Urteil vom Landgericht Köln - 24 O 525/09
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist von Beruf Arzt, die Beklagte ist ein von dem Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands gegründetes Unternehmen, das Dienstleistungen in wirtschaftlichen Fragestellungen, die Ärzte betreffen, anbietet. Dazu gehört auch die Vermittlung von Finanzprodukten und ggf. auch die Beratung. Seine Dienstleistungen erbringt es durch freie Handelsvertreter als ihren Repräsentanten. Auf den Vertrag zwischen der Beklagten und dem Zeugen T2, der vorliegend gegenüber dem Kläger tätig geworden ist, wird Bezug genommen (Anlage B 1, Bl. 77 ff GA).
3Der Zeuge T2, der zunächst Mitbeklagter war - insoweit ist die Klage vom Landgericht Kiel durch Urteil vom 23.10.2009 - 11 O 99/09 -, (Bl. 263 ff GA) rechtskräftig abgewiesen worden -, erstellte mit Datum vom 12.05.1993 eine Konzeption für den Kläger hinsichtlich des Baus eines selbstgenutzten Ferienhauses, für das Liquidität bereitgestellt werden sollte. Zugleich sollte statt Steuerzahlung in wirtschaftlich vernünftigem Rahmen Altersvorsorge betrieben werden (Anlage A 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 02.02.2010, AH).
4Ausweislich der Konzeption hatte sich der Kläger - dies ist auch unstreitig - zuvor bereits auf Vermittlung durch die Beklagte an einem anderen geschlossenen Immobilienfonds in Berlin beteiligt, der, wie der Kläger bei seiner Anhörung vor dem LG Kiel am 22.09.2009 erklärt hat, (Bl. 240 GA) „im Prinzip den gleichen Aufbau hatte“ wie der hier streitgegenständliche Fonds.
5Am 01.06.1993 besuchte der Zeuge T2 den Kläger und besprach mit ihm die Konzeption. Er überreichte ihm auch den Emissionsprospekt, wegen dessen Inhalts auf die Anlage A 6 zum Schriftsatz des Klägers vom 02.02.2010, AH, Bezug genommen wird. Vom Prospekt abweichende Angaben hinsichtlich der Frage der Anschlussförderung gab der Zeuge T2 gegenüber dem Kläger nicht ab. Der Kläger zeichnete am selben Tag einen Zeichnungsschein über den Erwerb einer Beteiligung an dem Immobilienfonds „X2 GbR“ im Nennwert von 100.000,00 DM. Die Zeichnung wurde durch die Treuhänderin der Beklagten, der S4 GmbH, am 08.06.1993 angenommen. Der Kläger erbrachte ein Eigenkapital in Höhe von 51.129,19 € mit einem zusätzlichen Agio von 5 %.
6Emittent des Immobilienfonds war das Emissionshaus Dr. H. Der Fonds war als Steuersparmodell konzipiert. Er diente dem sozialen Wohnungsbau durch private Investoren in Berlin. Das Land Berlin sicherte eine finanzielle Förderung für 15 Jahre zu. Eine Anschlussförderung für weitere 15 Jahre war in Aussicht gestellt und bei vergleichbaren Fonds in der Vergangenheit niemals versagt worden. Selbst im Jahr 2002 ging der Regierende Bürgermeister von Berlin noch von einer Anschlussförderung aus. Im Jahr 2003 versagte das Land Berlin die Anschlussförderung allerdings, wobei die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme im Jahre 2006 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde. Der Kläger erklärt auf Bl. 27 der Klageschrift, im Jahre 2002/2003 sei ein möglicher Wegfall der Anschlussförderung der GbR angesprochen worden. Für das Jahr 2002 und die Folgejahre wurden keine Ausschüttungen mehr vorgenommen. Im Abrechnungsschreiben für das Jahr 2002 (Anlage CBH 2, Bl. 172 ff GA), dessen Zugang der Kläger bestreitet, ist ausdrücklich davon die Rede, eine Ausschüttung könne nicht erfolgen als Auswirkung der Einstellung der Anschlussförderung. Ebenso verhält es sich mit dem Abrechnungsschreiben vom 24.08.2004 für das Jahr 2003 (Anlage CBH 2, Bl. 179 ff GA), zu dem der Kläger vorträgt, es nicht erhalten zu haben „bzw. sich an einen Erhalt nicht mehr erinnern zu können“. Dies betreffe auch die Schreiben vom 11.08.2003 (Anlage CBH 3, Bl. 194 f GA) sowie vom 02.12.2004 (Anlage CBH 4, Bl. 196 ff GA), in denen unstreitig ausdrücklich auf die negative Entscheidung des Berliner Senates betr. die Anschlussförderung hingewiesen wurde. Unstreitig ging dem Kläger jedoch das Schreiben vom 21.09.2005 (Anlage CBH 2, Bl. 185 ff GA), die Abrechnung für das Jahr 2004, zu, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die an sich vorgesehene Ausschüttung wegen des Einstellungsbeschlusses des Berliner Senates zur Anschlussförderung bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in einem Musterverfahren einer Rücklage zugeführt werde.
