Urteil vom Landgericht Köln - 29 S 111/11
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 18.04.2011, 23 C 583/10, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 04.10.2010 zu TOP 4 ( Liquiditätsbeschluss ) wird für ungültig erklärt.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers im übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
I.
2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft U-Straße in ####1 Erftstadt-Liblar. Am 04.10.2010 fand eine Eigentümerversammlung statt. Dem Einladungsschreiben der Verwalterin lag neben der Tagesordnung auch das Schreiben des Architektur- und Ingenieurbüros Y vom 11.03.2010 betreffend die brandschutztechnische Ertüchtigung der Bäder im Objekt bei, wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die vorgelegte Kopie, Bl. 95 ff. d.A., verwiesen. Die Eigentümerversammlung fasste zu TOP 4 folgenden Beschluss:
3„Im Sinne ausreichender Liquidität ist der Verwalter legitimiert, die Beitragsleistungen zur bzw. Beträge aus der Instandhaltungsrückstellung zur Zwischenfinanzierung von Liquiditätsengpässen zu verwenden. Diese „Liquiditätshilfe“ darf insgesamt einen Betrag von 3/12 der Plansumme des aktuellen Jahreswirtschaftsplanes nicht übersteigen“. Zu TOP 13 fasste die Eigentümerversammlung folgenden Beschluss:
4„a. Die Eigentümergemeinschaft legitimiert die Verwalterin nach WEG, die mit Schreiben des Bauordnungsamtes der Stadt Erftstadt vom 19.05.2005 dargelegte Auflage zur brandschutztechnischen Ertüchtigung der Bäder grundsätzlich durchzuführen. Die Verwalterin nach WEG wird beauftragt, bezüglich der Fristen mit der Stadt Erftstadt Kontakt aufzunehmen / Gespräche zu führen und vor dem Hintergrund der nicht unerheblichen wirtschaftlichen Situation für die Eigentümer eine Fristverlängerung zu beantragen bzw. zu erreichen. Die erforderlichen Arbeiten sind sodann unter Berücksichtigung der bereits vorgegebenen Frist oder evtl. Fristverlängerungen zu beauftragen und auszuführen.
5c. Die Eigentümergemeinschaft finanziert die Maßnahme „Brandschutztechnische Ertüchtigung der Bäder mittels Sonderumlage in Höhe von EUR 281.000,00. Dies entspricht einer Sonderumlage von EUR 28,10 je 10 000 MEA. Auf die Sonderumlagenberechnung vom 04.10.2010, die dem Protokoll beigefügt ist, wird verwiesen. Die Sonderumlage ist fällig und zahlbar per 18.11.2010. Alle EUR 281.000,00 inkl. MwSt. übersteigenden Kosten sind nach Genehmigung durch den Verwaltungsbeirat dem Rücklagenkonto der Eigentümergemeinschaft zu entnehmen. Sollte ein Eigentümer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht fristgemäß nachkommen, wird die Verwalterin legitimiert, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft ( =Verband ) im Wege der Zahlungsklage vorzugehen und einer im WEG-Recht erfahrenen Anwaltskanzlei übliche Prozessvollmacht zu erteilen“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 15./16./22.10.2010, Bl. 14 ff. d.A., verwiesen.
