Urteil vom Landgericht Köln - 28 O 523/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das Generika herstellt. Zur ihrer Produktpalette gehören u.a. Arzneimittel mit der Bezeichnung „M1“, „M2“, „M3“ und „M4“, die den Wirkstoff Flupirtin enthalten und zugelassen sind zur „Anwendung bei akuten und chronischen Schmerzen, wie schmerzhaften Verspannungen der Halte- und Bewegungsmuskulatur, Spannungskopfschmerzen, Tumorschmerzen, Dysmenorrhoe und Schmerzen nach traumatologischen/orthopädischen Operationen und Verletzungen“.
3Die drei Beklagten sind Träger und Herausgeber des Programms für Nationale Versorgungsleitlinien. Die „Nationalen Versorgungsleitlinien“ richten sich an behandelnde Ärzte, medizinisches Fachpersonal, erkrankte Personen sowie Entscheidungsträger im Gesundheitswesen und verstehen sich als Entscheidungshilfe für die medizinische Versorgung. Nationale Versorgungsleitlinien existieren zu verschiedenen Themenbereichen, darunter auch zu dem Thema Kreuzschmerz (NVL-KS). Die NVL-KS existiert als Langversion (Anlage K 6), als Kurzfassung (Anlage K 7), als Zusammenfassung (Anlage K 8) und als sogenannte Kittelversion (Anlage K9). Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 6 bis K 9 zur Klageschrift Bezug genommen. Sie wird zudem im Internet veröffentlicht unter www.versorgungsleitlinien.de.
4Im Rahmen ihrer selbst definierten Aufgabenstellung enthalten die Nationalen Versorgungsleitlinien Therapieempfehlungen, die nach bestimmten Empfehlungsgraden geordnet werden: Der Empfehlungsgrad A enthält eine „starke Empfehlung“, die durch die Formulierung „soll/soll nicht“ gekennzeichnet ist; der Empfehlungsgrad B enthält ein „Empfehlung“ durch die Formulierung „sollte/sollte nicht“; der Empfehlungsgrad 0 ist demgegenüber offen und durch die Formulierung „kann“ gekennzeichnet.
5Gegenstand solcher Empfehlungen ist im Rahmen der NVL-KS auch eine medikamentöse Therapie von nichtspezifischem Kreuzschmerz mit dem Wirkstoff „Flupirtin“. Dazu heißt es unter Ziffer 6 der Langversion der NVL-KS (Anlage K6, dort Seite 33)
6„Flupirtin soll zur Behandlung von akutem und chronischem nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht angewendet werden.“
7Auf Seite 96 der Anlage K 6 wird weiter ausgeführt:
8„Obwohl Flupirtin auch muskelrelaxierende Wirkung hat (249), wird es aufgrund der molekularen und translationalen Forschungsergebnisse primär den Analgetika zugeordnet.
9Flupirtin
10Aus den zusätzlichen myotonolytischen Eigenschaften von Flupirtin wurde eine besondere Eignung zur Behandlung von nichtspezifischem Kreuzschmerz abgeleitet. Es ist zur Anwendung bei akuten und chronischen Schmerzen, wie schmerzhaften Verspannungen der Halte- und Bewegungsmuskulatur zugelassen (223). Die Datenlage ist hierfür allerdings unzureichend (13). Lediglich eine qualitativ schlechte Studie (RCT) zeigte im Ergebnis keinen Unterschied zwischen Flupirtin und Placebo im Bezug auf die Verbesserung der Schmerzintensität und der Verspannung (250). In einer aktuelleren Studie zeigte sich bei 209 Personen mit subakutem Kreuzschmerz kein Wirksamkeitsvorteil von 100mg Flupirtin im Vergleich zu 50mg Tramadol im Verlauf von 7 Tagen (251).
11Empfehlungen/Statements
12Flupirtin soll zur Behandlung von akutem und chronischem nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht angewendet werden.
