Urteil vom Landgericht Köln - 8 O 141/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebeninterventionen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Nebenintervenienten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Widerruf und Unterlassung von schriftlich getätigten Äußerungen in Anspruch.
3Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Ersatzschule für die Primar- und Sekundarstufe I. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der sozialen und emotionalen Entwicklung der Schüler. Die Beklagte ist Diplom-Psychologin. Zu ihren Patientinnen gehört eine ehemalige Mitarbeiterin der Klägerin, Frau H. Frau H war seit 1991 als pädagogische Fachkraft für die klägerische Einrichtung tätig.
4Der psychische Gesundheitszustand von Frau H wurde durch den plötzlichen und unerwarteten Tod ihres Ehemannes im August 2004, sowie durch den Tod ihres Vaters im März 2005 stark in Mitleidenschaft gezogen. Hierunter litt auch ihre Arbeitsfähigkeit. So konnte Frau H, nachdem sie zunächst eine längere Zeit arbeitsunfähig war, nicht mehr im Nachtdienst eingesetzt werden. Es kam in der Folge zu mehreren Veränderungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses, die zu Spannungen und Streitigkeiten zwischen Frau H und den Mitarbeitern der Klägerin sowie einer Klageerhebung seitens der Frau H gegen eine Versetzung/Umsetzung innerhalb des klägerischen Betriebs vor dem Arbeitsgericht Bonn unter dem Az.: 2 Ca 3078/07 EU führten. Auch diese Spannungen wirkten sich negativ auf den psychischen Gesundheitszustand von Frau H aus.
5Im Sommer des Jahres 2007 begab sich Frau H bei der Beklagten in Behandlung. Unter dem 06.11.2007 fertigte die Beklagte ein "an Frau H gerichtetes Schreiben an (Bl. 11 d.A.) Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
6"Frau H, B-Straße, ####1 B, suchte mich im Sommer auf mit dem Wunsch nach einer Psychotherapie. Sie beschrieb eine depressive Symptomatik mit Unruhezuständen, Antriebslosigkeit, ausgeprägten Schlafstörungen, Verlust jeglicher Lebensfreude. Frau H erzählte, dass sie 2 ½ Monate nach dem Tod ihres Mannes im November 2004 wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sei. Seit vielen Jahren arbeitet sie in einer Einrichtung für schwer erziehbare Jungen / Jugendliche. Diese Arbeit war immer ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens gewesen, und sie wurde von Kollegen und Vorgesetzten sehr geschätzt. Nach dem Verlust ihres Mannes erhoffte sie sich, durch die Arbeit ihrem Leben wieder einen Sinn geben zu können. Etwa zur gleichen Zeit bekam die Einrichtung einen neuen Vorgesetzten.
7Während Frau H früher immer einer festen Gruppe von Jugendlichen zugeordnet war, wird sie jetzt von ihrem neuen Chef ausschließlich als Springerin eingesetzt und hat damit keine Möglichkeit, feste Beziehungen zu den jugendlichen aufzubauen. Auch in der Verteilung der Wechseldienste schildert Frau H eine eindeutige Benachteiligung den Kollegen gegenüber. Sie wird jetzt fast ausschließlich dem Spätdienst zugeordnet, ohne dass es dafür ersichtliche objektive organisatorische Gründe gäbe. Durch den übermäßigen Einsatz im Spätdienst wird ihre soziale Lebensführung beeinträchtigt.
8Diese ständigen, von Frau H als grundlos empfundenen Zurücksetzungen und Benachteiligungen bewirkten bei meiner Patientin zunächst Verunsicherung, später tiefe Selbstzweifel, die schließlich zu einer depressiven Symptomatik führten und die mittlerweile den Schweregrad einer behandlungsbedürftigen seelischen Erkrankung erreicht hat.
9Im Februar 2009 kündigte Frau H das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos. Im selben Monat verklagte Frau H die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Bonn unter dem Az.: 5 Ca 394/09 EU auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Zahlung von Urlaubsabgeltung. Frau H begründete ihre Forderungen mit wiederholten Mobbing-Handlungen der Klägerin und legte zur Substantiierung ihres Vortrages unter Anderem das von der Beklagten ausgestellte Schreiben vom 06.11.2007 vor. Der Mindestbetrag des Schmerzensgeldes wurde von Frau H mit 23.872,00 € beziffert. Die Ansprüche beliefen sich insgesamt auf etwa 70.000 €. Die Klage hatte bezüglich der Zahlung von Urlaubsabgeltung Erfolg und wurde im Übrigen abgewiesen. Auf die ärztliche Bescheinigung wurde im Urteil nicht Bezug genommen (Urteil wurde von der Klägerin zur Akte gereicht, Bl. 1 ff AH).
