Urteil vom Landgericht Köln - 6 S 253/06
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Köln vom 10.05.2006 (118 C 627/03) -unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen- wie folgt abgeändert:
1
1.
2Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, die an der Garagengrenzwand der Grundstücke H-Straße1/ 60, #### Köln auf Seiten des Grundstückes H-Straße1 angebrachten An- und Aufbauten an die Garagenwand bzw. das Garagendach der Klägerin, bestehend aus 3 an die Garagenwand der Klägerin angemauerten Pfeilern, nebst oberhalb der Garagenwandabschlusskante zwischen den Pfeilern verlaufender Querverstrebung mit Glaseinsatz, einer zwischen den Pfeilern befindlichen und an diesen angebrachten durchgängigen Sitzvorrichtung sowie die zur Wasserableitung zwischen dem An- bzw. Aufbau und dem das Garagendach der Klägerin angebrachte und über den gesamten Bereich der Pfeiler verlaufende rötlich braune Wasserableitung aus Leichtmetallblech sach- und fachgerecht zurückzubauen.
32.
4Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2 verpflichtet sind, der Klägerin alle weitergehenden Schäden an ihrer Garage, die durch den Rückbau des im Klageantrag zu i) näher bezeichneten An- bzw. Aufbaus entstehen, sach- und fachgerecht zu beseitigen.
53.
6Die Beklagten zu 1) und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt die in der hinteren oberen rechten Ecke der Garage der Klägerin - betrachtet von der H-Straße aus - gelegen auf dem Grundstück H-Straße2, #### Köln - in einer Höhe von 170-235 cm und über eine Fläche von ca. 4 Quadratmeter sich erstreckenden Feuchtigkeitsschäden (auf der anliegenden Skizze mit Nr.4 bezeichnet) sach- und fachgerecht zu beseitigen , wobei die Klägerin den Beklagten die entstehenden Kosten zur Hälfte zu erstatten hat.
74.
8Die Beklagten zu 1) und 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Äste der einzigen ca.15 m großen Platane, die auf ihrem Grundstück H-Straße1, Flurstück X,#### Köln mit einem Abstand zur hinteren, parallel zur H-Straße verlaufenden Grundstücksgrenze zum Grundstück H-Straße2, #### Köln, von circa 2 m steht, insoweit zurück zu schneiden, als sie derzeit in den Luftraum oberhalb des Grundstückes der Klägerin - H-Straße2 – hineinragen.
95.
10Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
116.
12Die Kosten des Rechtsstreits 1 Instanz tragen die Klägerin zu 32 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 68 %.
13Die Kosten des Rechtsstreits 2 Instanz tragen die Klägerin zu 17 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 83 %.
147.
15Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
16G r ü n d e:
17(abgekürzt nach §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO, § 26 Ziffer 8 EGZPO)
18Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klage ist teilweise begründet.
19Die Beklagten sind zum Entfernen der 3 streitigen Pfeiler mit den von ihnen angebrachten Aufbauten gemäß § 1004 Abs.1 S.1 BGB verpflichtet.
20Nach dem Gutachten des Sachverständigen Z vom 20.11.2007 steht zwar fest, dass die streitigen drei Pfeiler von den Beklagten auf die im Bereich der Garage der Klägerin abgesenkte Grenzmauer, die sich allein auf dem Grundstück der Beklagten befindet , aufgesetzt wurden. Dies steht einem Anspruch der Klägerin aber nicht entgegen.
21Wie der Sachverständige L in seinem Gutachten vom 03.11.2008 nämlich überzeugend dargelegt hat, wurden die Pfeiler ohne Zwischenraum gegen den Putz der Seitenwand der Klägergarage gemauert wurden, wobei der Randbereich der Klägergarage eingemauert wurde. Hierdurch wurde in das Eigentum der Klägerin störend eingegriffen. Dies brauchte die Klägerin nicht gemäß § 1004 Abs.2 BGB zu dulden, da ein solches Anmauern an die im Alleineigentum der Klägerin stehende Außenwand der Garage grundsätzlich nicht gestattet zu werden braucht. Der Anbau an eine Grenzwand ist nach § 20 NachbarGNW nur mit schriftlicher Zustimmung des Eigentümers zulässig, die hier nicht vorliegt.
