Urteil vom Landgericht Köln - 29 O 356/05
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer einer von zwei Wohnungen des Hauses am T-Straße2 in Hürth. Die zweite Wohnung steht im Eigentum der Eltern der Klägerin zu 1). Das Haus wurde 1992 mit zwei Voll- und einem Dachgeschoss errichtete, ist voll unterkellert und verfügt über ein Satteldach mit Gauben. Es ist dreiseitig verklinkert, die linke Giebelwand wurde in dem Wissen um das unmittelbare Anbaurecht des linken Nachbargrundstücks, am T-Straße1, nur verputzt.
3Der Beklagte ist Inhaber einer Bauunternehmung. Seine Firma errichtete im Auftrag des früheren Eigentümers des Nachbargrundstücks am T-Straße1 dort ein Reihenhaus. Beginn der Arbeiten war Herbst 2003. Eine Dokumentation des Zustands des bestehenden Gebäudes vor Beginn der Bauarbeiten fand nicht statt.
4Die Kläger machen eigene Ansprüche sowie Ansprüche aus abgetretenem Recht der Eltern der Klägerin zu 1) geltend im Hinblick auf Schäden, die durch die Errichtung des Nachbargebäudes entstanden sein sollen.
5Während der Bauarbeiten stießen die Mitarbeiter des Beklagten am 30.10.2003 mit dem Geschirr des Baukrans an die linke Giebelwand des Wohnhauses der Kläger. Zudem erfolgten die Aushubarbeiten des Nachbargrundstücks ohne eine nach DIN 4123 erforderliche Berme stehen zu lassen. Ab Mitte Dezember 2003 stellten die Kläger erstmals Schäden an ihrem Haus fest. Es handelte sich um Risse in der Wand und im Fensterrahmen des Badezimmers im 2. Obergeschoss sowie im Bereich der Fensterrahmen im Schlafzimmer des 1. Obergeschosses, äußerliche Risse in der Giebelwand und aufklaffende Randfugen von schwimmendem Estrich im straßenseitigen Abstellraum im Keller. Am 15. 3.2004 wurde im Heizungsraum eine Gipsplombe gesetzt. Diese riss bereits wenige Tage später auf.
6Es wurden von beiden Parteien Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt: vom Kläger der Sachverständige Netz, von der Versicherung des Beklagten der Sachverständige Heck.
7Die Kläger behaupten, die Schäden seien auf die Schläge mit dem Geschirr des Baukrans am 30. 10.2003 sowie auf eine unterlassene bzw. nicht ordnungsgemäße Unterfangung zurückzuführen. Die Stöße mit dem Geschirr des Krans seien derart heftig gewesen, dass sie deutlich innen und sogar außerhalb des Hauses bemerkbar gewesen seien.
8Zudem liege das neue Fundament 60 cm tiefer als das der Kläger. Deshalb seine Unterfangung des Wohnhauses der Kläger unter Beachtung der DIN 4123 nötig gewesen, die hier unstreitig nicht erfolgt sei. Dadurch habe das Grundstück der Kläger seine erforderliche Stütze verloren und es sei - gegebenenfalls kumulativ mit den Schlägen durch den Baukran - zu den genannten Rissen gekommen.
9Die Kläger behaupten ferner, die Beseitigung der bezeichneten Risse erfordere insgesamt Aufwendungen in Höhe von 2.8 66,00 € (638,00 € für die Beseitigung der Schäden im Badezimmer; 200,00 € für Rissbeseitigung am Schlafzimmerfenster im 1. Obergeschoss; 150,00 € für Beseitigung des Risses am Badezimmerfenster im 2. Obergeschoss - 1878,00 € für Verputz und Anstrich der Giebelwand).
10Aufgrund des Verlustes der ursprünglichen Festigkeit des Baugrundes des klägerischen Wohnhauses sei mit dem Auftreten weiterer Schäden zu rechnen. Auch habe das Grundstück für den Fall, dass eine Wiederherstellung der ursprünglichen Festigkeit nicht möglich sei, eine Wertminderung von mindestens 5% erfahren. Der Objektwert liege bei 500.000 €, so dass diesbezüglich ein Schaden in Höhe von 25.000 € anzunehmen sei.
11Nachdem die Kläger zunächst Klage erhoben haben mit den Anträgen,
121. an sie 27.866,00 €. nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
132. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1, soweit sich dieser auf Schadenersatz in Höhe von 25.000 € wegen Verstoßes gegen DIN 4123 bezieht, den Beklagten zu verurteilen, eine ordnungsgemäße Unterfangung nach DIN 4123 herzustellen und die eingetretenen und zukünftigen Gebäudeschäden zu beseitigen,
143. hilfsweise für den Fall des gesamten oder teilweisen Unterliegens mit dem Antrag zu 2 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, aufgrund beim Neubau des Wohnhauses am Simonis Hof 23 unterlassener bzw. nicht ordnungsgemäßer Unterfangungsarbeiten (DIN 4123) des Wohnhauses der Kläger Nr. 25 bereits eingetretene Schäden und zukünftige Folgeschäden auszugleichen,
15haben sie ihre Klage nach Hinweis des Gerichts umgestellt.