10Die Klägerin ist der Ansicht, dass die fachärztliche Bescheinigung der Beklagten unwahre Tatsachenbehauptungen enthalte. Mit diesen Behauptungen greife die Beklagte auch in den gewerblich geschützten Bereich der Klägerin ein. Ihr stehe daher ein Anspruch auf Widerruf und Unterlassung dieser Äußerungen zu.
11Die Klägerin beantragt,
12- die Beklagte zu verurteilen, ihre gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 06.11.2007 aufgestellte Behauptung,
13
- Frau H werde von der Klägerin ausschließlich als Springerin eingesetzt
- diese ständigen von Frau H als grundlos empfundenen Zurücksetzungen und Benachteiligungen würden bei Frau H eine Verunsicherung bewirken, später tiefe Selbstzweifel, die schließlich zu einer deppressiven Symptomatik führten und die mittlerweile den Schweregrad einer behandlungsbedüftigen seelischen Erkrankung erreicht hätten,
durch schriftliche Erklärung gegenüber der Klägerin zu widerrufen.
15- die Beklagte zu verpflichten, sich gegenüber der Klägerin bei Vermeidung einer Konventionalstrafe in Höhe von € 2.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten:
- Die Klägerin habe Frau H ausschließlich als Springerin eingesetzt
- Diese ständigen, von Frau H als grundlos empfundenen Zurücksetzungen und Benachteiligungen bewirken bei Frau H zunächst Verunsicherung, später tiefe Selbstzweifel, die ausschließlich zu einer depressiven Symptomatik führten und die mittlerweile den Schweregrad einer behandlungsbedürftigen seelischen Erkrankung erreicht hat.
Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie ist der Ansicht, dass es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen um rechtlich nicht zu beanstandende Werturteile im Rahmen einer psychotherapeutischen Diagnose handelt.
20Die Nebenintervenienten sind der Beklagten als Streithelfer mit Schriftsatz vom 17.07.2009 beigetreten. Beide Nebenintervenienten sind Ärzte und haben der Frau H ärztliche Atteste ausgestellt wegen derer sie sich nun ebenfalls mit der Klägerin im Rechtsstreit befinden. Die Verfahren wurden wegen Sachzusammenhangs von der Kammer übernommen und wurden unter dem Az. 8 O 365/08 und 8 O 140/09 ebenfalls am 18.09.2009 verhandelt. Die Nebenintervenienten waren bei der mündlichen Verhandlung anwesend, stellten aber bezüglich dieses Verfahrens keine Anträge.
21Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO erklärt, dass das von ihr ausgestellte Attest allein auf der Basis der Untersuchung und Befragung der Patientin beruhe. Da sie nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden sei, könne sie keine weiteren Angaben machen. Auch könne sie keine Angaben darüber machen, ob sie mit anderen Kollegen diesbezüglich Konzilgespräche geführt habe.
22Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2009 (Bl. 226 ff d.A.) Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die zulässige Klage ist nicht begründet.
25Der Klägerin steht kein Anspruch auf Widerruf oder Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen zu. Als Anspruchsgrundlage käme hier der von der Rechtsprechung über die gesetzlichen geregelten Fälle hinaus entwickelte quasinegatorische Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus §§ 823 I, 1004 BGB analog in Betracht. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist ein objektiv widerrechtlicher Eingriff in ein absolut geschütztes Recht des Anspruchstellers. An einem widerrechtlichen Eingriff fehlt es hier.
26Die Kammer geht bereits davon aus, dass es sich bei den im Schreiben vom 06.11.2007 getätigten Äußerungen der Beklagten um privilegierte Äußerungen im Rahmen einer besonderen Vertrauenssphäre handelt und die Äußerungen schon aufgrund dieser Privilegierung nicht durch die Klägerin angegriffen werden können. Denn die Äußerungen wurden vorliegend im Rahmen des Psychologen-Patienten Verhältnisses getätigt. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie in ihren Klageanträgen von Behauptungen gegenüber der Klägerin spricht. Es handelt sich um ein für Frau H erstelltes Attest.
27In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Äußerungen innerhalb besonders geschützter Vertrauenssphären nicht rechtswidrig sein können, soweit sie nicht gerade innerhalb dieser Sphäre verletzend wirken (Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Auflage 2009, § 823 Rn. 106 mwN). Aufgrund der rechtlich nach §§ 203 I Nr. 2 StGB, 53 I 1 Nr. 3 StPO geschützten besonderen Vertraulichkeit des Psychologen-Patienten-Verhältnisses wird man auch hier von einer geschützten Vertrauenssphäre ausgehen müssen (ebenso für das Ärzte-Patienten-Verhältnis OLG Koblenz, Urt. V. 24.04.2008, Az.: 6 U 81/08, Rn. 29 bei Juris). Die Äußerungen werden vorliegend auch nicht dadurch angreifbar, dass sie durch die Patientin im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vorgelegt wurden. Zum einen ist eine solche Verwendung des Attests nicht mehr dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen ist. Zum anderen verneint die Rechtsprechung bereits ein Rechtsschutzinteresse des von Äußerungen im gerichtlichen Verfahrenen Betroffenen (BGH NJW 1987, 3138).
