Bamberger/Roth-Möller, BeckOK BGB, § 358, Rn. 12; MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 14; a.A. Wagner, NZG 2000, 169, 174, 178) Gleiches gilt für den hier gegebenen Erwerb von Genossenschaftsanteilen. § 358 II BGB ist darauf gerichtet, dem Verbraucher auch dann die Abstandnahme vom Verbraucherdarlehensvertrag zu ermöglichen, wenn dieser mit einem anderen Vertrag verbunden ist, ohne dass es auf die Art des finanzierten Rechtsgeschäfts ankommt (MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 14). Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2) ergibt sich auch aus den Entscheidungen des BGH vom 20.01.1997 (NJW 1997, 1069, 1070) und 14.06.2004 (NJW 2004, 2731, 2734) nichts anderes. Erstere betrifft die Frage, ob der Beitritt zu einer Genossenschaft eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und damit in den Anwendungsbereich des § 312 BGB, d. h. des ehemaligen Haustürwiderrufgesetzes fällt (zum insoweit unterschiedlichen Anwendungsbereich von § 312 BGB und § 358 BGB vgl. MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 14), die letztgenannte ist zum früheren § 9 IV VerbrKrG ergangen, der im Gegensatz zum heutigen § 358 BGB noch den Hinweis auf ein Entgelt enthielt. Zudem dürfte im vorliegenden Fall der Beitritt zur Beklagten zu 1) im Hinblick auf den verfolgten wirtschaftlichen Zweck und die Schutzbedürftigkeit der Kläger als private Anleger ohnehin einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen sein (vgl. zu diesen Erwägungen für den Fall eines Gesellschaftsbeitrittes BGH NJW 2004, 2731, 2733/2734). Den Klägern kam es weniger auf die Mitgliedschaft in der Genossenschaft als vielmehr vordringlich auf den Erhalt der Eigenheimzulage an, der ohne eigenen Immobilienerwerb nur durch die Beteiligung an einer Genossenschaft wie der Beklagten zu 1) erreicht werden konnte.
33Bei der Vereinbarung über den Beitritt der Kläger zur Beklagten 1) und dem mit der Gemeinschuldnerin geschlossenen Darlehensvertrag handelt es sich um verbundene Verträge i.S.v. § 358 III BGB. Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag sind gemäß § 358 III 1 BGB verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dass der Abschluss des Darlehensvertrages mit der Gemeinschuldnerin der Finanzierung der Beteiligung der Kläger an der Beklagten zu 1) diente, ist zwischen den Parteien unstreitig.
34Beide Verträge bilden auch eine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 358 III 1 BGB. Ihre Existenz war vorliegend nicht an den strengen Voraussetzungen des § 358 III 3 BGB zu messen. Diese Norm findet nur auf den – hier nicht gegebenen – finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts Anwendung. Der Beitritt zu einer Gesellschaft genügt diesen Anforderungen grundsätzlich selbst dann nicht, wenn ihr Vermögen im Wesentlichen aus Immobilien besteht (BGH DStR 2006, 1093, 1094; BGH NJW 2003, 2821, 2822; MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 51; Palandt/Grüneberg, 65. Aufl., 2006, § 358, Rn. 14, a. A. BGH NJW 2003, 422, 423). Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn der Beitretende durch seine Mitgliedschaft in einer Genossenschaft auf Grundlage ihrer Satzung unmittelbar Nutzungsrechte an Immobilien erwirbt, wie z. B. ein Teilzeit-Wohnrecht (vgl. dazu BGH, NJW 1997, 1069 ff.; MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 51). Allein durch den Beitritt der Kläger wurde die Beklagten zu 1) nicht korporationsrechtlich verpflich-tet, diesem Wohnungen bzw. Häuser zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, sondern nur dazu, mit ihm bei Vorliegen der Förderungsbedingungen bevorzugt einen schuld-rechtlichen Nutzungsvertrag abzuschließen. Genossenschaftliche (Sonder-)Pflichten entstehen ohne weiteres durch die mit dem Beitritt verbundene Unterwerfung unter die Satzung nach Maßgabe der darin enthaltenen Bestimmungen und entfallen wieder mit Beendigung der Mitgliedschaft (BGH NJW 1988, 1729; NJW 1960, 1958, 1859). Vertragliche Pflichten setzen hingegen einen zusätzlichen Vertragsschluss voraus und enden nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen mit Ablauf der für sie abgemachten festen Laufzeit oder einer Kündigungsregelung (BGH NJW 1988, 1729, 1730). § 11 der Satzung normiert u.a. ein Recht der Mitglieder auf "wohnliche Versorgung durch Nutzung einer Genossenschaftswohnung (...) gemäß den hierfür getroffenen Bestimmungen". Durch § 12 der Satzung wird klargestellt, dass hieraus keine unmittelbare genossenschaftliche Pflicht der Beklagten zu 1) abzuleiten ist, den Mitgliedern Immobilien zur Nutzung zu überlassen, sondern nur ein Anspruch des einzelnen Mitglieds auf bevorzugte Berücksichtigung im Einklang mit dem in § 2 der Satzung niedergelegten Förderzweck. Die Konkretisierung dieses Förderanspruchs bleibt einem schuldrechtlichen Vertrag, wie z. B. dem in § 13 Satzung angesprochenen Nutzungsvertrag vorbehalten.
35Hinsichtlich des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit liegt zugunsten der Kläger bereits das Eingreifen der unwiderleglichen Vermutung des § 358 III 2 BGB nahe, welcher voraussetzt, dass sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Erforderlich ist insoweit ein -wenn auch nur faktisches- planmäßiges und arbeitsteiliges Zusammenwirken, das nicht von Dauer sein muss. (BGH NJW 2004, 3332, 3333; MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 38; Palandt/Grüneberg, 65. Aufl., 2006, § 358, Rn. 12; Bamberger/Roth-Möller, BeckOK, BGB, § 358, Rn. 24). Von einer solchen Mitwirkung ist auszugehen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereiterklärt hatte (BGH NJW 2006, 1788, 1789; NJW 2003, 2821, 2822; vgl. auch BGH NJW 2006, 2099, 2105; BGH NJW 2004, 2731, 2734; Palandt/Grüneberg, 65. Aufl., 2006, § 358, Rn. 12; Bamberger/Roth-Möller, BeckOK, BGB, § 358, Rn. 24). Im Hinblick auf die Beteiligung an der Beklagten zu 1) sowie dem mit der F geschlossenen Kreditvertrag, die beide am gleichen Tag durch Frau Q2 vermittelt wurden, liegt ein derartiges Zusammenwirken unstreitig vor. Darüber hinaus sind auch im Hinblick auf den später mit der Gemeinschuldnerin geschlossenen Vertrag Umstände vorgetragen, die auf eine ausreichende Zusammenarbeit der beiden Beklagten hinweisen.
36Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kläger die Gemeinschuldnerin nicht von sich aus um die Finanzierung seiner Beteiligung an der Beklagten zu 1) gebeten haben und sie im Rahmen der Anbahnung des Darlehensvertrages keinen direkten Kontakt zur Gemeinschuldnerin oder deren Mitarbeitern hatte. Der Gemeinschuldnerin war zudem nach eigenen Angaben bekannt, dass der Beitritt der Kläger zur Beklagten zu 1), sowie der Darlehensvertrag mit der F am gleichen Tag unterzeichnet wurden. Sie bestreitet insoweit nur die Kenntnis der im konkreten Fall eingeschalteten Mitarbeiterin Frau Q2, nicht jedoch die grundsätzliche Tatsache, dass sich die Beklagte zu 1) und die F des gleichen Vertriebsweges bedienten.
