Urteil vom Landgericht Köln - 29 S 130/11
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.05.2011
- 202 C 451/10.- wie folgt abgeändert:
1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 zu TOP 2 „ Verwalterbestellung“ wird für ungültig erklärt.
2. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 zu TOP 3 „ Verwaltervertrag“ einschl. Unterzeichnungsermächtigung wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden den Beklagten auferlegt.Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Den Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße in Köln. Die Anlage besteht aus drei Einheiten und die Eigentümer sind zerstritten.
4In der Eigentümerversammlung vom 02.08.2010 wurde durch Eigentümerbeschluss die Firma W GmbH (im folgenden Fa. W) genannt) zur Verwalterin bestellt. Eine Laufzeit enthielt der Bestellungsbeschluss nicht. Am 28.09.2010 wurde eine erneute Eigentümerversammlung einberufen.
5Im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 heißt es unter TOP 02 Verwalterbestellung:
6Durch Beschluss vom 02.08.2010 wurde die Firma W GmbH als Verwalterin bestellt. Dieser Beschluss wurde angefochten. In dem Bestellungsbeschluss wurde keine Laufzeit der Verwalterbestellung festgelegt. Vor diesem Hintergrund soll eine Modifizierung des Beschlusses über die Verwalterbestellung durchgeführt werden. Nach ausreichender Aussprache wurde über folgenden Antrag wie folgt abgestimmt:
7“Die Firma W GmbH wird für den Zeitraum 02.08.2010 bis 31. 12. 2012 auf der Grundlage des vorliegenden Angebotes vom 18.01.2010 als Verwalterin bestellt. Die Verwaltergrundgebühren betragen für diesen Zeitraum monatlich € 59,00 zuzüglich Mehrwertsteuer je Wohneinheit.“
8Ja 768 Nein: 000 Enth.: 000 Antrag angenommen.
9Weiterhin heißt es im Protokoll unter TOP 03 Verwaltervertrag:
10Mit der Einladung zur Eigentümerversammlung wurde allen Miteigentümer der Entwurf eines Verwaltervertrages zugeschickt. Gleichzeitig wurde in der Versammlung von der Verwalterin angelegt, einen Miteigentümer zu ermächtigen, den Verwaltervertrag zu unterzeichnen.
11Nach ausführlicher Diskussion über die Inhalte des Verwaltervertrages wurde folgender Beschluss gefasst:
12„Der als Entwurf vorliegende und in der Versammlung besprochene Verwaltervertrag soll zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalterin abgeschlossen werden.“
13Ja 768 Nein : 000 Enth.: 000 Antrag angenommen.
14Der Miteigentümer Herr C wird ermächtigt, den beschlossenen Verwaltervertrag für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterzeichnen.
15Ja 768 Nein : 000 Enth.: 000 Antrag angenommen.
16Vor dem Amtsgericht haben die Kläger Anfechtungsklage gegen die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 erhoben. Auch der Beschluss vom 02.08.2010 ist Gegenstand eines anderen Anfechtungsverfahrens vor dem Amtsgericht Köln.
17Die Kläger haben zu TOP 2 die Ansicht vertreten, dass eine erneute Verwalterbestellung in Form der gewählten Modifizierung des Beschlusses vom 02.08.2010 rechtswidrig sei. Der modifizierende Beschluss werde von der Rechtswidrigkeit der ohne zeitliche Festlegung erfolgten Verwalterwahl vom 02.08.2010 erfasst. Auch entspreche ein Bestellungsbeschluss, der von vornherein jegliche Alternativen ausblende, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Dies gelte insbesondere dann, wenn die gewählte Verwaltung mehr als doppelt so teuer wie durchschnittlich sei und keinerlei Grund dafür erkennbar sei. Die Kläger haben behauptet, auch in der Versammlung vom 28.09.2010 seien die von ihnen eingereichten alternativen Angebote nicht ernsthaft in Betracht gezogen worden. Keiner der anderen Anbieter sei von den Beklagten angesprochen worden. Für die von den Klägern eingeholten Angebote anderer Hausverwaltungen, die von diesen mit Schreiben vom 22.07.10 an die Hausverwaltung übersandt worden ist, wird auf die Anlagen zur Anfechtungsbegründung erwiesen.
