Teilurteil vom Landgericht Köln - 89 O 3/09
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug über sämtliche Verkaufsgeschäfte, die zwischen der Beklagten und den Optikerfachgeschäften in den Postleitzahlengebieten 01000 bis einschließlich 09999, 14 und 15 (ausschließlich der Optikerfachgeschäfte, die sich innerhalb des Autobahngürtels der A 10 befinden), 36433 bis einschließlich 36999, 37300 bis einschließlich 37359, 39, 98 und 99 mit dem Verkauf der Kollektionen A, A1, B, C, D, E (bis 30.6.2008), F und G, die in dem Zeitraum zwischen dem 1.1.2005 bis zum 29.12.2006 zustande gekommen sind zu erteilen, wobei der Buchauszug Auskunft über die folgenden Punkte zu geben hat:
Auftragsdatum und Auftragsnummer;
Auftragsumfang mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf. mit Artikelnummer), Stückpreise und Auftragswert;
Datum und Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen;
Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rechnungsbetrag;
Kunden mit genauer Anschrift (evtl. Kundennummer)
Stadium der Ausführung der Geschäfte;
Annullierungen, Nichtauslieferungen und Stornierungen nebst Angabe von Gründen
Retouren nebst Angaben von Gründen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist seit dem 8.12.1999 aufgrund des Agenturvertrages vom selben Tage als Handelsvertreterin für die Beklagten mit dem Vertrieb verschiedenerer Brillenkollektionen befasst. Seit dem 1.1.2005 betrifft das die Kollektionen A, A1, B, C, D, E, F und G. Das der Klägerin zugewiesene Gebiet entspricht dem im Tenor angegebenen Postleitzahlengebiet.
3In § 15 Abs. 1 des für eine Mehrzahl von Fällen seitens der Beklagten vorformulierten Vertrages heißt es:
4"Alle Ansprüche aus diesem Vertrag verjähren in sechs Monaten nach Fälligkeit, spätestens gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt bzw. von dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch aufgrund einer zwingenden gesetzlichen Ausschlussfrist hätte geltend gemacht werden müssen. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Verjährungsfrist abgekürzt wird, um eventuelle Unstimmigkeiten zügig zu regeln."
5Seit 2005 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten, dass die von ihr vermittelten Geschäfte nicht ordnungsgemäß verprovisioniert worden seien. Insbesondere seien von der Klägerin vermittelte Geschäfte nicht ausgeführt worden. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom Juli 2006 und 28.1.2007 an die Beklagte und machte geltend, dass im Kalenderjahr 2005 Geschäfte im Warenwert von 32.837,00 € nicht ausgeliefert worden seien, und Retouren im Warenwert von 125.020,00 € angefallen seien. Für das Kalenderjahr 2006 habe es sich um nicht ausgelieferte Waren im Umfang von 45.599,00 € und um Retouren in Höhe von 116.021,00 € gehandelt. Mit weiterem Schreiben vom 2.5.2007 überreichte die Klägerin der Beklagten eine Auflistung der Geschäfte, die wegen Produktionsfehlern nicht zur Auslieferung gekommen sind. Bei einer Besprechung im September 2007 sagte die Beklagte zu, dass man eine Lösung finden werde. Für das Jahr 2007 berief sich die Klägerin auf Nichtauslieferungen im Umfang von 32.045,00 € und Retouren von 102.175,00 €. Nach einem weiteren erfolglosen Treffen verlangte die Klägerin im Schreiben vom 4.10.2008 die Erteilung eines Buchauszuges für die Jahre 2005 bis 2008. Daraufhin zahlte die Beklagte die sich aus der Provisionsabrechnung vom 2.10.2008 ergebende Provision in Höhe von 4.378,96 € nicht aus.
6Die Klägerin ist der Ansicht, dass die in § 15 Abs. 1 des Vertrages geregelte Verjährungsverkürzung unwirksam sei.
7Die Klägerin hat zunächst im Wege der Stufenklage die Erteilung eines Buchauszuges, der bestimmte Angaben enthalten sollte, sowie noch unbeziffert die Zahlung sich aus dem Buchauszug ergebender Provisionen begehrt. Nachdem die Klägerin den Antrag bezüglich bestimmter Angaben zurückgenommen und die Beklagte den Klageantrag hinsichtlich des Buchauszuges teilweise anerkannt hat, hat die Kammer die Beklagte durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 15.5.2009 zur Erteilung eines Buchauszuges über sämtliche Verkaufsgeschäfte, die zwischen der Beklagten und den Optikerfachgeschäften in den Postleitzahlengebieten 01000 bis einschließlich 09999, 14 und 15 (ausschließlich der Optikerfachgeschäfte, die sich innerhalb des Autobahngürtels der A 10 befinden), 36433 bis einschließlich 36999, 37300 bis einschließlich 37359, 39, 98 und 99 mit dem Verkauf der Kollektionen A, A1, B, C, D, E (bis 30.6.2008), F und G, die in dem Zeitraum zwischen dem 30.12.2006 bis zum 31.12.2008 zustande gekommen sind zu erteilen, wobei der Buchauszug Auskunft über die aus dem Tenor ersichtlichen Punkte zu geben hat.