6Gegen die vorgenannten Beschlussfassungen richtet sich der Kläger mit seiner Anfechtungsklage. Er hat vorgetragen, der Liquiditätsbeschluss sei bereits nicht hinreichend vorbereitet worden, da nicht ersichtlich sei, dass es einen konkreten Bedarf gebe. Der Beschluss sei zudem nicht hinreichend bestimmt, da weder der Begriff Liquiditätsengpass definiert sei noch die Wendung „im Sinne ausreichender Liquidität ....“ verständlich sei. Dem Verwalter werde ermöglicht, nach eigenem Ermessen über zweckgebundene Gelder der Gemeinschaft zu verfügen. Es fehle zudem an einer inhaltlichen Schranke, die den Verbleib eines Mindestbetrages an Rücklage sicherstelle. Es fehle eine Regelung, wann der entnommene Betrag zurückzuführen sei, eine absolute Höchstgrenze der Entnahme fehle als auch ein Hinweis auf die Verwendungsweise. Bezüglich des Beschlusses betreffend die brandschutztechnische Ertüchtigung der Bäder liege bereits ein Einberufungsmangel vor, da der gefasste Beschluss vom Inhalt der Einberufung abweiche. Die Bezugnahme auf Unterlagen, die den Wohnungseigentümern zum Teil nicht vorgelegt worden seien, sei nicht ausreichend, es müsse aus dem Beschluss eindeutig deutlich sein, welche Maßnahme auf Grund welcher Veranlassung bzw. welchen Bedarfs ausgeführt werden soll. Es läge eine Abweichung im Kostenvolumen vor und es sei nicht klar, welche Maßnahmen auf welcher Rechtsgrundlage und welchen Instandhaltungsbedarfs durchgeführt werden sollen, es erschlössen sich auch nicht die auszuführenden Einzelmaßnahmen. Es fehle eine hinreichende Bedarfsermittlung. Der Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage fehle es an einer nachvollziehbaren Berechnung des Sonderumlagebetrags. Die Beklagten haben vorgetragen, dass die Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würden. Es sei erforderlich gewesen, der Wohnungseigentümergemeinschaft unterjährig die Möglichkeit zu geben, Rücklagenbeträge, die sich auf dem laufenden allgemeinen Konto der Gemeinschaft befänden, kurzfristig zur Zahlung fälliger Betriebskosten zu verwenden und keine hoch verzinsten Bankkredite in Anspruch nehmen zu müssen. Einer zeitlichen Limitierung bedürfe es nicht, weil die Zweckbindung spätestens bei vollständiger Nachentrichtung der Nachzahlungsergebnisse der Jahresabrechnung wieder in voller Höhe hergestellt sei. Zu TOP 13 seien die Miteigentümer bereits durch das Schreiben des Architekturbüros Y hinreichend informiert worden. Die Gemeinschaft habe sich schon zuvor über Jahre mit der brandschutztechnischen Sanierung befasst, bereits im Jahr 2008 sei beschlossen worden, die Verwalterin zur Fortsetzung der Konzepterarbeitung mit der Firma X GmbH und zu erforderlichen Einschaltung eines Sachverständigen zu legitimieren. Die Einzelheiten der Maßnahme, einschließlich Kostenkalkulation und Aufteilung in drei Lose seien von der Verwaltung detailliert erläutert worden. Die eingeholten Angebote hätten einen Umfang von 33 Seiten gehabt und hätten bereits eine Stunde vor Beginn der Versammlung und während der Versammlung eingesehen werden können. Ferner seien die Angebote ausführlich besprochen worden.
7Durch Urteil vom 18.04.2011 hat das Amtsgericht Brühl die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Hinsichtlich TOP 4 gelte, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 21 Abs. 3 WEG die erforderliche Beschlusskompetenz zur Abstimmung über die zweckfremde Verwendung der Instandhaltungsrücklage zur Überwindung eines Liquiditätsengpasses habe. Die Beschlussfassung verstoße nicht gegen § 10 Abs. 2 Ziffer 2c der Teilungserklärung, da die Instandhaltungsrücklage nicht in ihrem grundsätzlichen Bestand aufgehoben werde, sondern lediglich ein Teil der auf sie entfallenden Gelder kurzfristig freigestellt würden. Die Beschlussfassung sei hinreichend vorbereitet worden und der Beschluss sei hinreichend bestimmt. Die verwendeten Begriffe seien selbsterklärend, zudem sei zuvor erläutert worden, wodurch die betreffenden Liquiditätsengpässe entstehen können. Der Beschluss enthalte eine betragsmäßige Beschränkung, indem die Höchstgrenze der Entnahme mit 3/12 der jährlichen Wirtschaftsplansumme genannt sei. Durch die Verwendung als Zwischenfinanzierung sei die Belastung der Rücklage auf das laufende Wirtschaftsjahr begrenzt. Einer Festlegung eines bestimmten unterjährigen Rückbuchungszeitpunktes sei weder erforderlich noch sinnvoll, da es die Eigentümergemeinschaft vor dieselbe Problematik fehlender Liquidität stellen könnte. Hinsichtlich TOP 13 bestehe keine relevante inhaltliche Abweichung der Beschlussfassung von dem Inhalt der Ankündigung im Einladungsschreiben. Die Wohnungseigentümer hätten hinreichende Kenntnis von den Maßnahmen, hinreichende Informationen habe in jedem Fall die Stellungnahme des Fachingenieurs Y enthalten, der die Maßnahmen detailliert und unter Darstellung von Vor- und Nachteilen für die Eigentümer verständlich dargestellt habe. Die anfallenden Kosten seien hinreichend und verständlich angegeben worden, die Abweichung ergäbe sich zwanglos aus der Reduzierung der Maßnahme. Die Verwaltung habe ausreichende Angebote zur Durchführung der Maßnahme eingeholt, dabei sei es ausreichend, dass die Angebote vor und während der Versammlung hätten eingesehen werden können, eine Versendung vor der Versammlung sei nicht erforderlich gewesen. Der Sonderumlagebeschluss sei ebenfalls nicht zu beanstanden, dem Protokoll sei die Erläuterung der Zusammensetzung zu entnehmen, die jeweiligen Einzelabrechnungen seien eindeutig und verständlich.
