Urteil vom Landgericht Köln - 15 O 79/07
Tenor
Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 414.458,66 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2006 zu zahlen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aus Zinstermingeschäften geltend.
3Die Beklagte zu 1) befasst sich mit dem Ankauf und dem Vertrieb von sanierungsbedürftigen Immobilien sowie der Immobilienverwaltung. Der Beklagte zu 2) war bis Mai 2005 Gesellschafter und Generalhandlungsbevollmächtigter der Beklagten zu 1), seit Mai 2005 ist er deren Geschäftsführer.
4Am 10. Januar 2005 fand eine Informationsveranstaltung im Hause der Klägerin statt, bei der die Klägerin den Beklagten einen sog. Bonus-Zinsswap präsentierte. Eine entsprechende Informationsbroschüre wurde dem Beklagten zu 2) ausgehändigt. Auf den Inhalt der Broschüre wird Bezug genommen (vgl. Bl. 114 ff. d.A.).
5Bei dem präsentierten Bonus-Swap handelt es sich um ein Zinsderivatgeschäft in Form eines sog. Zinssatz-Swaps. Bei einem Zinssatz-Swap verpflichten sich die Vertragsparteien, in einem festgelegten Zeitraum zu bestimmten Terminen Zahlungen in derselben Währung zu leisten, die zu bestimmten unterschiedlich definierten Zinssätzen auf einen nominellen Kapitalbetrag berechnet werden, wobei gewöhnlich eine Vertragspartei einen festen Zinssatz, die andere Partei einen variablen Zinssatz zu zahlen hat. Der Zahlungsausgleich an den festgelegten Terminen erfolgt hierbei nicht durch Begleichung der wechselseitigen Verbindlichkeiten, sondern durch Zahlung des Differenzbetrages durch die Partei, die den höheren Betrag schuldet.
6In der Folge der Präsentationsveranstaltung vom 10.01.2005 vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte zu 1) berechtigt sein soll, mit der Klägerin Zinsderivategeschäfte abzuschließen und hierbei Verbindlichkeiten bis zu € 250.000,00 einzugehen. Die Klägerin räumte der Beklagten zu 1) eine entsprechende Kreditlinie ein. Am 1.2.2005 unterzeichnete der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) die für den Abschluss der Finanztermingeschäfte notwendigen Verträge, insbesondere den Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte; auf den Inhalt der Verträge wird Bezug genommen (Bl. 32 – 43 d.A.). Ferner eröffnete die Beklagte zu 1) ein Kontokorrentkonto (Stamm-Nr. 00000) als Verrechnungskonto für den jeweiligen Zahlungsausgleich.
7Zur Absicherung der Inanspruchnahme des Kontenstamms Nr. 00000 unterzeichnete der Beklagte zu 2) am 29. März 2005 eine Höchstbetragsbürgschaft über € 250.000,00 (Bl. 44 d.A.). Weitere Sicherheiten forderte die Klägerin zunächst nicht.
8Am 30.03.2005 erteilte der Beklagte zu 2) der Klägerin telefonisch den Auftrag zum Abschluss des Bonus-Swaps Nr. 2151. Wegen der Einzelheiten dieses Bonus-Swaps wird auf die Auftragsbestätigung der Klägerin vom 31.03.2005 Bezug genommen (Bl. 47 f. d.A.).
9Um Zahlungen der Beklagten zu 1) zum ersten Zinstermin zu verhindern, vereinbarten die Parteien am 27. September 2005 eine Umstrukturierung des Swaps 2151, die im Wesentlichen eine Laufzeitverlängerung und eine Erhöhung des nominellen Kapitalbetrages von € 5 Mio. auf € 7 Mio. vorsahen. Im Zuge dieser Änderung wurde die Kreditlinie der Beklagten zu 1) auf € 490.000,00 erhöht.
10Der Beklagte zu 2) übernahm am 13.10.2005 zur Absicherung aller Verbindlichkeiten aus dem Swap eine weitere selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft über einen Betrag von € 490.000,00 (Bl. 52 f. d.A.).
