Urteil vom Landgericht Köln - 25 O 322/05
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des beizutreibenden Betrages.
1
T A T B E S T A N D:
2Der Kläger nimmt die Beklagte als Trägerin des K-Hospitals in Bergisch Gladbach unter dem Vorwurf einer vermeintlich fehlerhaft und ohne eine ausreichende Risikoaufklärung rechtswidrig durchgeführten ärztlichen Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch.
3Der am 27. August 1963 geborene Kläger, der bei der Berufsfeuerwehr beschäftigt ist, stellte sich erstmals im Juni 1996 mit erheblichen Beschwerden im Bereich der Fußwurzel beider Beine im Krankenhaus der Beklagten vor, die bei dem Kläger nach – dem Umfang nach zwischen den Parteien streitigen – Ausdauersport (Triathlon und Marathon) aufgetreten waren, sowie mit einer drei Wochen zuvor beim Wasserskilaufen erlittenen Fraktur der 4. Zehe links. Es wurden degenerative Veränderungen links stärker als rechts bei extremer Gewölbestörung beidseits und eine reaktive Exotose mit aufgelockerten Verknöcherungen über der Höhe der Krümmung der Fußwurzel zwischen der Gelenklinie der distalen Fußwurzelreihe und dem Mittelfußknochen links diagnostiziert. Unter der empfohlenen konservativen Therapie zeigten sich die Veränderungen und die Beschwerden bei erneuten Vorstellungen am 6. Dezember 1996 und im August 1997 gebessert.
4Am 28. November 1997 erlitt der Kläger bei einem Arbeitsunfall eine Verletzung am linken Sprunggelenk, als er mit einem Kollegen zusammenstieß. Die Erstversorgung erfolgte im B-Krankenhaus in Leverkusen, wo nach einer Röntgenaufnahme in zwei Ebenen unter der Diagnose einer Sprunggelenksdistorsion und Ausschluss einer knöchernen Verletzung eine ambulante konservative Behandlung, Tape-Verbände und Stützorthesen, veranlasst wurden.
5Eine am 5. März 1998 durch Dr. T2 erfolgte neurologische Untersuchung ergab die Diagnose einer Inaktivitätsatrophie des linken Unterschenkels mit dadurch bedingter Instabilität des linken Fußgelenkes. Am 6. März 1998 stellte sich der Kläger in der Fachklinik P vor, wo eine schwere Supinationsverletzung des linken oberen Sprunggelenkes mit einer Band- und Kapselinstabilität unter Beteiligung der Peronealsehnengruppe diagnostiziert wurde.
6Anfang 1998 stellte sich der Beklagte erneut beim Chefarzt der unfallchirurgischen Abteilung der Beklagten, Herrn Dr. X, vor. Wann diese Vorstellung erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig. In der Behandlungsdokumentation der Beklagten ist in der Anamnese unter dem 9. März 1998 festgehalten, der Kläger habe sich bereits im Januar 1998 in der Unfallambulanz vorgestellt; weitere Behandlungsunterlagen zu einer solchen Vorstellung fehlen. Jedenfalls am 9. März 1998 stellte sich der Kläger in der unfallchirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Beklagten vor. Eine klinische Untersuchung konnte die angegebene Schwäche im linken Fuß im Sinne einer Instabilität nicht feststellen. Wegen einer gering verminderten Aufklappbarkeit des linken oberen Sprunggelenkes erfolgte unter dem Verdacht auf ein knöchernes Impingement im Bereich des oberen Sprunggelenkes am 10. März 1998 eine MRT-Untersuchung durch die röntgenologische Praxis Dr. C2 am Krankenhaus Q. Eine Verletzung des Außenbandapparates oder eine knöcherne Verletzung wurden ausgeschlossen. Die Beklagte erhielt über dieses Ergebnis des MRTs einen vorläufigen, handschriftlichen Bericht, für dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 141 d.A. Bezug genommen wird. Ein weiterer Bericht über die Untersuchung findet sich in den Behandlungsunterlagen der Beklagten nicht.