8Gegen das ihm am 19.04.2011 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 19.05.2011 bei Gericht eingegangenen Berufungsschrift unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er trägt vor, der Anknüpfungstatbestand für die Inanspruchnahme der Rücklage sei nicht hinreichend bestimmt, es sei nicht definiert, unter welchen Voraussetzungen der Verwalter berechtigt sein soll, auf die Instandhaltungsrückstellung zurückzugreifen, es bedürfe jedenfalls aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines konkretisierten Veranlassungstatbestandes. Die Angabe „zur Zwischenfinanzierung von Liquiditätsengpässen“ genüge nicht, dieser Anknüpfungstatbestand sei zu unbestimmt. Weder sei der Begriff Liquiditätsengpass definiert noch sei eine konkrete Bedarfssituation vorgegeben. Der Beschluss enthalte auch keine inhaltliche Schranke nach unten. Es fehle die Regelung, wann der entnommene Betrag zurückgeführt werden muss. Der Beschluss verstoße zudem gegen die Regelung der Teilungserklärung, wonach gemäß § 10 Abs. 2 Ziffer 2 c die Instandhaltungsrücklage zur Vornahme späterer größerer Instandsetzungsarbeiten bestimmt ist. Hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 13 liege ein Einberufungsmangel vor, weil der gefasste Beschluss sowohl im Hinblick auf die Maßnahme als auch im Hinblick auf die Kosten der Maßnahme vom Inhalt der Einberufung abweiche. Der Beschluss selbst sei zu unbestimmt, es sei nicht erkennbar, welche Maßnahme genau durchgeführt werden solle. Es sei kein abgestimmtes Brandschutzkonzept inhaltlich bekannt, es sei keine Gesamtkonzeption erstellt und bekannt gemacht worden, es sei unbekannt, welche Einzelmaßnahmen auf Grund der Beschlussfassung tatsächlich durchgeführt werden sollen, es sei keine hinreichende Bedarfsermittlung vorhanden, es sei unklar, wie die Maßnahme zu früheren Verfügungen der Stadt Erftstadt stehe, es sei keine besondere Berechnung der Kosten der Maßnahme und insbesondere der Einzelmaßnahmen vorhanden und es gäbe keine Festlegung der konkreten Vorgehensweise bei der Umsetzung der beschlossenen Instandhaltungsmaßnahme. Zudem sei die öffentlich-rechtliche Erforderlichkeit und Zulässigkeit der Maßnahme vor der Beschlussfassung nicht hinreichend festgestellt und kommuniziert worden.
