Urteil vom Landgericht Köln - 24 O 283/09
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Mit der Klage begehrt der Kläger Entschädigungsleistung für ein vermeintlich am 05.04.2008 entwendetes Kraftfahrzeug aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverhältnisses.
3Der Kläger erwarb aufgrund einer verbindlichen Bestellung vom 18.10.2007 (Anlage K1, Bl. 5 der GA) bei dem Autohaus I GmbH in Kerpen das streitgegenständliche KFZ der Marke Mercedes Benz, Modell CL 500 (Fahrzeug-Ident-Nr. #### zu einem Preis von 109.000,00 € brutto. Den Kauf finanzierte der Kläger mit Darlehensvertrag vom 18.10.2007 (Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.10.2009, Anlagenheft zu diesem Schriftsatz) über ein Darlehen bei der C-Bank, das über 84 Monatsraten à 1.683,27 € vom 09.12.2007 bis zum 09.12.2014 zurückgezahlt werden sollte. Bis zum vollständigen Ausgleich der Darlehensforderung ist das Fahrzeug an die C-Bank sicherungsübereignet und die Ansprüche aus der Fahrzeugversicherung bei der Beklagten sind an die C-Bank abgetreten.
4Der Kläger verfügte über ein monatliches Einkommen von 1.000 € bis 2.000 € und ist als selbständiger Autohändler tätig. In einer zum Zwecke der Darlehensgewährung für die Finanzierung des streitgegenständlichen Fahrzeuges erstellten Selbstauskunft, deren Urheberschaft streitig ist, heißt es, der Kläger sei Leitender Angestellter/Manager bei einer T2 GmbH mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.750,00 € (Anlage 14 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009), ebenso im Darlehensantrag (Anlage 2 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung). In der verbindlichen Bestellung des streitgegenständlichen Fahrzeuges (Anlage K 1, Bl. 5 GA) heißt es, der Kläger sei von Beruf Bauleiter.
5Für das streitgegenständliche Fahrzeug unterhält der Kläger bei der Beklagten eine Haftplicht- und Fahrzeugversicherung mit Versicherungsschein Nr. 61306648 vom 04.02.2008 (Anlage K2, Bl. 6 GA) mit einer Selbstbeteiligung von 150 €. Auf das Versicherungsverhältnis sind die Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung des Mecklenburgischen SORGLOS-Tarifs (AKB-S), Stand 01.01.2008 anwendbar (Anlage zur Klageschrift, Bl. 11ff GA).
6Das Fahrzeug befand sich bis zu seinem Verschwinden grundsätzlich bei der Frau S3. Der Kläger nutzte das Fahrzeug nur gelegentlich und holte es dann dort ab. Bereits am 18. 11.2007 zeigten Frau S3 und ihr Lebensgefährte D einen Einbruchdiebstahl in ihre Wohnung an, bei dem unter anderem insgesamt fünf Autoschlüssel gestohlen worden sein sollen. Mit 4 dieser Autoschlüssel seien im Zuge des Einbruchdiebstahls zugleich die zugehörigen Fahrzeuge entwendet worden sein. Bei dem fünften Autoschlüssel soll es sich um den Schlüssel für das streitgegenständliche Fahrzeug gehandelt haben (Bl. 76 der Ermittlungsakte 10 Js 166/08 StA Köln). Mit diesem Fahrzeug sei man zum Zeitpunkt des Einbruchs unterwegs gewesen. Gegen Herrn D und Frau S3 ist ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges anhängig, weil sie Fahrzeuge an Dritte weitergegeben haben sollen, die sie zuvor gemietet hatten (Bl. 95 der vorgenannten Ermittlungsakte).
7Am 06.04.2008 zeigte der Kläger bei der Polizei in Köln den Diebstahl des streitgegenständlichen Fahrzeuges an (Bl. 1ff der Ermittlungsakte 20 Js 65/09 StA Köln). Er gab dort an, das streitgegenständliche Fahrzeug sei ihm anlässlich eines Besuches bei Pizza Hut im Cinedom, Mediapark in Köln gestohlen worden.
