Urteil vom Landgericht Köln - 37 O 1029/07
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahren trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Rückerstattung von Einlageleistungen wegen unerlaubter Handlung.
3Der Kläger ist an der J AG & Co KG (K) beteiligt. Der Beklagte seinerseits ist Geschäftsführer der W GmbH (H). Alleingesellschafter der H ist die Z Treuhand Vermögensverwaltung GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls der Beklagte ist.
4Die Vermittlung der Treuhandverträge an anlagewillige Kunden für die K wurde von der P Deutsche Vertriebsmarketing AG (P) übernommen. Die Mittelverwendungskontrolle wurde von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgenommen.
5Die K erhielt ein Schreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) vom 26.10.2004 in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihre Geschäfte als genehmigungspflichtiges Finanzkommissionsgeschäft eingestuft werden und mangels entsprechender Genehmigung eine Untersagung in Betracht komme. In den folgenden Wochen und Monaten verhandelten die BAFin und die K über mögliche Veränderungen in der Anlage- und Gesellschaftsstruktur, um zu erreichen, dass die BAFin die Geschäftstätigkeit der K nicht mehr als genehmigungspflichtiges Finanzkommissionsgeschäft einstufte, was sie nach Ansicht der K selbst ohnehin nicht war. Bis in den Mai 2005 hinein teilte die BAFin der K mit, dass die Tätigkeit unter bestimmten Umständen als erlaubnisfreie GbR oder KG Lösung fortgeführt werden könnte.
6Am 27.10.2004 fand eine Gesellschafterversammlung der K statt, an der der Beklagte für die H teilnahm. Dort wurde ausführlich erörtert, dass eine Einbeziehung der F Bank AG in die Geschäftstätigkeit der K erwogen werde, um den Bedenken der BAFin zu begegnen.
7Ebenfalls mit Schreiben vom 26.10.2004, zugegangen am 28.10.2004, wandte sich die BAFin auch an die H. Darin hieß es unter anderem:
8"Es ist die Annahme gerechtfertigt, dass das Beteiligungsangebot der J AG & Co KG das unerlaubte Betreiben des Finanzkommissionsgeschäfts gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) beinhaltet. Sie wären als Treuhandkommanditistin gemäß § 37 Abs. 1 KWG in die Abwicklung der unerlaubten Bankgeschäfte mit einbezogen:
9(...)
10Gemäß § 44c Abs. 1 und 6 KWG sind Sie zur Auskunftserteilung und zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet. Ich bitte um Beantwortung folgender Fragen und Einreichung folgender Unterlagen: (...)
11Der Kläger gab am 16.03.2005 in seiner Wohnung in Bergheim ein Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit der H ab. Dieses Angebot wurde am 22.03.2005 angenommen. Der Kläger verpflichtete sich damit zur Zahlung einer Einmaleinlage in Höhe von 6.300,00 €. Er erhielt in der Folgezeit Ausschüttungen in Höhe von 35,00 €.
12Am 15.06.2005 untersagte die BAFin schließlich die weitere Geschäftstätigkeit der K.
13Sowohl die K als auch die H meldeten mittlerweile Insolvenz an.
14Der Kläger behauptet, der Beklagte habe jedenfalls seit Ende Oktober 2004 gewusst, dass das gesamte Anlagekonzept der K und der eingebundenen H zum Scheitern verurteilt gewesen sei. Er ist der Ansicht, der Beklagte hätte den Vertragabschluss mit dem Kläger verhindern müssen oder zumindest dessen Einlage nicht weiterleiten dürfen. Der Beklagte sei insoweit zur Aufklärung verpflichtet gewesen.
15Der Kläger hat seinen ursprünglichen Klageantrag wegen der erfolgten Ausschüttungen in Höhe von 35,00 € zurückgenommen.
16Der Kläger beantragt nunmehr,
17- den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.265,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche, die dem Kläger gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der H Beteiligungstreuhand GmbH und die J AG & Co KG , Herrn RA O, wegen Forderungsanmeldungen und aus dem Treuhandvertrag Nr. ### zustehen;
- festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretungserklärung gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug befindet.
Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Er rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Der Beklagte behauptet, von der Untersagung durch die BAFin erst im Juni 2005 Kenntnis gehabt zu haben. Vorher sei er davon ausgegangen, dass sich die Differenzen aufklären und beheben lassen würden. Die Einzahlung der Einlage bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen. Ferner erhebt er die Einrede der Verjährung.
21Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird zudem Bezug auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 08.07.2008 genommen.
22Entscheidungsgründe
23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24I.
25Das Landgericht Köln ist jedenfalls gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Der Kläger behauptet einen durch unerlaubte Handlung des Beklagten eingetretenen Vermögensschaden, welcher an seinem Wohnort, mithin in Bergheim, entstanden sei. Zwar ist der Schadensort als solcher ohne Belang, da grundsätzlich der Begehungs- und nicht der Schadensort für Klagen aus unerlaubter Handlung ausschlaggebend ist (Zöller-Vollkommer, 26. Auflage 2007, § 32 ZPO, Rn. 16). Anderes gilt aber dann, wenn der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört. Der vorliegend behauptete Betrug wirkt sich damit am Belegenheitsort des Klägervermögens in Bergheim und damit im Landgerichtsbezirk Köln aus. Damit kann dahinstehen, ob zudem auch der Gerichtsstand des § 29c ZPO gegeben ist.
26II.
27Die Klage ist unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten aus Vertrag oder §§ 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 263 StGB bzw. § 32 KWG bzw. § 826 BGB zusteht.
281.
29Vertragliche Ansprüche gegen den Beklagten kommen mangels vertraglicher Beziehung zwischen den Parteien nicht in Betracht. Der Kläger hat lediglich einen schuldrechtlichen Vertrag mit der H als Treuhänderin abgeschlossen, nicht hingegen mit dem Beklagten persönlich.
302.
31Der Beklagte hat den Kläger nicht sittenwidrig vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB geschädigt.
32Der Beklagte selbst hat kein Anlagemodell vermittelt, da der Vertrieb der P Deutsche Vertriebsmarketing AG (P) übertragen war. Daher kommt eine Haftung ohnehin nur wegen des Umstandes in Betracht, dass er die Vermittlung des Treuhandvertrages bewusst nicht verhindert hat.
33Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Geschäftsführer einer GmbH nach der Rechtsprechung des BGH vorsätzlich sittenwidrig handelt, wenn er einem Anleger hochspekulative Warenterminsgeschäfte ohne die erforderliche Risikoaufklärung vermittelt, vermitteln lässt oder deren Vermittlung bewusst nicht verhindert (vgl. BGH, NJW 2002, 2777; NJW-RR 2003, 923; 2004, 203). Eine durchgreifende Haftung auf den Geschäftsführer persönlich wird in diesen Fällen zu Recht angenommen, weil der betroffene Anleger bei Terminsoptionsgeschäften aller Wahrscheinlichkeit nach chancenlos ist, wenn er mehrere verschiedene Optionen erwirbt und die Anlage deswegen wirtschaftlich aussichts- und sinnlos ist. Der BGH hat diese Rechtssprechung aber nur auf Warentermingeschäft erstreckt, nicht hingegen auf andere Anlagemodelle.
34Die Geschäftstätigkeit der K umfasst keine Terminsoptionsgeschäfte. Eine entsprechende Anwendung der oben ausgeführten Grundsätze auf das Anlagemodell der K ist nicht gerechtfertigt. Die Anlage bei der K war weder hochspekulativ, noch wirtschaftlich aussichtslos oder unsinnig. Daran ändert auch das Schreiben der BAFin vom 26.10.2004 nichts. Dort wird zunächst nur darauf hingewiesen, dass eine Schließung wegen fehlender Genehmigung in Betracht kommt und es werden Unterlagen angefordert, um den Sachverhalt und die Beteiligung der verschiedenen Gesellschaften näher aufzuklären. Wäre eine Untersagung der Geschäftstätigkeit zu diesem Zeitpunkt bereits sicher gewesen, hätte es der Einholung weiterer Informationen gerade nicht mehr bedurft. Zudem hat die BAFin noch bis Mai 2005 Gespräche mit der K geführt, um eine Untersagungsverfügung zu verhindern. Es wurde nach genehmigungsfreien Lösungen gesucht, demnach bestand auch nach Ansicht der BAFin die Möglichkeit, den Fonds umzustrukturieren und weiter zu vertreiben.