11Mit Vertrag vom 6.2./10.04.1006 wurde die Erhöhung der Kreditlinie zwischen den Parteien schriftlich vereinbart, wobei es zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines verstrichenen Zinstermins nur noch einer Kreditlinie von € 456.000,00 bedurfte.
12In dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Beklagte zu 1) zur Bestellung von Sicherheiten für den Fall, dass die Kreditlinie zu 50% ausgenutzt wird und eine einvernehmliche Lösung der Parteien über die Weiterbehandlung der bestehenden Positionen nicht zustande kommt. Sollte die Beklagte zu 1) dieser Verpflichtung nicht nachkommen, war die Klägerin berechtigt, die offenen Derivatgeschäfte ganz oder teilweise zu schließen. Auf die Einzelheiten der Vereinbarung wird Bezug genommen (vgl. Bl. 54, 55 f. d.A.).
13Per 7.11.2006 war die Kreditlinie der Beklagten zu 1) um mehr als 50 % ausgenutzt (vgl. das Schreiben der Klägerin vom 7.11.2006, Bl. 66). Eine einvernehmliche Lösung gemäß der vertraglichen Vereinbarung vom 6.2./10.04.1006 über die Weiterbehandlung der Position der Beklagten zu 1) konnte nicht erzielt werden. Der Aufforderung der Klägerin mit Schreiben vom 15.11.2006, bis zum 30.11.2006 Sicherheiten zu bestellen und den Sollsaldo auf dem laufenden Konto auszugleichen, kam die Beklagte zu 1) nicht nach.
14Mit Schreiben vom 15.12.2006 kündigte die Klägerin die Geschäftsbeziehung unter Berufung auf Nr. 19 Abs. 3 ihrer AGB fristlos (Bl. 71 d.A.) und stellte den Bonus-Swap glatt, in dem sie Ausgleichsgeschäfte tätigte. Das laufende Konto der Beklagten zu 1) belastete die Klägerin mit dem sich aus der Glattstellung ergebenden Betrag i.H.v. € 355.000,00, so dass sich ausweislich des Kontoabschlusses vom 15.12.2006 ein Sollsaldo in Höhe der Klageforderung ergab (Bl. 74 d.A.). Die Beklagte zu 1) wies die Kündigung mit Schreiben vom 25.01.2007 zurück (Bl. 126 d.A.).
15Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 2) sei vor dem Abschluss des Basis-Swaps 2151 durch ihren damaligen Mitarbeiter Herrn P über die Chancen und Risiken von Finanztermingeschäften im Allgemeinen und über den von der Klägerin vertriebenen Bonus-Swaps im Speziellen aufgeklärt worden. Ferner habe der Beklagte zu 2) im Rahmen des Telefonats am 30.03.2005 geäußert, sich bereits anderweitig über Chancen und Risiken des Bonus-Swaps informiert zu haben. Die am 27.09.2005 erfolgte Umstrukturierung habe auf Vorgaben des Herrn P beruht, der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Klägerin gearbeitet habe, sondern im Auftrag und Interesse der Beklagten gegenüber der Klägerin aufgetreten sei.
16Die Klägerin beantragt,
17die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 414.458,66 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2006 wie Gesamtschuldner zu zahlen.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagten halten die Kündigung für treuwidrig, da die Klägerin die Kündigung auf die fehlende Bestellung von Sicherheiten stützt, während sie solche Sicherheiten im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruch noch nicht gefordert habe. Die Beklagten behaupten ferner, dem Rechnungsabschluss vom 15.12.2006 widersprochen zu haben.
21Hilfsweise erklären die Beklagten die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung in Höhe der Klageforderung, die sie aus einer Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten der Klägerin herleiten (vgl. Bl. 111 ff. d.A.).