8Nachdem das Ermittlungsverfahren wegen des streitgegenständlichen Diebstahls zunächst gemäß § 170 StPO eingestellt worden war (Bl. 72 der Ermittlungsakte 20 Js 65/09 StA Köln), wurde das Verfahren fortgesetzt und der Kläger als Beschuldigter vernommen (Bl. 96 ff der vorgenannten Ermittlungsakte). Hintergrund sind Ermittlungsergebnisse des BKA (Bl. 85ff der vorgenannten Ermittlungsakte), wonach das streitgegenständliche Fahrzeug bereits Ende 2007 nach Syrien verschoben worden sein soll. Diese basieren auf der Beobachtung eines Treffens zwischen den Herren K und D am 21.11.2007, bei dem der Herr D das streitgegenständliche Fahrzeug mit sich führte, auf der Überwachung der Telekommunikation der Herren B, H und D und auf einer Mitteilung des türkischen Innenministeriums, dass das streitgegenständliche Fahrzeug bereits am 30.11.2007 über Griechenland durch Herrn H in die Türkei verbracht worden sei und am 02.12.2007 über die Grenze nach Syrien verbracht worden sei.
9Der Kläger meldete den vermeintlichen Diebstahl der Beklagten und übersandte der Beklagten eine Schadensmeldung (Bl. 20 der Ermittlungsakte 20 Js 65/09).
10Mit Schreiben vom 07.04.2008 (Anlage 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.10.2009) übersandte die Beklagte an den Kläger einen Zusatzfragebogen, den der Kläger ausgefüllt und unterschrieben an die Beklagte zurücksandte.
11Auf die Frage, wie er auf das Fahrzeug aufmerksam geworden sei, antwortete der Kläger: "Über ein Bekannten der das Autohaus kennt".
12Auf die Frage Nr. 3 des Zusatzfragebogens, die lautet: "Von welchen Personen wurde das Fahrzeug regelmäßig benutzt, wer ist Eigentümer und wer trägt die Kosten des Fahrzeugs?", antwortete der Kläger: "Q ist der Eigentümer und Frau W ist das Auto mitgefahren. Die Kosten trägt Herr Q.
13Weiterhin erklärte der Kläger, bei Ankauf des Fahrzeuges 2 Fahrzeugschlüssel erhalten zu haben. Die Frage, ob bereits zuvor Fahrzeugschlüssel abhanden gekommen seien, ist mit "ja" angekreuzt. Der Kläger erklärte hierzu: "Im November-Dezember ist Ersatzschlüssel bei Frau W aus der Wohnung bei Einbruch gestohlen worden, zweiter Schlüssel ist am 05.04.2008 im Pizza Hut entwendet worden. Der zuerst entwendete Schlüssel wurde von Mercedes am Zündschloss entkodiert. So das man das Auto öffnen konnte, aber laut Mercedes nicht mehr starten kann."
14Mit weiterem Schreiben vom 17.04.2008 (Anlage 5 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009) bat die Beklagte um die Beantwortung weiterer Fragen, was der Kläger auch tat (ebenda):
15Auf die Frage nach dem Bekannten, durch den er auf das Autohaus aufmerksam geworden sei, antwortete der Kläger: "A hat in der Altstadt als Türsteher gearbeitet ist aber leider kürzlich verstorben".
16Auf die Frage nach dem vollständigen Namen und der Adresse der Frau W und nach dem Verhältnis des Klägers zu dieser antwortete der Kläger: "W S3 Breslauer Str. 9 51145 Köln Sie ist eine bekannte von meinen Kunden gewesen die haben sich wohl vor 2 Jahren kennengelernt und die Bekanntschaft gehalten. Mein Kunde hat mir dann die Erlaubnis gegeben Ihr das Auto zu leihen immer wenn sie es wollte, dadurch konnte sie mit dem Auto tun und ausleihen, wem sie wollte da mein Kunde es erlaubt hatte".
17Auf ein weiteres Schreiben der Beklagten vom 16.06.2008 (Anlage 8 zur Klageerwiderung , Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009) antworte der Kläger unter anderem wie folgt (Anlage 9 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009): "Der Käufer hatte also nur 6 Monate anrecht auf das Auto wegen 2 Monatsraten garantie, da er mich gefragt hat und darum gebeten hat das Auto W S3 zur verfügung zu stellen und ich war einverstanden, weil dieser wagen ja so oder so für ihn war und er auch ein guter Kunde war bis jetzt."
18Mit Schreiben vom 03.11.2008 (Anlage K4, Bl. 34f der Gerichtsakte) versagte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschutz für den streitgegenständlichen Versicherungsfall.
