Anerkenntnisurteil vom Landgericht Köln - 16 O 200/11
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 254.863,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.030,56 € ab dem 15.06.2010 sowie aus jeweils 17.416,67 € ab dem 15.07.2010, dem 15.08.2010, dem 15.09.2010, dem 15.10.2010, dem 15.11.2010, dem 15.12.2010, dem 15.01.2011, dem 15.2.2011, dem 15.3.2011, dem 15.4.2011, dem 15.5.2011, dem 15.6.2011, dem 15.7.2011 und dem 15.8.2011 sowie die vorprozessual entstandenen notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 3.015,70 € zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) 6.922,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 842,83 € ab dem 3.4.2010 sowie aus jeweils 380,00 € ab dem 5.5.2010, dem 3.6.2010, dem 3.07.2010, dem 4.08.2010, dem 3.09.2010, dem 4.10.2010, dem 3.11.2010, dem 3.12.2010, dem 5.01.2011, dem 3.2.2011, dem 3.3.2011, dem 5.4.2011, dem 4.5.2011, dem 4.6.2011, dem 4.7.2011 und dem 3.8.2011 sowie die vorprozessual entstandenen notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.023,16 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin zu 1) betreibt ein zur Behandlung gesetzlich versicherter Patienten zugelassenes Plankrankenhaus. Die Klägerin zu 2), deren einzige Anteilseignerin die Klägerin zu 1) ist, betrieb vormals als Mieterin eines Gebäudetraktes der Klägerin zu 1) dort eine orthopädische Privatkrankenanstalt. Im Jahr 2009 und zuvor war Chefarzt und ärztlicher Direktor der Klägerin zu 1) sowie Belegarzt und ärztlicher Direktor der Klägerin zu 2) Herr Prof. Dr. T. Im Jahr 2009 trat dieser an die Klägerinnen heran, weil er zusammen mit der Beklagten als Investorin die Errichtung und Inbetriebnahme einer orthopädischen Privatklinik in relativer Nähe zu den Klägerinnen beabsichtigte. Die Inbetriebnahme dieser neuen Privatklinik wurde für Ende 2011 in Aussicht gestellt. In der Folgezeit verhandelten die Parteien, ob und auf welche Weise Herr Professor Dr. T und die mit ihm kooperierende Beklagte den Betrieb der von der Klägerin zu 2) betriebenen Privatkrankenanstalt für die Zeit bis zur Eröffnung der neuen Klinik übernehmen könnte. Nachdem zunächst über eine Übertragung der Anteile an der Klägerin zu 2) von der Klägerin zu 1) auf die Beklagte nachgedacht wurde, wurde letztlich eine Lösung dergestalt gefunden, daß die Beklagte von der Klägerin zu 2) deren angemietete Räumlichkeiten als Untermieterin übernahm und mit der Klägerin zu 1) im Wege eines Nutzungsvertrages vereinbarte, daß die Beklagte bestimmte Ressourcen der Klägerin zu 1) (OP, Intensivstation etc.) gegen eine Kostenpauschale mit nutzen konnte, s. dazu noch im Folgenden.
3Die Vertragsverhandlungen stellten sich wie folgt dar:
4Am 17.12.2009 trafen sich die Geschäftsführerin der Klägerinnen, Frau I, in Begleitung mit dem WP/StB U und RA X auf Klägerseite mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E3, Herrn Prof. Dr. T und RA Dr. I2. Gegenstand dieser Besprechung war der Entwurf des Herrn RA Dr. I2 einer Vereinbarung, von den Parteien als „letter of intent (LOI) / Absichtserklärung“ bezeichnet, der noch die Alternative der Anteilsübertragung zugrunde lag (s. Anlage K3, Bl. 38 ff d.A.). Der Zeuge U, der für die steuerlichen Fragen auf Seiten der Klägerinnen hinzugezogen war, wies dabei auch ausdrücklich darauf hin, daß alle im Entwurf angesprochenen Leistungen der Klägerin zu 1) an die Privatkrankenanstalt der Beklagten umsatzsteuerpflichtig seien.