22Hierzu behaupten die Beklagten, dass eine über die Präsentationsveranstaltung hinausgehende Beratung und Risikoaufklärung vor Abschluss des Bonus-Swaps nicht erfolgt sei. Die Klägerin habe sich nicht anhand von Handelsbilanzen der Beklagten zu 1) über deren Bedürfnis für einen Swap informiert. Die Klägerin habe auch bei dem Umfang der Geschäfte nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Beklagten zu 1) um ein kleines Unternehmen mit einem Stammkapital von € 25.000,00 handele. Es habe für die Beklagte zu 1) auch überhaupt keinen Sinn gemacht, einen Festzins gegen einen variablen Zins zu tauschen.
23Ferner behaupten die Beklagten, dass die Klägerin nicht darauf hingewiesen habe, dass der Bonus-Swap bezüglich des variablen Zinssatzes von der in der Präsentation dargelegten Bandbreite grundlegend abweiche. Des weiteren sei in dem Bonus-Swap eine weitere, in der Präsentation nicht vorgesehene Bedingung festgelegt worden. So habe es auch zu einer höheren Zinsbelastung als maximal über 1 % p.a. kommen können, was der Beklagten zu 1) nicht mitgeteilt worden sei.
24Die Beklagten behaupten ferner, die Klägerin habe bereits am 12.09.2005 eigenmächtig eine Umstrukturierung des Bonus-Swaps durchgeführt, wodurch den Beklagten Verluste entstanden seien.
25Für den Fall, dass eine Aufrechnung wirksam vertraglich ausgeschlossen sein sollte, beantragen die Beklagten hilfsweise,
26die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten als Gesamtgläubiger € 414.458,66 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
27Die Klägerin beantragt,
28die (Hilfs-) Widerklage abzuweisen.
29Die Klägerin behauptet, eine Umstrukturierung des Swaps sei einvernehmlich erst am 27.09.2005 erfolgt; zuvor habe es sich lediglich um eine angedachte Umstrukturierung gehalten (vgl. Bl. 265).
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32Die Klage ist begründet. Über die Hilfs-Widerklage war mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Zahlungsanspruch über € 414.458,66 zu. Dieser Zahlungsanspruch setzt sich zusammen aus einem Schadensersatz gemäß Ziffer 8 des Rahmenvertrages für Finanztermingeschäfte in Höhe von € 355.000,00 und fälligen Zinszahlungen gemäß Ziffer 3 des Rahmenvertrages zzgl. Überziehungszinsen und Kosten. Durch die Kündigung der Geschäftsverbindung ist dieser Zahlungsanspruch fällig geworden.
34Gegen die Beklagte zu 2) besteht der Zahlungsanspruch der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB.
351.
36Die Klägerin hat die Geschäftsverbindung mit der Beklagten zu 1) wirksam gemäß Ziff. 19 Abs. 3 der Banken-AGB gekündigt und damit den auf dem Kontokorrentkonto Nr. bestehenden Saldo in Höhe von € 414.458,66 fällig gestellt. Die Beklagte zu 1) ist ihrer vertraglichen Verpflichtung, Sicherheiten zu bestellen, nicht nachgekommen, was gemäß Ziffer 19 Abs. 3 3. Spiegelstrich der AGB der Klägerin einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung der Geschäftsverbindung darstellt.
37Die Verpflichtung der Beklagten zur Bestellung von Sicherheiten resultierte hier aus der Vereinbarung vom 6.02./10.04.2006 (Bl. 54). In dieser Vereinbarung hat sich die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin verpflichtet, Sicherheiten zu bestellen, wenn die Kreditlinie zu 50% ausgenutzt ist und eine anschließende einvernehmliche Lösung über die Weiterführung des Engagements nicht zustande kommt. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben, wobei die über 50 % hinaus gehende Ausnutzung der Kreditlinie als unstreitig zu behandeln war: Soweit die Beklagten in ihrer Klageerwiderung zunächst die entsprechende Ausnutzung der Kreditlinie bestritten haben, da auf dem laufenden Konto lediglich ein Soll-Saldo in Höhe von € 57.871,76 bestanden habe (Bl. 109 f. d.A.), beruhte dieses Bestreiten auf einem Missverständnis: Die Ausnutzung der Kreditlinie richtet sich nicht nach der Höhe des Soll-Saldos auf dem laufenden Konto, sondern – wie in der Vereinbarung vom 6.02./10.04.2006 dargelegt – nach dem börsentäglich berechneten Ausfallrisiko der Klägerin. Nachdem die Klägerin in ihrer Replik noch einmal auf diese Unterscheidung hingewiesen hat (vgl. Bl. 271, 273 d.A.), ist ein weiteres Bestreiten der Beklagten hierzu nicht erfolgt.