19Mit Schreiben vom 20.04.2009 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte zur Schadensregulierung auf (Anlage K5, Bl. 36f GA).
20Dies lehnte die Beklagte ab.
21Der Kläger behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei ihm am Spätabend des 05.04.2008 entwendet worden. Er habe gemeinsam mit dem Zeugen S das Fahrzeug auf der N-Straße. in Köln abgestellt und sei dann gemeinsam mit diesem in das Restaurant "Pizza Hut" gegangen. Er habe zunächst ebenso wie der Zeuge S seine Jacke, in der sich unter anderem die Fahrzeugschlüssel befunden hätten, an einen Mantelstock links von der Eingangstür aufgehängt. Dies habe den Hintergrund, dass der Kläger und sein Begleiter zunächst beabsichtigt hätten, sich unmittelbar an einen Tisch neben dem Mantelstock zu setzen. Sodann habe der Kläger, der früher in dem Restaurant gearbeitet habe, erfahren, dass seine frühere Arbeitskollegin in einem einige Meter entfernten Bereich Dienst gehabt habe. Deshalb hätten der Kläger und sein Begleiter letztlich an einem anderen Tisch in dem Bereich, in dem die frühere Arbeitskollegin des Klägers arbeite, Platz genommen.
22Als der Kläger und sein Begleiter kurz nach Mitternacht das Lokal hätten verlassen wollen, habe sich herausgestellt, dass die Jacke des Klägers und mit ihr die Fahrzeugschlüssel nicht mehr vorhanden gewesen seien. Der Kläger und sein Begleiter hätten daraufhin das Lokal verlassen und festgestellt, dass auch das streitgegenständliche Fahrzeug sich nicht mehr am Abstellort befunden habe. Daraufhin habe der Kläger die Polizei benachrichtigt.
23Der Kläger ist der Ansicht, er habe den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Es habe sich um ein Augenblicksversagen gehandelt.
24Es sei unzutreffend, dass das Fahrzeug bereits vor dem streitgegenständlichen Diebstahl in die Türkei verbracht worden sei. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn man ihm seitens der Frau S3 und des Herrn D ein anderes Fahrzeug untergeschoben hätte.
25Er habe das Fahrzeug damals über Herrn A vermittelt bekommen. Zwar spreche einiges dafür, dass es letztendlich Herr D gewesen sei, der den Kauf vermittelt habe, dies sei dem Kläger aber unbekannt gewesen. Auch bezüglich der Angaben des Klägers im Rahmen seiner Vernehmung als Beschuldigter bestünden keine Widersprüche. Bei dem dort angegebenen Freund seines Bruders handele es sich um den Herrn A.
26An der Finanzierung sei damals nicht manipuliert worden. Zwar treffe es zu, dass im Rahmen der verbindlichen Bestellung für den Kläger eingetragen worden war, dass dieser Bauleiter sei. Der Kläger habe allerdings selbst gegenüber dem Autohändler I darauf hingewiesen, dass dem nicht so sei. Daraufhin sei dem Kläger gesagt worden, dass dies nicht so wichtig sei. Zudem stamme die Selbstauskunft vom 18.10.2007 nicht vom Kläger, da er diese nicht unterschrieben habe. Der Kläger habe sich nie als Selbständiger/Manager bei der Firma T2 GmbH mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.750,00 € ausgegeben.
27Der Kläger habe das Fahrzeug seinerzeit erworben, um es an Herrn P nach Portugal weiter zu veräußern. Das Fahrzeug sei zunächst auf ihn zugelassen worden, um es später in Portugal günstiger anmelden zu können. Herr P habe dem Kläger zwei Monatsraten für die Finanzierung des Fahrzeuges gezahlt, die der Kläger später zurückgezahlt habe. Die weiteren Raten habe der Kläger zunächst selbst aufgebracht, bis er dazu nicht mehr in der Lage gewesen sei. Die Anschaffung des Fahrzeuges sei vor dem Hintergrund des beabsichtigten Weiterverkaufs auch mit einer Finanzierung lohnend gewesen, da der Kläger die Finanzierung vom Verkaufserlös hätte ablösen können oder über das Darlehen ein neues Fahrzeug hätte finanzieren können.