13Kommentar: Bei einem nicht erbrachten Wirksamkeitsvorteil im Vergleich zu anderen Analgetika sind die Häufung der Meldungen von Leberschäden unter Flupirtin und die mögliche Lebertoxidität der Substanz bis hin zum akuten Leberversagen (252) sowie Verdachtsberichte zur Flupirtinabhängigkeit (253) zu beachten. Durch sehr häufig (≥ 10%) auftretende Müdigkeit besteht eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit. Zu den häufig beobachteten Nebenwirkungen (1-10%) gehören Schwindel, Sodbrennen, Übelkeit/Erbrechen, Magenbeschwerden, Verstopfung, Schlafstörungen, Schweißausbrüche, Appetitlosigkeit, Depressionen, Tremor, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Unruhe/Nervosität, Blähungen und Durchfall. (223)“
14Die Zusammenfassung der Empfehlungen enthält weiterhin die Aussage (Anlage K 8, dort Seite 3):
15„Flupirtin – keine Anwendung bei akutem und chronischem KS (A)“
16Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Sie behauptet, sie sei die Zulassungsinhaberin aller Arzneimittel mit dem Wirkstoff Flupirtin in Deutschland und einziger Hersteller von flupirtinhaltigen Arzneimitteln zur Anwendung bei Rückenschmerzen. Bei den von ihr vertriebenen Produkten mit dem Wirkstoff Flupirtin handele es sich um die umsatzstärksten Produkte ihres Unternehmens mit einer erheblichen Bedeutung für die wirtschaftliche Existenz desselben. Die Klägerin ist der Auffassung die einzelnen Aussagen seien nach allgemeinem Äußerungsrecht unzulässig und griffen in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein. Hilfsweise stützt sie die Ansprüche auf Wettbewerbsrecht. Sie führt aus, die Empfehlungen
17„Flupirtin soll zur Behandlung von akutem und chronischem nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht angewendet werden.“
18und
19„Flupirtin – keine Anwendung bei akutem und chronischem KS (A)“
20beruhten auf falscher Tatsachengrundlage und seien nicht neutral und objektiv, was sich in einer Ungleichbehandlung zu anderen Wirkstoffen ausdrücke, die trotz vergleichbaren Risikopotentials bessere Einstufungen erführen.
21Die zur Begründung der Empfehlung angeführten Behauptungen,
22Die Datenlage ist hierfür allerdings unzureichend (13). Lediglich eine qualitativ schlechte Studie (RCT) zeigte im Ergebnis keinen Unterschied zwischen Flupirtin und Placebo im Bezug auf die Verbesserung der Schmerzintensität und der Verspannung (250).“
23„In einer aktuelleren Studie zeigte sich bei 209 Personen mit subakutem Kreuzschmerz kein Wirksamkeitsvorteil von 100mg Flupirtin im Vergleich zu 50mg Tramadol im Verlauf von 7 Tagen (251).“
24„Häufung der Meldungen von Leberschäden“
25„Verdachtsberichte zur Flupirtinabhängigkeit (253) zu beachten“
26„Durch sehr häufig (≥ 10%) auftretende Müdigkeit besteht eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit“
27seien durchweg unrichtig. Es treffe nicht zu, dass die Datenlage zu einer Anwendung bei schmerzhaften Verspannungen der Halte- und Bewegungsmuskulatur unzureichend sei. Die zur Rechtfertigung in Bezug genommene Fußnote trage diese Einschätzung nicht und bei der Studie, die die Anwendung rechtfertige, handele es sich auch keineswegs um eine qualitativ schlechte Studie. Hinzu komme, dass sich die Beklagten damit ohne Grundlage gegen die arzneimittelrechtliche Zulassung durch das BfArm stellen und den Vorwurf erheben würden, die Zulassung hätte nicht erfolgen dürfen.
28Auch sei es unzutreffend, wenn ausgeführt werde
29„In einer aktuelleren Studie zeigte sich bei 209 Personen mit subakutem Kreuzschmerz kein Wirksamkeitsvorteil von 100mg Flupirtin im Vergleich zu 50mg Tramadol im Verlauf von 7 Tagen (251).“
30Denn in dieser Studie seien zum einen nicht 100mg Flupirtin mit 50mg Tramadol verglichen worden, sondern die jeweilige Tagesdosis 300 mg Flupirtin zu 150mg Tramadol; beides sei in drei Dosen zu je 100mg bzw. 50mg täglich verabreicht worden. Die Studie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass beide Wirkstoffe die gleiche analgetische Wirkung aufwiesen. Die Klägerin ist insoweit der Meinung, diese äquivalente analgetische Wirkstärke sei für den Wirkstoff Flupirtin positiv, da dieser Wirkstoff deutlich besser verträglich sei als Tramadol. Angesichts dessen sei die Negativempfehlung für Flupirtin bei einer gleichzeitig erfolgten offenen Empfehlung für Tramadol nicht gerechtfertigt.