28Die Kammer verkennt nicht, dass die vorliegende Konstellation, in der ein Arbeitgeber sich gegen eine psychotherapeutische Beurteilung einer bei ihm (vormals) angestellten Arbeitnehmerin richtet, Besonderheiten mit sich bringt, die – nach den Feststellungen der Kammer – noch nicht Gegenstand richterlicher Entscheidung waren. Es ließe sich argumentieren, dass auch der Arbeitgeber in das geschützte Vertrauensverhältnis einbezogen sei, sofern die psychotherapeutische Beurteilung auch dem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit diene und dem Arbeitgeber damit notwendiger Weise auch vorgelegt werden wird. Der Arbeitgeber könnte sich dann in einem weiteren Schritt darauf berufen, dass die Äußerungen ihn innerhalb des geschützten Verhältnisses verletzen und daher grundsätzlich von ihm angegriffen werden können. Die Kammer hält eine solche Argumentation allerdings für nicht zutreffend. Selbst wenn man den Arbeitgeber indirekt in das Vertrauensverhältnis einbezieht, so werden die entsprechenden Äußerungen dennoch zwischen Psychologe und Patient getätigt. Auch wenn der Psychologe die Möglichkeit in Betracht ziehen muss, dass sein Attest dem Arbeitgeber vorgelegt wird, so dürfen Äußerungen, die mit dem Gesundheitszustand des Patienten zusammenhängen, nicht durch den Arbeitgeber angreifbar sein. Denn Sinn und Zweck des rechtlichen Schutzes des Psychologen-Patienten-Verhältnisses ist auch die Sicherung der Effektivität der psychotherapeutischen Behandlung. Diese Effektivität würde stark in Mitleidenschaft gezogen, sofern sich der Psychologe wegen möglicher Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Patienten in Bezug auf dessen Gesundheitszustand nicht mehr frei äußern dürfte.
29Auch sofern man entgegen der Auffassung der Kammer von einer grundsätzlichen Angreifbarkeit der streitgegenständlichen Äußerungen durch die Klägerin ausgeht, liegt ein objektiv rechtswidriger Eingriff nicht vor. Denn bei den Äußerungen im Rahmen des Attests handelt es sich nicht um Tatsachenbehauptungen der Beklagten.
30Ob Tatsachenbehauptungen vorliegen ist anhand des Inhalts der Äußerung, ausgehend vom Wortlaut, unter Berücksichtigung des sprachlichen Kontexts, sowie für den Adressaten erkennbarer Begleitumstände, unter denen die Äußerung gemacht wird, zu ermitteln. Maßgeblich ist der vollständige Aussagegehalt im für den Adressaten maßgeblichen und erkennbaren Gesamtzusammenhang (Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Auflage 2009, § 824 Rn. 2 mwN). Bei dieser Betrachtung zeigt sich, dass die Beklagte in den ersten beiden Absätzen des Attests lediglich wiedergibt, was ihr von Frau H geschildert wurde. Dies wird zum Teil schon am Wortlaut der Formulierungen deutlich: " Sie beschrieb eine depressive Symptomatik…", "Frau H erzählte, dass…" Auch wenn die weiteren Formulierungen nicht stets solche Klarstellungen enthalten, so zeigt doch der Beginn des Attests, dass hier wiedergegeben wird, was die Patientin berichtet hat. Einer Abgrenzung zu Werturteilen bedarf es in den ersten beiden Absätzen des Attests daher auch nicht.