18Zu TOP 3 haben die Kläger die Auffassung vertreten, dass die Umsetzung des rechtswidrigen Bestellungsbeschlusses bereits nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Zudem sei der Verwaltervertrag vom 28.09.2010 inhaltlich fehlerhaft. In diesem Zusammenhang rügen die Kläger zahlreiche Klauseln des Verwaltervertrages. Für die Einzelheiten hierzu wird auf die Anfechtungsbegründung vom 26.11.2010, dort Seite 7 bis 9 verwiesen.:
19Da die Verwalterbestellung auf der Grundlage des Angebots erfolgt sei damit zugleich mit der Bestellung über den Verwaltervertrag positiv gefunden worden und für den Beschluss gemäß TOP 3 kein Raum mehr gewesen. Einem einzelnen Eigentümer der noch nicht einmal Beirat sei, könne nicht die Ermächtigung zum Vertragsschluss erteilt werden.
20Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt
21Sie haben behauptet, die Klägerin selbst hätte in der Versammlung vom 02.08.2010 auf eine schnelle Abstimmung gedrängt und damit eine Aussprache über die anderen Angebote verhindert. Die Kläger hätten auch unstreitig an der Versammlung vom 28.09.2010 nicht teilgenommen und damit die Möglichkeit nicht wahrgenommen ihre Angebote und ihre Kritik zum Verwaltervertrag zu vertreten.
22Die Beklagten haben behauptet, sie hätten sich mit den anderen Angeboten auseinandergesetzt und wollten dem Angebot der Fa. W den Vorzug geben. Die Beklagten haben behauptet, die Angebote der Klägerin beträfen Mietverwaltungen oder seien freibleibend. Für die Einzelheiten wird auf Blatt 63, S. 4 der Klageerwiderung verwiesen.
23Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, mit der Bestellung sei nur über die organschaftliche Stellung und nicht über den Vertrag beschlossen worden. Die Ermächtigung eines Miteigentümers zum Abschluss des Vertrages sei ordnungsgemäß Auch die Vertragsklauseln seien in Ordnung.
24Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
25Zur Begründung hat es ausgeführt TOP 2 entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, weil kein wichtiger Grund vorliege, der gegen die Zusammenarbeit mit dem gewählten Verwalter spreche. Allein dass der Verwalter höhere Kosten verursache, als möglicherweise ein anderer Verwalter, lasse Zweifel an der Eignung nicht erkennen. Auch stehe der Eigentümergemeinschaft bei der Auswahl ein Ermessensspielraum zu. Es stelle einen sachlichen Grund dar, wenn Alternativangebote, deren Angeboten lediglich freibleibend seien, nicht berücksichtigt würden. Auch stellten Angebote für eine Mietverwaltung keine Alternative für die hier gesuchte WEG – Verwaltung dar.
26Top 3 entspreche ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Eckdaten des Verwaltervertrages lagen bereits vor. Unerheblich sei, ob der vorgelegte Verwaltervertrag rechtlich fehlerhaft sei. Auch hier gelte ein Ermessensspielraum. Der Prüfungskompetenz des Gericht unterlägen nur solche Klauseln oder Vereinbarungen, welch den allgemeinen Schranken des Privatrechts (etwa §§ 134, 138 BGB) unterlägen. Solche seien hier nicht erkennbar. Da die Kläger die Vertragsklauseln vor der Versammlung nicht problematisiert hätten, habe für die Wohnungseigentümer in der Versammlung kein Anlass bestanden deren rechtliche Zulässigkeit näher zu hinterfragen. Folglich könne auch kein Ermessensfehlgebrauch vorliegen, hinzukomme, dass es in der Entscheidungskompetenz der Eigentümerversammlung stehe, ob sie aus auch einen für sie ungünstigen Vertrag abschließen würden.
27Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung.
28Zu TOP 2 meinen sie, dass die Vergütungshöhe für Ordnungsgemäßheit der Bestellung durchaus relevant sei. So sei eine Bestellung nicht mehr ordnungsgemäß, wenn die Vergütung etwa 40 % über den Konkurrenzangeboten liege, es sei denn, hierfür gebe es sachliche Gründe.
29Die Alternativangeboten hätten geprüft werden müsse. Es seien auch nicht alle Angebote freibleibend gewesen. Insbesondere die Angeboten D und E seien nicht freibleibend gewesen. Es wäre Aufgabe der Verwaltung gewesen, die nachgewiesenen Interessenten anzusprechen und etwaige Fragen bis zur Vorlage eines verbindlichen Angebotes zu klären. Die Kläger behaupten, sie hätten die Angebote eingeholt, weil die Beklagten und der frühere Verwalter stets behauptet hätten, es gebe niemand anderen, der ein so kleines Objekt zu verwalten bereit sei. Der vorsätzliche Verzicht auf Alternativangebote verletzte die Minderheitenrechte der Kläger.
30Zu TOP 3 vertreten die Kläger die Auffassung auch hier unterliege die Höhe der Vergütung der Überprüfung des Gerichts. Die Zerstrittenheit der Parteien könne die Vergütungshöhe nicht rechtfertigen. Mit der Grundvergütung werde lediglich ein Teil der Pflichtleistungen abgegolten. Die Zerstrittenheit sei bei dieser Vertragsgestaltung ein erfreulicher Ertragsbringer.
31Auch gehe das Amtsgericht fehlerhaft davon aus, dass die Anfechtung eine Teilnahme an der Eigentümerversammlung voraussetze, und erst entstehe, wenn die Mehrheit die Bedenken des Anfechtenden hinsichtlich des Vertrages teile. Dies könne bereits deshalb nicht stimmen, weil der Anfechtende immer in der Minderheit sei, da sonst der Beschluss nicht zustande gekommen sei.
32Das Amtsgericht habe sich auch mit keinem Wort mit den einzelnen Klauseln befasst, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprächen.
33Die Kläger beantragen,
34das angefochtene Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:
351. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 zu TOP 2- „ Verwalterbestellung“ wird für ungültig erklärt,
362. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 zu TOP 3- „ Verwaltervertrag“ einschl. Unterzeichnungsermächtigung wird für ungültig erklärt,
37Die Beklagten beantragen,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Die Beklagten sind der Auffassung, dass bereits der Ansatz der Berufung verfehlt sei, die Klageabweisung sei erfolgt, weil weder die Bestellung des Verwalters als organisationsrechtlicher Akt noch der Abschluss des Verwaltervertrages als rechtsgeschäftlicher Akt zu beanstanden sei.
40Es gebe keinen wichtigen Grund der gegen die Bestellung der Fa. W als Verwalterin spreche. Zwar könne auch die Höhe der Vergütung ein wichtiger Grund sein, Es bestehe aber kein Anspruch darauf, einen aus Sicht der Mehrheit bewährten Verwalter allein unter Kostengesichtspunkten abzuwählen.
41Liege die Vergütung des Verwalters wesentlich über den Konkurrenzangeboten, entspreche die Bestellung auch dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn ein sachlicher Grund gegeben sei. Hier sei zu berücksichtigen, dass die nur aus drei Einheiten bestehende Gemeinschaft vollkommen zerstritten sei. So gebe es seit 2006 keine Hausgeldabrechnung mehr. Die Beklagten behaupten, Hintergrund sei, dass die Kläger mit ihrer Stellung als Eigentümer der Nachbarliegenschaft und Mitglied der WEG nicht zu Recht kämen.
42Außergerichtlich habe die Fa. W eine Senkung der monatlichen Gebühren um 20 € pro Einheit angeboten. Dies sei an den Klägern gescheitert.