31Soweit die Bewertung sodann unter Bezugnahme auf eine „Häufung von Leberschäden“ sowie „Verdachtsberichte zu Flupirtinabhängigkeit“ begründet werde, sei dies ebenfalls unzutreffend. Eine Häufung von Leberschäden bis hin zum akuten Leberversagen sei nicht vorgekommen. Zudem sei die Darstellung auch deshalb objektiv unrichtig, weil bezüglich anderer Wirkstoffe, wie z.B. Diclofenac mit deutlich höherem Risikopotential die Nebenwirkungen nicht erwähnt würden und hinsichtlich Diclofenac sogar im Gegenteil trotz dieses Risikopotentials eine starke Empfehlung ausgesprochen werde. Auch der Hinweis auf Verdachtsberichte zur Flupirtinabhängigkeit sei unzutreffend: Flupirin besitze kein Anhängigkeitspotential. Auch insoweit erfolge überdies eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, da zum Beispiel der Wirkstoff Tramadol unstreitig Abhängigkeitspotential habe, dies aber in den NVL nicht erwähnt werde. Schließlich stelle auch der Hinweis „durch sehr häufig auftretende Müdigkeit besteht eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit“ eine unzulässige Verkürzung dar: denn zum einen führe Müdigkeit nicht automatisch zu einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit; zum anderen trete dies nur zu Beginn der Behandlung auf und schließlich sei auch hier zu berücksichtigen, dass eine Ungleichbehandlung z.B. zum Wirkstoff Ibuprofen erfolge, bei dem kein Hinweis auf die Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit erfolge, sondern die NVL vielmehr im Gegenteil eine starke Empfehlung aussprechen.
32Die Klägerin beantragt,
331. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Präsidenten der Beklagten, zu unterlassen,
34im Hinblick auf den Wirkstoff „Flupirtin“ in der „Nationalen VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerzen“ zu behaupten und/oder behaupten zu lassen:
35a) „Flupirtin soll zur Behandlung von akutem und chronischem nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht angewendet werden.“
36b) Es ist zur Anwendung bei akuten und chronischen Schmerzen, wie schmerzhaften Verspannungen der Halte- und Bewegungsmuskulatur zugelassen (223). Die Datenlage ist hierfür allerdings unzureichend (13). Lediglich eine qualitativ schlechte Studie (RCT) zeigte im Ergebnis keinen Unterschied zwischen Flupirtin und Placebo im Bezug auf die Verbesserung der Schmerzintensität und der Verspannung (250). In einer aktuelleren Studie zeigte sich bei 209 Personen mit subakutem Kreuzschmerz kein Wirksamkeitsvorteil von 100mg Flupirtin im Vergleich zu 50mg Tramadol im Verlauf von 7 Tagen (251).
37c) Kommentar: Bei einem nicht erbrachten Wirksamkeitsvorteil im Vergleich zu anderen Analgetika sind die Häufung der Meldungen von Leberschäden unter Flupirtin und die mögliche Lebertoxidität der Substanz bis hin zum akuten Leberversagen (252) sowie Verdachtsberichte zur Flupirtinabhängigkeit (253) zu beachten. Durch sehr häufig (≥ 10%) auftretende Müdigkeit besteht eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit.
38d) „Flupirtin – keine Anwendung bei akutem und chronischem KS (A)“
392. die Beklagten zu verurteilen, die im Antrag zu 1. enthaltenen Angaben in geeigneter Form richtig zu stellen, z. B. durch eine den Leitlinien vorausgestellte Information im Internet
40- „Flupirtin kann zur Behandlung von akutem und chronischem nichtspezifischem Kreuzschmerz angewendet werden“
41und/oder
42- „Flupirtin … ist zur Anwendung bei akuten und chronischen Schmerzen, wie schmerzhaften Verspannungen der Halte- und Bewegungsmuskulatur zugelassen (223). Eine von den Europäischen Guidelines als qualitativ hochwertig beurteilte Studie (RTC) zeigte im Ergebnis entgegen den Behauptungen in den Nationalen VersorgungLeitlinien – Kreuzschmerz, zuletzt in der Version vom 30.11.2010, für Flupirtin eine gegenüber Placebo überlegene schmerzlindernde Wirkung bei Kreuzschmerzen (250).
43und/oder
44- in einer aktuelleren Studie bei 209 Personen mit subakutem Kreuzschmerz sind 300 mg Flupirtin im Vergleich zu 150 mg Tramadol im Verlauf von 7 Tagen gleichstark wirksam, jedoch verfügt Flupirtin über eine deutlich bessere Verträglichkeit. Die Nebenwirkungen treten signifikant seltener auf (251).
45und/oder
46- im Kommentar richtig zu stellen, dass Spontanmeldungen zu Lebernebenwirkungen im Zusammenhang mit einer Flupirtinanwendung nur sehr selten auftreten und dass Verdachtsberichte zur Abhängigkeit dem Wirkstoff Flupirtin nicht zugeordnet werden können.