38Die Kündigung der Geschäftsverbindung stellt sich nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) dar. Dass die Klägerin bei Abschluss der Swaps zunächst keine über die Bürgschaft hinaus gehenden Sicherheiten gefordert hat, nimmt ihr nicht das Recht, bei Veränderung des Risikos weitere Sicherheiten zu verlangen. Im Übrigen hat sich die Beklagte zu 2) in der Vereinbarung vom 6.02./10.04.2006 mit dem Recht der Klägerin, eine zusätzliche Sicherheitenbestellung in Abhängigkeit von der Ausnutzung der Kreditlinie fordern zu können, ausdrücklich einverstanden erklärt.
392.
40Durch die Kündigung der Geschäftsverbindung ist die Beklagte zu 1) zur Rückzahlung des Soll-Saldos auf dem Konto Nr. 2151 in Höhe von € 414.458,66 verpflichtet. Soweit in diesem Saldo ein Schadensersatz der Klägerin aufgrund der Glattstellung des Bonus-Swaps enthalten ist, steht der Klägerin ein solcher Schadensersatz zu: Die Berechtigung der Klägerin, den abgeschlossenen Basis-Swap durch Gegengeschäfte glatt zu stellen, ergibt sich hier aus der Vereinbarung vom 6.2./10.4.2006, da die Beklagte zu 1) ihrer Verpflichtung, zusätzliche Sicherheiten zu bestellen, nicht nachgekommen ist. Für den Fall der Beendigung des Swaps sieht Ziffer 8 des Rahmenvertrages über Finanztermingeschäfte hierbei vor, dass der ersatzberechtigten Partei, hier also der Klägerin, ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht.
41Mit Einwendungen gegen die Höhe das Soll-Saldos können die Beklagten vorliegend nicht durchdringen. Die Beklagte zu 1) hat seinerzeit keine Einwendungen gegen den nach der Glattstellung erstellten Rechnungsabschluss vom 15.12.2006 erhoben, der mit einem Soll-Saldo in Höhe der Klageforderung schloss; denn in ihrem Schreiben vom 25.01.2007 hat die Beklagte zu 1) lediglich der Kündigung der Geschäftsverbindung widersprochen. Daher gilt der Rechnungsabschluss nach Ziff. 7 Abs. 2 der AGB als genehmigt, mit der Folge, dass den Beklagten die Beweislast obliegt, dass das Konto zu Unrecht belastet wurde (Ziff. 7 Abs. 2 Satz 4 AGB). Zu dieser Frage fehlt es aber sowohl an substantiiertem Vortrag als auch an Beweisangeboten der Beklagten.
423.
43Die Hilfsaufrechnung der Beklagten führt nicht zum Erlöschen der Klageforderung. Auch kann die Beklagte zu 2) dem Klageanspruch nicht die Einrede der Aufrechenbarkeit entgegen halten.
44Allerdings ist die Aufrechnungserklärung zulässig. Das Aufrechnungsverbot in Ziffer 4. der AGB der Klägerin steht der geltend gemachten Aufrechnung der Beklagten hier nicht entgegen. Zwar ist die Aufrechnungsmöglichkeit vorliegend vertraglich in zulässiger Weise auf Forderungen beschränkt, die unstreitig oder rechtskräftig festgestellt worden sind, was beides hier nicht vorliegt. Allerdings beruhen sowohl die Klage- als auch die Gegenforderung auf einem einheitlichen Rechtsverhältnis, nämlich dem Abschluss des Bonus-Swaps 2151. In einem solchen Fall stellt es sich als treuwidrig dar, wenn die Klägerin sich auf das Aufrechnungsverbot beruft (vgl. BGH WM 1956, 563, 564). Dem kann die Klägerin nicht entgegen halten, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Beklagten überrascht (vgl. hierzu BGH WM 1967, 988, 989), zumal der Beklagte zu 2) bereits mit Schreiben vom 15.11.2006 (Bl. 69) die Beratertätigkeit der Klägerin kritisierte und die Beklagte zu 1) der Kündigung der Geschäftsverbindung mit Schreiben vom 25.01.2007 widersprochen hat.