5Am 28.1.2010 trafen sich die Geschäftsführerin der Klägerinnen, Frau I, RA X und Herr Dr. J auf Klägerseite erneut mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn E3, Herrn Prof. Dr. T und RA Dr. I2. Gegenstand dieses Treffens waren zwei Vertragsentwürfe vom 13.1.2010 / 15.1.2010 des RA X. Hier war vorgesehen, daß die Beklagte die Räumlichkeiten direkt von der Klägerin zu 1) anmieten sollte. In beiden Entwürfen (Nutzung der Ressourcen; Mietvertrag) waren die Entgeltregelungen noch offen, weil die Parteien eine betriebswirtschaftliche Kalkulation auf Basis der von der Privatklinik zu generierenden Einnahmen vornehmen wollten. Bei dieser Besprechung erinnerte RA X im Hinblick auf die von den Parteien noch vorzunehmende Kalkulation an die Anmerkung des WP/StB U, daß alle vertraglichen Leistungen umsatzsteuerpflichtig seien.
6Im Nachgang zu dieser Besprechung wandte sich der Geschäftsführer der Beklagten, Herr E3, mit E-Mail vom 28.1.2010 an Herrn Dr. J (Anlage K6, Bl. 73 d.A.). Hierin hieß es u.a.: „um auf der betriebswirtschaftlichen Ebene zu einer Lösung zu kommen, sollte das Nutzungsentgelt und die Miete mit einem fixen Betrag fest vereinbart werden. Wir gehen bei unseren Überlegungen davon aus, daß das DFK rd. 1 Mio Euro in Summe von Nutzungsentgelt und Miete erzielen möchte. Dieser Betrag wurde in der Vergangenheit in den vergangenen Jahren von der Parkklinik an das DFK vergütet. Diese fixe Honorierung von 1 Mio Euro netto zzgl. USt sollte aus unserer Sicht folgende Leistungen umfassen (…).“
7Dr. J antwortete auf diese E-Mail am 29.1.2010 wie folgt (Anlage K7, Bl. 74 d.A.): „ (…) können wir uns ebenfalls vorstellen mit weitgehend fixen Pauschalen zu arbeiten. Daher folgender Gegenvorschlag: Pauschale für die Nutzung der Krankenhausinfrastruktur mit OP, Aufwachraum, Verbrauchsmaterial außerhalb der Station, Catering, Reinigung, ärztl. anästhesiologische Betreuung, ärztl. orthopädische Stationsbetreuung: 600TEUR+Mwst. Warmmiete der Privatstation und vier Stellplätze inklusive Betriebskosten, jedoch Nutzungsrecht von bis zu sechs Betten durch das DFK: 186TEUR+Mwst. (…)“.
8Am 12.2.2010 wandte sich RA X schriftlich an RA Dr. I2 (Anlage K8, Bl. 76 ff d.A.). Hierin heißt es unter anderem: „ (…) Meine Mandantin hat zwischenzeitlich die eigenen Überlegungen zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abgeschlossen. Hierzu wie folgt: die im Mietvertrag zu vereinbarende Warmmiete beläuft sich auf 186.000,00 € p.a., also 13.500,00 € Kaltmiete und 2.000,00 € Kostenpauschale, ggf. zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer. Die Nutzungspauschale für die Überlassung der Mitnutzung von Ressourcen (OP, Anästhesie und Aufwachraum; radiologische Diagnostik, Reinigung und Catering der Privatstation) sollte sich jährlich auf 1.280.000,00 € belaufen, zahlbar in monatlichen Raten von 106.666,66 €, ebenfalls zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Zur Erläuterung: (…)“.
9Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht geklärt, ob die Klägerin zu 1), die damals noch als Vermieterin vorgesehen war, zur Umsatzsteuer optieren würde. Dies hing infolge der Konzernstruktur auf Seiten der Klägerin, insbesondere bei der Klägerin zu 1), von weiteren strategischen Unternehmensentscheidungen ab, die mit den mit der Beklagten verhandelten Verträgen in keinem unmittelbaren Zusammenhang standen. Später ist von der Klägerin die Umsatzsteuer optiert worden.
10Am 16.2.2010 fand ein abschließendes Gespräch zwischen der Geschäftsführerin der Klägerin, Frau I, und Herrn Prof. Dr. T statt. Am 17.2.2010 legte RA X mit Schreiben an Herrn RA Dr. I2 (Anlage K9, Bl. 79 f. d.A.) dar: „(…) Unsere Mandanten haben in unmittelbarer Absprache zwischenzeitlich Einigung über die letzten noch offenen Punkte erzielt. Das pauschale Nutzungsentgelt beläuft sich auf netto 1,1 Mio € p.a. Der Nettowarmmietzins beläuft sich auf 180.000,00 € p.a. in Summe steht also ein Entgelt von 1,286 Mio. € (netto) zu Buche. (…) Ich bitte um Überlassung der insoweit überarbeiteten Verträge (…)“.