31Eine solche Abgrenzung ist erst im letzten Absatz des Attests erforderlich. Hier stellt die Beklagte eine Kausalität zwischen der beschriebenen Situation am Arbeitsplatz und dem für sie erkennbaren Krankheitsbild der Patientin dar. Auch diesbezüglich wird durch den Kontext des Schreibens deutlich, dass es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt. Vielmehr liegt eine psychotherapeutische Diagnose vor, die sich als Werturteil darstellt. Die Beklagte setzt erkennbar das ihr Geschilderte in Bezug zu ihrem Eindruck der Patientin. Dies ist bei der Erstellung eines Attests nach Auffassung der Kammer auch gerade die berufliche Pflicht der Beklagten. Für den außenstehenden Betrachter lassen sich keine Hinweise darauf erkennen, dass der Beklagten für diesen Befund andere Erkenntnisquellen als die Befragung der Patientin zur Verfügung standen. Insofern ist es dann nach Auffassung der Kammer auch fernliegend zu glauben, dass die Beklagte hier Tatsachenbehauptungen bezüglich der Verhältnisse am klägerischen Arbeitsplatz aufstellen wollte. Zudem weist auch im letzten Absatz der Wortlaut darauf hin, dass die Beklagte dies nicht beabsichtigte, wenn sie von den "als grundlos empfundenen Zurücksetzungen" spricht und auf dieser Schilderung ihre psychotherapeutische Diagnose aufbaut.
32Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung ebenfalls davon aus, dass ärztliche Diagnosen sich als Werturteile darstellen und Widerrufs- oder Unterlassungsansprüchen nicht zugänglich sind (BGH Urt. v. 03.05.1988, Az.: VI ZR 276/87; Urt. v. 11.04.1989, Az.: VI ZR 293/88). Nichts Anderes kann für psychotherapeutische Diagnosen gelten. Der BGH hat indessen auch erwogen, dass eine ärztliche Diagnose als Tatsachenbehauptung angesehen werden könne, sofern etwa die der Schlussfolgerung vorausgehende methodische Untersuchung oder die zu dem Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten grob leichtfertig erfolgt seien (BGH, Urt. v. 11.04.1989, Az.: VI ZR 293/88). Anhaltspunkte, die auf eine solche Konstellation hindeuten, liegen jedoch nicht vor. Die Beklagte hat deutlich gemacht, dass ihre Diagnose auf der Untersuchung der Patientin beruht. Im Übrigen ist es unstreitig, dass Frau H psychisch schwer erkrankt ist und es zahlreiche Unstimmigkeiten am Arbeitsplatz gab. Der BGH geht im Übrigen davon aus, dass die ärztliche Schlussfolgerung selbst dann eine dem Widerruf nicht zugängliche Äußerung ärztlicher Meinung darstellt, wenn sie sich als unrichtig erweisen könnte (Urt. v. 23.02.1999, Az.: VI ZR 140/98, Rn. 16 bei Juris).
33Feststellungen zu den Vorgängen am klägerischen Arbeitsplatz waren nach alledem entbehrlich.
34Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I 1, 101 I, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
35Streitwert: 6.000 €
36Die Streitwertfestsetzung erfolgte hier nach § 3 ZPO und somit nach freiem Ermessen des Gerichts. Die Unterlassungs- und Widerrufsansprüche wurden dabei getrennt bewertet und anschließend addiert (vgl. zur diesbezüglichen Vorgehensweise Herget in: Zöller Zivilprozessordnung, 27. Auflage 2009, § 3 Rn. 16 mwN). Für die Widerrufsanträge wurden insgesamt 3.500,- € angesetzt, für die Unterlassungsanträge 2.500,- €.
37Die Kammer hat die von beiden Prozessvertretern angeführten Argumente bezüglich eines höheren Streitwerts zur Kenntnis genommen. Die Kammer geht jedoch zum einen davon aus, dass sich aus der Tatsache, dass Frau H mit dem streitgegenständlichen Attest eine mögliche Arbeitsunfähigkeit darlegen konnte, sich keine Streitwerterhöhung ergibt. Denn es ist zwischen den Parteien nicht im Streit, dass Frau H psychisch schwer erkrankt ist. Die Arbeitsunfähigkeit beruht auf dieser Krankheit und nicht auf dem streitgegenständlichen Attest.
38Ferner misst die Kammer der Tatsache, dass das streitgegenständliche Attest im Rahmen von arbeitsgerichtlichen Prozessen vorgelegt wurde, geringere Bedeutung zu, als die Prozessvertreter dies tun. Denn durch das Attest vermochte Frau H lediglich ihren Vortrag zu substantiieren. Beweiskraft für die tatsächlichen Verhältnisse am Arbeitsplatz kommt dem Attest nicht zu. Die Kammer geht lediglich von einer schwachen Indizwirkung aus, da die Beklagte erkennbar keinen Einblick in die tatsächlichen Geschehnisse in der klägerischen Einrichtung hatte. Dennoch handelt es sich hierbei um eine maßgebliche, streitwertrelevante Tatsache.
39Hinzu kommen die Beeinträchtigungen, die das Attest für die Klägerin darstellt.
40Die Widerrufsanträge wurden höherwertig bemessen, da der Widerruf gegenüber der Unterlassung die für die Klägerin günstigere bzw. für die Beklagte eingriffsintensivere Maßnahme darstellt.
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