Urteil vom Landgericht Köln - 3 O 450/08
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 21.12.2000 (Bl. 8 d.A.) an dem Z-Fonds 73, einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einem Anteil von 50.000,- DM zuzüglich eines Agios von 5 %. Die Beitrittserklärung enthielt eine Widerrufsbelehrung. Wie es zum Abschluss dieses Vertrags kam, ist zwischen den Parteien streitig. Ebenfalls am 21.12.2001 unterzeichnete die Klägerin einen Darlehensvertrag mit der Fa. T Gesellschaft für Finanz- und Investitionsberatung mbH (Bl. 9 d.A.) über den für den Erwerb der Beteiligung anfallenden Betrag i.H.v. 50.000,- DM zzgl. 5 % Agio. Das Darlehen war ausweislich Ziffer 4 bis zum 31.01.2001 zurückzuführen. Am 31.01.2001 schlossen die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Kreissparkasse O, einen Darlehensvertrag über 52.500,- DM, wobei die in Köln wohnhafte Klägerin diesen Vertrag nicht in den Geschäftsräumen des Kreditinstituts unterzeichnete, sondern in ihrer Wohnung. Der Klägerin wurden am 31.01.2001 zwei Widerrufsbelehrungen – die mit Widerrufsbelehrung Verbraucherkredit bzw. mit Widerrufsbelehrung Geschäfte nach dem Haustürwiderrufsgesetz überschrieben waren - ausgehändigt, die sie jeweils unterschrieb. Wegen des Wortlauts wird auf die als Anlage zur Klageschrift gereichten Kopien der Widerrufsbelehrungen (Bl. 12 und 13 d. A.) verwiesen.
3Die Klägerin erbrachte bis zur Klageerhebung auf das Darlehen insgesamt Zinsen und Tilgung i.H.v. 16.105,65 €; nach Klageerhebung zahlte sie weitere 1.073,71 € (Gesamt: 17.179,36 €). Sie erhielt in der Zeit vom 31.07.2001 bis 31.01.2004 Ausschüttungen i.H.v. 5.368,56 € und erlangte Steuervorteile i.H.v. 4.854,54 €.
4Der Z-Fonds befindet sich mittlerweile in Liquidation. Die Klägerin widerrief mit anwaltlichem Schreiben vom 26.07.2005 (vgl. Bl. 14 d. A.) ihre Darlehensvertragserklärung. Die Beklagte ließ die Ansprüche mit anwaltlichem Schreiben vom 12.09.2005 (Bl. 14 dA.) zurückweisen.
5Die Klägerin behauptet, das Geschäft sei durch einen Vermittler, Herrn N, der Fa. C zustande gekommen. Dieser habe zunächst anlässlich eines Besuchs in ihrer Wohnung eine Bilanz über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erstellt, anhand derer er Bedarf bei der Altersabsicherung ermittelt habe. Herr N habe sich Anfang Dezember 2000 mit ihr erneut zunächst telefonisch in Verbindung gesetzt und ihr sodann anlässlich eines Termins Mitte Dezember in ihrer Wohnung die Beteiligung am Z-Fonds als sichere Anlage zur Altersabsicherung vorgestellt. Sie habe sich etwas Bedenkzeit erbeten. Am 21.12.2001 habe Herr N erneut in ihrer Wohnung vorgesprochen. Gemeinsam mit Herrn N und ihrem späteren Ehemann sei sie nach H in das Büro des C gefahren, wo wiederum ein Verkaufsgespräch stattgefunden habe. Ihr sei dort die Beitrittserklärung und ein Auftrag für eine Kreditfinanzierung zum Zwecke der Zwischenfinanzierung vorgelegt und erklärt worden, es sei Eile geboten, der Fonds sei sehr gefragt, zudem ginge ihr der Steuervorteil verloren, wenn der Abschluss nicht mehr im Jahr 2000 zustande komme. Am 31.01.2001 habe Herr N ihr zwei Formulare der Beklagten vorgelegt, nämlich bezgl. des "Antrags vom 18.01.2001 auf Gewährung eines Darlehens zu Konto ###-###### über 52.500,- DM" sowie bezüglich des Vertrags "Verpfändung von Treuhandansprüchen aus der Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds". Zugleich seien ihr die Widerrufsformulare vorgelegt worden. Persönlichen Kontakt zur finanzierenden Bank habe sie – unstreitig – nicht gehabt. Der Vermittler habe sich abredegemäß um eine endgültige Darlehensgewährung zur Ablösung der Zwischenfinanzierung gekümmert.