47und/oder
48- darauf hinzuweisen, dass die als Nebenwirkung häufig auftretende Müdigkeit bei Fortsetzung der Behandlung mit dem Wirkstoff zurückgehen kann oder aber nach Ende der Therapie und dass eine Einschränkung der Fahruntüchtigkeit nicht automatisch mit der festgestellten Nebenwirkung Müdigkeit einhergeht.
493. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner der Klägerin den durch die in Ziffer 1. wiedergegebenen unzutreffenden Behauptungen entstandenen Schaden zu ersetzen haben.
50Die Beklagten beantragen,
51die Klage abzuweisen.
52Sie sind der Auffassung, die Klägerin sei bereits nicht aktivlegitimiert, da sie nicht das einzige Unternehmen sei, das in Deutschland flupirtinhaltige Arzneimittel vertreibe oder über entsprechende Arzneimittelzulassungen verfüge.
53Weiterhin sind sie der Ansicht, nicht passiv legitimiert zu sein. Sie behaupten, als Herausgeber der NVL keinerlei Einfluß auf deren Inhalt zu haben. Die Formulierung und Graduierung der Empfehlung obliege den jeweiligen Leitliniengruppen. Die Flupirtin betreffende Empfehlung sei in der Sache neutral und objektiv in dem hierfür festgelegten Verfahren zustande gekommen und mit 14 von 18 Stimmen erfolgt. Der Vorschlag einer neutralen Empfehlung sei demgegenüber abgelehnt worden. Grundlage für diese Entscheidung sei die nicht vorhandene Evidenz betreffend die Wirksamkeit von Flupirtin in dem Anwendungsbereich der NVL-Kreuzschmerz in Verbindung mit dem erheblichen Nebenwirkungspotential des Wirkstoffes gewesen. Der Empfehlungsentwurf sei sodann drei Monate für die interessierte Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt worden; in diesem Rahmen habe auch die Klägerin Stellung genommen. Die Stellungnahmen hätten das Votum der Leitliniengruppe indes nicht geändert. Die Beklagten sind der Auffassung, dass angesichts dieses Verfahrens nicht von einer willkürlichen Bewertung ausgegangen werden könne.
54Soweit die Klägerin meine, den Studien Wörz et al. und Li et al. sei in ihrem Sinne ein hoher Evidenzgrad beizumessen, aus dem sich ergebe, dass die Bewertung unsachlich sei, so treffe dies nicht zu. Die Studie Wörz et al. stamme aus dem Jahr 1996 und entspreche nicht mehr heutigen Qualitätsanforderungen. Die Studie Li et al. sei in Peking entstanden und eine Übertragung auf das deutsche Gesundheitswesen nicht automatisch gegeben. Zudem hätten Mitarbeiter des Herstellers an der Studie mitgewirkt, die durch die Klägerin direkt finanziert worden sei.
55Letztlich könne dies aber dahingestellt bleiben, da es sich bei den angegriffenen Aussagen insgesamt um wahre Tatsachenbehauptungen bzw. um Meinungsäußerungen handele, die im Lichte der grundgesetzlich geschützten Wissenschafts- und Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 und 3 GG) zulässig seien. Die mit dem Klageantrag zu I.1 und I.4 angegriffenen Negativempfehlungen stellten reine Werturteile auf der Grundlage einer Chancen-Risikenabwägung dar, dies auch im Vergleich zu alternativen Therapiemöglichkeiten. Dabei sei die nicht erwiesene Wirksamkeit einerseits und das Nebenwirkungspotential andererseits berücksichtigt worden. Die dem zugrunde gelegten Annahmen, seien überdies in ihrem Tatsachenkern auch zutreffend. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin in Bezug genommene und in den NVL-KS als qualitativ schlecht bewertete Studie Wörz et al. sei, in der Zusammenfassung zu dem Ergebnis komme
56„Resultate: Der Responderanteil betrug in der per-protocol-Analyse bei Flupirtin 60,9%, bei Chlomerzanon 47,8% und bei Placebo 43,8%, der Unterschied war statistisch nicht signifikant.“
57Das aber bedeute, dass tatsächlich kein Unterschied in der Wirkung zwischen Flupirtin und Placebo festgestellt werden konnte. Soweit die Studie in einem Globalurteil eine subjektive Wirksamkeitsannahme der behandelnden Ärzte zum Ausdruck bringe, rechtfertige dies eine andere Einschätzung nicht. Ebenso sei in der Studie Li et al. kein Wirksamkeitsvorteil von Flupirtin gegenüber Tramadol festgestellt worden. Hinzu komme, dass es tatsächlich Verdachtsberichte über ein Abhängigkeitspotential von Flupirtin gebe; eines diesbezüglichen Hinweises bei Tramadol habe es nicht bedurft, da dessen Abhängigkeitspotential als Opiat den angesprochenen Fachkreisen bekannt sei. Desweiteren sei auch der Hinweis auf gehäuft auftretende leberwirksame Nebenwirkungen zutreffend. So habe nach aktuellen Daten der Arzneimittelkommission der Ärztekammern im Jahr 2010 in 73,8% der dieser im Zusammenhang mit dem Wirkstoff Flupirtin gemeldeten Nebenwirkungen eine Leberwirksamkeit vorgelegen. Dies lasse sich auch der klägerseits angeführten Untersuchung von Prof. C entnehmen, wenn es dort heiße „Insgesamt ist die Datenlage bei der Mehrzahl aller eingereichten Fallberichte nicht ausreichend, um mit hoher Sicherheit eine Flupirtin-Toxizität zu belegen.