7Zwischenzeitlich wurde der Fonds durch Nachschusszahlungen saniert. In Höhe von 32.832,54 € erbrachte der Kläger eine Nachschusszahlung.
8Der Kläger leistete an die Beklagte weder Provisionszahlungen noch andere Vergütungszahlungen. Die Beklagte erhielt von dem Emissionshaus eine Provision in unbekannter Höhe.
9Der Kläger ist der Auffassung, es sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Dies sei schon deswegen anzunehmen, weil ein Beratungsgespräch über die vorgelegte Konzeption stattgefunden habe.
10Er behauptet, ihm sei bei Abschluss der Anlage an einer sicheren Anlage gelegen gewesen, die sich auch zur Altersvorsorge eigne. So habe er frühestens im Rahmen von Nachschusszahlungen im Jahre 2006 bzw. 2007 positiv erfahren, dass die Anschlussförderung und damit die Finanzierung nicht gesichert sei. Hätte er dies jedoch gewusst, hätte er sein Geld anderweitig angelegt.
11Auch aus dem Anlageprospekt ergebe sich nicht, dass die weitere Anschlusszahlung nicht gesichert gewesen sei. Hätte er diese Umstände hingegen gekannt, hätte er den Fonds nicht gezeichnet.
12Die Beklagte habe ihn - was als solches unstreitig ist - nicht über die Höhe der seitens des Fondsinitiators unstreitig geflossenen Provisionen aufgeklärt. Auch hierin liegt nach Auffassung des Klägers ein Aufklärungsverschulden, das ihn seiner Ansicht nach zu einer Rückabwicklung der Fondsbeteiligung unter Schadensersatzgesichtspunkten berechtige. Der Kläger ist zudem der Auffassung, die Beklagte sei ihm gegenüber zur Auskehrung der erhaltenen Provisionen verpflichtet. In diesem Zusammenhang hat er die Klage mit Schriftsatz vom 11.02.2010 um eine entsprechende Stufenklage - die jetzigen Anträge zu 5.) bis 7.) - erweitert.
13Der Kläger meint, auch über seine Haftung als BGB-Gesellschafter nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein.
14Wegen der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs wird auf Bl. 8 ff der Klageschrift (Bl. 8 ff GA) Bezug genommen. Der Kläger ist der Meinung, die erlangten Steuerersparnisse sich nicht im Wege der Vorteilsausgleichung entgegenhalten lassen zu müssen. Zudem macht er einen entgangenen Zinsgewinn in Höhe von 59.054,21 € geltend, den er damit begründet, dass er, wenn er sich an dem vorliegenden Fonds nicht beteiligt gehabt hätte, er sein Geld in deutschen Staatsanleihen angelegt hätte mit den entsprechenden Zinseinnahmen.
15Der Kläger ist der Auffassung, seine Ansprüche seien nicht verjährt, schon deshalb, weil er erst 2006 von der entsprechenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus demselben Jahr erfahren habe und ihm bis zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf die Steuerersparnisse, die im Wesentlichen der Höhe nach der zunächst geleisteten Fondsbeteiligung entsprechen, kein materieller Schaden entstanden sei. Zudem stelle das Verschweigen der Provisionszahlungen eine eigene zum Schadensersatz verpflichtende Handlung dar. Jedenfalls der hierauf gestützte Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt.
