Urteil vom Landgericht Köln - 29 S 138/11
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 03.06.2011- 27 C 132/10 - teilweise abgeändert und der Anfechtungsantrag der Kläger zu 1-3 betreffend den Beschluss zu TOP 9 der Eigentümerversammlung vom 30.06.2010 zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren wird dem Schlussurteil des Amtsgerichts vorbehalten.
Die Kosten des Berufungsrechtsstreits tragen die Beklagten und Berufungskläger zu 16% und die Kläger zu 1 bis 3 zu 84%. Davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 4 und 5 im Berufungsverfahren, welche den Beklagten zu 100% auferlegt werden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien sind Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße 1-29, 2, 4, 6 in C.
4Im Gebäude A-Straße 4 in der 5. Etage befindet sich ein Gemeinschaftsraum, in dem unstreitig früher jeder Wohnungseigentümer Feiern veranstalten konnte.
5Der Hausmeister der Wohnungseigentumsanlage ist Herr E. Er ist aufgrund Anstellungsvertrages vom 27.02.2006 (Bl. 350-355 d.A) angestellt und bewohnt eine Hausmeisterwohnung, die ihm von der Gemeinschaft vermietet worden ist.
6In Bezug auf Urlaubstage und eine Erhöhung der Miete durch die Vorverwaltung zum 1.1.2008 kam es zu Forderungen von Herrn E.
7In der Eigentümerversammlung vom 30.06.2010 wurden unter anderem folgende Beschlüsse gefasst:
8TOP 4 Abrechnung 2009
9TOP 9
10Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Forderungen von Herrn E nicht nachzukommen.
11Top 11
12Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Gemeinschaftsraum im Haus A-Straße 4, 5. Etage weiterhin als Büro für den Verwaltungsbeirat sowie Archivierung von Akten zu benutzen.
13TOP 13 Beauftragung von Rechtsanwalt T.
14Die Kläger zu 1 bis 3), im Tatbestand des Teilurteils als Kläger zu 1) und 2) bezeichnet, haben vor dem Amtsgericht die Beschlüsse zu TOP 4, 9 ,11 und 13 angefochten und weitergehende Anträge auf Verpflichtung bzw. Feststellung in Zusammenhang damit gestellt. Zu Top 4 haben auch die Kläger zu 4 und 5 (im Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts als Kläger zu 3 und 4 bezeichnet) einen eingeschränkten Antrag gestellt.
15Die Kläger zu 1 bis 3) haben die Ansicht vertreten, dass die Vorverwaltung eine rechtswidrige rückwirkende Mieterhöhung ausgesprochen habe und Herr E auch Anspruch auf die ihm im Zeitraum vom 01.05.2006 bis 31.12.2009 nicht gewährten 26 Urlaubstage habe.
16Desweiteren haben sie behauptet, dass der Gemeinschaftsraum auch weiterhin für die Feierlichkeiten der Wohnungseigentümer genutzt werde. Der Beirat habe im Erdgeschoss einen Sitzungsraum, in dem auch Akten gelagert werden. Der Ausschluss der Mitbenutzung widerspreche der Teilungserklärung. Die Mitbenutzung sei nicht gewährleistet, da der Raum abgeschlossen werde. Auch verstoße es gegen das Gesetz, wenn dem Beirat die originäre Verwalterpflicht, nämlich die Verwahrung der Unterlagen aufgegeben würde.
17Das Amtsgericht hat in seinem Teilurteil, verkündet am 03.06.2011, die unter TOP 9, 11, 13 gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt und die weitergehenden Klageanträge der Kläger zu 1) und 2) zu TOP 9 und TOP 13 zurückgewiesen.
18Zu TOP 9 hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Die von der Vorverwaltung vorgenommene einseitige und rückwirkende Erhöhung des Sachwertbezuges (Miete) ohne Vergleichsberechnung stelle keine ordnungsgemäße Verwaltung dar. Hierzu macht das Amtsgericht Rechtsausführungen zum Sachwertbezug. Auch der mögliche Vergleich vor dem Arbeitsgericht spreche nicht für die Ordnungsgemäßheit des Beschlusses. Auch wenn die Forderungen des Hausmeisters teilweise nicht begründet seien, hätte eine teilweise Zustimmung erfolgen können und dadurch der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht möglicherweise vollständig vermieden werden können.
