Urteil vom Landgericht Köln - 20 O 455/07
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin macht restliche Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 22.09.2006 gegen 17.15 Uhr in Köln im Bereich der Kreuzung D-Straße/ M-Straße auf dem dortigen Gleiskörper ereignet hat. Beteiligt an dem Unfall war die Straßenbahn der Linie ####1 der Klägerin mit den Wagen #####/####und ####2 und das bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Fahrzeug VW Passat mit dem amtlichen Kennzeichen XX, dessen Halter und Fahrer der Beklagte zu 1) war.
3Die Klägerin behauptet folgenden Unfallhergang:
4Die von der Zeugin L gesteuerte Straßenbahn habe sich bei für sie Fahrt zeigendem Signal der fraglichen Kreuzung genähert. Der Beklagte zu 1) habe den D-Straße ebenfalls Fahrtrichtung Z-Straße befahren und habe nach links auf die M-Straße abbiegen wollen und habe dies bei für ihn "rot" zeigender Ampel getan. Selbst wenn aber die Lichtzeichenanlage für den Beklagten zu 1) "grün" gezeigt haben sollte, treffe ihn eine Haftungsquote von 70 %, da er vor dem Profilbereich der Straßenbahn hätte stehenbleiben müssen und nicht hätte darauf vertrauen dürfen, dass die Straßenbahn ihm das Räumen der Kreuzung ermöglichen werde.
5Die Klägerin, die sich die Betriebsgefahr der Straßenbahn mit 30 % anrechnet, behauptet unter Berücksichtigung dieser Quote einen Gesamtschaden von 13.915,62 €, auf den die Beklagte zu 2) vorprozessual – unstreitig - einen Betrag von 8.009,39 € gezahlt hat. Wegen der Berechnung des Schadens im Einzelnen wird auf Bl. 6-8 und Bl. 15 d.A. verwiesen.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.906,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2008 zu zahlen.
8Die Beklagten beantragen,
9die Klage abzuweisen.
10Sie behaupten, der Beklagte zu 1) sei bei für ihn "grün" zeigender Lichtzeichenanlage vom D-Straße nach links in die Kreuzung eingefahren und habe dann vor den dortigen Gleisen verkehrsbedingt anhalten müssen, weil sich ein Rückstau gebildet gehabt habe. Als die Verkehrslage es gestattet habe und das voraus stehende Fahrzeug angefahren sei, sei auch er mit seinem Fahrzeug langsam angefahren, um die Kreuzung zu räumen. Obwohl er erkennbar als Nachzügler die Kreuzung habe räumen wollen, sei die Zeugin L trotz der für sie gut erkennbaren Verkehrssituation mit der Straßenbahn losgefahren und frontal gegen den vorderen linken Kotflügel und die Seitenwand seines Kfz gestoßen.
11Zu den von der Klägerin vorgetragenen, nicht regulierten Schadenpositionen erklären sie sich mit Nichtwissen; insbesondere sei eine unfallbedingte Verletzung der Zeugin L zu bestreiten und sei von den geltend gemachten Netto-Reparaturkosten ein geschätzter Unternehmergewinn von 20 % in Abzug zu bringen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, die Protokolle der Sitzungen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die Akte 325/2 722.056.310.567 der Stadt Köln war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 06.06.2008 und 21.11.2008 Bezug genommen, wegen des Ergebnisses der sachverständigen Begutachtung auf die Gutachten des Sachverständigen T vom 27.02.2009 und 25.05.2009.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14Die Klage ist unbegründet.
15Die Klägerin kann nicht von den Beklagten gemäß §§ 7, 17 StVG, § 3 PflVG, §§ 1, 13 HaftPflG Zahlung einer weiteren Entschädigungsleistung verlangen, weil die Beklagten lediglich zu einer Quote von 30 % haften, die bereits vorprozessual gezahlt worden ist.
16Insoweit wirkt sich zu Lasten der Klägerin aus, dass sich der Unfallhergang nicht hat aufklären lassen. Weder anhand der Zeugenaussagen noch anhand der Sachverständigengutachten lässt sich sicher feststellen, ob der Beklagte, wenn ja, wie lange und aus welchem Grund mit seinem Pkw auf dem Gleiskörper gestanden hat und ob und wie lange zuvor dieser Umstand für die Fahrerin der Straßenbahn erkennbar gewesen ist.
17Während die Zeugin L angegeben hat, sie habe plötzlich ein Fahrzeug gesehen, das sich genähert habe und das in die Straßenbahn hineingefahren sei, hat sich der Beklagte zu 1) dahingehend eingelassen, er habe wegen eines Rückstaus anhalten müssen und sein Fahrzeug sei von der Straßenbahn erwischt worden. Demgegenüber meinte sich der Zeuge U daran zu erinnern, dass das Fahrzeug des Klägers erst in dem Moment vom D-Straße Richtung M-Straße abgebogen sei, als die für ihn und somit für die Gegenrichtung geltende Ampelanlage bereits "grün" gezeigt habe. Der Zeuge I wiederum hat angegeben, dass tatsächlich im Kreuzungsbereich mehrere Fahrzeuge gestanden hätten und dass die Straßenbahn und der Beklagte zeitgleich losgefahren seien. Die beiden Sachverständigengutachten haben zu einer weiteren Klärung der Sachlage nicht beitragen können, weil die Frage, ob ein Rückstau vorhanden war oder nicht, auf den der Beklagte zu 1) reagieren musste, ungeklärt ist. Sicher ist nach dem Gutachten nur, dass sich beide Fahrzeuge vor dem Zusammenstoß in Bewegung befunden haben. In seinem Ergänzungsgutachten hat der gerichtsbekannt kompetente Sachverständige T angegeben, dass entscheidungserheblich die Frage ist, ob zu einem Zeitpunkt von etwa 3-4 Sekunden vor dem Zusammenstoß klare oder nicht klare Verkehrsverhältnisse bestanden oder nicht, was wiederum von der nicht geklärten Fahrweise des Fahrzeuges des Beklagten zu 1) zu diesem Zeitpunkt abhängt. Die Verkehrssituation lässt sich nach den Ausführungen des Sachverständigen technisch nicht bestimmen und ist wertungsabhängig.
18Angesichts dieser ungeklärten Verkehrssituation zum Zeitpunkt der Kollision der beiden Fahrzeuge ist gemäß § 17 StGB grundsätzlich von einer hälftigen Haftung auszugehen. Zu Lasten der Klägerin ist aber ferner die unstreitig höhere Betriebsgefahr der Straßenbahn zu beachten, die das Gericht mit 20 % bewertet, so dass sich eine Haftungsquote von 70 % zu Lasten der Klägerin und von 30 % zu Lasten der Beklagten ergibt. Diese Quote ist vorprozessual erstattet worden, so dass die Klage abzuweisen war.
19Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 269, 709 ZPO.
20Streitwert:
21bis zum 05.02.2008 6.339,79 €
22danach 5.906,23 €
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Referenzen
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