16Der Kläger beantragt,
171. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 143.015,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.03.2009 zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der von dem Kläger an der „X2 GbR“ gehaltenen Gesellschaftsanteile in Höhe von 0,117% des Gesellschaftskapitals,
182. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen Verbindlichkeiten freizustellen, die durch die unter Antragsziffer 1. genannte Beteiligung an der „X2 GbR“ begründet worden sind, künftig entstehen oder hiermit in ursächlichem Zusammenhang stehen, insbesondere
19a. der Haftung aus zwischen der „X2 GbR“ und Kreditinstituten abgeschlossenen Darlehensverträgen, unabhängig davon, ob die Haftung als vertragliche (Schuldmitübernahme/Schuldanerkenntnis) oder als gesetzliche (Akzessorietät) begründet ist, einschließlich aller Sicherungsabreden hierzu,
20b. sonstiger Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern analog § 128 HGB einschließlich der Nachhaftung bei Ausscheiden, der Mithaftung auf Fehlbeträge etc.,
21c. der Haftung gegenüber der „X2 GbR“ oder den Mitgesellschaftern aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses unabhängig von ihrer Bezeichnung, insbesondere auf Nachschüsse, Sanierungsbeiträge, Unterdeckungsanteile, Rückzahlung von Ausschüttungen, auch wenn diese von Gesellschaftsgläubigern, Insolvenzverwaltern oder sonstigen Personen geltend gemacht wird,
223. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in der Antragsziffer 1 genannten und diesen Zug-um-Zug angebotenen Gesellschaftsanteils in Verzug befindet,
234. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.173,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen,
245. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, ihm Auskunft über die Höhe der angenommenen Zuwendungen bzw. Provisionen im Zusammenhang mit der Vermittlung des Anteils des Klägers an der „X2 GbR“ vom 01.06.1993 zu geben,
256. die Beklagte zu verurteilen, die Auskunft an Eides statt zu versichern,
267. nach erteilter Auskunft die Beklagte zu verurteilen, den Betrag, der sich aus der gemäß Ziffer 5 des Klageantrags erteilten Auskunft ergibt, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten per anno über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank, auf den sich aus der Auskunft gemäß Ziffer 5 des Klageantrags ergebenden Betrages seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Der Kläger habe sich in Kenntnis der Risiken bewusst für die streitgegenständliche Anlage entschieden. Sein primäres Ziel sei die Erzielung von Steuervorteilen gewesen. Dies sei aber nur über das Vehikel einer Beteiligung als GbR-Gesellschafter mit der entsprechenden Haftung der BGB-Gesellschafter zu erreichen gewesen. Aus einer bereits im Jahre 1989 gezeichneten vergleichbaren Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds habe der Kläger das Prinzip mit seinen Chancen und Risiken gekannt. Was die Frage der Anschlussförderung angehe, sei der Kläger zutreffend informiert worden, zumal der schließlich vom Senat entschiedene Wegfall der Anschlussförderung - was als solches unstreitig ist - für alle Beteiligten angesichts der bisherigen Praxis völlig unerwartet gekommen sei.
30Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Kick-Back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Entscheidender Unterschied sei, dass in der dortigen Entscheidung gerade eine Bank eine Provision erhalten habe. Aus dem Umstand, dass der Kläger unstreitig keine Zahlungen erhalten habe, sei ihm klar gewesen, dass die Beklagte vom Fondsinitiator ein Entgelt erhalte. Zudem liege der Provisionssatz deutlich unter 15 %; etwas Abweichendes behaupte auch der Kläger nicht mit Bestimmtheit. Schließlich müsse der Kläger sich entgegenhalten lassen, dass im Prospekt die Vertriebskosten als solche ausgewiesen seien.
31Die Beklagte beruft sich auf Verwirkung.
32Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Soweit der Kläger sich auf mangelnde Aufklärung berufe, seien ihm alle diesbezüglichen tatsächlichen Umstände, auf die er sich stütze, in rechtsverjährter Zeit bekannt gewesen; zumindest hätte der Kläger in rechtsverjährter Zeit, was sich ihm geradezu hätte aufdrängen müssen, ohne weiteres eine entsprechende Kenntnis erlangen können.
33Was die Höhe der Klageforderung angehe, so müsse der Kläger sich die Steuervorteile anrechnen lassen, die zudem etwas höher ausgefallen seien als vom Kläger angegeben. Auch habe der Kläger höhere Ausschüttungen erhalten als angegeben. Soweit er zusätzlich entgangenen Zinsgewinn geltend mache, habe dies nichts mehr mit einem Schadensausgleich zu tun. Zudem sei nach dem eigenen Vortrag des Klägers von einem erheblichen Mitverschulden auszugehen.