19Zu TOP 11 hat das Amtsgericht den Anfechtungsantrag für begründet gehalten. In dem Beschluss sei die Änderung der Nutzung eines Raumes beschossen worden der Gemeinschaftseigentum sei. Es müsse grundsätzlich jedem Wohnungseigentümer die Möglichkeit der Mitbenutzung gewährleistet werden. Die Nutzung als Beiratsraum sei zulässig, da der Beirat für die Gemeinschaft tätig werde. Vorliegend sollten aber auch Unterlagen aufbewahrt werden. Dieser Regelung sei immanent, dass der Raum abgeschlossen werde. Hierdurch sei die Mitbenutzung nicht mehr gewährleistet.
20Ihre Berufung haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 24.6.2011 gegen die Kläger zu 1 bis 5 als „Kläger und Berufungsbeklagten“ gerichtet.
21In der Berufungsbegründung haben sie ihre Berufung damit begründet, dass die Ungültigerklärung der Beschlüsse zu Top 9 und 11 rechtsfehlerhaft sei. Mit Schriftsatz vom 26.10.2011 vertreten sie die Auffassung, dass sich aus dem Antrag ergebe, dass Berufungsbeklagte nur die Kläger zu 1 bis 3 sein sollten.
22Bei TOP 9 sei ein schutzwürdiges Beschlussanfechtungsinteresse der Kläger nicht zu erkennen, nachdem die Angelegenheit durch den im arbeitsgerichtlichen Verfahren abgeschlossenen Vergleich erledigt sei. Auch sei im Vergleich eine Einigung erzielt worden, wie hoch der Sachbezug für die Wohnung sei. Für den Inhalt der beiden arbeitsgerichtlichen Vergleiche vom 12.4.2010 und 16.12.2010 wird auf die Anlagen zum Klägerschriftsatz vom 27.5.2011(Bl. 415-418 d.A )verweisen.
23Das Amtsgericht habe darauf abgestellt, dass die Forderungen von den Eigentümern nicht sämtlich hätten abgelehnt werden dürfen. Dies sie nicht plausibel. Den Eigentümern bliebe es unbenommen zweifelhafte Ansprüche fachgerichtlich klären zu lassen. Das WEG – Gericht habe nicht die Kompetenz Aussagen, über die arbeitsgerichtliche Lage zu treffen. Die Entscheidung des Amtsgerichts werde der WEG- rechtlichen Systematik nicht gerecht. Das Amtsgericht dürfe Beschlüsse nur dann aufheben, wenn diese rechtwidrig seien und/ oder Ermessensfehlgebrauch erkennen ließen. Es gehe nicht um die Böswilligkeit der Eigentümer gegenüber dem Hausmeister, sondern darum, ob der Sachbezug richtig berechnet wurde. Die Finanzverwaltung könne den Sachbezug auch rückwirkend anpassen.
24Zu TOP 11 vertreten die Beklagten die Auffassung, dass der Mitgebrauch keinen unmittelbaren Eigengebrauch voraussetze, sondern auch gewahrt sei, wenn an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs z. B. bei der Vermietung die Mieteinnahmen als Sachfrüchte treten würden. Hier werde die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten erspart. Auch sie die Begründung des Amtsgerichts angreifbar, soweit dieses davon ausgehe, dass der Raum abgeschlossen werde. Das sei nicht zwingend. Es könne auch ausreichen, einen abschließbaren Aktenschrank aufzustellen.
25Die Beklagten beantragen,
26unter teilweiser Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Bonn die Klage abzuweisen, soweit die Beschlussanfechtung zu TOP 9 und 11 der Eigentümerversammlung vom 30.09.2010 betroffen ist.
27Die Kläger zu 1 bis 5 beantragen,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Sie vertreten die Auffassung bezüglich der Kläger zu 4 und 5 sei die Berufung bereits deshalb zurückzuweisen, weil sie die Klageanträge zu TOP 9 und 11 nicht gestellt haben.