28Er habe das Fahrzeug Frau S3 überlassen, weil Herr P als sein Kunde ihn darum gebeten habe und weil er mit dem Fahrzeug nicht habe protzen wollen.
29Soweit Herr D behauptet habe, der Kläger habe ihm nichts von dem Diebstahl erzählt, sei dies unzutreffend.
30Der Kläger beantragt,
31- die Beklagte zu verurteilen, an die C-Bank GmbH Braunschweig zu Vertrag-Konto-Nr. ## 91.446,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.11.2008 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.680,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Die Beklagte behauptet, der Diebstahl habe sich nicht wie vom Kläger vorgetragen ereignet. Vielmehr sei dieser vorgetäuscht. Tatsächlich sei das Fahrzeug, wie aus der Mitteilung der türkischen Behörden hervorgehe, bereits zuvor in die Türkei und dann nach Syrien verschoben worden.
36Darüber hinaus lägen weitere Indizien vor, die die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls begründen würden. So habe der Kläger widersprüchliche Angaben im Hinblick auf die Nutzungsverhältnisse des Fahrzeuges gemacht. Während aufgrund der Schilderung des Klägers gegenüber der Beklagten anzunehmen gewesen sei, dass der Kläger das Fahrzeug überwiegend selbst genutzt habe, so habe nach seinen eigenen Erklärungen, auch als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren, in Wahrheit Frau S3 das Fahrzeug nahezu ausschließlich genutzt.
37Die Ankaufgeschichte erscheine zweifelhaft. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger sich auf eine Finanzierung einlasse, wenn er ohnehin vorgehabt habe, das Fahrzeug zu veräußern. Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger das Fahrzeug habe weiterveräußern wollen bzw. einen Kunden dafür gehabt habe.
38Auch würden die finanziellen Verhältnisse des Klägers nicht ausreichen, um die Kosten des Fahrzeuges zu tragen, denn alleine die Versicherungsprämie über unstreitig 533,00 €und die Darlehensraten würden das monatliche Einkommen des Klägers überschreiten.
39Auch für die Vorgeschichte des Fahrzeuges gebe es keine logische Erklärung. Wie sich aus der Bestellung (Anlage 10 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009) der Frau L ergäbe, habe diese das Fahrzeug zunächst zu einem Preis von 125.176,10 € inkl. MwSt. bestellt. Sodann sei das Fahrzeug, wie sich aus der Zulassungsbescheinigung Teil 2 (Anlage 11 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009) ergebe, am 01.11.2007 auf Frau L zugelassen worden. Wie sich aus der Rechnung vom 02.11.2007 ergebe (Anlage 13 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009), sei das Fahrzeug sodann an Herrn G weiterveräußert worden. Sofort nach Ankauf habe dieser das Fahrzeug, wie sich aus der Rechnung vom 02.11.2007 ergebe (Anlage 13 zur Klageerwiderung, Anlagenheft zur Klageerwiderung vom 02.10.2009) an das Autohaus I verkauft. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug, was unstreitig ist, bereits am 18.10.2007 mit einer Laufleistung von 10 Kilometern bestellt habe.
40Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger mit seinem Monatseinkommen ein Darlehen über insgesamt 141.000,00 € habe erhalten können. An der Finanzierung müsse "gedreht" worden sein. Bei Angabe seiner tatsächlichen finanziellen Verhältnisse wäre dem Kläger ein solches Darlehen nicht gewährt worden. Vielmehr habe der Kläger durch eigene Unredlichkeit das Darlehen erwirkt. Insoweit verweist die Beklagte auf die Angaben über die Einkommensverhältnisse und der beruflichen Stellung des Klägers in der verbindlichen Bestellung des Klägers und in der Selbstauskunft gegenüber der C-Bank und im Darlehensantrag. Auch wenn der Kläger die Bestellung nicht ausgefüllt habe, so habe er sich doch die dortigen Angaben zu Eigen gemacht.
41Angesichts des Umstandes, dass der Kläger sich die Finanzierung des Fahrzeuges mittels eines Betruges erschlichen habe, könne ihm nicht geglaubt werden, dass das Fahrzeug tatsächlich entwendet worden sei.
42Es sei auch unwahrscheinlich, dass beide Fahrzeugschlüssel unabhängig voneinander entwendet worden sein sollen. Zudem seien die Widersprüche zwischen den Angaben des Herrn D in den Ermittlungsverfahren und den Angaben des Klägers zu berücksichtigen.