35Aus diesem Grund kann dem Beklagten auch kein Vorsatz zu Schädigung des Klägers unterstellt werden. Er musste jedenfalls bis zum Vertragschluss mit dem Kläger im März 2005 nicht davon ausgehen, dass das Modell gescheitert war. Als der Beklagte am 28.10.2004 das Schreiben der BAFin erhielt, stand er bereits unter dem Eindruck der K Gesellschafterversammlung vom Vortag. Dort wurde von den Bedenken der Bundesanstalt berichtet und es wurden bereits erste Lösungsansätze - wie die Einschaltung der F Bank AG - vorgestellt. Damit durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass die Geschäftstätigkeit der K aufrechterhalten werden und die Anlegerbeiträge nicht gefährdet würden.
36Dass der Beklagte die vom Kläger gezahlten Einlagebeträge an die K weitergeleitet hat, kann wegen der vorstehenden Ausführungen ebenfalls keinen Anspruch aus § 826 BGB begründen. Hinzu kommt, dass der Beklagte für die H verpflichtet war, die Einlagen weiterzuleiten.
372.
38Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB.
39Da § 263 Abs.1 StGB nicht die Dispositionsfreiheit des Getäuschten schützt, sondern als Vermögensstraftat nur die vermögensschädigende Täuschung sanktioniert (BGH NStZ-RR 2001, 41f.; BGH NStZ-RR 2000, 331f.; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl. 2007, § 263 Rn. 72 und 74 jeweils m.w.N.), liegt eine strafrechtlich relevante Vermögensbeschädigung nicht schon dann vor, wenn jemand infolge eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat, die er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht getroffen hätte (vgl. BGH NJW 2006, 1679, 1681 Rdnr.18 – für den Erwerb von Fondsanlagen; Tröndle/Fischer, aaO.). Entscheidend ist vielmehr der objektive Vergleich der Vermögenslage des Getäuschten vor und nach der Vermögensverfügung. Wird die von diesem im Falle des Erfüllungsbetruges erbrachte Leistung durch den wirtschaftlichen Wert des Erlangten ausgeglichen, so fehlt es an einem Vermögensschaden des Getäuschten im Sinne von § 263 Abs.1 StGB (vgl. auch BGH NJW 2006, 1679, 1681; BGH NJW 1982, 1165 – für den Erwerb von Warenterminoptionen; Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 263 Rd.114a und Rn. 125 ff.; Tröndle/Fischer, aaO., § 263 Rn. 74 sowie Rn. 78 a und 78 b – jeweils zu Risiko- und Anlagegeschäften).
40Konkrete und einer näheren Überprüfung zugängliche Anhaltspunkte dafür, dass das Vermögen der Klägerseite zum Datum des Abschlusses des Beteiligungsvertrages und/oder bei Übergabe der Beteiligungssumme wirtschaftlich um diesen Betrag im Sinne der vorstehenden Grundsätze verringert worden ist, sind nicht ersichtlich.
41Zudem fehlt es aufgrund der unter 1. dargetanen Gründen an dem erforderlichen Vorsatz des Beklagten.
423.
43Eine Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Gesetz über das Kreditwesen (KWG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die Vorschriften des KWG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen oder ob das KWG nur die Aufgaben der Bundesanstalt im öffentlichen Interesse definiert. Jedenfalls ist nicht der Beklagte, sondern die K als handelnde Gesellschaft für einen etwaigen Verstoß gegen das KWG verantwortlich.
44Aufgrund der im Anschluss an die mündliche Verhandlung eingegangenen Schriftsätze ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht geboten. Der dortige Parteivortrag erschöpft sich in bloßen Rechtsausführungen. Insbesondere besteht keine Veranlassung, die Entscheidung des OLG München abzuwarten.
45Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
46Streitwert: bis 7.000 €
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.