Urteil vom Landgericht Köln - 85 O 6/09
Tenor
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 54.085,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 24.09.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin unterhält eine internetbasierte Vertriebsplattform für Finanzdienstleistungsprodukte und Versicherungen. Die Beklagte vermittelte ihr als Maklerin vermögenswirksame Sparverträge.
3Nach Kündigung der mit Wirkung zum 01.11.2006 zwischen den Parteien geschlossenen Vertriebsvereinbarung verlangt die Klägerin wegen Vertragsstornierungen entsprechend 5.4 des Vertrags die Rückzahlung gezahlter Provisionen.
4Unter 3.3 des Vertrags heißt es:
5"Über ihr als notleidend bekannt werdende Verträge gibt European Broker Systems dem Vertriebspartner während der Laufzeit des Vertrages unverzüglich Nachricht, die auch durch Einstellung ins Internet erfolgen kann."
6Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin dieser Verpflichtung zur Stornogefahrmitteilung dadurch genügt hat, dass sie entsprechend der Anlage Za 2 ein Recherchetool auf ihrem Online-Portal eingerichtet hat, dem sich entnehmen ließ, vor wie viel Tagen die letzte Transaktion bei den einzelnen vermittelten Verträgen erfolgt war.
7Die Klägerin beantragt,
8nach teilweiser Klagerücknahme,
9die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 55.582,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 24.09.2008 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte erklärt die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Zahlung von Bestandsprovisionen in Höhe von 1.496,97 €.
13Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Akte verwiesen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die Klage ist bis auf den Aufrechnungsbetrag begründet, Ziffer 5.4 des Vertrages in Verbindung mit § 812 BGB.
16Die Klägerin hat dadurch, dass sie der Beklagten entsprechend der Anlage Za 2 ein Recherchetool an die Hand gab, dem sich entnehmen ließ, wie viele Tage seit der Einzahlung der letzten Sparrate auf die von der Beklagten vermittelten Verträge vergangen waren, die von ihr unter 3.3 der Vertriebsvereinbarung übernommene Verpflichtung zur Stornogefahrmitteilung in hinreichender Weise erfüllt, denn in sämtlichen vorgelegten Mustern der vermittelten Sparvertragsarten war eine monatliche Zahlung der Sparraten vorgesehen. Aus diesem Grund war, wenn die letzte Transaktion länger als 30 Tage zurücklag, für die Beklagte mit Hilfe des ihr zur Verfügung gestellten Recherchetools ohne Weiteres –oder: auf einen Blick, wie die Beklagte fordert- erkennbar, dass ein Beitragsrückstand vorlag. Eine über die Zurverfügungstellung dieser Information hinausgehende Verpflichtung zu weiteren Hinweisen lässt sich dem Vertrag nicht entnehmen. Dass diese Nachricht auch durch Einstellung ins Internet erfolgen konnte, war vertraglich vereinbart.
17Soweit im Verhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter in der Versicherungs- und Bausparkassenbranche nach § 92 HGB möglicherweise weitergehende Warnpflichten im Fall von Stornogefahren bestehen mögen, was dann auf die im Handelsvertretervertragsrecht zwingende Vorschrift des § 87 III HGB zurückzuführen ist, gilt diese Bestimmung im Verhältnis Unternehmer/Makler nicht, sie ist auf dieses Verhältnis auch nicht analog anzuwenden.
18Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die Information über das Zurückliegen der letzten Sparratenzahlung genüge als Stornogefahrmitteilung nicht, weil manche Arbeitgeber die Sparraten in größeren als monatlichen Abständen entrichteten, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach dem maßgeblichen Inhalt der vorgelegten Vertragsmuster stets eine monatliche Zahlweise vorgesehen war. Abweichende betriebliche Übungen über die Zahlweise konnten nichts daran ändern, dass beim Ausbleiben der vereinbarten monatlichen Raten ein Beitragsrückstand entstand. Die weitere Ansicht der Beklagten, mit der Vereinbarung von monatlichen Sparbeträgen sei nicht auch eine monatliche Zahlweise verbunden gewesen, erscheint fernliegend und wird nicht geteilt.
19Für die wieder aktivierten vier Sparverträge hat die Klägerin Rückgutschriften erteilt und dies in ihrer Forderungsaufstellung berücksichtigt.
20Die zuerkannten Zinsen schuldet die Beklagte aus Verzug.
21Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 II Nr. 1, 709 ZPO.
22Streitwert:
23bis zum 04.05.2009 57.457,89 €
24seitdem 55.582,47 €,
25eine Streitwerterhöhung wegen der Hilfsaufrechnung findet nicht statt, weil die Gegenforderung nicht streitig ist, § 45 III GKG.
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