“ Daraus ergebe sich, dass der Kausalzusammenhang zwar nicht absolut nachgewiesen werden konnte, dass aber gleichwohl zumindest Verdachtsmomente bestünden. Der Hinweis auf eine mögliche Lebertoxizität sei daher zutreffend. In Bezug auf die Nebenwirkungen liegt nach Auffassung der Beklagten auch keine Ungleichbehandlung zu anderen Wirkstoffen vor, da die NVL-KS die Nebenwirkungen der einzelnen Wirkstoffe in Anhang 5 umfassend darstelle.
58Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
59Entscheidungsgründe
60Die Klage ist in allen Anträgen unbegründet. Die angegriffen Äußerungen begründen keine Rechtsverletzung, so dass die Klage weder mit dem Unterlassungsantrag zu 1., noch mit dem Berichtigungsantrag zu 2., noch mit dem Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung zu 3. Erfolg hat.
61I.
62Die mit dem Antrag zu 1. verfolgten Unterlassungsansprüche bestehen weder aus allgemeinem Äußerungsrecht noch aus Wettbewerbsrecht.
631. Der Klägerin stehen keine Ansprüche aus §§ 1004, 823 BGB bzw. §§ 1004, 824 BGB zu. Die angefochtenen Äußerungen verletzen die Klägerin weder in ihrem allgemeinen Unternehmenspersönlichkeitsrecht noch in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, noch erfüllen sie den Tatbestand des § 824 BGB.
64a) Zwar ist die Klägerin aktivlegitimiert. Sie vertreibt in großem Umfang flupirtinhaltige Arzneimittel und ist daher durch die Negativempfehlung in den NVL-KS betroffen, unabhängig davon, ob sie die einzige Zulassungsinhaberin für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Flupirtin ist. Zwar werden die Arzneimittel nicht namentlich benannt; die Negativempfehlung betrifft vielmehr allein die Wirkstoffe; dies aber führt in der vorliegenden Konstellation unmittelbar zu den Arzneimitteln der Klägerin, die im wesentlichen alleine flupirtinhaltige Arzneimittel zur Anwendung bei Rückenschmerzen vertreibt. Deshalb liegt nicht lediglich ein Reflex sondern vielmehr eine unmittelbare Betriebsbezogenheit vor. Diesbezügliche Äußerungen können daher in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingreifen und könnten, soweit sie Tatsachenbehauptungen beinhalten, grundsätzlich auch geeignet sein, im Sinne des § 824 BGB Nachteile für den Erwerb oder das Fortkommen der Klägerin herbeizuführen.
65Auch sind die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag passivlegitimiert. Sie haben als Herausgeber der NVL rechtlich für deren Inhalt einzustehen, auch wenn sie an der konkreten Formulierung nicht mitgewirkt haben.
66b) Allein der Umstand, dass die Klägerin durch die angegriffenen Äußerungen in ihrem Wirtschaftsbetrieb betroffen ist, begründet indes für sich betrachtet den verfolgten Unterlassungsanspruch noch nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Eingriff rechtswidrig erfolgt. Bei der Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb handelt es sich insoweit um einen offenen Tatbestand, bei dem sich Inhalt, Umfang und Grenzen des Schutzes erst aus einer umfassenden Interessenabwägung ergeben. Erfolgt der Eingriff - wie hier - durch eine Äußerung, kommt maßgebliche Bedeutung der Abgrenzung zu, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder um eine Meinungsäußerung handelt. Während wahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich hinzunehmen sind, sind unwahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nicht zu dulden. Für sie wird häufig der Anwendungsbereich des § 824 BGB eröffnet sein. Demgegenüber genießen Meinungsäußerungen grundsätzlich den Schutz aus Art 5 Abs. 1 GG. Der Unternehmer muss deshalb kritische Äußerungen über seine unternehmerischen Leistungen bis zur Grenze der Schmähkritik grundsätzlich hinnehmen.