9Die Beklagten tragen vor, hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 4 sei zu bedenken, dass grundsätzlich keine Bedenken bestehen, wenn die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschließen, zur Zwischenfinanzierung von Bewirtschaftungskosten die Rücklage selbst einsetzen zu dürfen, dies müsse erst Recht für die Zuführungsbeträge zur Instandhaltungsrücklage geltend, da hier ein Eingriff in die „Substanz der Rücklage“ nicht vorgenommen werde. Es entstehe auch kein dauerhafter Fehlbetrag bei der Instandhaltungsrücklage, wenn die Bewirtschaftungskosten gegenüber dem Wirtschaftsplan steigen sollten, komme es zu Abrechnungsspitzen, sobald diese von den Wohnungseigentümern gezahlten wurden, stimme die Kasse wieder. Im nächsten Jahr müsse es dann eine Anpassung des Wirtschaftsplanes geben. Da sich die Liquiditätshilfe ausschließlich buchhalterisch abspiele, bedürfe es möglicherweise gar keiner betragsmäßigen Höhe, jedenfalls sei der Beschluss diesbezüglich hinreichend bestimmt mit der 3/12-Begrenzung. Hinsichtlich der Anfechtung zu TOP 13 weisen die Beklagten darauf hin, dass dem Kläger das Rechtschutzbedürfnis fehle, nachdem in der Eigentümerversammlung vom 24.05.2011 ergänzende Beschlüsse zur brandschutztechnischen Erneuerung der Bäder gefasst worden seien, die bestandskräftig seien. Gegenstand dieser Beschlüsse sei, dass das brandschutztechnische Konzept nach dem „Rockwool-Firesafe“-System durchzuführen ist und dementsprechend im Hinblick auf die Kostenersparnis die Sonderumlage auf EUR 200.000,00 zur reduzieren ist. Der Kläger hingegen stütze seine Anfechtungsklage mit dem Argument, dass es ein Brandschutzkonzept nicht gegeben habe.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die erstinstanzliche Entscheidung sowie den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
11II.
12Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie begegnet auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. Sie hat in der Sache jedoch nur teilweise Erfolg.
13Der Beschluss zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 04.10.2010 ( Liquiditätsbeschluss ) entspricht in seiner konkreten Form nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, so dass es dahinstehen kann, welchen Voraussetzungen ein derartiger Vorratsbeschluss zu unterliegen hat, um ordnungsgemäßer Verwaltung zu entsprechen. Zwar steht die Beschlussfassung mit der Teilungserklärung im Einklang. Denn es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Instandhaltungsrücklage den gesetzlichen Zweck hat, notwendige größere Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums zu sichern ( Niedenführ / Kümmel / Vandenhouten, WEG, 8.Aufl., § 21 Rdnr. 103 ). Hierzu enthält die streitgegenständliche Teilungserklärung weder abweichende noch präzisierende Regelungen. Der Beschluss widerspricht aber deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil nicht gewährleistet ist, dass eine eiserne Reserve der Instandhaltungsrücklage verbleibt. Da die Instandhaltungsrücklage den gesetzlichen Zweck hat, notwendige größere Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums zu sichern, und über die Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage die Eigentümerversammlung mit Mehrheit beschließen kann, entspricht es grundsätzlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Mittel aus der Instandhaltungsrücklage anderweitig, etwa zum Ausgleich von Hausgeldausfällen, verwendet werden. Ausnahmen für die Verwendung in der Instandhaltungsrückstellung gebundener Mittel für andere Zwecke werden von der Rechtsprechung und Literatur dann zugelassen, wenn die Höhe der Instandhaltungsrücklage eine angemessene Höhe übersteigt, denn § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG verlangt nur die Ansammlung einer „angemessenen“ Instandhaltungsrückstellung. Als unerlässlich wird indes eine „eiserne Reserve“ gefordert, deren Höhe je nach den Umständen des Einzelfalles vom Zustand der Anlage, dem Alter und der Reparaturanfälligkeit abhängen kann ( OLG Saarbrücken, NJW-RR 2000, 87 ff.; Timme-Elzer, WEG Kommentar, § 