45Den Beklagten steht der im Wege der Aufrechnung geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aber nicht zu:
46a)
47Es stellt kein Pflichtverletzung der Klägerin dar, dass sie die Handelsbilanzen der Beklagten zu 1) nicht eingesehen hat. Soweit die Klägerin sich nicht ausreichend über die Bonität der Beklagten zu 1) informiert haben sollte, können die Beklagten hieraus nichts für sich herleiten, da eine Bonitätsprüfung ausschließlich im Interesse der Klägerin als Bank liegt. Auch muss die Klägerin sich nicht vorwerfen lassen, sich nicht über das Bedürfnis der Beklagten zu 1) informiert zu haben, einen Zins-Swap abzuschließen. Wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat (vgl. Bl. 4 d.A.), wurde sie seitens der Beklagten zu 1) darüber informiert, dass diese ihren Wohnungsbestand durch langfristige Annuitätendarlehen finanziert habe. Entsprechend konnte es – für die Klägerin erkennbar – für die Beklagte zu 1) auch zweckdienlich erscheinen, ihre feste Zinsbelastung gegen eine variable Belastung zu "swappen", um für den Fall einer für sie günstigen Zinsentwicklung ihre Zinsbelastung zu senken.
48Soweit die Beklagten geltend machen, die Klägerin habe ein Geschäft in dieser Größenordnung mit der Beklagten zu 1) als kleinem Unternehmen überhaupt nicht abschließen dürfen, fehlt angesichts des Vortrags der Klägerin zu dem Immobilienbestand und Nettovermögen der Beklagten zu 1) (vgl. Bl. 263) schon substantiierter Vortrag dazu, warum eine Kreditlinie in Höhe von € 456.000,00 für die Beklagte zu 1) unverhältnismäßig hoch gewesen sein soll.
49b)
50Soweit die Beklagten geltend machen, die Klägerin habe zu ihren Lasten und ohne ihre Zustimmung eine Umstrukturierung des Basis-Swaps bereits vor dem 27.09.2005 vorgenommen, ist eine Pflichtverletzung nicht ausreichend dargelegt: Dem Vortrag der Beklagten steht nämlich entgegen, dass das Auftragsschreiben der Klägerin vom 13.09.2005 (vgl. Bl. 124 f. d.A.) von der Beklagte zu 1) gerade nicht – wie verlangt – rechtsverbindlich unterschrieben worden ist. Vielmehr ist erst das Auftragsschreiben vom 27.09.2005 (Bl. 50 f. d.A.) von den Parteien unterschrieben worden. Es ist daher entsprechend des Vortrags der Klägerin davon auszugehen, dass eine Umstrukturierung zunächst nur angedacht war, aber erst am 27.09.2005 einvernehmlich durchgeführt wurde.
51Im Übrigen ist der Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin ihnen den Schaden aus der behaupteten eigenmächtigen Umstrukturierung zu ersetzen habe, sowohl hinsichtlich der Entstehung als auch der Höhe eines solchen Schadens völlig unsubstantiiert.
52c)
53Die Klägerin hat auch keine Beratungs- oder Aufklärungspflichten dahin gehend verletzt, dass eine anleger- und produktgerechte Beratung vor Abschluss bzw. Umstrukturierung des Basis-Swaps 2151 nicht statt gefunden hat. Hierbei kann es dahin stehen, ob außer der Präsentationsveranstaltung am 10.01.2005 und der Übergabe der entsprechenden Informationsbroschüre eine weitere Beratung des Beklagten zu 2) durch den (ehemaligen) Mitarbeiter der Klägerin, Herrn P, stattgefunden hat. Daher brauchte die Kammer den entsprechenden Beweisantritten der Parteien nicht nachzugehen.