16Die Kläger beantragen nunmehr,
171. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.866,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.01.2006 zu zahlen;
182. den Beklagten zu verurteilen, die ursprüngliche Festigkeit des Gebäudes am T-Straße2 in 50354 Hürth von 2.000 kN/m² wiederherzustellen;
193. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihnen Zukunftsschäden an deren Wohnhaus am T-Straße2 in 50354 Hürth auszugleichen, die auf den Verlust der ursprünglichen Festigkeit dieses Grundstücks von 2000 kN/m² zurückzuführen sind;.
204. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens oder der Unmöglichkeit der technischen Umsetzung hinsichtlich des Antrages zu 2., den Beklagten zu verurteilen, an sie 25.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.206 zu zahlen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte behauptet, die Schläge mit dem Geschirr des Baukrans gegen die Giebelwand der Kläger seien nur von geringer Intensität gewesen und lediglich im Kellerbereich erfolgt. Ein Zusammenhang zwischen ihnen und den Rissen am und im klägerischen Wohnhaus bestehen nicht. Vielmehr seien die Risse durch Fehler am Haus selber entstanden. So sei der Riss in der äußeren Giebelwand auf nicht ordnungsgemäße Ausführung der Auflage der Mittelpfetten zurückzuführen. Eine Untermörtelung sowie der sonst übliche Giebelanker seien nicht erkennbar. Die Giebelwand sei zudem nicht schlagregendicht verputzt gewesen. Die Fliesen im straßenseitigen Kellerraum seien auf schwimmendem Estrich verlegt worden ohne den Einbau von notwendigem Bewegungsfugen. Bei dem Riss im Bad des Dachgeschosses handele es sich ebenfalls um einen Spannungsriss. Auch die übrigen Schäden seien nicht auf die Arbeiten am Nachbargrundstück der Kläger zurückzuführen, sondern beruhten auf nicht fachgerechten Arbeiten am Hause der Kläger und durch diese selbst. Zum Vorwurf der nicht bzw. nicht ordnungsgemäßen Unterfangung des Grundstückes behauptet der Beklagte, der Aushub des Fundaments sei abschnittsweise und somit hinreichend ordnungsgemäß erfolgt. Der Beklagte bestreitet zudem den Objektwert des klägerischen Grundstücks, dieser sei allenfalls mit 250.000 € einzusetzen.
24Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen
25Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 21.9.2006. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. P vom 05.03.2008 verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Die Klage ist nicht begründet
281. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung der geforderten 2.866,00 € zu.
29Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 831 BGB wegen des Vorfalls vom 30. 10.2003. Die Mitarbeiter des Beklagten sind zwar unstreitig mit dem Geschirr des Baukrans mindestens zweimal gegen die Giebelwand des klägerischen Wohnhauses gestoßen. Auch sind unstreitig verschiedene Rissbildungen am und im Haus der Kläger sichtbar geworden. Das Gericht hat jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erhebliche Zweifel an der Kausalität der Schläge für diesen Schaden. Der Sachverständige P legt bezüglich der Erschütterungen vom 30.10.2003 auf Seite 12 seines Gutachtens nachvollziehbar dar, dass diese prinzipiell zwar Risse an angrenzenden Gebäudeteilen verursachen könnten. Typisch sei ein sternförmiger Verlauf der Rissbildung. Zudem führt er aus, dass derartige Schäden sofort nach den Erschütterungen aufträten und nicht erst Wochen später. Die Kläger bemerken die Risse jedoch erst Mitte Dezember, mithin 6 Wochen nach dem Vorfall.
30Auf Seite 14 unter Punkt 5.4. des Gutachtens führt der Sachverständige weiterhin aus, dass lediglich der von ihm an einer Stelle als feiner sichtbarer Riss innerhalb der Giebelwand am linken Mittelpfettenauflager sowie die durch die Fotos dokumentierten bzw. von den Vorsachverständigen noch während der Bauzeit in der Giebelwand dokumentierten beiden von der vorderen Mittelpfette ausgehenden außenseitigen Rissbildungen in der Größenordnung um 0,25 mm gegebenenfalls auf Erschütterungen oder auch auf die nicht sachgerechten Unterfangungsarbeiten bei der Gründung des Neubaus zurückzuführen seien. Auch wenn der Sachverständige Verankerungsmängel der Mittelpfette nicht festgestellt hat, da dies abschließend nur mit großem zerstörerischen Aufwand untersucht werden könne, so hat er doch weiterhin auf Seite 14 seines Gutachtens ausgeführt, dass auch eine fehlende Verankerung grundsätzlich zu den in der Akte dokumentierten Rissverläufen führen kann. Auf Seite 6 seines Gutachtens hat der Sachverständige ausgeführt, dass Baustellenfotos erkennen lassen, dass die Pfettenköpfe fast bis zur Außenoberfläche des Giebelmauerwerkes reichen und verputzt worden seien. Insofern steht es nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass gerade die Schläge mit dem Baukran die Rissbildungen verursacht haben.