30Zu TOP 9 vertreten sie die Auffassung, es treffe zwar zu, dass die Arbeitsrechtsstreitigkeiten rechtskräftig erledigt seien und die Eigentümer in der ordentlichen Eigentümerversammlung über die Annahme der arbeitsgerichtlichen Vergleiche beschlossen hätten, dennoch sei das Rechtsschutzinteresse der Kläger im Hinblick auf mögliche Folgeprozesse nicht entfallen.
31Auch sei es möglich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung öffentlich- rechtliche Normen oder arbeitsrechtliche Normen zu berücksichtigen und hierzu Beschlüsse zu fassen. Dies müsse auch das Amtsgericht überprüfen können. Die Beklagten hätten in ihrer Beschlussfassung zu Unrecht die Forderungen des Hausmeisters E abgelehnt.
32ZU TOP 11 meinen die Kläger, die alleinige Zuweisung des Gemeinschaftsraumes für Beiratszweck und Lagerung wichtiger Verwaltungsunterlagen verstoße gegen § 13 Abs. 2 WEG. Die Kläger behaupten, der große Raum sei immer abgeschlossen. Die Verwaltung habe das Schloss ausgetauscht. Dies sei auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht von den anwesenden Beiräten bestätigt worden. Der Beschluss sei allein im Interesse der Verwaltung getroffen. Die Verwaltung müsste ansonsten auf eigene Kosten für die Sicherung der umfangreichen Aktenbestände Sorge tragen. Es gebe bereits im Haus Nr. 4 im Erdgeschoss einen Sitzungsraum, wo auch ein Teil der Akten eingestellt sei. Zusätzlich existiere im Haus Nr. 2 im Erdgeschoss ein Gemeinschaftsraum, in dem ebenfalls Unterlagen der Gemeinschaft aufbewahrt wurden und der ebenfalls in der Vergangenheit immer wieder für Besprechungen einschließlich Beiratsbesprechungen verwendet worden sie. Auch jener Raum sei abgeschlossen und der Schlüssel befinde sich bei der Verwaltung.
33II.
34Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden.
35Sie ist auch zulässig, soweit sie sich gegen die Kläger zu 1 bis 3 richtet.
36Soweit die Berufung zunächst auch gegen die Kläger zu 4 und 5 eingelegt worden ist, fehlte der Berufung allerdings das Rechtsschutzbedürfnis, da die Kläger zu 4 und 5 in erster Instanz im Hinblick auf TOP 9 und 11 keine Anfechtungsanträge gestellt haben. Die Kläger zu 4 und 5 sind zwar im Rubrum des Teilurteils als Kläger aufgeführt, dies jedoch im Hinblick auf ihren noch nicht beschiedenen Klageantrag zu Top 4. Bezüglich TOP 9 und 11 sind sie in materieller Hinsicht auch Anfechtungsgegner und damit notwendige Streitgenossen auf Seiten der Beklagten. Wenn die Beklagten im Schriftsatz vom 26.10.2011 geltend machen, dass ihre Berufung von Anfang an dahingehend auszulegen sei, dass nur die Kläger zu 1) bis 3) Berufungsbeklagte sein sollten, so kann dem die Kammer nicht folgen, da im Rahmen der Berufungsschrift die Kläger zu 4 und 5 ausdrücklich namentlich als Berufungsbeklagte aufgeführt werden und die Beklagten dies auch in der Berufungsbegründung nicht korrigiert haben, sondern erst nach Hinweis der Kläger in der Berufungserwiderung. Es kann daher bezüglich der Kläger zu 4 und 5 nur von einer – eine Kostentragungspflicht auslösenden- Berufungsrücknahme ausgegangen werden.
371. In sachlicher Hinsicht hat die Berufung der Beklagten bezüglich TOP 9 Erfolg.
38Dabei geht die Kammer allerdings nicht davon aus, dass der Anfechtungsklage die Kläger zu 1 bis 3 in Bezug auf TOP 9 bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
39Denn grundsätzlich gilt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis im Beschlussanfechtungsverfahren im Regelfall nicht zu prüfen ist, weil das Anfechtungsrecht dem Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung dient. Es entfällt deshalb nur ausnahmsweise, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann (vgl. BGH Urt. vom 13.5.2011 ZMR 2011, 732 Rn. 16).