7Am 24. März 1998 erfolgte eine diagnostische Arthroskopie durch den Chefarzt der Unfallchirurgie Dr. X, die den Nachweis einer Knorpelkontusion im Bereich der medialen Sprungbeinfläche ergab und bei der eine Knorpelglättung und eine partielle Synovektomie durchgeführt und einschlagende Gewebeanteile entfernt wurden. Nach einer Rehabilitation im O, Essen, wurde der Kläger durch Dr. X als arbeitsfähig angesehen.
8Am 15. September 1998 erlitt der Kläger erneut einen Arbeitsunfall beim Abtransport einer verletzten Person mit einer Trage, bei dem es zu einem Supinationstrauma kam. Erstuntersuchung und Behandlung erfolgten im Klinikum Leverkusen, wo keine Zeichen für frische knöcherne Verletzungen oder eine frische Bandläsion gesehen und eine Distorsion des linken Sprunggelenkes diagnostiziert wurde. Die Behandlung erfolgte zunächst konservativ mit Salbenverband und elastischem Wickel.
9Die weitere Behandlung erfolgte im Krankenhaus der Beklagten durch Dr. X während einer stationären Behandlung vom 16. November 1998 bis 24. November 1998. Nach einem Aufklärungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, aber in der Unterzeichnung eines Aufklärungsformulars durch den Kläger endete, erfolgte am 18. November 1998 eine Arthrotomie, die zur Revision des oberen Sprunggelenkes / Außenbandes geplant war. Intraoperativ wurde eine Ruptur der Sehne des Musculus peronaeus longus und brevis oberhalb des Retinaculums festgestellt. Weil eine End-zu-End-Naht wegen der Lage der Ruptur am Sehnenansatz nicht als möglich erschien, erfolgte eine Sehnenplastik aus der Plantarissehne (Peronaeussehnentransplantation).
10Durch die Operation und die Nachbehandlung wurde ein für den Kläger befriedigender Zustand in der Folge nicht erreicht. Weitere stationäre Behandlungen schlossen sich an.
11Der Kläger behauptet, gestützt teilweise auf das Ergebnis des Verfahrens vor der Gutachterkommission für Ärztliche Behandlungsfehler sowie auf weitere fachärztliche Stellungnahmen, die Mitarbeiter der Beklagten hätten bei seiner Behandlung gegen anerkannte Regeln der ärztlichen Heilkunst verstoßen. Bereits bei dem Unfall vom 28. November 1997 sei es zu einem Riss der Peronealsehne gekommen. Dr. X habe die MRT-Aufnahme vom 10. März 1998 fehlerhaft befundet. Er habe (ebenso wie die radiologische Praxis) trotz der schlechten Qualität der Aufnahme eindeutige Merkmale für einen kompletten Sehnenabriss übersehen. Deshalb sei die bereits zu diesem Zeitpunkt sofort erforderliche Operation der Peronealsehne nicht erfolgt.
12In der Folge sei Dr. X der klinischen Symptomatik eines subjektiv bestehenden Instabilitätsgefühls nicht ausreichend nachgegangen und habe den Kläger nach Durchführung der ambulanten Rehabilitation entgegen der Empfehlung der Rehabilitationseinrichtung fehlerhaft nicht weiter für arbeitsunfähig erklärt. Deshalb sei es zu der weiteren Traumatisierung gekommen.
13Die Operation vom November 1998 sei unzureichend vorbereitet worden. Bei Durchführung der präoperativ gebotenen diagnostischen Verfahren wäre der Sehnenabriss nicht erst intraoperativ festgestellt worden. Die dadurch notwendig gewordene Umstellung der Operation habe zu einer verlängerten Narkose geführt, durch die es zu einer Notsituation mit einem deutlichen Blutdruckabfall gekommen und eine medikamentöse Intervention durch den Narkosearzt erforderlich geworden sei. Die Peronaeussehnenplastik sei auch fehlerhaft durchgeführt worden.