11Mit E-Mail vom 19.2.2010 des RA Dr. I2 (Anlage K10, Bl. 81 d.A.) übersandte dieser RA X die überarbeiteten Versionen des Mietvertrages und des Vertrages zur Mitnutzung von Ressourcen. In der Folgezeit kam es noch zu verschiedenen Änderungen; über die Frage der Umsatzsteuer hinsichtlich der Leistungen der Klägerin für die Beklagte zu 1) gemäß dem Vertag zur Mitnutzung von Ressourcen wurde nicht mehr gesprochen; die von RA Dr. I2 in der von ihm bearbeiteten Version des Vertrages formulierte Ziff. 9 (s. zum wörtlichen Inhalt im Folgenden) des Vertrages zur Mitnutzung von Ressourcen wurde nicht mehr verändert.
12Am 11.3.2010 unterzeichneten die Parteien letztlich die Verträge gemäß Anlage K1 und Anlage K2. Der Vertrag zur Mitnutzung von Ressourcen (Anlage K2) zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten enthält unter Ziff. 9 folgende Regelung:
13„Sämtliche Leistungen des Krankenhauses aus diesem Vertrag werden mit einer Pauschale vergütet. Die Pauschale beträgt 1.100.000,00 € pro Jahr, mithin 91.666,67 € pro Monat. In dieser Pauschale ist die Vergütung für sämtliche Leistungen aus diesem Vertrag enthalten.“
14Zur Beendigung enthält der Vertrag gemäß Ziff. 11.2 folgende Regelung: „Der Vertrag endet ferner dann, wenn der mit Beginn zum 15.3.2010 zwischen dem Krankenhaus und der P GmbH geschlossene Mietvertrag endet, ebenfalls ohne daß es einer gesonderten Kündigung dieses Vertrages bedarf.“
15Der Mietvertrag über Gewerberäume (Anlage K1) zwischen der Klägerin zu 2) und der Beklagten enthält folgende Klauseln:
16„§ 4 Miete
17die monatliche Kaltmiete beträgt 13.500 €. Optiert der Vermieter auf die Mehrwertsteuer, hat der Mieter auf den vereinbarten Mietzins die Mehrwertsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe zu zahlen.
18§ 5 Betriebskosten
19(…)
20die Mieterin hat auf die Betriebskosten eine monatliche Pauschale in Höhe von 2.000,00 € zu zahlen.
21§ 3 Mietzeit und Kündigung
22(...)
233. Die Mieterin ist berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende auch vor Ablauf der Mietzeit nach Ziff. 2 zu beenden.“
24In der Folgezeit zahlte die Beklagte an die Klägerin zu 1) monatlich 91.666,67 €; an die Klägerin zu 2) zahlte sie monatlich 18.065,00 € (13.500 + 19 % = 16.065 + 2.000 €).
25Mit der Klage begehrt die Klägerin zu 1) die Zahlung weiterer 17.416,67 € (= 19 % von 91.666,67 €) monatlich für die Monate Juni 2010 bis August 2011. Die Klägerin zu 2) begehrt die Zahlung weiterer 380,00 (= 19 % von 2.000 €) monatlich für die Monate April 2010 bis August 2011.
26Nachdem die Beklagte auch auf mehrfache Mahnungen der Klägerinnen nicht geleistet hatte, nahmen sie anwaltliche Hilfe in Anspruch, wodurch der Klägerin zu 1) Kosten in Höhe von 3.015,70 € und der Klägerin zu 2) Kosten in Höhe von 1.023,16 € entstanden.
27Die Klägerin zu 1) meint, daß die Beklagte auch Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf die Nutzungspauschale zu zahlen habe. Es sei bis heute unbekannt, warum RA Dr. I2 das Wort „netto“ aus der von RA X vorformulierten Klausel ohne jeglichen Hinweis hierauf gestrichen habe. Eine Änderung der von den Parteien zuvor mündlich getroffenen Entgeltabrede habe zwischenzeitlich nicht stattgefunden.
28Die Klägerin zu 2) meint, daß die Beklagte auch Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf die Nebenkostenpauschale zu zahlen habe.