43Auch die Angaben im Hinblick auf den vermeintlichen Schlüsseldiebstahl aus der Wohnung von Herrn D und Frau S3 seien unlogisch. Denn ausweislich der Angaben des Klägers und auch dieser beiden Personen habe Frau S3 über einen eigenen Schlüssel verfügt. Da aber diese Personen während des Diebstahls mit dem Wagen unterwegs gewesen seien, müsse, damit sich der andere Schlüssel in der Wohnung der Frau S3 habe befinden können, der Kläger seinen Schlüssel an Herrn D weitergegeben haben. Ausweislich seiner eigenen Angaben im Ermittlungsverfahren jedoch habe der Kläger aber seinen Schlüssel erst nach dem vermeintlichen Schlüsseldiebstahl an die Frau S3 abgegeben.
44Zudem verweist die Beklagte darauf, dass die Ankaufsgeschichte des Klägers nicht mit den Angaben des Herrn D in Einklang zu bringen sei. Auch die eigenen Angaben des Klägers im Bezug auf die Ankaufsgeschichte seien widersprüchlich.
45Hilfsweise macht sich die Beklagte den Vortrag des Klägers zum Hergang des vermeintlichen Diebstahls zu Eigen. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe den Versicherungsfall, seinen Vortrag als richtig unterstellt, grob fahrlässig herbeigeführt. Es könne auch nicht von einem Augenblicksversagen ausgegangen werden.
46Die Beklagte beruft sich auf eine arglistige, vorsätzliche zumindest aber grob fahrlässige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit.
47Die Beklagte bestreitet den Wert des Fahrzeuges und ist der Ansicht, dass der Kläger beweisen müsse, dass eine Neuwertentschädigung für den Erwerb eines anderen Fahrzeuges verwendet werden würde.
48Die Ermittlungsakten 10 Js 166/08 und 20 Js 65/09 der Staatsanwaltschaft Köln waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
49Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
50Entscheidungsgründe
51Die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch des Klägers aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherungsverhältnis besteht nicht.
52Auf den streitgegenständlichen Versicherungsfall ist das VVG in der aktuellen Fassung anwendbar, da der Versicherungsvertrag trotz der Rückwirkung in das Jahr 2007 erst im Jahr 2008 geschlossen wurde.
53Es fehlt bereits am Nachweis eines Versicherungsfalles. Der insoweit angebotene Beweis des Klägers durch Einvernahme des Zeugen S betrifft nur das Abstellen und Nichtwiederauffinden des streitgegenständlichen Fahrzeuges, mithin das äußere Bild des Diebstahls. Vorliegend würde dessen Nachweis jedoch nicht genügen, um den Diebstahl als Versicherungsfall zu beweisen. Denn es ist von der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles auszugehen, mit der Folge, dass dem Kläger der Vollbeweis für den Diebstahl des Fahrzeuges obliegt. Diesen Vollbeweis hat der Kläger nicht angetreten, so dass es am Nachweis des Versicherungsfalles fehlt.
54Für eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls sprechen in erster Linie die ungeklärten Schlüsselverhältnisse im Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug.
55Der Verbleib des angeblich bei dem Wohnungseinbruch entwendeten Schlüssels ist ungeklärt. Nach den eigenen Angaben des Klägers in der Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei (Bl. 103 der Ermittlungsakte 20 Js 65/09 StA Köln), die der Kläger auch im hiesigen Verfahren trotz entsprechenden Vortrages der Beklagten nicht widerrufen hat, kann der Schlüssel bei diesem vermeintlichen Einbruch gar nicht entwendet worden sein. Denn nach den eigenen Angaben des Klägers verfügte Frau S3 zum Zeitpunkt des Einbruchs nur über 1 Schlüssel, den 2. Schlüssel hat er ihr erst nach dem Einbruch übergeben. Der bei Frau S3 befindliche Schlüssel kann aber nicht in der Wohnung gewesen und dort bei dem angeigten Einbruchdiebstahl entwendet worden sei und gleichzeitig zum Führen des streitgegenständlichen Fahrzeuges benutzt worden sein. Vor diesem Hintergrund ist nicht nur davon auszugehen, dass die Schlüsselverhältnisse ungeklärt sind, was für sich schon ein Indiz für die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles darstellt, sondern es ist auch davon auszugehen, dass der Kläger falsche Angaben im Hinblick auf den Verbleib des Schlüssels gemacht hat.