21 Rdnr. 336; Riecke/Schmid-Draber, WEG, 3.Aufl., § 21 Rdnr. 255 ). Da die Instandhaltungsrücklage unmittelbar mit dem Eingang der Zahlung des Wohnungseigentümers entsprechend seiner Verpflichtungen aus dem Wirtschaftsplan in das Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht und nach § 28 Abs. 1 S. 3 WEG dieser Beitrag unmittelbar mit dem Zufluss in das Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr auf Grund der zu Grunde liegenden Leistungsbestimmung sofort der Instandhaltungsrücklage zuzuordnen ist ( BGH NZM 2010, 243 ff.; Drasdo, ZWE 2011, 388 ff. ), kann die Notwendigkeit eines sogenannten „Vorratsbeschlusses“, der die anderweitige Verwendung gerade dieser eingehenden Zahlungen erfasst, nicht grundsätzlich verneint werden. Nach dem vorliegenden Beschluss wird indes ein vollumfänglicher Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage ermöglicht, ohne dass zwingend eine „eiserne Reserve“ verbleibt. Denn die streitgegenständliche Beschlussfassung befasst sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch mit –zwar nur vorläufigen- Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage und nicht im Hinblick auf die bereits genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.12.2009 nur auf den auf dem laufenden Konto der Gemeinschaft aus den Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer eingegangenen Teil der Instandhaltungsrücklage. Dies ist der Beschlussfassung zu entnehmen, indem dort ausgeführt ist „bzw. Beträge aus der Instandhaltungsrückstellung“. Auch wenn die Vorbemerkungen der Beschlussfassung gemäß dem Protokoll der Eigentümerversammlung einen anderen Rückschluss zulassen könnten, ist dies unbeachtlich, denn Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten ankommt ( BGH NJW 1998, 3713 f. ). Der Beschluss betrifft damit auch die anderweitige Verwendung in der bereits vorhandenen Instandhaltungsrücklage gebundener Mittel. In jedem Fall ist der Inhalt des Beschlusses mit einer Beschlussfassung über die Verwendung in der Instandhaltungsrückstellung gebundener Mittel für andere Zwecke gleichzusetzen, denn da nicht sichergestellt ist, dass über die Jahresabrechnung Zahlungen auf die Abrechnungsspitze in vollem Umfang erfolgen werden, handelt es sich nicht nur um eine vorübergehende Beschaffung von Finanzmitteln und damit um eine nur vorübergehende Verwendung von gebundenen Mitteln. An den Inhalt der Beschlussfassung sind mithin strenge Anforderungen zu stellen. Zwar sieht die Beschlussfassung auf das Jahr bezogen eine Obergrenze von 3/12 der Plansumme des aktuellen Wirtschaftsplanes vor, was impliziert, dass eine mehrfache Inanspruchnahme möglich ist, jedoch insgesamt gedeckelt durch den Betrag von 3/12. Hingegen ist nicht erkennbar, dass trotz der Begrenzung auf 3/12 der Plansumme des aktuellen Jahreswirtschaftsplanes eine eiserne Reserve der Instandhaltungsrücklage verbleibt, weil nicht nur auf die eingehenden Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage Rückgriff genommen werden kann, sondern auch auf die bereits vorhandene Instandhaltungsrücklage. Da jedoch nicht ein Mindestbetrag genannt worden ist, der als eiserne Reserve in jedem Fall zu verbleiben hat, der Wirtschaftsplan auf der anderen Seite keinen geringfügigen Umfang hat und es nicht feststeht, dass trotz auch in diesem Verfahren bekannt gewordener, nicht unerheblicher Sanierungsmaßnahmen eine eiserne Reserve von einem gewissen Umfang als Instandhaltungsrücklage verbleiben wird, steht damit nicht fest, dass eine Instandhaltungsrücklage in angemessener Höhe verbleibt. Im Hinblick auf die in dem Beschluss gleichfalls erteilte Ermächtigung zum Rückgriff auf die gesamte Instandhaltungsrücklage hätte es nach Auffassung der Kammer der Benennung eines Mindestbetrages der vorhandenen Rückstellung als eiserne Reserve bedurft. Da ebenso wenig sicher gestellt ist, dass bei Inanspruchnahme von bis zu 3/12 der Plansumme des Wirtschaftsplanes überhaupt ein Restbetrag der Instandhaltungsrücklage verbleibt, kann es dahingestellt bleiben, in welcher Höhe die eiserne Reserve zu bemessen ist. Aus diesem Grund entspricht der Beschluss zu TOP 4 bereits nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