37Letztlich kann aber dahinstehen, ob diesen Umständen ein für das Eingreifen der Vermutung ausreichendes Zusammenwirken der beiden Beklagten zu entnehmen ist, da eine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 358 III 1 BGB auch aus anderen Gründen zu bejahen ist. Angesichts der besonderen Ausgestaltung der Finanzierung besteht die wirtschaftliche Einheit nicht nur zwischen dem Beitritt zur Beklagten zu 1) und dem mit der F geschlossenen Darlehensvertrag, sondern schließt den später mit der Gemeinschuldnerin zustande gekommenen Darlehensvertrag ein. In dem mit der F geschlossenen Darlehensvertrag hatte sich diese die Refinanzierung des Darlehens vorbehalten und sich die Kläger bereits verpflichtet, einen ihnen später unter Berufung auf diesen Vorbehalt angetragenen Vertrag abzuschließen.
38Die Ablehnung einer wirtschaftlichen Einheit wäre mit dem Normzweck des § 358 BGB nicht zu vereinbaren. § 358 BGB soll den Verbraucher vor Risiken schützen, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrages in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Kreditvertrag drohen und erstreckt deshalb das bezüglich eines der Verträge bestehende Widerrufsrecht auch auf den mit diesem verbundenen Vertrag (Palandt/Grüneberg, 65. Aufl., 2006, § 358, Rn. 1; MüKo-Habersack, BGB, 4. Aufl., 2003, § 358, Rn. 1; Bamberger/Roth-Möller, BeckOK, BGB, § 358, Rn. 1, 2). Aufgrund der wirtschaftlichen Einheit zwischen der Beteiligung an der Beklagten zu 1) und dem zu ihrer Finanzierung zunächst geschlossenen Darlehensvertrag mit der F hätten die Kläger sich durch Widerruf eines der beiden Verträge auch von der Bindung an den jeweils anderen Vertrag befreien können. Nichts anderes kann hinsichtlich des Darlehensvertrages mit der Gemeinschuldnerin gelten, der an die Stelle des ersten getreten ist, ohne dass die Kläger insoweit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Gemeinschuldnerin eine freie Entscheidung treffen konnten. Ansonsten hätten es F und die Beklagte zu 1) in der Hand, den Klägern durch Berufung auf den Refinanzierungsvorbehalt den Schutz einer erweiterten Widerrufsmöglichkeit zu nehmen, ohne dass diese es verhindern könnten.
39Von seinem nach dem oben Gesagten bestehenden Widerrufsrecht haben die Kläger durch ein an die Gemeinschuldnerin gerichtetes Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.11.2005 wirksam Gebrauch gemacht. Es kann insoweit offen bleiben, ob das den Klägern nach §§ 495 , 355 BGB grundsätzlich zustehende Widerrufsrecht nach § 358 II 2 BGB ausgeschlossen war. Für den Fall, dass die mit dem Darlehensvertrag verbundene Beteiligung an der Beklagten zu 1) mangels ordnungsgemäßer Belehrung über ein mögliches "Haustürwiderrufsrecht" noch gemäß § 312 I 1 Nr.1 BGB, 355 I, III 3 BGB widerrufen werden konnte, würde der gegenüber der Gemeinschuldnerin erklärte Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags gemäß § 358 II 3 BGB als Widerruf der Beteiligung gegenüber der Beklagten zu 1) gelten. Auch in diesem Fall entfiele nach § 358 I, II 3 BGB die Bindung an den Verbraucherdarlehensvertrag und den mit diesem verbundenen Beitritt mit der Folge der vollständigen Rückabwicklung beider Verträge.