22Demgemäß sind die Beklagten zur Beseitigung verpflichtet.
23Auch die Feststellungsklage ist begründet. Da die Beklagten zur Beseitigung verpflichtet sind, müssen sie nämlich auch alle zukünftigen Schäden an der Garage der Klägerin, die durch den Rückbau der An- bzw. Aufbauten gegebenenfalls entstehen, sach- und fachgerecht beseitigen.
24Die vorgenannten Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt.
25Für die hier in Rede stehende Verjährung ist das BGB in der Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterfielen dabei die Abwehransprüche aus § 1004 BGB der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (z.B. BGHZ 60, 235, 238; BGHZ 125, 56, 63; NJW 1990, 2555, 2556). Entscheidend für den Beginn dieser Verjährung ist der Zeitpunkt der Entstehung des Beseitigungsanspruches (BGH, NJW 1990, 2555 ff).
26Die Verjährungsfrist begann mit der Verletzung des Eigentums durch die Störung, also mit der Anbringung der Mauerpfeiler und sonstigen Teile. Die Mauerpfeiler wurden, den Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt ,1975-1981 angebracht
27(Bl.192,293 GA) und die weiteren Teile noch später. Die Verjährung lief daher unter Berücksichtigung des Art. 229 § 6 EGBGB jedenfalls frühestens zum 31.12 .2004 ab.
28Zwar wurde die Klage erst am 05.01.2005 (Bl.137 GA) eingereicht.
29Die Verjährung war aber durch Einreichung des Prozesskostenhilfeantrages durch den bevollmächtigten Ehemann der Klägerin am 29.12.2003, der den Beklagten durch das Gericht mit Verfügung vom 06.01.2004 zugeleitet wurde, gehemmt. Das Ende der Verjährungshemmung durch den Prozesskostenhilfeantrag trat erst 6 Monate nach Beendigung des Prozesskostenhilfeverfahrens ein (§ 204 Abs.2 BGB).
30Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Prozesskostenhilfeantrag zwar mit Beschluss vom 07.06.2004 zurückgewiesen wurde, aber auf die sofortige Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 22.10.2004 dahingehend abgeändert, wurde , dass der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Die Klage ist somit am 05.01.2005, und auch im Hinblick auf die weiteren Fristsetzungen in dem vorgenannten Beschluss ,rechtzeitig i.S.d. § 204 II BGB eingereicht worden, so dass die Ansprüche nicht verjährt sind.
31Die Klage ist nur teilweise begründet, soweit die Klägerin Beseitigung der von ihr behaupteten Schäden in/ an der Garage gemäß § 1004 BGB verlangt.
32Hinsichtlich der Undichtigkeiten am Garagendach stehen der Klägerin keine Ansprüche zu, da die Undichtigkeiten am Dach gemäß dem Gutachten des Sachverständigen L , allein darauf beruhen, dass die bituminöse Dachabdichtung der Klägerin teilweise hohl liegt und spröde ist . Für die Beseitigung der insoweit entstandenen Schäden ist daher allein die Klägerin zuständig.
33Soweit die Klägerin die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden in der hinteren oberen rechten Ecke der Garage, betrachtet von der H-Straße aus - gelegen auf dem Grundstück H-Straße2, #### Köln - in einer Höhe von 170-235 cm , sich erstreckend über eine Fläche von ca. 4 Quadratmeter gemäß Schriftsatz vom 26.06.2006 beantragt hat, liegen diese Schäden, wie der Sachverständige L bestätigt hat, zwar vor.
34Die Klägerin hat aber nicht bewiesen, dass diese Feuchteschäden ausschließlich auf Fehlern und Mängeln an der Freisitzüberdachung der Beklagten, insbesondere am Flachdach/Wandabschluss zurückzuführen sind und dass diese Feuchtigkeitsschäden deshalb, weil die Beklagten ihre Überdachung später errichtet haben, von diesen auch allein zu vertreten sind. Dies hat sich nämlich nach den Ausführungen des Sachverständigen L nicht bestätigt.