40Zwar haben die Eigentümer inzwischen über die arbeitsgerichtlichen Vergleiche abgestimmt und die Ansprüche des Hausmeisters damit rechtskräftig erledigt. Jedoch sind Auswirkungen der Beschlussanfechtung auf Folgeprozesse der Wohnungseigentümer untereinander oder gegen den Verwalter nicht sicher auszuschließen, insbesondere auch im Hinblick auf die Tragung der Kosten des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht.
41Die Zulässigkeitsprüfung darf weder dazu führen, dass die Auswirkungen eines Beschlusses auf nachfolgende Rechtsstreitigkeiten abschließend beurteilt werden, noch darf die Sachentscheidung unter Hinweis auf eine Prüfung des Beschlusses im Folgeprozess verwehrt werden (BGH Urt. vom 13.5.2011 ZMR 2011, 732 Rn. 16).
42Jedoch entspricht der Beschluss inhaltlich ordnungsgemäßer Verwaltung.
43Dabei ist bei der Prüfung der Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers durch das Gericht zu beachten, dass eine Klärung rechtlicher Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten nur insoweit in Betracht kommt, als dies für die rechtliche Überprüfung der Entscheidung der Gemeinschaft erforderlich ist, nämlich zur Klärung der Frage, ob der Beschluss im Zeitpunkt der Beschlussfassung ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG entsprochen hat. Dabei ist bei der hier beschlossenen Ablehnung von Ansprüchen Dritter durch die Gemeinschaft zu bedenken, dass der Gemeinschaft im Falle von an sie gestellten Ansprüchen Dritter ein gewisses Ermessen zustehen muss, wie sie –auch mit berechtigten Ansprüchen- umgeht. Auch berechtigte Ansprüche müssen nicht stets und ohne weiteres akzeptiert werden. Die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Entscheidung im Rahmen der Anfechtungsklage durch das WEG- Gericht dient nicht dem Schutz der Rechte des fremden Anspruchsstellers- hier des Hausmeisters-, sondern dem Schutz der gemeinschaftsbezogenen Rechte der Eigentümer. Dass die Ablehnung der Ansprüche hier vornherein dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderlief, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Dabei ist zu beachten, dass die Ablehnung des Anspruches die Wohnungseigentümer zunächst einmal nicht belastet. Der Hausmeister kann vor das Arbeitsgericht gehen. Auch wenn er hier aus juristischer Sicht gute Erfolgschancen hatte, so ist – wie der vorliegende Fall zeigt- gerade vor dem Arbeitsgericht immer auch ein Vergleich im Bereich des Möglichen, der besser ist als ein vorprozessuales Anerkenntnis der Forderung. Bei den Wohnungseigentümern handelt es sich zudem überwiegend um juristische Laien. Auch deshalb liegt es noch im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die Eigentümer einen für sie nicht ohne weiteres einleuchtenden Anspruch im Zweifel ablehnen und die Klärung der Rechtslage dem Fachgericht überlassen. Das Risiko, den arbeitsgerichtlichen Prozess zu verlieren und damit die eigenen Kosten und die Gerichtskosten zu tragen, ist dabei ein Risiko, welches noch im Rahmen des Ermessens im Rahmen der Selbstverwaltung liegt.
442. Keinen Erfolg hat die Berufung allerdings hinsichtlich TOP 11.
45Der Beschluss zu TOP 11 entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
46Dabei geht die Kammer davon aus, dass eine Beschlusskompetenz der Eigentümer für eine Gebrauchsregelung hinsichtlich des Raumes nach § 15 Abs. 2 WEG zwar grundsätzlich besteht. Eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG steht nicht entgegen, insbesondere gibt es keine Zweckvereinbarung für diesen Raum in der Teilungserklärung. Als Gemeinschaftsraum steht er allen Eigentümern zur Verfügung und sein Gebrauch kann durch eine Hausordnung geregelt werden, die durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden kann.