54Im Rahmen der Präsentationsveranstaltung am 10. Januar 2005 wurde der Beklagte zu 2) unstreitig über die Funktionsweise sowie Chancen und Risiken eines Zins-Swaps informiert. Hierauf wird auch in den jeweiligen Auftragsbestätigungen der Klägerin Bezug genommen, die seitens des Beklagten zu 2) gegenzeichnet worden sind (vgl. Bl. 51 d.A).
55Der Informationsbroschüre zur Präsentation ist insbesondere zu entnehmen, dass bei einem Zins-Swap nicht nur die Möglichkeit einer Zinsersparnis besteht, sondern auch das Risiko, an den jeweiligen Stichtagen an die Vertragspartei mehr zahlen zu müssen als zu erhalten, und zwar in Abhängigkeit von der Entwicklung der entsprechenden im Bonus-Swap festgelegten Parameter.
56Hierbei wird in der Präsentation auch dargestellt, dass eine mögliche Zahlungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 1 % p.a., gerechnet auf den hypothetischen Grundbetrag, besteht (vgl. Bl. 118 d.A). Jedenfalls im Zusammenhang mit der Einräumung einer Kreditlinie über € 250.000,00 muss den Beklagten hiernach die Höhe des Geschäftsrisikos bewusst gewesen sein, zumal die Kreditlinie rechnerisch genau der maximalen Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 1) aus dem abgeschlossenen Swap entspricht (€ 250.000,00 entsprechen 1% p.a. auf einen nominellen Betrag von € 5 Mio. für eine Laufzeit von 5 Jahren). Im Übrigen muss es für die Beklagten offensichtlich gewesen sein, dass die Klägerin mit den Beklagten nicht ein Geschäft abschließt, das lediglich den Beklagten in Form einer Zinsersparnis zugute kommt, ohne dass die Beklagte zu 1) ihrerseits ein Risiko trägt. Andernfalls würde der Abschluss eines solchen Geschäfts für die Bank überhaupt keinen Sinn machen.
57Soweit die Beklagten – auch unter Bezugnahme auf den entsprechenden Hinweis auf Seite 10 der Präsentation - geltend machen, dass vor Abschluss des konkreten Swaps ein weiterer Aufklärungs- und Beratungsbedarf bestanden habe, hätten sich die Beklagten nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf die bereits in der Präsentation erfolgten Aufklärung ihrerseits an die Klägerin wenden müssen. Das haben sie indes nicht getan.
58Soweit das OLG Naumburg (WM 2005, 1313) ein Beratungsverschulden einer Bank trotz einer erfolgten Präsentation über einen Zinssatz- und Währungsswap bejaht hat, lag diesem Urteil eine andere Fallgestaltung zugrunde: So hat das OLG Naumburg eine Falschberatung der dort beklagten Bank darauf gestützt, dass die Bank mit einem Kommunalunternehmen einen Fremdwährungs-Swap abgeschlossen hat, ohne im Rahmen der Präsentation den kommunalrechtlichen Besonderheiten wie z.B. dem Spekulationsverbot Bedeutung beizumessen. Ferner hatte für das klagende Kommunalunternehmen überhaupt kein Bedürfnis für den Abschluss eines Fremdwährungs-Swaps bestanden, da das Unternehmen überhaupt keine Verbindlichkeiten in Fremdwährungen hatte.
59Derartige Umstände liegen hier offensichtlich nicht vor; insbesondere hatte die Beklagte zu 1) – wie bereits dargelegt – weitreichende Zinsverpflichtungen, so dass von einem fehlenden Bedürfnis für den Abschluss eines Zins-Swaps nicht die Rede sein kann.