67Erfolgen die Äußerungen im Rahmen von vergleichenden Warentests oder sonstigen Tests und Bewertungen ist regelmäßig davon auszugehen, dass den Äußerungen ein überwiegender Meinungsäußerungsgehalt zukommt, so dass für die Anwendung von § 824 BGB in der Regel kein Raum ist. In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die mit der Veröffentlichung solcher Tests verbundene Meinungsäußerung keinen rechtswidrigen Eingriff darstellt, wenn die Untersuchung und Bewertung neutrale, objektiv, sachkundig und sorgfältig unter Anwendung einer vertretbaren Bewertungsmethode erfolgt.
68Sind diese Anforderungen der Neutralität, Objektivität und Sachkunde gewahrt, so besteht für den sich Äußernden aufgrund des Art. 5 Abs. 1 GG ein erheblicher Beurteilungsspielraum, der Grenzen nur noch dort erfährt, wo
69- die Bewertung nicht mehr sachbezogen sondern reine Schmähkritik ist;
70- die Bewertung offensichtlich unrichtig ist, es sich um bewußte Fehlurteile oder bewußte Verzerrungen handelt;
71- die Bewertung eigenständige, nicht in ihr aufgehende und ihr untergeordnete unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält.
72c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend zu folgendem Ergebnis:
73aa) Die mit den Klageanträgen zu 1. a) und d) angegriffenen Äußerungen
74(a) „Flupirtin soll zur Behandlung von akutem und chronischem nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht angewendet werden.“
75(d) „Flupirtin – keine Anwendung bei akutem und chronischem KS (A)“
76sind reine Meinungsäußerungen, wie sich schon aus ihrem Charakter als Empfehlung ergibt.
77Bei der Äußerung zu (b)
78(b) „Es ist zur Anwendung bei akuten und chronischen Schmerzen, wie schmerzhaften Verspannungen der Halte- und Bewegungsmuskulatur zugelassen (223). Die Datenlage ist hierfür allerdings unzureichend (13). Lediglich eine qualitativ schlechte Studie (RCT) zeigte im Ergebnis keinen Unterschied zwischen Flupirtin und Placebo im Bezug auf die Verbesserung der Schmerzintensität und der Verspannung (250). In einer aktuelleren Studie zeigte sich bei 209 Personen mit subakutem Kreuzschmerz kein Wirksamkeitsvorteil von 100mg Flupirtin im Vergleich zu 50mg Tramadol im Verlauf von 7 Tagen (251).“
79handelt es sich bei dem Hinweis auf eine unzureichende Datenlage sowie auf eine schlechte Qualität einer bestimmten Studie ebenfalls offenkundig um Bewertungen und damit um Meinungsäußerungen. Die Beantwortung der Frage, ob eine vorhandene Datenlage quantitativ oder qualitativ unzureichend ist, liegt im Auge des Betrachters und ist integraler Bestandteil des wissenschaftlichen Diskurses.
80Soweit im weiteren Verlauf der Äußerung zu (b) dann Inhalt und Bewertung zweier Studien dargestellt werden, enthält dies zwar einen Tatsachenkern, der jedoch hinter der Bewertung zurücktritt und keinen eigenständigen Gehalt hat. Hinzu kommt, dass die von der Klägerseite gerügte Unwahrheit der Aussage, es seien 100mg Flupirtin mit 50 mg Tramadol verglichen worden, mangels unmittelbarer Betriebsbezogenheit weder einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb noch einen Anspruch aus § 824 BGB begründen könnte. Dass die Beklagten die Einzeldosis angegeben haben, ohne die Tagesdosis mitzuteilen, ist für sich betrachtet nicht geeignet, den Betrieb der Klägerin unmittelbar zu betreffen oder ihren Kredit zu schädigen, zumal die eigentliche Sachaussage, dass ein Wirksamkeitsvorteil nicht feststellbar sei, zutreffend ist und von der Klägerin nicht angegriffen wird.