47Es kann aber nur ein ordnungsgemäßer Gebrauch beschlossen werden. Ordnungsgemäß ist ein Gebrauch, der bei umfassender Einzelfallbetrachtung- speziell unter Berücksichtigung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme (§§ 13, 14 Nr. 1 WEG) und sonstigem Recht entspricht. Desweiteren muss der Gebrauch nach billigem Ermessen die Interessen der betroffenen Eigentümer zum Ausgleich bringen (Timme- Dötsch § 15 Rn. 49). Der Gemeinschaft wird zwar insoweit ein Ermessenspielraum zugebilligt. Eine vertretbare, auf sachlichen Erwägungen beruhende Gebrauchsreglung ist damit nicht allein deshalb angreifbar, weil andere Lösungen denkbar sind (Timme- Dötsch, WEG, § 15 Rn. 50, BGH NZM 1998, 955). Im vorliegenden Fall geht die Kammer jedoch davon aus, dass die Eigentümer ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt haben und keine vertretbare Lösung getroffen haben, weil die von ihnen beschlossene eingeschränkte Nutzung des Raumes im Hinblick den verfolgten Zweck einerseits und die räumlichen Gegebenheiten andererseits, insbesondere im Hinblick auf die Größe des Raumes und die Möglichkeiten, die dieser allen Eigentümern, insbesondere auch als Veranstaltungsraum bietet, völlig unangemessen erscheint.
48Aus dem protokollierten Beschluss in Bezug mit der protokollierten Einleitung („Dieser Raum wird zurzeit als Büro vom Verwaltungsbeirat sowie zur Archivierung der alten Akten genutzt. Zutritt haben der VBR und die Verwaltung.“) ergibt sich, dass der Raum verschlossen gehalten wird und nicht mehr von den anderen Eigentümern betreten werden soll. Auch wenn die Nutzung als Beiratsraum bzw. Aktenarchiv letztlich auch gemeinschaftlichen Zwecken dient und damit der Raum einer indirekten Nutzung der anderen Eigentümer zugeführt wird, so ist doch die hier beschlossene fortdauernde Einschränkung der unmittelbaren Nutzung auf eine indirekte Nutzung für den Zweck nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Bei der Beurteilung der räumlichen Gegebenheiten stützt sich die Kammer auf die in der Akte befindlichen Fotos, die einen überwiegend leeren Raum mit mehreren Fenstern zeigen, in dem der Tisch für den Beirat und die Aktenregale einen ganz geringen Teil des Platzbedarfs einnehmen und eine riesige ungenutzte Freifläche verbleibt. Es ist nicht nachvollziehbar dargetan, dass die Gemeinschaft einen derart großen dritten Raum für die Unterlagen wirklich benötigt. Es gibt nach dem unwidersprochenen Klägervortrag bereits 2 Räume, in denen derzeit Unterlagen aufbewahrt werden und in denen auch der Beirat tagen könnte. Hier wäre folglich zu prüfen, ob die Akten nicht noch anders untergebracht werden können. Der ebenfalls auf den Fotos zu findende Archivraum für Bauunterlagen ist zwar eng, aber möglicherweise kann die Regalanordnung geändert werden. Ein Aktenarchiv braucht auch nicht unbedingt Tageslicht. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten zudem vorgetragen, dass es sich um alte Akten handelt, die nicht mehr der Aufbewahrungspflicht unterliegen, die die Eigentümer aber weiter aufbewahren wollen. Es handelt sich folglich um Akten, die die Verwaltung für ihre aktuelle Aufgabe nicht braucht und die gegebenenfalls auch ausgelagert werden könnten. Auch könnte man erforderlichenfalls einen Teil des streitigen Raumes als Bereich für die Akten mit einer Wand abtrennen, so dass der Rest des Raumes weiterhin für die Eigentümer als Veranstaltungsraum nutzbar bliebe. Dass der aus nur drei Personen bestehende Beirat einen derart großen Raum zur ausschließlichen Nutzung für seine Beratungen benötigen würde, ist nicht ansatzweise dargelegt und erscheint missbräuchlich angesichts der vielfachen Möglichkeiten, die der große Raum bietet, wenn er allen Eigentümern als Veranstaltungsraum zur Verfügung steht. Die Beklagten haben nicht bestritten, dass der Raum früher von allen Eigentümern als Veranstaltungsraum genutzt wurde.
49Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Beklagten tragen die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 4) und 5) ganz, da die Beklagten insoweit die Berufung durch ihre Klarstellung zurückgenommen haben (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).
50Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
51Die Voraussetzungen der Revisionszulassung liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gefordert.
52Berufungsstreitwert: insgesamt 3.720 € TOP 9: 3120 € , TOP 11: 600 €).
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