Urteil vom Landgericht Köln - 27 O 58/11
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 14.6.2011 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger bis auf die der Beklagten zur Last fallenden Kosten der Säumnis.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger führte bei einem Bauvorhaben der als Bauträgerin tätigen Beklagten in Köln-Brück Tiefbauarbeiten durch. Er stellte der Beklagten eine Vielzahl von Rechnungen für geleistete Tätigkeiten aus; wegen der Rechnungen im Einzelnen wird auf die als Schlussrechnung bezeichnete Aufstellung (Anlage K1) Bezug genommen, die unter Berücksichtigung zweier Teilzahlungen von 9000 € und 2500 € einen offenen Saldo von 10.815,29 € ausweist; dieser ist Gegenstand der Klage.
3Der Kläger behauptet, die Beklagte habe auch die weiteren Nachtragsangebote vom 6.7.2010 und 12.7. sowie 13.7.2010 angenommen. Die Leistungen seien mängelfrei fertiggestellt und abgenommen, was sich jeweils aus den Vermerken des für die Beklagte tätig gewesenen Bauleiters ergebe.
4Der Kläger beantragt,
5das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
6Die Beklagte beantragt,
7das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8Sie behauptet, lediglich das Angebot vom 5.5.2010 (Anlage K4) angenommen zu haben. Die Arbeiten des Klägers seien nicht abgenommen, da er nicht den Nachweis der Dichtheit des von ihm erstellten Abwasserkanals geführt habe.
9Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
10Entscheidungsgründe:
11Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten nicht gemäß §§ 631, 632 BGB oder aus einem anderen Rechtsgrund Zahlung restlicher Vergütung für die an dem Bauvorhaben der Beklagten angeblich geleisteten Bauarbeiten verlangen. Berücksichtigt man die seitens der Beklagten geleisteten Teilzahlungen, dann bleibt keine Forderung des Klägers mehr offen.
12Bezüglich der einzelnen Rechnungen, die der Kläger seiner als Schlussrechnung bezeichneten Aufstellung zu Grunde legt, gilt im Einzelnen Folgendes:
131) Die Rechnung 511479 in Höhe von 140 € begründet keinen Anspruch des Klägers. Er hat nicht dargelegt, dass die Beklagte ein dieser Rechnung zu Grunde liegendes Angebot angenommen hat, so dass sich nicht feststellen lässt, dass ein Werkvertrag zwischen den Parteien bezüglich der in der Rechnung aufgeführten Arbeiten zu Stande gekommen ist. Die in der Rechnung aufgeführten 3,5 Arbeitsstunden für „Erdaushub aus dem vorhandenen Schacht ausschachten“ lassen sich dem unstreitig angenommenen Angebot vom 5.5.2010 (Anlage K4) nicht zuordnen.Daran ändert es nichts, dass der für die Beklagte tätige Bauleiter A die Rechnung zur Zahlung freigegeben hat. Darin liegt eine Erklärung des Bauleiters gegenüber der Beklagten, nicht aber eine an den Kläger gerichtete Annahme eines Angebotes. In der Zahlungsfreigabe durch den Bauleiter ist deshalb auch kein die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtendes Anerkenntnis zu sehen.
142) Der Kläger kann aus der Rechnung Nr. 511482 keine Rechte mehr herleiten, weil diese à-conto-Rechnung bezahlt ist. Das ergibt sich aus der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers stammenden Forderungsaufstellung vom 20.10.2010, Anlage K10, Bl.53 GA. Darin ist die genannte Rechnung ausdrücklich als „bezahlt“ aufgeführt.
153) Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Bezahlung der Rechnung Nr-511483, lautend über 2.788 €, verlangen. Es lässt sich nicht feststellen, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag über die Ausführung der in der Rechnung genannten Leistungen zu Stande gekommen ist. Der Rechnung liegt das Angebot des Klägers vom 6.7.2010 zu Grunde, auf die Anlage K5, Bl.48 GA, wird Bezug genommen. Der Kläger hat mit dem im Verhandlungstermin vom 11.10.2011 überreichten Schriftsatz vom 10.10.2011 unwidersprochen vorgebracht, der Bauleiter der Beklagten habe das Angebot angenommen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dazu zu Protokoll erklärt hat, er rüge Verspätung, ist das ohne prozessuale Relevanz. Eine inhaltliche Stellungnahme hat er dazu nicht abgegeben, so dass das Vorbringen des Klägers unstreitig ist und mithin eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nicht eintritt.Gleichwohl ist die Klage in Bezug auf diese Rechnung nicht begründet. In der handschriftlichen Erklärung des Bauleiters auf dem Angebot „Nachtrag zum Auftrag vom 6.7.2010“ liegt schon keine an den Kläger gerichtete Annahme dieses Angebots. Sollte der Kläger mit seinem vorstehenden Vorbringen gemeint haben, der Bauleiter A habe das Angebot ausdrücklich namens der Beklagten angenommen, folgt daraus nichts anderes. Es lässt sich nämlich der Darlegung des Klägers nicht entnehmen, dass A berechtigt war, die Beklagte rechtsgeschäftlich zu vertreten. Unstreitig hat die Beklagte dem Bauleiter die Vollmacht vom 30.6.2009 ausgestellt (Bl.114 GA). Darin hat der Geschäftsführer der Beklagten wörtlich erklärt: Hiermit bestätige ich, dass Herr Dipl.Ing. A, die Fa. W GmbH als Bauleiter und dessen Funktionen allumfänglich vertreten kann. Damit ist keine uneingeschränkte Generalvollmacht verbunden, sondern die Vollmacht ist beschränkt auf die Tätigkeiten eines Bauleiters. Diese umfassen typischerweise gerade nicht die rechtsgeschäftliche Vertretung des Bauherrn. Der nicht besonders bevollmächtigte Architekt/Ingenieur/Bauleiter hat grundsätzlich keine Befugnis, den Bauherrn rechtsgeschäftlich zu vertreten oder die rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen zwischen Unternehmer und Besteller zu ändern (Kniffka u.a., ibr-online Kommentar Bauvertragsrecht 2010, E V 3. Architektenvollmacht, Rdn.159 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier. Zu einer besonderen Bevollmächtigung hat der Kläger nichts vorgetragen.Es kann des weiteren nicht davon ausgegangen werden, dass der Bauleiter die Beklagte unter dem Gesichtspunkt wirksam verpflichtet hat, es habe sich nur um unwesentliche Mehrkosten gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Architekt den Besteller allerdings wirksam verpflichten, sofern die Mehrbelastung geringfügig ist (s.die Nachweise bei Kniffka a.a.O). Vorliegend machen indes die streitgegenständlichen Leistungen rund zehn Prozent des Schlussrechnungsbetrages aus. Das erscheint nicht mehr als unwesentlich.Die Beklagte ist nicht nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam verpflichtet worden. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Beklagte wusste, dass der Bauleiter fortgesetzt als ihr Vertreter ohne Vollmacht aufgetreten ist und gleichwohl nichts dagegen unternommen hat (vgl. Werner-Pastor, Der Bauprozess, 13.Auflage, Rdn.1353). Im Gegenteil sind dafür keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Gleiches gilt für eine Vertretung der Beklagten nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht. Der Rechtsschein kann dem Bauherrn nur zugerechnet werden, wenn er das vertragswidrige Verhalten bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können (Werner-Pastor a.a.O. Rdn.1359). Auch insoweit hat der Kläger keine Anhaltspunkte tatsächlicher Art dargetan. Ein Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte folgt letztlich weder aus den §§ 677, 683 BGB noch aus § 812 BGB. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Durchführung der in Rede stehenden Arbeiten dem mutmaßlichen Willen der Beklagten als Geschäftsherrin entsprochen haben, schon weil offen geblieben ist, um welche Arbeiten es sich genau gehandelt hat. Aus diesem Grund kann auch nicht nachvollzogen werden, ob und in welcher Höhe das Grundstück der Beklagten durch die Werkleistung eine Wertsteigerung erfahren hat, um die die Beklagte unberechtigt bereichert sein könnte.
164) Aus der Rechnung 511484 über 240 € kann der Kläger einen Vergütungsanspruch nicht herleiten. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte den Kläger mit der Entfernung zweier Baumwurzeln beauftragt hat. Der Kläger hat das Angebot vom 12.7.2010 über die Entfernung einer Baumwurzel (Bl.134 GA) an die Beklagte gerichtet. Er hat indes nichts dazu vorgetragen, dass die Beklagte dieses Angebot auch angenommen hat; seinem Vorbringen (Bl.108 GA) lässt sich nicht entnehmen, ob jemand für die Beklagte eine entsprechende Willenserklärung abgegeben hat. Soweit der Bauleiter A auf der Rechnung den Vermerk angebracht hat „Aufmaß lt. eigener Feststellung 2 Stück“, lässt sich daraus für einen Vertragsschluss nichts herleiten. Auf die Ausführungen zu 3) wird ergänzend Bezug genommen.