14Für die Anfechtung der Beschlussfassung zu TOP 13 der Eigentümerversammlung vom 04.10.2010 ( Brandschutztechnische Ertüchtigung der Bäder nebst Finanzierung ) fehlt dem Kläger hingegen bereits das Rechtschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis eines Anfechtenden ist zwar grundsätzlich gegeben und während des Anfechtungsverfahrens im Regelfall nicht zu prüfen ist ( vgl. Timme-Elzer, a.a.O. § 46 Rdnr. 44 ). Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung entfällt noch nicht, wenn die Wohnungseigentümer einen Zweitbeschluss gefasst haben, das Rechtsschutzbedürfnis entfällt aber mit Bestandskraft eines den angefochtenen Beschluss ersetzenden oder bestätigenden Zweitbeschlusses ( BGHZ 152, 46 ff. ). Der Beschluss vom 24.05.2011 zu TOP 7 ersetzt den angefochtenen Beschluss, weil die brandschutztechnische Ertüchtigung der Bäder nunmehr auf Basis des Rockwool-Firesafe-Systems ausgeführt werden soll mit einer Sonderumlage von EUR 200.000,00. Dadurch sind die angefochtenen Beschlüsse grundsätzlich gegenstandslos geworden, sie sollen nicht mehr ausgeführt werden, sondern allein die Beschlüsse zu TOP 7 aus der Versammlung vom 24.05.2011, die nach dem Vorbringen der Parteien bestandskräftig geworden sind. Damit fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage zu TOP 13.
15Darüber hinaus gilt, dass von einem Einberufungsmangel nicht ausgegangen werden kann. Denn es ist weder erforderlich bereits den genauen Inhalt eines beabsichtigten Beschlusses noch einen konkreten Beschlussantrag bei der Einberufung mitzuteilen. Eine Vorformulierung des geplanten Beschlusses ist sinnvoll, aber von Gesetzes wegen nicht erforderlich, vielmehr ist nur erforderlich, dass der wesentliche Inhalt der Einberufung aus dem Einladungsschreiben ergeben muss ( Jennißen-Elzer, WEG, 2.Aufl., § 23 Rdnr. 54, 58; § 24 Rdnr. 85 ). Diesen Anforderungen entspricht die Einladung in jedem Fall. Eine 100%ige Übereinstimmung zwischen Einladungstext und Beschluss ist nicht erforderlich. Auch aus weiteren Gesichtspunkten ist ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung nicht erkennbar. Der Beschluss ist hinreichend bestimmt, denn ein Beschluss ist bestimmt genug, wenn er für eine objektive und normative Auslegung Vorgaben enthält, die zwingend einzuhalten sind ( OLG München, MietRB 2007,206; ZMR 2007, 69 ). In diesem Zusammenhang beachtet der Kläger nicht, dass sich die Eigentümerversammlung bereits in den zurückliegenden Jahren mit der brandschutztechnischen Sanierung der Bäder befasst hat und durch Beschlussfassungen sachverständigenseits eine entsprechende Vorbereitung getroffen worden ist. Die Wohnungseigentümer sind zudem durch die Stellungnahme des Fachingenieurs Y hinreichend und umfassend bereits vor der Eigentümerversammlung informiert worden. Die jeweiligen Angebote lagen vor bzw. während der Eigentümerversammlung zur Einsicht aus, angesichts des Umfangs der Unterlagen bedurfte es einer Übersendung vor der Eigentümerversammlung nicht. Aus einer Gesamtschau der vorgelegten Unterlagen sowie dem Beschlussantrag geht zudem konkret hervor, welche Maßnahmen mit welchem Umfang ausgeführt werden sollen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Maßnahme nicht hinreichend vorbereitet war oder nicht hinreichend konkret bezeichnet ist. Insgesamt entsprach der Beschluss zu TOP 13 daher ordnungsgemäßer Verwaltung.
16Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
17Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die dafür nach § 543 Abs. 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtssache hat im Hinblick auf die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Allein der Umstand, dass der Bundesgerichtshof zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch nicht Stellung genommen hat, rechtfertigt die Zulassung der Revision für sich genommen nicht ( BGH, ZWE 2011, 396 f. ).
18Berufungsstreitwert: EUR 15.074,77
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.