43Die Angebote der Kläger hätten bei der Wahl vorgelegten und seien zur Kenntnis genommen worden. Dessen ungeachtet habe sich die Eigentümergemeinschaft bewusst für das Angebot der Fa. W entschieden.
44Aus Sicht der Beklagten seien die Vertragsklauseln rechtmäßig. Niemand habe Einwendungen erhoben. Der Vertrag verstoße weder gegen die Gemeinschaftsordnung noch gegen zwingendes Recht noch sei er sittenwidrig.
45In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.10.2011 haben die Beklagten auf weitere Besonderheiten hingewiesen, die die höhere Vergütung rechtfertigten: So handele es sich um einen hauptberuflichen Verwalter, Auch seien in der Grundvergütung Sonderleistungen enthalten seien, die normalerweise gesondert vergütet würden: a) Unter Ziff. II 2 e seien Leistungen des Verwalters für die Betreuung von Rechtsstreitigkeiten und von Zwangsverwaltung- und Zwangsversteigerungsverfahren in der Grundvergütung enthalten. Die Beklagten behaupten, der Verwalter habe die Gemeinschaft bislang in folgenden Rechtstreitigkeiten betreut: 202 C 451/10, 29 S 130/11, 202 C 380/10, 202 C 157/11, 204 C 131/10, 202 C 298/11. Die Verwaltung habe an den mündlichen Verhandlungen teilgenommen und ihre Position schriftlich dargelegt, b) die Verwaltung fertige die Vorabrechnung eines weiteren im Eigentum der Kläger stehenden Objektes, das mit dem Gebäude der Eigentümergemeinschaft verbunden und von dort mit Energie versorgt werde, c) Die Verwaltung fertige in eigener Regie die Heizkostenabrechnung nach Erfassung der verbrauchten Energie und der Ablesung der einzelnen in den Wohnungen befindlichen Wärmezählern.
46Die Beklagte behauptet weiter, auch habe sich der Verwalter verpflichtet, sein Honorar um 20 % zu reduzieren, sobald eine Harmonisierung der Gemeinschaft eintrete und keine Rechtsstreitigkeiten zu betreuen seien.
47Gründe:
48Die Berufung ist zulässig.
49Die Berufung hat auch Erfolg, weil die Anfechtung der Kläger betr. der Beschlüsse zu TOP 2 und 3 der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 begründet ist.
50Im Einzelnen gilt:
51TOP 2
52Dieser Beschluss entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Eigentümer das ihnen zustehende Ermessen bei der Verwalterbestellung nicht ordnungsgemäß ausgeübt haben. Die Rechtmäßigkeit der Verwalterwahl beurteilt sich nach § § 26, 21 Abs. 4 WEG.
53Auch wenn es im Rahmen dieses Beschlusses um die organschaftliche Bestellung des Verwalters geht, haben die Eigentümer mit der Bestellung zumindest eine Art Minimalvertrag geregelt, der die Laufzeit und insbesondere die Vergütung der Verwaltung betrifft. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die hier im Beschluss genannte besondere Vergütungshöhe von monatlich € 59,00 zuzüglich Mehrwertsteuer je Wohneinheit zunächst gegen die Bestellung spricht und die Eigentümer hätte veranlassen müssen, vor der Wahl Alternativangebote zu berücksichtigen und weitere Kandidatenangebote näher zu prüfen.
54Anders als bei einer Wiederwahl sind bei einer Neuwahl Alternativangebote einzuholen (OLG Hamm ZMR 2009, 59). Die vorliegende Situation kam einer Neuwahl gleich, da es sich um die zeitnahe Wiederholung der durch Beschluss vom 02.08.2010 erfolgten Erstwahl handelte, die wegen mangelnder Festlegung der Laufzeit angefochten war.