35Die behaupteten Schäden sind in der vom Sachverständigen gefertigten Skizze (Seite 10 des Gutachtens) unter der Nummer 4 eingezeichnet und auf dem Foto 4 (Bl. 11 des Gutachtens) dargestellt. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass diese Schäden , wie sich aus den Fotos Nummer 18 und 13 ergäben , sowohl auf einer mangelhaften Konstruktion bei der Einmauerung des Pfeilers durch die Beklagten als auch auf einer von der Klägerin mangelhaft geflickten Dachrinne beruhen.
36Demgemäß ist die Schadensursache den Parteien je zur Hälfte zuzurechnen.
37Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.04.1997, VZR 28/96) § 254 BGB auch im Rahmen des Beseitigungsanspruches nach § 1004 Abs.1 S.1 BGB entsprechend anwendbar ist. Da die endgültige Höhe der Beseitigungskosten noch unbekannt ist und die Verurteilung zur nur teilweisen Beseitigung oder zur gemeinsamen Beseitigung durch die Parteien ausscheidet, war der Beseitigungsanspruch folglich durch eine Feststellung der Kostenbeteiligung der Klägerin einzuschränken ( BGH a.a.O), die die Kammer mangels anderer Anhaltspunkte, gemäß § 287 ZPO auf 50 % schätzt.
38Hinsichtlich des Rückschneidens der Äste der Platane ist die Klage gemäß §§ 910, 1004 BGB begründet.
39Ein Anspruch auf Beschnitt der Äste ist nicht nach § 47 I NachbG NW ausgeschlossen. Die Bestimmung betrifft nur den Anspruch auf Entfernung von Bäumen und Sträuchern, die den Grenzabstand nicht einhalten. Hier geht es aber um Äste, die auf das Grundstück der Klägerin ragen. Insoweit greift § 1004 BGB ein.
40Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 I BGB, da sie es zugelassen haben, dass die streitigen Zweige über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den behaupteten Beeinträchtigungen geführt haben. Nach § 910 I und II BGB, der auch für den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt (vgl. BGH NJW 2004, 603/604; 1037/1038; NZM 2005, 318- 319), hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen (BGH NZM 2005, 318-319).
41Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass von den in Rede stehenden überhängenden Ästen, Zweige abbrechen und, wie auch Laub, auf ihr Grundstück fallen. Dies stellt, insbesondere was die Entfernung von abgebrochenen Ästen angeht, keine nur ganz unwesentliche Beeinträchtigung dar, da die Entfernung,
42mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden ist. Zudem ist eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung auch in der von den Ästen ausgehenden Verschatttung zu sehen.
43Dagegen haben die Beklagten, die die Darlegungslast dafür tragen, dass keine Beeinträchtigungen durch die überhängenden Äste bestehen ( BGH NJW 2004, 1037 ff) , hierzu nichts Substantielles vorgetragen. Dass keine Beeinträchtigung des Klägers vorliegt, ist auch in 2.Instanz nicht schlüssig dargetan. Insbesondere ergibt sich aus einem ohne weiteren Sachvortrag im Termin überreichten Schreiben der Gärtnerei nichts anderes.
44Auch dieser Anspruch ist nicht verjährt. Ansprüche auf Entfernung von Ästen gemäß §§ 910,1004 BGB bestehen nämlich auch dann, wenn die Beseitigung des Baumes selbst wegen Fristablaufes nach § 47 I NachbG NW nicht mehr verlangt werden kann.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
46Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.
47Da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, war die Revision
48nicht zuzulassen.
49Streitwert für die 1. Instanz 2.800 €:
501.Entfernung der angebrachten An-und Aufbauten 1.000 €;
512.diesbezüglicher Feststellungsanstrag 200 €
523.Entfernung der Schäden an der Garage 600 € ( davon 200 € für die Schäden am Dach)
534.Beschneiden der Platane 500 €
545.Entfernung der Buchenhecke 500
55Berufungsstreitwert: 2.300 €, da die Entfernung der Buchenhecke nicht mehr beantragt wird.
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