14Der Kläger bestreitet, vor der Operation vom November 1998 ausreichend über Behandlungsalternativen und die Risiken der beabsichtigten Versorgung unterrichtet worden zu sein. Die Aufklärung sei allein mit der Zielrichtung einer Bandkorrektur erfolgt, ohne Alternativbehandlungen oder ggf. notwendige Erweiterungen zu nennen. Dr. X habe dann intraoperativ nach Feststellen des Sehnenabrisses eigenmächtig eine Peronaeussehnenplastik vorgenommen. Über eine Peronaeussehnenplastik und die Wiederherstellung der Benutzbarkeit und Funktionstüchtigkeit seines Sprunggelenkes sei er vor der Operation nicht unterrichtet worden, ebenso wenig darüber, dass unter Umständen der intraoperative Situs eine Erweiterung der Operation erforderlich machen könne. Eine sofortige Umstellung des Operationsverfahrens sei nicht geboten gewesen. Dass eine weitere Operation weitere Risiken berge, sei ihm selbstverständlich bekannt; er wäre diese aber eingegangen, weil sich durch eine bessere Operationsvorbereitung ein besseres Ergebnis hätte erzielen lassen. Nach der Operation sei ihm die Operationsumstellung zunächst verschwiegen worden. Auf den Hinweis der Kammer, damit sei ein Entscheidungskonflikt nicht vorgetragen, hat er weiter behauptet, bei Feststellung der Sehnenruptur sei ein Abbruch der Operation erforderlich gewesen, um ihn über diese neue Diagnose mit den möglichen Behandlungsalternativen zu unterrichten. Erst danach hätte er sich zu einer Einwilligung bereit gefühlt. Er hätte auch noch eine weitere Meinung in einem anderen Krankenhaus, nämlich einer „Fachklinik für Plastische Chirurgie“ eingeholt, zumal er schon in P gewesen sei. Dr. X sei dagegen als Fachmann für Handchirurgie bekannt.
15Bei ordnungsgemäßer Behandlung – Operation bereits im Frühjahr 1998, weitere Krankschreibung – wäre ihm ein Zustand von 8 Monaten mit einem instabilen Sprunggelenk, das zu unangenehmen und schmerzhaften Behinderungen geführt habe, erspart geblieben. Das instabile Sprunggelenk habe zudem dazu geführt, dass es zu dem zweiten Unfall gekommen sei. In Folge der Operation sei bei ihm eine kombinierte Neuropathie des Nervus peronaeus, des Nervus tibialis und des Nervus suralis links mit Taubheit im Bereich der D4 und D5 eingetreten. Er leide an ständigen Schmerzen über und hinter dem Außenknöchel und einer aktiven Bewegungseinschränkung für die Fußaußenrandhebung. Er müsse einen belastenden orthopädischen Schuh tragen, der den Knöchel umfasse. In Folge dieser Situation liege ein GdB von 30% vor. Bis heute müsse er Schmerzmittel einnehmen. Weil er zur Therapie die persistierenden Schmerzen über einen Zeitraum von 4 Jahren 9 Monaten das Präparat Vioxx eingenommen habe, sei er nach dem Bekanntwerden der damit verbundenen Gefahren besonders psychisch belastet.