175) Der Kläger kann aus der Rechnung Nr. 511485 keine Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen. Die Beklagte hat die Erteilung des Auftrags mit Schriftsatz vom 30.9.2011, dort S.3, Bl.101 GA bestritten. Der Kläger hat für seine Behauptung, der Auftrag sei erteilt worden, trotz des gerichtlichen Hinweises in der Verfügung vom 5.7.2011 keinen Beweis angeboten.
186) Desgleichen kann der Kläger von der Beklagten nicht den Ausgleich der Rechnung Nr. 511486 verlangen. Die Beklagte hat die Auftragserteilung und die Durchführung der Arbeiten bestritten. Der Kläger hat keinen Beweis für seine Behauptungen angeboten.
197) Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 631, 632 BGB auf Zahlung von 3.572,20 € entsprechend der Rechnung Nr..511492. Zwar hat der Kläger das an die Beklagte gerichtete Angebot vom 13.7.2010 zu den Akten gereicht (Bl.159 GA). Daraus ergibt sich indes nicht, dass die Beklagte das Angebot auch angenommen hat, was sie mit Schriftsatz vom 30.9.2011 ausdrücklich in Abrede gestellt hat. Dazu fehlt weiterer Vortrag des Klägers ebenso wie ein Beweisangebot. Es verhilft der Klage insoweit nicht zum Erfolg, dass der Bauleiter A den Vermerk „Nachtrag zum Auftrag vom 06.07.2010“ auf dem Angebot angebracht hat. Im übrigen wird auf die Ausführungen zu 3) Bezug genommen.
208) Die Klage ist auch unbegründet, soweit der Kläger mit der Rechnung Nr.511493 weitere 654,64 € und mit der Rechnung Nr.511495 weitere 1890 € von der Beklagten verlangt. Soweit der Kläger dazu behauptet, der Auftrag sei erteilt worden, hat er dafür keinen Beweis angeboten.
219) a) Die Rechnung Nr.511496 hat der Kläger in seine als Schlussrechnung bezeichnete Aufstellung mit einem Betrag von 519,50 € eingestellt (Anlage K1, BL.4 GA). Die Rechnung lautet tatsächlich über 1.525,80 € (Bl.173 GA), als restlicher Saldo aus dem Rechnungsbetrag von 10.525,80 € abzüglich der erhaltenen à-conto-Zahlung von 9000 €. Insoweit ist von einem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag auszugehen, weil diese Rechnung auf dem unstreitig beauftragten Angebot vom 5.5.2010 (Anlage K4, Bl.47 GA) beruht. b) Die Rechnung 511501 (Bl.179 GA) über 750 € beruht ebenfalls auf dem Angebot vom 5.5.2010 und bezieht sich auf den zweiten danach geschuldeten Revisionsschacht.c) Die Klage ist bezüglich dieser beiden Rechnungen gleichwohl unbegründet. Es ergibt sich in der Summe eine Forderung von 2.275,80 €, die jedenfalls durch die weitere unstreitige à-conto Zahlung von 2.500 €, die der Kläger am 29.9.2010 erhalten hat, abgegolten ist. Auf die Frage der Abnahme der Werkleistung kommt es mithin nicht an.
2210) Die Klage ist ebenfalls unbegründet, soweit der Kläger mit der Rechnung Nr.511502 weitere 140 € berechnet (Bl.184 GA). Er hat nichts dazu vorgetragen, dass er der Beklagten die Durchführung der darin aufgeführten Arbeiten angeboten und dass diese das Angebot angenommen hat.
2311) Letztlich kann der Kläger auch nicht die mit der Rechnung Nr.511505 ausgewiesenen 2159,75 € (Bl.186 GA) von der Beklagten verlangen. Er hat nicht dargelegt, dass die Beklagte das an sie gerichtete Angebot vom 13.7.2010 (Bl.190 GA) angenommen hat. Aus dem handschriftlichen Vermerk des Bauleiters und dessen Paraphe ergibt sich nicht, dass die Beklagte oder der Bauleiter eine Annahme des Angebotes erklärt haben. Der Text lautet „Nachtrag zum Auftrag vom 06.07.2010“ Das besagt nichts über eine Annahme; ergänzend wird auf die Ausführungen zu 3) Bezug genommen.
24Bestehen keine Zahlungsansprüche des Klägers, so ist die Klage auch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unbegründet.
25Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO. Die Kosten der Säumnis fallen der Beklagten zur Last. Ihre Auffassung, ein Versäumnisurteil habe nicht ergehen dürfen, weil der Kläger zur Abnahme nichts vorgetragen habe, findet im Gesetz keine Stütze.
26Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
27Der Streitwert wird auf 10.815,29 € festgesetzt.
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