55Zwar lagen Alternativangebote vor, dass diese aber überhaupt richtig geprüft wurden, ist nicht erkennbar. Denn die Beklagten berufen sich bei ihrer Ablehnung allein darauf, dass einige Angebote freibleibend waren bzw. Mietverwaltungen betrafen. Dies trifft allerdings nicht für die vorgelegten Angebote E vom 21.7.2010 (25 € je Wohneinheit plus 2,50 € je Garage, zuzüglich MWST) und D vom 20.7.2010 (insgesamt für alle drei Wohneinheiten 90,50 € inkl. MwSt) zu.
56Hinsichtlich der Vergütungshöhe für den Verwalter wird den Eigentümern zwar ein Ermessen eingeräumt. Grundsätzlich stellt es keinen Anfechtungsrund dar, wenn die Wohnungseigentümer nicht den billigsten Kandidaten wählen (Jennißen- Jennißen 2. Aufl. 2010,§ 26 Rn. 71). Dies berechtigt die Eigentümer aber nicht im Wege des Mehrheitsbeschlusses eine beliebig hohe Verwaltervergütung zu akzeptieren und diese auch der Minderheit aufzuerlegen. Die Höhe der Vergütung kann durchaus als wichtiger Grund gegen die Bestellung zum Verwalter sprechen. Liegt die Vergütung des Verwalters um rund 40 % über den Konkurrenzangeboten, entspricht die Bestellung nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn dafür ein sachlicher Grund gegeben ist ( vgl. OLG München 32 WX 109/07 NZM 2007, 804 zitiert nach Juris Rn. 12).
57Im vorliegenden Fall liegt nicht nur das Angebot der Fa. W um mehr als 40 % über den Vergleichsangeboten, sondern auch die üblichen Preise liegen erheblich niedriger. Üblich sind zwischen 15-25 € (netto) monatlich pro Wohneinheit, bei sehr kleinen Gemeinschaften auch mehr (dazu Köhler Bassenge- Greiner Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht 2. Aufl. 2009 Teil 11 Rn. 255) Nach einer veröffentlichten Entscheidung des BayOblG (ZMR 2000, 846) waren 100 DM in einer WEG mit 2 Einheiten nicht ordnungsgemäß.
58Ein ausreichender sachlicher Grund zur Akzeptanz der hohen Vergütung war im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Kläger zu Recht darauf hinweist, dass nach dem von der Fa. W vorgelegten Vertragsentwurf die Vergütung keine abschließende Pauschale ist, sondern neben der Grundvergütung auch noch zahlreiche Sondervergütungen anfallen können, die die Gesamtvergütung weiter in die Höhe treiben.
59Der Schriftsatz der Beklagten vom 26.10.2011 bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da sich auch hieraus kein hinreichender sachlicher Grund für die Akzeptanz des hohen Verwalterhonorars ableiten lässt.
60Soweit die Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz nunmehr besondere Leistungen anführen, die der Verwalter im Rahmen der Pauschalvergütung ausführe, insbesondere die Betreuung von Rechtsstreitigkeiten und die Fertigung der Heizkostenabrechnung, so ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltervertrag nach Auffassung der Kammer nicht eindeutig, dass diese Leistungen bereits im Pauschalhonorar enthalten sind. Die Beklagten haben auch nicht vorgetragen, dass die Erbringung dieser Leistungen im Rahmen der Pauschale bereits bei der Beschlussfassung über das Pauschalhonorar thematisiert worden war. Auch wenn die Verwaltung tatsächlich diese Leistungen bisher ohne Sondervergütung durchgeführt hat, kann dies eine fehlerhaften Beschlussfassung über ein zu hohes Verwalterhonorar nicht heilen, da insoweit auf die Kenntnislage bei der Ermessensausübung im Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen ist. Gleiches gilt für eine Berücksichtigung des Angebotes des Verwalters im Falle einer Harmonisierung des Verhältnisses in der Gemeinschaft den Preis um 20 € zu senken. Dass die Eigentümer derartiges bereits mit dem Verwalter bei der Beschlussfassung zur Wahl besprochen hätten, ist nicht vorgetragen und kann damit bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt werden. Allerdings lässt gerade dieses Angebot des Verwalters auch erkennen, dass hier im Rahmen der Vergütungsverhandlungen durchaus noch erheblicher Spielraum war.