60Soweit die konkreten Eckdaten des hier abgeschlossenen Basis-Swaps - wie insbesondere der Zinskorridor - nicht den in der Präsentation dargestellten Eckdaten entsprechen, ergibt sich auch hieraus keine Pflichtverletzung der Klägerin. Die Klägerin hat sowohl in der Präsentation als auch in den jeweiligen Auftragsbestätigungen darauf hingewiesen, dass ein abgeschlossener Swap möglicherweise von den Angaben in der Präsentation abweicht (vgl. Bl. 48, 123 d.A.) Aufgrund dessen wusste der Beklagte zu 2) auch, dass sich ein später abgeschlossener Swap hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung an den zum Abschlusszeitpunkt geltenden Marktbedingungen orientieren würde.
61Soweit die Beklagten behaupten, bei dem tatsächlich abgeschlossenen Swap seien gegenüber der Präsentation zusätzliche Bedingungen für eine Zahlungsverpflichtung vorgesehen und die maximale Zinsbelastung habe - entgegen der Präsentation - über 1 % p.a. gelegen, ist dieser Vortrag unzutreffend: Bei dem abgeschlossenen Basis-Swap 2151 lag die maximale Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 1) bei 7 % p.a. und somit maximal 1 % p.a. über dem von der Klägerin gezahlten Festzins von 6 %. Dies entspricht der in der Präsentation dargestellten maximalen Zahlungsverpflichtung (vgl. Seite 5 der Präsentation, Bl. 118 d.A.). Auch wurde in der Präsentation die Abhängigkeit einer Zahlungsverpflichtung vom Währungskurs deutlich dargestellt.
62d)
63Einem Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen eines Beratungsverschuldens steht im Übrigen entgegen, dass die Beklagten nicht ausreichend dargelegt haben, inwiefern der Abschluss des Swapvertrages und die anschließende Umstrukturierung – eine Pflichtverletzung der Klägerin unterstellt – bei einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung unterblieben wäre. Einer solchen Darlegung hätte es vorliegend bedurft, da die Beklagte sich nach Auffassung der Kammer nicht auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen können.
64Die Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzungen setzt voraus, dass es nur eine bestimmte Möglichkeit "aufklärungsrichtigen" Verhaltens gibt (vgl. BGHZ 124, 151, 161). Hingegen ist diese Vermutung nicht begründet, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (vgl. BGH WM 1998, 1527, 1529 m. w. Nachw.).
65So liegt der Fall hier: Auch wenn die Klägerin über die konkrete Ausgestaltung des Bonus-Swaps 2151 nicht ordnungsgemäß informiert haben sollte, hätte es für die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2), mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben. So hätte die Beklagte zu 1) den Swap-Vertrag trotzdem abschließen können oder mit der Klägerin über eine alternative Ausgestaltung des Swaps verhandeln können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es für die Beklagte zu 1) nur die Möglichkeit gegeben hätte, den Swap-Vertrag nicht abzuschließen, da im Rahmen der Präsentation am 10.01.2005 seitens der Klägerin unstreitig über die Grundstruktur einschließlich der Risiken des Swaps aufgeklärt wurde. Insbesondere muss dem Beklagten zu 2) bewusst gewesen sein, dass ein Risiko von Zahlungsverpflichtungen in Höhe der eingeräumten Kreditlinien bestanden hat.
66Soweit die Beklagten darlegen, dass bei ordnungsgemäßer Aufklärung "kein vernünftiger Mensch" ein solches Geschäft abschließen würde (vgl. Bl. 323), stellt dies einen pauschalen und durch Nichts gestützten Erfahrungssatz dar und genügt nicht den Anforderungen an eine Darlegung des kausal entstandenen Schadens.
674.
68Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Da der Beklagte zu 2) sich gem. § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB auch für die Verzugszinsen, die die Beklagte zu 1) zu zahlen hat, verbürgt hat, hat auch er Verzugszinsen ab dem 16.12.2006 zu zahlen.
695.
70Über die Hilfswiderklage war nicht zu entscheiden, da sie nur für den Fall erhoben wurde, dass eine Aufrechnung aufgrund der vertraglichen Aufrechnungseinschränkung unzulässig ist.
71Im Übrigen hätte die Hilfswiderklage aus den oben dargelegten Gründen zur Aufrechnung in der Sache keinen Erfolg gehabt.
72Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
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