29Die Klägerin zu 1) beantragt,
30die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 254.863,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.030,56 € ab dem 15.06.2010 sowie aus jeweils 17.416,67 € ab dem 15.07.2010, dem 15.08.2010, dem 15.09.2010, dem 15.10.2010, dem 15.11.2010, dem 15.12.2010, dem 15.01.2011, dem 15.2.2011, dem 15.3.2011, dem 15.4.2011, dem 15.5.2011, dem 15.6.2011, dem 15.7.2011 und dem 15.8.2011 sowie die vorprozessual entstandenen notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 3.015,70 € zu zahlen.
31Die Klägerin zu 2) beantragt,
32die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) 6.922,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 842,83 € ab dem 3.4.2010 sowie aus jeweils 380,00 € ab dem 5.5.2010, dem 3.6.2010, dem 3.07.2010, dem 4.08.2010, dem 3.09.2010, dem 4.10.2010, dem 3.11.2010, dem 3.12.2010, dem 5.01.2011, dem 3.2.2011, dem 3.3.2011, dem 5.4.2011, dem 4.5.2011, dem 4.6.2011, dem 4.7.2011 und dem 3.8.2011 sowie die vorprozessual entstandenen notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.023,16 € zu zahlen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Die Beklagte meint, es sei nie vereinbart worden, daß die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin zu 1) auf die Nutzungspauschale auch Umsatzsteuer zu leisten habe. Im Verhältnis zur Klägerin zu 2) sei nie vereinbart worden, daß auf die Nebenkostenpauschale auch Umsatzsteuer zu leisten sei.
36Die Beklagte behauptet im Übrigen, den Mietvertrag mit der Klägerin zu 2) form- und fristgerecht zum 31.7.2011 gekündigt zu haben. Das Kündigungsschreiben - deren Zugang die Klägerinnen bestreiten - sei am 24.5.2011 zur Post gegeben worden. Die E AG habe der Beklagten bestätigt, das maßgebliche Schreiben am 27.5.2011 zugestellt zu haben. Erst Mitte Juli habe die Beklagte sodann ein Einwurf-Einschreiben der E AG erhalten, deren Inhalt das in Rede stehende Kündigungsschreiben war. Von dem Schreiben sei der Rückschein entfernt gewesen. Auf dem Schreiben befinde sich ein Aufkleber der E AG mit den Angaben „zurück - nicht abgeholt“.
37Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
39I. Klage der Klägerin zu 1): Umsatzsteuer für Nutzungsvereinbarung
40Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin zu 1) auch 19 % Mehrwertsteuer auf die monatliche Vergütung für die Mitnutzung der Ressourcen zu zahlen. Damit ergibt sich hier für die streitgegenständlichen Monate (Teilbetrag für Juni 2010 in Höhe von 11.030,56 €, Juli 2010 bis August 2011 jeweils 17.416,67 €), ein Betrag in Höhe von 254.863,94 €.
41Daß der Vertrag wirksam zum Ende Juli 2011 gekündigt worden ist, vermag die Kammer nicht anzunehmen. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Kündigungserklärung der Klägerin zu 2) zu einem Zeitpunkt zugegangen ist, zu dem fristgerecht zum 31.7.2011 hätte gekündigt werden können.
42Dem Vertrag (Anlage K2) nach ist gemäß Ziff. 9.1 eine monatliche Pauschale von 91.666,67 € zu zahlen. Der Wortlaut dieser Vertragsklausel sagt dabei nichts dazu aus, ob auf diesen Betrag noch die Umsatzsteuer (19 %) zu zahlen sein soll oder ob diese in dem Betrag bereits enthalten ist.
43Nach Auffassung der Kammer ist bereits nach dem beiderseitigen Vortrag der Parteien davon auszugehen, daß die Parteien sich darauf geeinigt haben, daß auf diesen Betrag auch noch zusätzlich die Umsatzsteuer zu zahlen ist.
44Dies geht insbesondere aus dem vorangegangen Schriftverkehr der Parteien hervor. Ausweislich der E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn E3, vom 28.1.2010 (Anlage K6, Bl. 73 d.A.) ging dieser davon aus, die von der Beklagte zu vergütenden Leistungen der Gegenseite in Form des Zur-Verfügung-Stellen der Räumlichkeiten („Miete und Betriebskosten“) und der übrigen Leistungen (OP, Anästhesie etc.) sich zuzüglich Umsatzsteuer („fixe Honorierung von 1 Mio Euro netto zzgl. USt“) verstehen sollten. Hiervon ging gleichermaßen die Klägerseite aus, wie sich aus der Antwort des Herrn J per E-Mail vom Folgetag (Anlage K7, Bl. 74 d.A.) ergibt, in der fixe Beträge in Höhe von „600TEUR+Mwst“ und „186TEUR+Mwst“ zur Debatte gestellt werden. In der Folgezeit wurde zwar über die Höhe der Vergütung bzw. Miete noch verhandelt; den Parteien – bei denen es sich auch nicht etwa um bloße Verbraucher handelte - war damit aber jedenfalls bewußt, daß auch Umsatzsteuer zu zahlen sein würde.