40Die empfangenen Leistungen sind nach §§ 346 I, 357 I 1 BGB zurückzugewähren, wobei die Rückabwicklung neben dem Darlehensvertrag nach § 358 IV 1 BGB auch den mit diesem verbundenen Beitritt zur Beklagten zu 1) erfasst. Die Bindung der Kläger an ihre auf den Beitritt zur Beklagten zu 1) gerichtete Willenserklärung ist nach § 358 II 1 BGB, bzw. § 358 I, II 3 BGB entfallen. Da das den Klägern gewährte Darlehen der Beklagten zu 1) zur Finanzierung des Erwerbs der Genossenschaftsanteile bereits zugeflossen war, ist die Gemeinschuldnerin bzw. nunmehr der Beklagte zu 2) nach § 358 IV 1 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs im Verhältnis zu den Klägern in die Rechte und Pflichten der Beklagten zu 1) eingetreten. Den Klägern steht daher ein Zahlungsanspruch in Höhe von 4.192,50 € gegen den Beklagten zu 2) zu, welcher zur Insolvenztabelle festzustellen ist und sich wie folgt errechnet:
41Rückzahlung der vom 27.03.2003 bis zum 30.08.2005 monatlich gezahlten 30 Zins- und Tilgungsraten zu je 38,35 €, d. h. insgesamt 1.150,50 €, darüber hinaus sind den Klägern auch die zur Tilgung zusätzlich gezahlten 3 Raten in Höhe von je 1.014,00 €, d.h. ein Gesamtbetrag von 4.192,50 € zurückzuerstatten. Die geltend gemachten Säumniszuschläge hat die Gemeinschuldnerin nicht erhalten, so dass sie insoweit zur Rückzahlung nicht verpflichtet ist.
42Die Kläger sind zur Rückzahlung des gewährten Nettokreditbetrags in Höhe von 8.610,00 € nicht verpflichtet, so dass die Widerklage keinen Erfolg hat. Grundsätzlich hat der Darlehensnehmer nach dem Widerruf eines Darlehensvertrags die Darlehensvaluta an den Darlehensgeber zurückzuzahlen und marktüblich zu verzinsen (BGH, NJW 2003, 422, 423; Palandt/Grüneberg, 65. Aufl., 2006, § 357, Rn. 4). Anders ist dies - wie hier- jedoch bei einem Widerruf verbundener Verträge, da die gesetzliche Regelung es dem Kunden ermöglichen soll, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen zu entscheiden, ob er an seinen Verpflichtungserklärungen festhalten möchte (BGH, NJW 2006, 1788; BGH NJW 1996, 3414, 3415).
43Die Kläger müssen dem Beklagten zu 2) jedoch ihre Anteile an der Beklagten zu 1) übertragen. Erfasst der Widerruf des Darlehensvertrags den Beitritt zu einer Gesellschaft, ist der Darlehensnehmer nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta, sondern lediglich zur Übertragung des finanzierten Gesellschaftsanteils oder, falls dieser nicht entstanden oder wieder untergegangen ist, zur Übertragung der Rechte aus dem fehlgeschlagenen Gesellschaftsbeitritt verpflichtet (BGH NJW 2006, 1788, 1790; BGH NJW 2004, 2731, 2733; BGH NJW 2004, 3332, 3333). Aufgrund des wirksamen Widerrufs des Verbraucherdarlehensvertrages stehen dem Beklagten zu 2) daher über die sich im Rahmen der erforderlichen Rückabwicklung aus §§ 346 I, 357 BGB ergebenden Ansprüche hinaus keine weiteren Ansprüche gegen die Kläger zu, so dass die Widerklage erfolglos bleiben musste.
44Mit der Rücknahme der Anteile an der Beklagten zu 1) befindet sich der Beklagte zu 2) gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug. Im Schreiben vom 02.11.2005, mit dem der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags erklärte, machte er deutlich, dass Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin nur Zug-um-Zug gegen Übertragung der Genossenschaftsanteile der Kläger geltend gemacht werden. Darin ist ein konkludentes Angebot auf Übertragung der Anteile der Kläger an der Beklagten zu 1) zu sehen. Dieses Angebot hat die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 10.11.2005 durch Zurückweisung jeglicher Ansprüche konkludent abgelehnt.
45Der geltend gemachte Zinsanspruch der Kläger ergibt sich aus § 288 I 2, 291 BGB.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 2 ZPO; über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Kammer bereits separat durch Beschluss vom 25.09.2006 entschieden.
47Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
48Streitwert: bis zum 09.05.2006: 24.717,16 €
49vom 10.05.2006 bis zum 03.07.2006 16.107,16 €
50sodann: 23.788,01 €
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