81Für die Aussagen zu a), b) und d), die grundsätzlich durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt sind und für die vorliegend überdies auch der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG eröffnet ist, ist deshalb allein maßgeblich, ob sie als neutrale und objektive Bewertung verstanden werden können, die die oben dargelegten Grenzen berücksichtigt.
82bb) Der Kommentar zu (c)
83(c) „Kommentar: Bei einem nicht erbrachten Wirksamkeitsvorteil im Vergleich zu anderen Analgetika sind die Häufung der Meldungen von Leberschäden unter Flupirtin und die mögliche Lebertoxidität der Substanz bis hin zum akuten Leberversagen (252) sowie Verdachtsberichte zur Flupirtinabhängigkeit (253) zu beachten. Durch sehr häufig (≥ 10%) auftretende Müdigkeit besteht eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit. Zu den häufig beobachteten Nebenwirkungen (1-10%) gehören Schwindel, Sodbrennen, Übelkeit/Erbrechen, Magenbeschwerden, Verstopfung, Schlafstörungen, Schweißausbrüche, Appetitlosigkeit, Depressionen, Tremor, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Unruhe/Nervosität, Blähungen und Durchfall. (223)“
84stellt im Zusammenhang betrachtet eine Zusammenfassung der Bewertungsgrundlagen dar; er enthält insoweit allerdings mit den angegriffenen Aussagen „Häufung der Meldungen von Leberschäden“, „Verdachtsberichte zur Flupirtinabhängigkeit (253) zu beachten“ und „Durch sehr häufig (≥ 10%) auftretende Müdigkeit besteht eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit“ Tatsachenbehauptungen, deren Zulässigkeit von ihrer Wahrheitsmäßigkeit abhängten. Sollten diese Tatsachenbehauptungen zu den Bewertungsgrundlagen unwahr sein, könnte dies auch Auswirkung auf die Zulässigkeit des angegriffenen Bewertungsergebnisses haben.
85Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang dagegen wendet, dass die Behauptungen zu gehäuften Meldungen über Leberschäden sowie Verdachtsberichten zur Flupirtinabhängigkeit unwahr seien, trägt sie nach allgemeinen Kriterien die Darlegungs- und Beweislast. Dieser ist sie bislang nicht nachgekommen. Vielmehr ist nach den Darlegungen der Beklagten davon auszugehen, dass tatsächlich der Verdacht einer möglichen Lebertoxidität im Raume steht, so dass die Aussage „Häufung der Meldungen von Leberschäden unter Flupirtin und die mögliche Lebertoxidität der Substanz bis hin zum akuten Leberversagen (252)“ in ihrem Äußerungszusammenhang zulässig ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Frage der „Häufung“ der Meldungen von Leberschäden wertenden Charakter hat. Nach dem Vortrag der Parteien ist zu Leberschäden unter der Anwendung von Flupirtin gekommen ist, auch wenn deren Kausalität im Streit steht. Dies rechtfertigt nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt des Art. 5 Abs. 3 GG diesen Umstand in einem die Bewertungsgrundlagen zusammenfassenden Kommentar darzustellen und diese mögliche Gefahr dem nicht erwiesenen Wirksamkeitsvorteil gegenüber zu stellen. Denn für den Anwender ist nicht nur die belegte Nebenwirkung sondern auch die mögliche Gefahr bei der Therapieentscheidung zu berücksichtigen. Die Aussage zu der möglichen Lebertoxidität ist vor diesem Hintergrund von der Art 5 Abs. 1 GG gedeckt. Dies gilt auch für die Äußerung zum Abhängigkeitspotential des Wirkstoffs. Auch insoweit bestehen nach dem Vortrag der Parteien zumindest Verdachtsmomente. Mehr – insbesondere ein tatsächlich bestehendes Abhängigkeitspotential – äußern die Beklagten nicht. Die Mitteilung von Verdachtsberichten zum Abhängigkeitspotential des Wirkstoffs aber ist – nicht zuletzt vor dem Hintergrund fehlender Evidenz zur Wirksamkeit - wiederum relevant für die Therapieentscheidung der beteiligten Personen.
86cc) Folgerichtig geht der Angriff der Klägerin im Wesentlich auch dahin, dass sie eine Ungleichbehandlung von Flupirtin zu anderen Wirkstoffen rügt, die trotz höheren Nebenwirkungsrisikos oder trotz erwiesenen Abhängigkeitspotentials besser bewertet worden seien bzw. bei denen die Nebenwirkungen nicht explizit genannt worden seien, was diskreditierend sei.