34Unerfindlich sei, weshalb der Kläger meine, ihm stehe hinsichtlich der konkreten Provisionshöhe ein Auskunfts- oder gar ein Auskehrungsanspruch zu.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37Die Klage ist unbegründet.
38Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadenersatz gegen die Beklagte zu.
39Es kann offen bleiben, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungs- oder ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen ist.
40Es fehlt bereits an einem Beratungsverschulden.
41Was die Frage der Anschlussförderung angeht, so gibt der Prospekt ein zutreffendes Bild wieder. Es wird auf S. 16 und auf S. 25 ausdrücklich zwischen der gesicherten Grundförderung für die ersten 15 Jahre („bewilligt“) und der Anschlussförderung differenziert, die eben noch nicht bewilligt war, hinsichtlich deren jedoch nach der bisherigen Handhabung eine Bewilligung zu erwarten sei. Unstreitig sind alle beteiligten Kreise tatsächlich angesichts der ständigen Verwaltungspraxis davon ausgegangen, dass auch die Anschlussförderung bewilligt werde; der Wechsel im Jahre 2003 kam für alle Beteiligten völlig überraschend; hiermit musste 1993 niemand ernsthaft rechnen und für diesen aus damaliger Sicht nur theoretisch denkbaren Fall auch keinen gesonderten Warnhinweis erteilen, der über die Differenzierung zwischen einer bewilligten und einer zu erwartenden Förderung hinausgegangen wäre. Der Umstand, dass der Prospekt dem Kläger wohl erst am Tage der Zeichnung der Anlage übergeben worden ist, besagt im vorliegenden Fall nichts Entscheidendes, denn unstreitig war der vorliegende Fonds ebenso konzipiert wie ein anderer geschlossener Immobilienfonds, an dem sich der Kläger bereits unter Einschaltung der Beklagten beteiligt hatte. Dass der Zeuge T2 weitergehende Angaben im Hinblick auf eine angeblich auch rechtlich gesicherte Anschlussförderung mündlich gegenüber dem Kläger gemacht hätte, behauptet auch der Kläger nicht.
42Im Hinblick auf eine frühere Beteiligung an einem im Prinzip gleich strukturierten geschlossenen Immobilienfonds und die klaren Worte im Prospekt betreffend die persönliche Haftung der Gesellschafter (s. dort S. 6 f) kann nicht von einer mangelhaften Aufklärung des Klägers über seine Haftung als Gesellschafter der GbR ausgegangen werden. Dieser Punkt wird vom Kläger denn auch nicht vertieft.
43Was die Frage der Provisionszahlungen angeht, so kann auch insoweit der Beklagten nicht vorgehalten werden, sie habe den Kläger nicht hinreichend aufgeklärt. Denn dem Kläger musste auch ohne gesonderten Hinweis klar sein, dass die Beklagte eine Provision von dritter Seite, etwa dem Fondsinitiator, erhalten werde, da er selbst kein Entgelt an die Beklagte zahlte und auch nicht davon ausging, bei der Beklagten handele es sich um ein gemeinnütziges Unternehmen. Da im Prospekt zudem die insgesamt anfallenden Vertriebskosten - unstreitig zutreffend - ausgewiesen sind, war auch dies ein nicht zu übersehender Anhaltspunkt für Provisionszahlungen an die Beklagte. Dass die Beklagte Provisionszahlungen in einer Höhe von 15 % oder mehr erhalten habe, behauptet auch der Kläger nicht mit Bestimmtheit, wobei es hierauf im Übrigen auch nicht ankommt, da die Banken-Rspr. des BGH zur Frage der Offenlegungspflicht bei Kick-Back-Zahlungen auf Fälle der vorliegenden Art aus den vom OLG Celle (ZIP 2009, 2149) herausgearbeiteten Gründen nicht übertragbar ist.