8Die Klägerin beantragt nunmehr,
9Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Buchauszug über sämtliche Verkaufsgeschäfte, die zwischen der Beklagten und den Optikerfachgeschäften in den Postleitzahlengebieten 01000 bis einschließlich 09999, 14 und 15 (ausschließlich der Optikerfachgeschäfte, die sich innerhalb des Autobahngürtels der A 10 befinden), 36433 bis einschließlich 36999, 37300 bis einschließlich 37359, 39, 98 und 99 mit dem Verkauf der Kollektionen A, A1, B, C, D, E (bis 30.6.2008), F und G, die in dem Zeitraum zwischen dem 1.1.2005 bis zum 29.12.2006 zustande gekommen sind zu erteilen, wobei der Buchauszug Auskunft über die folgenden Punkte zu geben hat:
10- Auftragsdatum und Auftragsnummer;
- Auftragsumfang mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf. mit Artikelnummer), Stückpreise und Auftragswert;
- Datum und Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen;
- Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rechnungsbetrag;
- Kunden mit genauer Anschrift (evtl. Kundennummer)
- Stadium der Ausführung der Geschäfte;
- Annullierungen, Nichtauslieferungen und Stornierungen nebst Angabe von Gründen
- Retouren nebst Angaben von Gründen.
Die Beklagte zu verurteilen, einen sich aus dem Buchauszug ergebenden noch zu beziffernden Restprovisionsbetrag nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils ab Verzugszeitpunkt an die Klägerin zu bezahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin für den über den in dem Teil-Anerkenntnisurteil bereits berücksichtigten Zeitraum hinaus kein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges zustehe. Sie erhebt insoweit die Einrede der Verjährung und stützt sich auf die Regelung in § 15 des Handelsvertretervertrages. Sie ist der Ansicht, dass die darin geregelte Verkürzung der Verjährung auf 6 Monate wirksam ist.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin die Erteilung des Buchauszuges auch für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 29.12.2006 begehrt. Aufgrund des Handelsvertretervertrages in Verbindung mit § 87cHGB steht der Klägerin die Erteilung eines Buchauszuges zu.
17Dieser Anspruch ist für den begehrten Zeitraum auch nicht verjährt.
18Die gesetzliche Verjährungsfrist, die gemäß § 195 BGB 3 Jahre ab Schluss des Jahres beträgt, in dem der Anspruch fällig geworden ist, ist für im Jahr 2005 vermittelte bzw. ausgeführte Geschäfte zum 31.12.2008 abgelaufen. Da die Klageschrift der Klägerin vom 22.12.2008 am 22.12.2008 bei Gericht eingegangen und demnächst zugestellt worden ist, ist die Verjährung rechtzeitig gemäß § 204 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden. Zwar erfolgte die Zustellung bei der Beklagten erst am 12.2.2008, die Verzögerung ist aber durch das Gericht aufgrund interner Abgabe verursacht und daher unbeachtlich (vgl. Palandt, BGB, 68. Auflage, zu § 204, Rz. 7).
19Die Verjährungsfrist ist von den Parteien auch nicht wirksam verkürzt worden.
20Hier haben die Parteien zwar in § 15 Abs. 1 des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages in Abweichung von der gesetzlichen Regelung vereinbart, dass alle Ansprüche aus dem Vertrag in sechs Monaten nach Fälligkeit, spätestens gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigen, verjähren. Aufgrund der Hemmung der Verjährung durch die Klageerhebung wäre danach der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges bezüglich solcher Geschäfte verjährt, die vor dem 22.6.2008 abgerechnet worden sind. Diese Klausel ist aber unwirksam. Zwar kann die gesetzliche Verjährungsfrist nach § 202 BGB grundsätzlich verkürzt werden, wobei dies auch durch Klauseln in AGB erfolgen kann. Die verwendete Klausel hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB aber nicht stand. Sie ist schon unklar, da zwar grundsätzlich die Verjährung 6 Monate nach Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs geregelt wird, durch die Formulierung "spätestens gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umstände, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt ..." aber das Gewollte nicht ausreichend klargestellt wird, nämlich dass zur Fälligkeit die Kenntnis hinzukommen muss, so dass der Anspruch frühestens 6 Monate nach Fälligkeit verjähren kann. Vielmehr kann nach dem Wortlaut der Klausel die Verjährung bereits vor Fälligkeit eintreten, wenn die Kenntnis von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt, bereits mehr als 6 Monate vor Eintritt der Fälligkeit, vorliegt.
21Ein solcher Fall ist hier auch nicht durch die getroffenen Fälligkeitsregelungen ausgeschlossen. Gemäß § 7 Ziffer 6 des Vertrages werden Provisionen und Provisionsvorschüsse in dem Zeitpunkt fällig, in dem gemäß § 11 Abs. 1 spätestens über sie abzurechnen ist. Nach § 11 Abs. 1 hat der Unternehmer über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich, und zwar spätestens bis zum Ende des der unbedingten Entstehung des Provisionsanspruchs folgenden Kalendermonats, abzurechnen. Nach § 7 Abs. 4 des Vertrages entsteht der Provisionsanspruch unbedingt, wenn der Kunde den Kaufpreis gezahlt hat. Hier sind jedenfalls hinsichtlich der Provisionsvorschüsse Fälle denkbar, bei denen eine Verjährung bereits vor Fälligkeit eintritt..
22Diese Unklarheit geht zu Lasten des Verwenders der Klausel, also der Beklagten.
23Es bleibt nach alledem bei der gesetzlichen Verjährung, die – wie oben dargestellt – für den hier begehrten Zeitraum noch nicht eingetreten ist.
24Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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