Urteil vom Landgericht Köln - 13 S 39/09
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 09.01.2009 – 22 C 435/08 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 870,44 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klge abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/5 sowie die Beklagte zu 4/5.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstrecbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
6Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 7, 17 StVG, 249 ff. BGB, 115 VVG Schadensersatz wegen Mietwagenkosten in Höhe weiterer 870,44 € verlangen.
7Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 160, 377; 163, 19) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst vornimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen der Schadensbehebung den wirtschaftlichsten zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 2106; 2006, 2693) ist es zulässig, zu deren Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtete Mittel (jetzt: Moduswert) des "Schwacke-Automietpreis-Spiegels"(im Folgenden: Schwacke-Liste) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen.
8Die Schwacke-Liste 2008 ist eine geeignete Schätzgrundlage (vgl. auch LG Köln, Urteil vom 19.11.2008, 9 S 171/08, zur Schwacke-Liste 2007 und die Urteile der erkennenden Kammer vom 18.06.2008, 13 S 55/08, und vom 03.09.2008, 13 S 103/08 zur Schwacke-Liste 2006). Soweit die Beklagte die Schwacke-Liste für nicht anwendbar hält und meint, dass bei der Erhebung der Daten gravierende Mängel vorgelegen hätten, kann sie hiermit nicht durchdringen. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2008, 1519; 2910), der sich die Kammer anschließt, bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadenschätzung Verwendung finden können, nämlich nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel auf den konkreten Fall ausgewirkt haben. Hier ist entsprechendes nicht ersichtlich. Die Beklagte argwöhnt lediglich allgemein, dass die befragten Autovermieter bewusst höhere Preise angegeben hätten. Soweit die Beklagte diverse Angebote von Autovermietern vorgelegt hat, die günstigere Preise aufweisen als die streitgegenständliche Rechnung vom 19.03.2008, vermag dies die Aussagekraft der Schwacke-Liste 2008 nicht zu erschüttern. Sämtliche Angebote liegen außerhalb des Erhebungszeitraums der Liste und betreffen zudem teilweise auch nicht den Einzugsbereich des Klägers.
9Soweit in der vom Kläger vorgelegten Mietwagenrechnung ein pauschaler Zuschlag für unfallbedingte Mehrleistungen von 30 % auf die Wagenmiete sowie die Versicherungsbeträge vorgenommen wird, begegnet dies Bedenken. Allerdings steht nicht mehr grundsätzlich im Streit, dass aufgrund unfallbedingter Mehrleistungen in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist (OLG Köln, NZV 2007, 199; LG Bonn, NZV 2007, 362; Urteil der Kammer vom 03.09.2008, 13 S 103/08). Diese betriebswirtschaftlich gerechtfertigte Erhöhung kann in Form eines pauschalen Aufschlags auf den Normaltarif erfolgen, dessen Höhe wiederum der bei der Schadensabrechnung besonders freigestellte Tatrichter gemäß § 287 ZPO schätzen kann (BGH, NJW 2006, 2621). Diesen Aufschlag veranschlagt die Kammer unter Berücksichtigung der Rechtsprechung anderer Gerichte (OLG Köln, NZV 2007, 199; LG Hof, NJOZ 2008, 2806; LG Dortmund, Urteil vom 29.05.2008, 4 S 169/07) auf 20 %. Auf Nebenkosten wie die der Vollkaskoversicherung ist kein Aufschlag vorzunehmen (OLG Köln, a. a. O.).
10Soweit die von der Fa. Schönauen in Rechnung gestellten Kosten demnach überhaupt Berücksichtigung finden können, liegen sie unter dem nach der Schwacke-Liste 2008 (PLZ-Gebiet 503; Fahrzeugklasse 5; 13 Tage) ermittelten Normaltarif. Dies ergibt sich aus folgender Gegenüberstellung:
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| Rechnungsbetrag | zzgl. Aufschlag von 20 % | Schwacke-Liste 2008 | |
| Mietwagenkosten | 849,78 € | 1.019,74 € | 1.089,00 € |
| Vollkaskoversicherung | 206,02 € | -- | 264,00 € |
| zweiter Fahrer | 218,53 € | -- | 260,00 € |
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Auf die Frage, ob dem Kläger die Anmietung eines günstigeren Fahrzeugs möglich war, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Der von der Fa. Schönauen berechnete Preis lag innerhalb der erforderlichen Mietwagenkosten. Ein Verstoß des Klägers gegen seine Obliegenheit zur Schadensminderung käme allenfalls in Betracht, wenn dieser das Fahrzeug in Kenntnis günstigerer Angebote angemietet hätte, wofür jedoch nichts ersichtlich ist.
13Der Kläger muss sich auf seinen Anspruch jedoch ersparte Eigenbetriebskosten anrechnen lassen. Diese bemisst die Kammer gemäß § 287 ZPO in Anbetracht der nur geringen Fahrleistung des Klägers (459 km in 13 Tagen) auf 5 % der anzusetzenden Mietwagenkosten, mithin auf 50,99 €.
14Der Anspruch des Klägers errechnet sich daher wie folgt:
15Mietwagenkosten 1.019,74 €
16Vollkaskoversicherung 206,02 €
17zweiter Fahrer 218,53 €
181.444,29 €
19Umsatzsteuer 19 % 274,42 €
201.718,71 €
21./. ersparte Eigenbetriebskosten 50,99 €
22./. vorgerichtliche Zahlung 797,28 €
23870,44 €.
24Die Beklagte ist gemäß § 250 BGB zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet. Der ursprüngliche Freistellungsanspruch des Klägers hat sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 26.06.2008 weitere Zahlungen abgelehnt und damit die Freistellung ernsthaft und endgültig verweigert hat.
25Der Zinsanspruch folgt aus § 280, 286 BGB. Soweit ersichtlich, ist die Beklagte erst mit ihrem Schreiben vom 26.06.2008 in Verzug geraten. Anhaltspunkte für einen früheren Verzugseintritt liegen nicht vor, so dass die Klage hinsichtlich des früheren Zinszeitraums der Abweisung unterliegt.
26Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
27Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da nicht über streitige oder zweifelhafte Rechtsfragen zu entscheiden war. Die Frage der Anwendbarkeit der Schwacke-Liste liegt, wie der BGH selbst ausgeführt hat, auf tatrichterlichem Gebiet (NJW 2008, 1519; 2910; 2009, 58).
28Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.096,09 EUR
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