56Dies rechtfertigt den Rückschluss auf die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls, denn - wie die gerichtliche Praxis zeigt - ist es für erweislich vorgetäuschte Kfz-Entwendungsfälle typisch, dass der Versicherungsnehmer die Schlüsselverhältnisse nicht plausibel darstellen kann, was auch nicht weiter verwundert, weil die Verlockung, mit einem echten Schlüssel den Wagen weiter zu nutzen und den Verlust aller Schlüssel dafür mit einer erfundenen Geschichte zu erklären, groß ist. Auch die erweislich falschen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten zu den Nutzungsverhältnisse hinsichtlich des angeblich gestohlenen Pkws weisen in die Richtung eines vorgetäuschten Versicherungsfalles. Hinzu kommt, dass der Kläger Falschangaben zu seinen Einkommensverhältnissen und seiner beruflichen Stellung bei Erwerb des Wagens gemacht hat. Letzteres steht zur Überzeugung der Kammer fest, denn dass der Kläger sowohl im Darlehensantrag als auch in der verbindlichen Bestellung - beide übersichtlich gestalteten Dokumente hat er unstreitig unterschrieben - die Falschangaben konsequent überlesen haben soll, kann ihm nicht geglaubt werden. Bezeichnenderweise hat er zudem nicht hinreichend substantiiert bestritten, auch die Selbstauskunft unterschrieben zu haben, indem er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er sei sich nicht ganz sicher, ob er diese unterzeichnet habe oder nicht. Da eine Selbstauskunft im Rahmen von bedeutsamen Wirtschaftsgeschäften üblich ist, muss er doch wissen, ob er die Selbstauskunft unterschrieben hat oder nicht. Auch die Angaben in der Selbstauskunft sind falsch, was unstreitig ist. Auch konnte der Kläger nicht nachvollziehbar darlegen, weshalb er denn eigentlich das Autogeschäft für den Kunden aus Portugal abwickeln wollte, bei dem es sich, wie er gegenüber der Polizei erklärt hat, seiner eigenen Einschätzung nach um ein "Risikogeschäft" gehandelt habe (Bl. 99 der Ermittlungsakte 20 Js 65/09 StA Köln); welchen Gewinn wollte denn eigentlich der Kläger bei dem Geschäft machen ? Auch die weiteren Angaben des Klägers im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung zeigen, wie konstruiert alles ist: Er weiß nicht, ob er oder Frau S3 den Wagen beim Händler abgeholt hat; er kennt auch den Namen der Person nicht, der sich um die Zulassung des Wagens gekümmert hat usw. usf. In dieses Bild passt, dass der für sich genommene nicht ausschlaggebende Umstand, dass der Wagen nebst Originalschlüssel, wie unten noch näher begründet wird, aufgrund einer besonderen Leichtfertigkeit des Klägers abhanden gekommen sein soll, demnach also auf eine Art und Weise, die eher selten zu erwarten ist.
57Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich bereits vor dem vermeintlichen Diebstahl außer Landes gebracht worden ist.
58Selbst wenn hier nicht von einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung auszugehen wäre, wäre die Beklagte wegen einer arglistigen Verletzung der in E 1.4 der AKB(S) geregelten Aufklärungsobliegenheit gem. § 28 II u. III VVG in Verbindung mit E 6.1 und E 1.4 AKB(S) leistungsfrei.
