Beschluss vom Landgericht Köln - 9 S 52/09
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach (63 C 255/08) vom 13.01.2009 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.
Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 14.914,00 EUR festgesetzt.
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Gründe
2Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 1 S. 1, S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil der Beklagte die Berufungsbegründung nicht innerhalb der in § 520 Abs. 2 ZPO bestimmten Frist bei Gericht eingereicht hat. Die Frist zur Begründung der Berufung gegen das am 13.01.2009 verkündete und dem Beklagten am 07.02.2009 zugestellte Urteil des Amtsgerichts lief nach einmaliger Verlängerung gemäß § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO am 05.05.2009 ab. Mit Fax vom selben Tag ist am 05.05.2009 lediglich die erste Seite der Berufungsbegründung des Beklagten eingegangen, die nicht von seinem Prozessbevollmächtigten unterschrieben war. Erst am 06.05.2009 – und damit einen Tag zu spät – wurde der vollständige Text der Berufungsbegründung einschließlich Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Beklagten per Telefax an das Gericht übermittelt.
3Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war zurückzuweisen. Der Beklagte war nicht ohne sein Verschulden gehindert, die Frist für die Berufungsbegründung (§§ 233, 520 Abs. 2 ZPO) einzuhalten. Sein Prozessbevollmächtigter hat diese Frist versäumt; dessen Verschulden muss sich der Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Insofern kann dahinstehen, ob die in der Kanzlei des Beklagtenvertreters, wie von ihm im Schriftsatz vom 11.05.2009 geschildert, praktizierte Ausgangskontrolle den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs generell genügt. Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten schuldhaft in das in seiner Kanzlei praktizierte System der Ausgangskontrolle eingegriffen und damit die Fristversäumung verursacht. Die praktizierte allgemeine Arbeitsanweisung (vgl. dazu den zweiten Absatz auf Seite 3 seines Schriftsatzes vom 11.05.2009) sieht vor, dass nach Übermittlung eines Schreibens an das Gericht anhand des danach auszudruckenden Sendeberichts zu überprüfen ist, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist; bei der Versendung von Telefaxen ist insbesondere eine Abgleichung zwischen den gesendeten Seiten und den Original-Seiten anhand des Sendeprotokolls vorzunehmen; erst dann sind Fristen im Termin- und Fristenkalender zu streichen; bei nachhaltigen Problemen im Rahmen der Übermittlung von Schriftsätzen ist der zuständige sachbearbeitende Rechtsanwalt sofort zu informieren. Entgegen dieser allgemeinen Anweisung, wonach der sachbearbeitende Rechtsanwalt nur bei Problemen zu unterrichten und die Streichung von Fristen von den Mitarbeitern selbst vorzunehmen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten der zuständigen Mitarbeiterin Frau G für den konkreten Fall die (Einzel-) Anweisung erteilt, den Schriftsatz per Telefax zu versenden, den Zugang der vollständigen Berufungsbegründungsfrist anhand des auszudruckenden Sendeberichts zu prüfen und nach Überprüfung dem Unterzeichner darüber Mitteilung zu machen, ob das Telefax-Schreiben ordnungsgemäß zugegangen ist. Sodann hat er – entgegen der sonst üblichen Praxis – selbst die Löschung der Frist im Kalender vorgenommen. Soweit er dies jedoch getan hat, ohne sich zuvor auch selbst von der ordnungsgemäßen Absendung des Telefaxes zu überzeugen, nimmt die Kammer, in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 11.02.2009, Az.: IV ZB 26/08), ebenso ein eigenes Verschulden des Prozessbevollmächtigten an wie hinsichtlich des Umstandes, dass er sich auf die von seiner Mitarbeiterin Frau G auf Nachfrage erteilte Auskunft über die – angeblich korrekte – Absendung des Faxes verließ. Der Rechtsanwalt kann zwar die Ausgangskontrolle auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und braucht sie nicht selbst vorzunehmen (a.a.O. m.w.N.). Übernimmt er sie aber im Einzelfall selbst und weicht damit von der allgemein in seiner Kanzlei praktizierten Ausgangskontrolle ab, muss er eine klare Einzelanweisung treffen und selbst für eine wirksame Kontrolle Sorge tragen. Hier hat er sich von seiner Mitarbeiterin über die Absendung des betreffenden Schriftsatzes unterrichten lassen und sodann die Löschung der entsprechenden Frist selbst veranlasst. Er hätte sich jedoch zuvor selbst Klarheit darüber verschaffen müssen, ob eine ordnungsgemäße Absendung des Faxes erfolgt ist; insoweit war seine Ausgangskontrolle unzureichend. Dabei ist es auch - entgegen der im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 17.08.2009 geäußerten Ansicht - unerheblich, ob der Rechtsanwalt seine Mitarbeiterin nach der Absendung des Faxes oder der Kontrolle des Sendesberichts befragt hat, entscheidend ist allein, dass er sich selbst Klarheit über die ordnungsgemäße Absendung verschafft hat. Diese erhöhte Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts, die Vornahme von fristgebundenen Prozesshandlungen, wie z.B. der Erstellung und Einreichung der Berufungsbegründung, durch eigene Kontrolle sicherzustellen, findet sich – entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters – auch im von diesem selbst zitierten Beschluss des BGH vom 17.11.1999 (Az.: IV ZB 18/99), wonach einem Rechtsanwalt dann die Pflicht zur Fristenkontrolle obliegt, wenn ihm Akten wegen einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden. Dies gilt umso mehr, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - die Berufungsbegründung unter Ausnutzung der Frist erst am letzten Tag des Ablaufs der selbigen gefertigt und an das Berufungsgericht versendet werden soll, weil nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH Beschluss vom 23.04.1998, Az.: I ZB 2/98) den Rechtsanwalt in dieser Konstellation eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft, wobei diese – wie bereits dargelegt – insbesondere dann erhöht ist, wenn er abweichend von der allgemeinen Anweisung eine Einzelanweisung erteilt.
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Referenzen
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