61Ein ausreichender sachlicher Grund für die hohe Vergütung ergibt sich auch nicht ohne weiteres daraus, dass es sich es sich bei der vorliegenden Gemeinschaft um zerstrittene Eigentümer handelt. Denn auch dies lässt im konkreten Fall nicht ohne die nähere Prüfung der Alternativangebote die Annahme zu, dass sich ein anderer Verwalter nicht zu einem erheblich günstigeren Preis hätte finden lassen. Dass die anderen günstigeren Verwalter, insbesondere auch die von den Klägern vorgeschlagenen E und D bei näherer Information über die Gemeinschaft ihre Angebote tatsächlich zurückgezogen hätten bzw. wesentlich erhöht hätten, wird von den Beklagten nicht vorgetragen und wäre auch bloße Spekulation. Die Beklagten haben es von vorneherein nicht unternommen, sich mit diesen Konkurrenzanbietern näher zu befassen und stattdessen ohne Prüfung von Alternativen sofort das hochpreisige Angebot akzeptiert.
62Es handelt sich auch nicht um eine Wiederwahl einer bereits bewährten Verwaltung. Die Beklagten haben nichts vorgetragen, was die Fa. W in der kurzen Zeitspanne vom 2.8.2010 bis. 28.9.2010 zur Begründung eines besonderen Vertrauensverhältnisses erbracht hätte. Auch Schadenersatzansprüche bei der Wahl eines anderen billigeren Verwalters waren noch nicht zu befürchten, da die erste Wahl gerade keine verbindliche Laufzeit enthielt. Wenn die Beklagten sich nunmehr darauf berufen wollen, dass die Verwalterin sich in der Zwischenzeit bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts bewährt habe, so kann dies allenfalls im Rahmen einer neuen Entscheidung für diese Verwaltung als besonderer Grund für ein so hohes Honorar angesehen werden.
63Die Beklagten können den Klägern schließlich auch nicht im Rahmen der Anfechtungsklage entgegenhalten, dass die Kläger am 02.08.2010 auf eine schnelle Abstimmung gedrängt hätten bzw. am 28.09.2010 nicht anwesend waren, um ihre Angebote näher vorzustellen. Denn das Recht des einzelnen Eigentümers auf eine ordnungsgemäße Verwaltung des Wohnungseigentums und darauf dieses Recht im Wege der Anfechtungsklage zur Geltung zu bringen, ist grundsätzlich nicht davon abhängig, wie der einzelne Eigentümer sich in der Versammlung verhält oder ob er überhaupt an der Eigentümerversammlung teilnimmt, da es keine Pflicht gibt für einen Eigentümer an Eigentümerversammlungen teilzunehmen. Es mag Fälle geben, wo das Verhalten eines Eigentümers sein Anfechtungsrecht ausschließt, dass eine solche Ausnahme hier vorliegt, ist aber nicht erkennbar.
64TOP 3
65Dieser Tagesordnungspunkt enthält zwei Abstimmungen und befasst sich mit dem Abschluss des Verwaltervertrages und der Ermächtigung zur Unterzeichnung. TOP 3 ist mit TOP 2 inhaltlich verknüpft. TOP 3 entspricht vorliegend bereits nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil der Bestellungsbeschluss für den Verwalter zu TOP 2 für ungültig zu erklären ist. Der Beschluss zum Abschluss eines Vertrages für einen Verwalter, der nicht ordnungsgemäß bestellt ist, widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und ist deshalb ebenfalls für ungültig zu erklären. Auf die Frage einer Rechtmäßigkeit der einzelnen Vertragsklauseln kam es damit im vorliegenden Rechtsstreit nicht an.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
67Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
68Die Voraussetzungen der Revisionszulassung liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gefordert.
69Streitwert des Berufungsverfahrens : 3.054,14 Euro entsprechend der unangefochten Festsetzung des Amtsgerichts.
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Referenzen
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