6Die Klägerin ist der Ansicht, bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt handele es sich um verbundene Geschäfte. Sie meint, die ihr erteilten Widerrufsbelehrungen seien unwirksam, da der Zusatz "nicht jedoch vor Abgabe Ihrer auf den Abschluss des oben genannten Geschäftes gerichteten Willenserklärung" eine unzulässige, im Gesetz nicht vorgesehene Erweiterung beinhalte und damit dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB widerspreche. Ferner stehe der Zusatz unter der Widerrufsbelehrung zum Verbraucherkredit im Widerspruch zu der im übrigen erteilten Belehrung und erwecke den falschen Eindruck, nach Empfang des Darlehens könne das Widerrufsrecht untergehen.
7Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 04.03.2009 im Hinblick auf die nach Klageerhebung geleisteten Zahlungen auf das Darlehen hinsichtlich des Antrags zu 1 erweitert.
8Die Klägerin beantragt nunmehr,
9- die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.956,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 08.10.2008 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der treuhänderisch verwalteten Beteiligung an der "Z-Fonds 73, Zbeteiligungsgesellschaft 73 GmbH & Co KG", Anteilsnummer ##-####, im Nominalwert von 25.564,59 € (= 50.000,- DM);
- es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme hinsichtlich der unter Ziffer 1. angebotenen Übertragung der Kommanditbeteiligung in Annahmeverzug befindet;
- es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehen Nr. ###-###### keine Rechte und Ansprüche mehr gegen die Klägerin zustehen.
Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte bestreitet die Umstände des Vertragsschlusses mit Nichtwissen. Insbesondere bestreitet sie mit Nichtwissen, dass die Klägerin unter Hinweis auf den drohenden Verlust von Steuervorteilen unter Entscheidungsdruck gesetzt worden sei und dass ihre Rechtsvorgängerin der C bzw. Herrn N Formulare zur Verfügung gestellt habe. Sie ist der Ansicht, die Beitrittserklärung sowie der Darlehensvertrag enthielten wirksame Widerrufsbelehrungen.
13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g rü n d e
15Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
161.
17Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Beteiligung gemäß den nach Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB maßgeblichen §§ 361 a Abs. 1, 346 BGB a.F. verlangen. Insoweit kann dahin stehen, ob die dem Darlehensvertrag beigefügten Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß waren, denn im Zeitpunkt der Widerrufserklärung vom 26.05.2005 war ein eventuelles Widerrufsrecht der Klägerin erloschen, §§ 361 a BGB a.F. i.V.m. § 7 Abs. 2 VerbrKrG.
18Entgegen der Ansicht der Klägerin, hatte die - vermeintlich - unrichtige Belehrung über ihr Widerrufsrecht nicht zur Folge, dass die Widerrufsfrist gem. § 361 a BGB a.F. i.V.m. § 2 HausTWG noch nicht zu laufen begann. Denn die streitgegenständlichen Verträge unterliegen nicht den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes. Die Klägerin hat weder die Beteiligung vom 21.12.2000 im Rahmen einer – der Beklagten zurechenbaren – Haustürsituation gezeichnet noch ist der Darlehensvertrag vom 31.01.2001 anlässlich einer Haustürsituation abgeschlossen worden. Mithin ist die Widerrufsfrist, unterstellt, die Widerrufsbelehrungen wären fehlerhaft gewesen, nach § 361 a BGB a. F. i.V.m. § 7 Abs. 2 VerbrKrG ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Erklärung der Klägerin, also mit Ablauf des 31.01.2002, erloschen.
19Gemäß dem zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse geltenden § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG liegt ein sog. Haustürgeschäft vor, wenn der Kunde durch mündliche Verhandlungen u.a. in seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Grundsätzlich genügt eine Mitursächlichkeit zwischen der Haustürsituation und der späteren Abgabe der Vertragserklärung. Es genügt, dass die besonderen Umstände der Kontaktaufnahme einen unter mehreren Beweggründen darstellen, sofern ohne sie der später abgeschlossene Vertrag nicht oder nicht mit demselben Inhalt zustande gekommen wäre (BGH Urteil vom 08.06.2004, XI ZR 167/02, NJW 2004, 2744 – zitiert nach juris Rn. 18). Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen und der Vertragserklärung wird für den Nachweis des Kausalzusammenhangs vom Gesetz nicht gefordert. Die von einem engen zeitlichen Zusammenhang jedoch ausgehende Indizwirkung nimmt aber mit zunehmenden zeitlichen Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen (BGH Urteil vom 09.05.2006, XI ZR 119/05, NJW-RR 2006, 1419 – zitiert nach juris Rn. 14).
20Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Beitritt zum Z-Fonds oder der Abschluss des Darlehensvertrags am 31.01.2001 auf einer Haustürsituation beruhen.
21Nach Darstellung der Klägerin gingen der Beitrittserklärung vom 21.12.2000 mehrere Beratungsgespräche voraus. Der erste Kontakt zwischen der Klägerin und Herrn N fand bereits vor Dezember 2000 anlässlich eines Hausbesuchs statt, in der Herr N wie die Klägerin in er mündlichen Verhandlung vom 19.05.2009 klagestellt hat - die kostenlose Erstellung einer Wirtschaftsbilanz angeboten hat. Diese Bilanz war Anlass für seine erneute telefonische Kontaktaufnahme Anfang Dezember, die zu dem zweiten Gespräch in der Wohnung der Klägerin Mitte Dezember 2000 führte, bei dem Herr N die Beteiligung am Z-Fonds präsentierte. Die Klägerin hat dazu ausgeführt, sie habe sich bei diesem Termin eine Bedenkzeit ausgebeten. Erst in einem weiteren Termin, am 21.12.2000, habe sie im Büro der Fa. C die Beitrittserklärung abgegeben.
22Diese Situation entspricht gerade nicht der typischen Haustürsituation, die vom Schutzzweck des HausTWG erfasst ist. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, dass der Vermittler zu dem Beratungsgespräch Mitte Dezember 2000 unbestellt erschienen ist. Insbesondere ist die Klägerin von dem Angebot des Erwerbs der Fondsanteile angesichts der vorangegangenen Gespräche und der sich von ihr erbetenen Bedenkzeit nach der ersten Präsentation der Beteiligungsmöglichkeit nicht überrumpelt worden. Am 21.12.2000 hat sie sich zudem in der Erwartung zum Verkaufsbüro der C begeben, dort weitere Informationen über die Anlagemöglichkeit zu erhalten und ggfls. eine Beteiligung zu erwerben.
23Diese Erwägungen sprechen auch gegen die Annahme, der Darlehensvertrag zwischen der Klägern und der Rechtsvorgängerin der Beklagten beruhe auf einer Haustürsituation. Denn den Entschluss zur Darlehensaufnahme zur Finanzierung der Beteiligung fasste die Klägerin nicht anlässlich einer für Haustürgeschäfte typischen Überrumpelungssituation, sondern erst in Folge der oben dargestellten Gespräche. Hinzu kommt, dass die Klägerin den Darlehensvertrag erst am 31.01.2001 und damit über einen Monat nach dem Beitritt zum Z-Fonds abgeschlossen hat. In dieser Zeit hat sie die Beteiligungserklärung nicht widerrufen, obgleich ihr mit der Beitrittserklärung eine Widerrufsbelehrung erteilt worden war. Auch dies spricht für die Annahme, die Darlehensaufnahme beruhe auf einer bewussten, nicht in einer Überrumpelungssituation getroffenen Entscheidung (vgl. BGH Urteil vom 09.05.2006, XI ZR 119/05, NJW-RR 2006, 1419 – zitiert nach juris Rn. 15).
242.
25Da die Klägerin von der Beklagten die Rückabwicklung des Darlehensvertrags nicht verlangen kann, befindet sich die Beklagte nicht in Verzug mit der Annahme des Kommanditanteils der Klägerin.
263.
27Der Antrag auf Feststellung, dass der Beklagten keine Rechte mehr aus dem Darlehensvertrag mit der Klägerin mehr zustehen, ist ebenfalls nicht begründet. Die Klägerin hat ihre auf Abschluss des Darlehensvertrag gerichtete Erklärung – wie bereits dargelegt - nicht wirksam widerrufen.
284.
29Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
30Streitwert:
31Antrag zu 1: 6.956,26 €
32Antrag zu 2: 69,00 €
33Antrag zu 3: 47.747,41 €
34Gesamt: 54.477,67 €
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Referenzen
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