31b) Die Kläger haben auch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der 2.866,00 € aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB. Zwar sind die Gründungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück von dem Beklagten ohne Beachtung der DIN 4123 durchgeführt worden. Jedoch steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest fest, dass gerade dadurch ein Schaden am Haus der Kläger entstanden ist.
32Insoweit bezieht sich das Gericht auf das überzeugende Gutachten des Sachverständigen P, das auch die Unterlagen und Fotos der Vorgutachten berücksichtigen. Der Sachverständige P hat zunächst auf S. 15 seines Gutachtens dargelegt, dass der Boden im Bereich des Hauses der Kläger wahrscheinlich eine Festigkeit besitzt, die weit über 200 kN/m² liege. Bei den im Beweisbeschluss und auch im Klageantrag angegebenen 2000 kN/m² handele es sich um einen Übertragungsfehler aus der Statik zum Objekt der Kläger, dort S. 12 (Bl. 135 der Akte). Davon geht auch die Kammer mangels anderer Angaben der Kläger aus. Nach den eigenen Ermittlungen des Sachverständigen liegt die die Unterschreitung der Sohle des Fundaments des Altbaus bei zirka 16 cm, sei also nicht sehr ausgeprägt (vgl. S. 16 des Gutachtens). Gemäß der Statik werde die zulässige Bodenverpressung unter der Giebelwand nur zu 70% ausgenutzt. Der Sachverständige schließt eine Lockerung des Baugrundes vorliegend aus. Auch wenn die Gründung des Neubaus nicht korrekt ausgeführt sei, sei daraus ein Festigkeitsverlust unter dem bestehenden Gebäude nicht abzuleiten. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass, wenn es Schäden durch Lockerung des Baugrundes komme, diese Schäden unmittelbar und nicht mit erheblicher Verzögerung auftreten, da in der Regel die Folge von Fehlern ein „Grundbruch“ d.h. ein zeitliches unmittelbares Ausweichen des Baugrundes unter der Last des bestehenden Gebäudes sei. Dieser Vorgang habe hier offensichtlich nicht stattgefunden. Auf S. 10 seines Gutachtens hat der Sachverständige auch ausgeführt, dass auch die angegriffenen Gipsmarken im Keller nicht auf nennenswerte Verformungen hindeuten. Bereits übliche Temperaturschwankungen könnten solche Risse in einer Gipsmarken hervorrufen.
33Insbesondere aber sieht der Sachverständige P die Schäden am Wohnhaus des Klägers gerade in anderen Ursachen, für die der Beklagte nicht verantwortlich ist. Diese Ursachen hat der Sachverständige nachvollziehbar im einzelnen dargelegt. Die Risse zwischen den Fenstern und den umgebenden Laibungen führt der Sachverständige auf Spannungsrisse zurück, da die erforderlichen Dehnfugen nicht eingebaut worden seien (vgl. S. 12, 13 des Gutachtens). Auch die Abrisse zwischen dem Gipskartonplatten der Holzbalkendecke im Dachgeschoss und der Giebelwand seien typisch für die Verformungsunterschiede zwischen Holzbauteilen und Massivbauteilen und mit Sicherheit nicht durch die Nachbarbebauung verursacht (vgl. S. 13 des Gutachtens). Die Risse im Bereich der Randfugen des Fußbodens seien darauf zurückzuführen, dass die Randfugen starr vermörtelt worden, obwohl hier eine breite elastische Fuge erforderlich gewesen wäre (vgl. S. 13 des Gutachtens). Auch die in der rückwärtigen Kellergeschoss waren vorgefundene geringe Rissbildung sei eine Verformungsunterschiede zwischen verschiedenen Mauerwerksarten im Hause der Kläger zurückzuführen (vgl. S. 13, 14 des Gutachtens).
342. Auch der Klageantrag zu 2, der auf Wiederherstellung der ursprünglichen Festigkeit des Grundstückes des Klägers gerichtet ist, war abzuweisen. Ein solcher Anspruch, der sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB ergeben könnte, scheitert daran, dass der Boden durch die Arbeiten des Beklagten nicht in seiner ursprünglichen Festigkeit gelockert wurde. Allein dass der Beklagte die DIN 4123 nicht beachtet hat, reicht für den Anspruch nicht aus.
353. Der Feststellungsantrag zu 3. war zulässig, jedoch nicht begründet. Da kein Verlust der ursprünglichen Festigkeit des Baugrundes vorliegt, kann der Beklagte auch nicht dieserhalb zum Ausgleich zukünftiger Schäden verpflichtet werden.
364. Der Hilfsantrag zu 4. ist ebenfalls abzuweisen. Die Kläger haben keinen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB auf Ausgleich eines Wertverlusts ihres Hauses gegen den Beklagten aufgrund einer mangelnden Festigkeit. Da wie bereits erläutert der Baugrund nicht an Festigkeit verloren hat und auch nicht mit weiteren Schäden zu rechnen ist, ist eine Wertminderung des Grundstücks der Kläger nicht ersichtlich.
37Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
38Streitwert: 27.866 €
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