44Von daher besteht im Übrigen auch kein Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten. Denn es wird hier Auskunft über das Vertragsverhältnis zu einem Dritten verlangt, ohne dass hierfür eine Anspruchsgrundlage bestehen würde, weder nach § 666 BGB noch nach § 242 BGB. Da die begehrte Auskunft zudem im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht wird, jedoch auch nicht ansatzweise erkennbar ist, weshalb die Beklagte - selbst bei unterstellter Offenbarungspflicht hinsichtlich der Höhe der unstreitig erhaltenen Provisionen - dazu verpflichtet sein sollte, die erhaltenen Provisionen an den Kläger auszukehren, ist § 667 BGB nicht einschlägig, weil die Beklagte die Provision aufgrund einer Provisionsabrede mit einem Dritten erhalten hat und nicht „zur Ausführung des Auftrags“, den ihm der Kläger erteilt hat. Zudem ist das Wertpapierhandelsgesetz auf den Vertrieb von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds ohnehin nicht anwendbar, sodass auch von daher für die Zuerkennung eines Auskunftsanspruchs als Vorbereitungsstufe einer Klage auf Auskehrung der erhaltenen Provisionen kein Raum ist. Die Stufenklage ist insgesamt abzuweisen.
45Was die Höhe der Klageforderung angeht, so irrt der Kläger im Übrigen, wenn er meint, er müsse sich die Steuervorteile, die bis 2006 unstreitig zumindest in etwa der Höhe der ursprünglichen Zahlung des Klägers an den Fonds entsprochen haben, nicht im Wege der Vorteilsausgleichung entgegenhalten lassen. Nach der st. Rspr. des BGH ist insoweit eine Vorteilsausgleichung vorzunehmen, soweit der Anleger nicht darlegt, dass die Schadensersatzleistungen nicht ebenfalls zu versteuern sind - was vorliegend ersichtlich nicht der Fall ist - oder er eine anderweitige Anlage mit im Wesentlichen entsprechenden Steuervorteilen getätigt hätte. Letzteres ist jedoch gerade nicht der Fall, da der Kläger vorbringt, bei sachgerechter Aufklärung hätte er sich nicht am Fonds beteiligt, sondern vielmehr deutsche Staatsanleihen erworben. Weshalb der Kläger im Übrigen meint, er könne die entgangenen Zinsen, die er im Falle eines Erwerbs von deutschen Staatsanleihen erhalten hätte, geltend machen, ohne andererseits sich die steuerlichen Vorteile gegenrechnen lassen zu müssen, ist unerfindlich, denn damit beantragt er ja, so gestellt zu werden, als habe er sich am Fonds nicht beteiligt und alternativ Zinseinnahmen aus den Anleihen erwirtschaftet, und andererseits so gestellt zu werden, dass er sich eben doch an dem Fonds beteiligt hat mit den entsprechenden steuerlichen Vergünstigungen. Insoweit ist die Klage auch der Höhe nach großteils unbegründet.
46Jedenfalls ist von Verjährung des mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen. Die Verjährungsfrist läuft, da es sich um einen Fall vor der Schuldrechtsmodernisierung handelt, spätestens 3 Jahre nach Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Klägers von den tatsächlichen Umständen ab, aus denen er seine Schadensersatzverpflichtung ableitet, soweit es die Jahre nach dem 1.1.2002 betrifft (Art. 229 § 6 EGBGB, §§ 195, 199 BGB). Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hätte sich ihm jedoch bereits bis Ende 2005 zumindest aufdrängen müssen, dass die tatsächlichen Umstände vorliegen, aus denen sich sein angeblicher schadenersatzrechtlicher Rückabwicklungsanspruch ergibt. Auf die Frage, wann er die zutreffende rechtliche Wertung gezogen hat oder hätte ziehen können, kommt es nach der st. Rspr. des BGH nicht an (vgl. die Rspr. Nachweise bei Palandt-Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rz 26). Auch wenn man mit dem Kläger die Ansicht vertreten wollte, dass ungeachtet seiner früheren Beteiligung an einem gleich strukturierten Fonds die Aushändigung des Prospektes nicht hinreichend war, um ihn genügend aufzuklären, so wäre es jedoch Sache des Klägers gewesen - schon wegen der Höhe seiner Beteiligung am Fonds - sich jedenfalls nach der Erhalt des Prospektes, d.h. im Juni 1993, durch Lesen des Prospektes, der - verglichen mit anderen, der Kammer bekannten Prospekten ungewöhnlich klar und übersichtlich aufgebaut ist - kundig zu machen. Dann hätte er den Hinweis auf die Differenzierung zwischen der bewilligten und der in Aussicht stehenden Förderung gesehen, insbesondere auch bei den „Risiken“, ebenso den Hinweis auf die persönliche Haftung der Gesellschafter und die Höhe der Vertriebskosten. Was die Frage der Anschlussförderung angeht, hatte der Kläger im Übrigen spätestens nach Erhalt der Abrechnung für das Jahr 2004, die mit dem ihm unstreitig zugegangenen Schreiben vom 21.09.2005 erfolgt ist, positive Kenntnis von der negativen Entscheidung des Senates betreffend die Anschlussförderung. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass der Kläger bereits 2003 und 2004 positive Kenntnis hatte oder zumindest grob fahrlässig sich einer entsprechenden Kenntnis verschlossen hat. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger justament alle vier, die Problematik der Anschlussförderung ausdrücklich ansprechenden Schreiben, die 2003 und 2004 an ihn übersandt worden sind - die Absendung der Abrechnungsschreiben vom 11.08.2003 und 24.08.2004 sowie der gesonderten Schreiben vom 11.08.2003 und vom 02.12.2004 ist unstreitig - , nicht erhalten haben soll. Bezeichnenderweise flüchtet sich der Kläger in den Vortrag, sich an den Zugang nicht erinnern zu können und bietet auch hierfür, was keinen Sinn macht, das Zeugnis seiner Ehefrau an. Vor allem jedoch erklärt der Kläger nicht, weshalb es noch in der Klageschrift hieß, bereits 2002/2003 sei ein möglicher Wegfall der Anschlussförderung in der GbR angesprochen worden. In diesem Zusammenhang teilt er nur mit, der Senatsbeschluss als solcher sei ihm nicht zur Kenntnis gelangt. Er behauptet jedoch nicht, dass die grundsätzliche Erörterung der Problematik über ein mögliches Ausbleiben der Anschlussförderung an ihm persönlich vorbeigegangen sei. Da der Kläger ab dem Jahr 2002 auch keine Ausschüttungen mehr erhalten hat, wäre auch zu erwarten gewesen, dass er sich beim Fonds erkundigt, weshalb denn Ausschüttungen ausblieben. Seine fehlende Nachfrage erklärt sich nur dann, wenn man davon ausgeht, dass der Kläger bereits zuvor schriftlich über den Wegfall der Ausschüttungen mit Rücksicht auf die Problematik der Anschlussförderung hingewiesen worden ist. Demnach geht die Kammer, was die Frage der ungesicherten Anschlussförderung ausgeht, von einer Kenntnis des Klägers bereits 2002, spätestens jedoch 2003 aus. Danach ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch Ende 2006 verjährt; selbst wenn man jedoch auf das Schreiben vom 21.09.2005 abstellen wollte, so wäre Verjährung eingetreten, nämlich mit dem 31.12.2008. Eine rechtzeitige Hemmung des Verjährungseintritts liegt angesichts dessen, dass die Klageschrift erst vom 20.04.2009 datiert, Eingang am 23.04.2009 mit beigefügtem Gerichtskostenvorschuss bei Gericht nicht vor.
47Der Kläger irrt, wenn er meint, sein auf Rückabwicklung gerichteter Schadensersatzanspruch sei erst im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, d.h. fällig geworden mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes 2006, da er zuvor Steuervorteile erlangt gehabt habe, die in etwa seiner ursprünglichen Beteiligung entsprochen haben. Wie aus der auch vom Kläger zutreffend zitierten BGH-Rspr. (s. insbesondere BGH, NJW 1993, 2865) ersichtlich, besteht der Schaden eines Anlegers bei nicht gehöriger Aufklärung/Beratung gerade darin, dass er eine Anlageentscheidung auf einer nicht hinreichenden Informationsgrundlage getroffen hat, ohne dass es darauf ankäme, ob überhaupt ein wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist und ohne dass gerade der Umstand, über den nicht aufgeklärt worden ist, ursächlich für einen späteren materiellen Schadenseintritt geworden war. Demnach war, wenn man eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach annehmen wollte, der Rückabwicklungsanspruch spätestens 1993 fällig.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
49Streitwert:
50Antrag zu 1.): 143.015,94 €
51Antrag zu 2.): 30.000,- € (s. Beschluss des LG Kiel vom 27.04.2009)
52Antrag zu 3.): 5.000,- € (s. Beschluss des LG Kiel vom 27.04.2009)
53(Antrag zu 4.): bleibt wegen § 4 ZPO außer Ansatz)
54Anträge zu 5.) bis 7.): 10.000,- € (ausgehend von einer vom Kläger ggf.
55erwarteten Provisionszahlung an die
56Beklagte in Höhe von etwa 10 % seiner
57Einlage)
58insgesamt demnach: 188.015,94 €
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