16Der Kläger ist der Ansicht, zum Ausgleich der erlittenen immateriellen Schäden sei ein Schmerzensgeld in Höhe von € 49.000,- angemessen nebst einer zukünftigen monatlichen Schmerzensgeldrente in Höhe von € 230,-, die Gegenstand der Anträge zu 1.a) und 1.b) sind. Darüber hinaus verlangt der Kläger mit dem Antrag zu 1.c) Ersatz materieller Schäden (Eigenanteil für ärztliche Untersuchungen, orthopädische Spezialstiefel, Eigenanteil Prozesskosten gegen Dienstherrn, Kosten Prüfung der Erfolgsaussichten einer Inanspruchnahme des B-Hospitals, Eigenanteil Sanatoriumsbehandlung, Verlust Sondervergütungen durch eingeschränkte Einsatzfähigkeit, Fahrtkosten zur Reha in Essen), für deren Einzelheiten auf die Darstellung in der Klageschrift Bezug genommen wird. Neben der Feststellung der Ersatzpflicht im Übrigen begehrt der Kläger schließlich Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
17Der Kläger beantragt,
181. die Beklagte zu verurteilen,
19a) ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5% Jahreszinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen,
20b) eine monatlich im Voraus fällige Schmerzensgeldrente, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen,
21c) € 10.170,22 nebst 5% Jahreszinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen;
222. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren immateriellen und materiellen Schaden aus der Behandlung zu ersetzen, soweit er nicht auf Dritte, wie zum Beispiel Sozialversicherungsträger übergegangen ist;
233. ihn vom Ausgleich der Rechnung NR. #### des Rechtsanwalts H in Essen freizustellen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte tritt den Behandlungsfehlervorwürfen gestützt auf eine orthopädische Stellungnahme durch Prof. Dr. F und Prof. Dr. L, Universitätsklinikum Y, sowie eine radiologische Stellungnahme durch Prof. Dr. N, Universitätsklinikum E, entgegen und bestreitet die Kausalität ihrer Behandlung für die behaupteten Schäden unter Hinweis auf die bestehenden Vorerkrankungen und den nicht zu klärenden Zeitpunkt des Auftretens der Peroneus-Sehnenruptur.
27Zur Aufklärung vor der Operation vom November 1998 behauptet die Beklagte, der Kläger sei unter der Diagnose des Verdachts einer fibularen Bandruptur umfassend aufgeklärt worden. Bei der Aufklärung sei dem Kläger anhand des Aufklärungsformulars erläutert worden, dass trotz des Verdachts einer fibularen Bandruptur jeder einzelne Bestandteil des Sprunggelenkes allein oder mit anderen verletzt sein könne. Nach dem erst intraoperativ zu erkennenden Ausmaß der Schäden richte sich die operative Versorgung entweder durch Vernähen oder eine Verstärkung mit körpereigenen Sehnen (Bandplastik). Deshalb könne eine Änderung oder Erweiterung des geplanten Vorgehens erforderlich werden, die aber ohne das Einverständnis des Klägers nicht durchgeführt werden dürfe und dann einen Operationsabbruch erforderlich mache. Mögliche Komplikationen, insbesondere Knochen- und Wundinfektion, Gelenkeinsteifung, Thrombose, Embolie und Rezidiv, seien dem Kläger erläutert worden, ebenso die nicht auszuschließende Möglichkeit einer Periost-Lappenplastik und einer postoperativen Gipsruhigstellung.
28Ob bei dem abendlichen Gespräch vor der Operation zwischen Dr. X und dem Kläger dann über die Sehnentransplantation gesprochen worden sei, lasse sich heute nicht mehr aufklären. Weil ein Abbruch der Operation zwecks nochmaliger Aufklärung einen weiteren Eingriff mit weiteren Risiken erforderlich gemacht hätte, mache das Vorbringen des Klägers einen Entscheidungskonflikt nicht nachvollziehbar.
29Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 22. März 2006, Bl. 149 bis 151 der Akten. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das röntgenologische Zusatzgutachten des Prof. Dr. med. R, Leiter der Abteilung Diagnostische Radiologie der S, vom 25. Oktober 2006, Blatt 176 bis 178 der Akten, sowie auf das unfallchirurgische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Z, ehedem Oberarzt der Unfallchirurgischen Klinik der S, jetzt Leiter der Traumatologie des Centre Hospitalier A, vom 11. Dezember 2006, Blatt 185 bis 203 der Akten, nebst der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Juli 2007, Bl. 256 bis 262 der Akten Bezug genommen, für die Anhörung des Sachverständigen auf das Protokoll der Sitzung vom 4. Juni 2008, Bl. 328 bis 333 der Akten.
30Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.
31E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
32Die Klage ist nicht begründet.
33Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
34Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zunächst ein Verstoß gegen anerkannte Regeln der ärztlichen Kunst nicht festzustellen. Die Kammer folgt hierzu der in sich folgerichtigen, detailliert begründeten Bewertung durch den unfallchirurgischen Sachverständigen, der als ehemaliger Oberarzt der renommierten Unfallchirurgischen Klinik der S wissenschaftlich und praktisch als besonders qualifiziert zur Beantwortung der vorliegend aufgeworfenen medizinischen Fragen ausgewiesen ist. Der Sachverständige hat zu Behandlungs- und Krankheitsverlauf im Falle des Klägers erläutert: Die Peroneussehnenruptur habe bereits am 10. März 1998 vorgelegen, wie sich aus der – ohne Kenntnis des weiteren Verlaufs vorgenommenen – Auswertung des MRTs durch den radiologischen Zusatzgutachter ergebe. Gleichwohl liege kein Behandlungsfehler der Mitarbeiter der Beklagten vor. Dies gelte zunächst für Behandlung in der ersten Jahreshälfte 1998, denn das im Krankenhaus der Beklagten vorliegende Ergebnis des MRTs vom 10. März 1998 und auch die klinische Symptomatik hätten keinen Anlass zur Diagnose einer Peroneussehnenruptur oder einen weiter abklärungsbedürftigen Verdacht insoweit ergeben. Auf die fehlerhafte Bewertung des MRTs durch die mit der Untersuchung betrauten Radiologen habe sich das Krankenhaus verlassen dürfen, denn die Auswertung des MRTs bedürfe besonderer radiologischer Fachkenntnisse; die fehlerhafte Bewertung dränge sich für einen Unfallchirurgen nicht auf.
35Auch die Behandlung im November 1998 sei nicht zu beanstanden. Durch die Peronaeussehnenplastik an Stelle der geplanten Bandstraffung sei auf die intraoperative Diagnose einer Peroneussehnenruptur adäquat im Sinne der Methode der Wahl reagiert worden. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Umsetzung der zu Recht durchgeführten Peronaeussehnenplastik gebe ist nicht, auch nicht im Rückschluss aus dem für den Kläger im Weiteren unbefriedigenden Verlauf.
36Schließlich lasse sich ein Zusammenhang zwischen einer unterlassenen frühzeitigen Therapie und dem zweiten Dienstunfall sowie dem protrahierten weiteren Verlauf medizinisch nicht sichern. Gleiches gelte auch für den Zusammenhang zwischen der Operation vom November 1998 und dem weiteren Verlauf.
37Erhebliche Bedenken gegen das Sachverständigengutachten sind nach der ergänzenden Stellungnahme und Anhörung des Sachverständigen nicht offen geblieben. Vielmehr hat der Sachverständige insbesondere in der mündlichen Anhörung alle weiteren Einwende des medizinisch beratenen Klägers ausgeräumt. Danach lassen sich Behandlungsfehler oder unterlassene weitere Befunderhebungen im Krankenhaus der Beklagten ausgehend von der maßgeblichen „ex-ante“-Perspektive, also auf der Grundlage der damals bekannten Symptome und ohne Kenntnis des weiteren Verlaufs, nicht feststellen.