59Der Kläger hat die vertragliche Aufklärungsobliegenheit verletzt, indem er im Bewusstsein der Unrichtigkeit dieser Äußerung erklärt hat, dass Frau S3 das Fahrzeug mit nutzte. Diese Äußerung ist objektiv falsch, da sie für einen Dritten den Eindruck erweckt, dass das Fahrzeug nur teilweise und nicht wie es tatsächlich der Fall war, nahezu ausschließlich von Frau S3 genutzt wurde. Bezeichnenderweise hat der Kläger bei der Polizei erklärt (Bl. 99 der Ermittlungsakte 20 Js 65/09 StA Köln), er habe den Fahrzeugschein Frau S3 gegeben, weil diese ja mit dem Wagen gefahren sei. Sie habe freie Hand damit gehabt. Er selbst sei vielleicht einmal im Monat mit dem Wagen gefahren. Er habe Frau S3 immer rechtzeitig Bescheid gesagt und dann habe er den Wagen bekommen. Frau S3 habe den Wagen die ganze Zeit in ihrer Verfügungsgewalt gehabt. Auch in der Replik räumt der Kläger ein, Frau S3 den Wagen "leihweise" zur Verfügung gestellt zu haben, ohne - ungeachtet des Vortrags in der Klageerwiderung - geltend zu machen, seine diesbezüglichen konkretisierenden Angaben in der Beschuldigtenvernehmung seien sachlich falsch gewesen. Dem Kläger war die Unrichtigkeit seiner Angaben gegenüber der Beklagten im Rahmen der Regulierungsverfahrens auch bewusst, da er selbstverständlich die wahren Nutzungsverhältnisse im Bezug auf das Fahrzeug kannte. Er selbst hatte ja Frau S3 den Wagen überlassen.
60Da der Kläger sich auch der Tatsache bewusst war, dass er gegenüber der Beklagten zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet ist, ist auch von einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit auszugehen. Der Kläger handelte arglistig, weil es ihm bei seinen Angaben zumindest darauf ankam, unangenehme Nachfragen dazu, warum die Frau S3 das Fahrzeug nahezu ausschließlich genutzt hat, zu vermeiden. Eine für den Kläger günstigere Erklärung für seine Falschangaben ist nicht denkbar. Deshalb hat der Kläger zumindest in der Absicht gehandelt, eine weniger komplizierte Abwicklung des Versicherungsfalles durch die Beklagte zu erreichen, was ausreicht, um den Vorwurf arglistigen Verhaltens zu begründen.
61Da der Kläger arglistig gehandelt hat, kommt es auch nicht darauf an, welche Folgen die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit für die Klägerin gehabt hat (§ 28 III S.2 VVG) und auch die Frage der Belehrung über die Folgen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit entsprechend § 28 IV VVG stellt sich nicht.
62Der Kläger hat die ursprünglichen Falschangaben gegenüber der Klägerin auch nicht rechtzeitig berichtigt (zum rechtlichen Ansatz vergl. BGH, VersR 2002, 173). Zwar hat der Kläger später nicht mehr von einer bloßen Mitbenutzung des Fahrzeuges durch Frau S3 gesprochen, er hat jedoch nicht vor Deckungsablehnung durch die Beklagte erklärt, dass seine ursprünglichen Angaben nicht zutreffen und tatsächlich das Fahrzeug nahezu ausschließlich durch Frau S3 benutzt wurde.
63Selbst wenn man davon ausgehen wollte, es läge ein Versicherungsfall vor, so wäre die Beklagte doch in Höhe von 90 % leistungsfrei geworden wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles (A2.16.1 AKB, § 81 Abs. 2 VVG. Denn der Kläger handelte - seinen eigenen Vortrag, den die Beklagte sich hilfsweise zu eigen gemacht hat, objektiv wie auch subjektiv grob fahrlässig, als er die Jacke in einem belebten Lokal unbeaufsichtigt mit den Fahrzeugschlüsseln aufgehängt hat. Dieses Verhalten stellt angesichts des Fahrzeugwertes und des auch dem Kläger bekannten Umstandes, dass mithilfe der Schlüsse (Fernbedienung) ein in der Nähe abgestelltes Fahrzeug ohne weiteres aufgefunden werden kann, einen besonders groben Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt dar. Völlig unverständlich ist, weshalb der Kläger die Schlüssel nicht einfach aus der Jacke genommen und mit an seinen Tisch genommen hat. Zu bedenken ist hierbei, dass der Kläger sich nicht erst hingesetzt und dann später die Jacke vergessen hat, als er den Platz wechselte, sondern sofort einen anderen als den zunächst in der Nähe des Mantelstocks gewählten Platz aufgesucht hat. Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf ein sogenanntes Augenblicksversagen; keine der Fallgruppen, die die Rechtsprechung hierzu entwickelt hat, ist erfüllt; insbesondere handelt es sich auch nicht um einen zur Routine gewordenen Handlungsablauf, bei dem eine unvorhergesehene Störung durch äußere Einflüsse eingetreten ist.
64Vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch des Klägers auf Entschädigungszahlung nicht besteht, hat er auch keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
65Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 709 ZPO.
66Streitwert: 91.446,84 €
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