87Auch dies verhilft der Klage im Ergebnis indes nicht zum Erfolg. Denn auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens handelt es sich nicht um eine willkürliche und offensichtlich unrichtige Bewertung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Empfehlungen Werturteile auf der Grundlage einer Chancen-Risikenabwägung unter Berücksichtigung alternativer Therapiemöglichkeiten darstellen. Deshalb schadet es nicht, wenn bei Flupirtin Nebenwirkungen zur Begründung der Negativempfehlung explizit genannt werden, dies bei anderen Arzneimitteln aber unterbleibt. Dass diese Nebenwirkungen bei der Empfehlung der Konkurrenzprodukte sachlich und inhaltlich nicht berücksichtigt worden wären, trägt die Klägerin selbst nicht vor. Zudem kann eine evidente Wirksamkeit höheres Risikopotential ausgleichen und umgekehrt kann bei nicht erwiesener Wirksamkeit bereits ein geringes Risikopotential genügen, um eine negative Empfehlung zu rechtfertigen. Das vermag es z.B. zu rechtfertigen, dass der evident wirksame Wirkstoff Diclofenac trotz höheren Nebenwirkungsrisikos eine bessere Bewertung erhält als Flupirtin, bei dem eine Wirksamkeit nach Auffassung der Beklagten nicht evident nachgewiesen ist. Eine unsachliche Ungleichbehandlung vermag die Kammer nicht zu erkennen.
88Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass für die Beklagten schon vor dem Hintergrund von Artikel 5 GG ein weiter Beurteilungsspielraum besteht, der hier eröffnet ist, da die Bewertung nach den unstreitigen Darlegungen der Beklagten in dem gleichen formalen Verfahren zustande gekommen ist, wie die Bewertung der weiteren Wirkstoffe. Dass Objektivität und Neutralität bei diesem Verfahren nicht beachtet worden wären, ist nicht hinreichend substantiiert dargetan.
892. Der Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus Wettbewerbsrecht. Ungeachtet des Umstandes, dass insoweit der nicht auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken beschränkte Unterlassungsantrag zu weit ginge, kommen Ansprüche schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die angegriffenen Äußerungen der Beklagten, die nicht in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis zu der Klägerin stehen, im Rahmen der Nationalen Versorgungsleitlinien Kreuzschmerz nicht als geschäftliche Handlung darstellen. Es fehlt mithin bereits an einer tatbestandlichen Grundvoraussetzung für die Anwendung von Wettbewerbsrecht.
90Eine geschäftliche Handlung erfordert zwar keine Wettbewerbsabsicht, setzt aber doch einen objektiven Zusammenhang zwischen der Handlung und der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs voraus. Die Handlung muss danach bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sein, den Absatz oder Bezug von Waren zu fördern. An einer solchen objektiven Zielbestimmung fehlt es vorliegend. Die Handlung kann sich zwar auf den Wettbewerb auswirken, sie erfolgt jedoch im Rahmen der definierten Aufgabenstellung der Nationalen Versorgungsleitlinien zu gänzlich anderen, nichtgeschäftlichen Zielen und dient daher auch objektiv nicht der Wettbewerbsbeeinflussung. Besondere Umstände, die dennoch die Annahme einer geschäftlichen Handlung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin eine derartige objektive Zielsetzung indiziell daraus herleiten will, dass die Bewertung unsachlich und willkürlich erfolgt sei, ist ein solcher Umstand zwar grundsätzlich ein starkes Indiz dafür, dass die Handlung zu Wettbewerbszwecken erfolgt; allerdings vermag die Kammer nach den vorstehenden Ausführungen die angefochtenen Empfehlungen nicht in diesem Sinne zu qualifizieren.
91II.
92Da die angegriffenen Äußerungen nach den vorstehenden Ausführungen nicht rechtswidrig sind, hat die Klage schon mangels Rechtsverletzung auch mit den weiteren Klageanträgen keinen Erfolg. Der mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Berichtigungsanspruch besteht darüber hinaus aber auch deshalb nicht, weil er sich nicht auf Meinungsäußerungen, um die es vorliegend im Wesentlichen geht, erstreckt. Die Klägerin kann daher unter dem Gesichtspunkt des Äußerungsrecht von vorneherein keine bessere Empfehlung des Wirkstoffs Flupirtin verlangen. Aber auch hinsichtlich der Tatsachenbehauptungen geht der Berichtigungsantrag zu weit, weil die Klägerin mit diesem über die bloße Richtigstellung einer vermeintlich falschen Tatsachenbehauptung hinaus weitergehende Erklärungen veröffentlicht sehen will.
93III.
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
95IV.
96Streitwert: EUR 500.000,00
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