38Die Klage hat auch unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Risikoaufklärung vor der Operation vom November 1998 keinen Erfolg. Unstreitig ist der Kläger allerdings vor dem Eingriff nicht über das dann tatsächlich durchgeführte Operationsverfahren einer Peronaeussehnenplastik an den Peronealsehnen aus der Plantarissehne unterrichtet worden. Auch ein möglicher Abbruch der Operation nach Erkenntnis der Personeussehnenruptur mit dem Ziel der Unterrichtung des Klägers über die geänderte Diagnose und die daraus notwendigen therapeutischen Konsequenzen ist nicht erfolgt. Dabei handelt es sich nach den von dem Sachverständigen erläuterten Vorgehensweisen bei den beiden Operationen, auch wenn mit der Stabilität des Sprunggelenks das gleiche Ziel angestrebt wird, nicht um im Wesentlichen gleiche Operationsmethoden, sondern unterschiedliche Operationsverfahren. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lassen sich erhebliche Folgen nicht ursächlich auf den erst ab dem Zeitpunkt der Umstellung des Operationsverfahrens rechtswidrigen Teil der Operation vom November 1998 zurückführen. Damit hat der Kläger den ihm obliegenden Nachweis zwischen dem rechtswidrigen Eingriff und den behaupteten Folgen nicht geführt. Dies ergibt sich aus den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, der wiederum ausführlich unter Auseinandersetzung mit allen Argumenten auch des medizinischen Beraters des Klägers überzeugend unter Hinweis auf die Grunderkrankung des Klägers herausgearbeitet hat, dass sich nicht gesichert begründen lasse, ob und in welchem Umfang ein Zusammenhang zwischen der Operation und den beim Kläger bestehenden Einschränkungen bestehe.
39Zurechenbare Folgen der rechtswidrigen Operationsumstellung sind danach die gegenüber dem geplanten Eingriff verlängerte Schnittführung in den Bereich des Schienbeins und die verlängerte Operationszeit. Beide Beeinträchtigungen haben das Wohlbefinden des Klägers jedoch nur derart kurzzeitig bzw. unerheblich beeinträchtigt, dass ein Ausgleich zur Genugtuung nicht geboten ist (vgl. zur Geringfügigkeitsgrenze auch BGH VersR 1992, 504; BGH BGHZ 122, 363, zitiert nach JURIS, dort Rz. 25). Ob die dokumentierte, gut beherrschte intraoperative Kreislaufschwäche des Klägers auf die Operationsverlängerung zurückgeführt werden kann, ist ungeklärt. Selbst wenn man diesen Zusammenhang unterstellen würde, wäre die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten.
40Zudem sind die Voraussetzungen eines Entscheidungskonflikts gegenüber dem von der Beklagten geltend gemachten hypothetischen Einwilligung nicht nachvollziehbar vorgetragen. Die Berufung der Beklagten auf die hypothetische Einwilligung, d.h. darauf, dass der Kläger sich auch bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung zu dem dann durchgeführten Eingriff entschlossen hätte, entnimmt die Kammer aus dem Zusammenhang der Geltendmachung der fehlenden Plausibilität durch die Beklagte, S. 8 der Klageerwiderung vom 29. Oktober 2005, Bl. 48 d.A. Trotz Hinweises der Kammer auf den fehlenden Entscheidungskonflikt hat der Kläger eine nachvollziehbare Konfliktsituation nicht plausibel gemacht. Der Hinweis im Schriftsatz des Klägersvertreters vom 12. Dezember 2007, S. 5, Bl. 216 d.A., er hätte eine Fachklinik für Plastische Chirurgie aufgesucht, überzeugt auch bei dem aus dem weiteren Zusammenhang gebotenen Verständnis nicht, er hätte in Kenntnis der Verletzung und des danach gebotenen Vorgehens eine für die vorgenommene Peronaeussehnenplastik spezialisierte Klinik aufgesucht. Denn der Kläger, der in der Vorgeschichte nach seinem Vortrag besonders qualifizierte Einrichtungen aufgesucht hatte, etwa die Klinik P oder das O in Essen, hatte sich nach beiden Unfallverletzungen immer wieder in die Behandlung gerade der Beklagten und des dort tätigen Chefarztes der Unfallchirurgie Dr. X begeben, in dessen Kompetenz er mithin besonderes Vertrauen gezeigt hatte.
41Der Schriftsatz der Unterbevollmächtigten Rechtsanwältin T des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben.
42Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
43Streitwert:
44|
Antrag zu 1.a) |
€ 49.000,00 |
|
Antrag zu 1.b) |
€ 13.800,00 |
|
Antrag zu 1.c) |
€ 10.170,22 |
|
Antrag zu 2. |
€ 10.000,00 |
|
zusammen |
€ 82.970,22 |
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Referenzen
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