45Allein der Umstand, daß in dem unterschrieben Vertag in Ziff. 9.1 das Wort „netto“ nicht enthalten ist, trifft keine Aussage darüber, daß es sich hierbei bereits um den Brutto-Betrag handeln sollte. Nach den Regeln der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB kann hier nicht per se vom Vorliegen eines Bruttopreises ausgegangen werden. Zwar gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der für eine Leistung vereinbarte Preis grundsätzlich auch die Aufwendung für die von dem Leistenden zu entrichtende Mehrwertsteuer ab. Die Abgeltung der Aufwendung ist unselbständiger Teil des zu zahlenden Entgelts (BGH NJW 02, 2312 - "Bruttopreis"; vgl. BGHZ 58, 292, 295; 60, 199, 203; 103, 284, 287; BGH, Urt. v. 14.1.2000 - V ZR 416/97, NJW-RR 2000, 1652; Urt. v. 11.5.2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464). Im Rahmen der Auslegung sind aber auch die Gesamtumstände der Vertragsverhandlungen heranzuziehen. Wie bereits oben dargelegt gingen die Parteien hier von der Umsatzpflichtigkeit aus. Mit Schreiben vom 27.02.2010 (Anlage K9, Bl. 79 f. d.A.) hat RA X Herrn RA Dr. I2 u.a. gebeten, den Vertrag über die Mitnutzung der Ressourcen nun dahingehend zu überarbeiten, daß ein jährliches pauschales Nutzungsentgelt von netto 1,1 Mio schriftlich zu fixieren sei. RA Dr. I2 ist dem nicht unverzüglich dergestalt entgegen getreten, daß die Parteien etwas anderes (nämlich: 1,1 Mio brutto) vereinbart hätten, sondern er hat den Betrag in den Vertrag aufgenommen, ohne eine besondere Aussage darüber zu treffen, ob dieser Betrag sich als Brutto- oder Nettobetrag verstehe. Daher ist die Klausel in Ziff. 9.1 so zu verstehen, daß es sich hierbei um einen Netto-Betrag handeln soll. Nach Auffassung der Kammer wäre seitens der Beklagten ein expliziter Widerspruch erforderlich gewesen, wenn der Vertrag seitens Herrn RA Dr. I2 wissentlich und in der konkreten Absicht so schriftlich entworfen worden ist, daß aus dem vereinbarten Betrag ein Brutto-Preis gemacht wurde, anstatt dem Wunsch auf Änderung gemäß dem Schreiben vom 17.02.2010 nicht wortgenau nachzugekommen. Dafür genügt es keinesfalls, die Passage lediglich drucktechnisch durch Fettdruck hervor zu heben (s. Anlage B4), um deutlich zu machen, daß sie geändert worden ist. Denn daß sie überhaupt geändert werden sollte, ist schließlich gerade Ziel des Änderungswunsches der Klägerseite gewesen.
46Insoweit folgt die Kammer auch den Behauptungen der Beklagten, daß das in dem Schreiben des RA X vom 17.2.2010 Niedergelegte überhaupt nicht dem Vereinbarten entsprochen habe, nicht. Dies ist bereits unsubstantiiert vor dem Hintergrund, daß die Parteien zuvor ausweislich des gesamten Schrift- und E-Mail-Verkehrs von der Umsatzpflichtigkeit ausgegangen sind. Dann hätte die Beklagte zumindest konkret dazu vortragen müssen, daß ein Nutzungsentgelt in einer Höhe vereinbart worden sei, das sich inkl. der Umsatzsteuer auf genau den zu zahlenden Betrag beläuft. Die Beklagte erklärt überdies auch nicht, warum die Parteien sich nunmehr – nachdem sie zuvor von der Umsatzpflichtigkeit ausgegangen sind - geeinigt hätten, daß von der Beklagten keine Umsatzsteuer zu leisten sein solle. Hierauf hätte sich die Klägerin dann wohl redlicherweise nur eingelassen, wenn sich im späteren Verlauf der Vertragsverhandlungen herausgestellt hätte, daß tatsächlich gar keine Umsatzsteuer anfallen würde. Hierzu aber fehlen jegliche Anhaltspunkte.
47Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
48Die außergerichtlichen Anwaltskosten sind gemäß §§ 280, 286 BGB ebenfalls wegen Verzuges zu ersetzen.
49II. Klage der Klägerin zu 2): Umsatzsteuer für Nebenkostenpauschale
50Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin zu 2) auch 19 % Mehrwertsteuer hinsichtlich der Nebenkostenpauschale zu zahlen.
51Von einer Kündigung des Mietvertrags zum 31.07.2011 kann aus den o.g. Gründen nicht ausgegangen werden.
52§ 4 des Mietvertrages beinhaltet die Verpflichtung, auf den vereinbarten Mietzins die Mehrwertsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe zu zahlen, wenn der Vermieter die Mehrwertsteuer optiert. Unter den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin zu 2) zur Mehrwertsteuer optiert hat. Damit sind die Vermietungsleistungen an die Beklagte steuerpflichtig. Hat der Vermieter vor Abschluss des Mietvertrages für die Mehrwertsteuer optiert und ist vereinbart, daß der Mieter neben der Miete auch die Mehrwertsteuer schuldet, so gilt das bei Vermietung von Gewerberaum im Wege ergänzender Vertragsauslegung auch für die Nebenkosten; es widerspräche nämlich dem Zweck der Abwälzung, wenn der Vermieter den Anteil hierauf zu tragen hätte. Die Nebenkosten zur Miete, die das Schicksal der Hauptleistung teilen, unterliegen dann ebenfalls der Mehrwertsteuer (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.10.1995, Az. 10 U 207/94 - zitiert nach Juris, dort Rn. 16 ff.). Dies ergibt sich unabhängig von der Frage, ob die Parteien bereits explizit vereinbart hatten, daß auch auf die Nebenkosten Mehrwertsteuer zu zahlen sei, bereits aus der ergänzenden Vertragsauslegung, die den Zweck hat, Lücken der rechtsgeschäftlichen Regelung zu schließen. Jedenfalls hat die Beklagte nicht konkret und substantiiert dargelegt, daß die Parteien explizit vereinbart hätten, daß seitens der Beklagten für die Nebenkostenpauschale gerade keine Mehrwertsteuer zu leisten sein sollte. Geht man dann also sogar davon aus, daß die Parteien eine entsprechende Vereinbarung zur Tragung der Mehrwertsteuer hinsichtlich der Nebenkosten gar nicht getroffen haben, liegt dann eine Regelungslücke vor. Im Falle einer Vereinbarungslücke ist die vertragliche Regelung entsprechend dem hypothetischen Parteiwillen zu ergänzen. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Da sich die Umsatzsteuerverpflichtung der Klägerin zu 2) auch auf die Nebenkosten bezieht, ist ein hypothetischer Parteiwille bei der Vertragsgestaltung dann dahingehend anzunehmen, daß die Beklagte auch die diesbezüglichen Mehrwertsteueranteile tragen soll.
53Der vorliegende Sachverhalt ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Parteien eine Nebenkostenpauschale vereinbart haben. Ein Grund, eine Nebenkostenposition noch nicht der Mehrwertsteuerpflicht zu unterwerfen, kann sich allenfalls dann ergeben, wenn es sich lediglich um eine Vorauszahlung handelt, die also erst noch abzurechnen ist und damit noch nicht die endgültig zu versteuernde Leistung darstellt (s. etwa BGH WM 1981, 253 f. – dazu OLG Düsseldorf ebd., Rn. 19). Dies aber ist nicht der Fall, wenn die Parteien eine Pauschale vereinbart haben. Eine derartige Vereinbarung erfolgt in der Regel zur Vereinfachung der Abrechnung; hierbei liegt das Risiko bei den jeweiligen Parteien, ob eventuell zu viel oder zu wenig geleistet wird. Jedenfalls aber bleibt es dabei, daß es sich um zu versteuernde Leistungen handelt. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum eine derartige pauschale Leistung, deren zu leistende Höhe gerade fest steht, nicht der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen sollte.
54Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
55Die außergerichtlichen Anwaltskosten sind gemäß §§ 280, 286 BGB ebenfalls wegen Verzuges zu ersetzen.
56III.
57Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
58IV.
59Streitwert:
60Klage der Klägerin zu 1): 254.863,94 €
61Klage der Klägerin zu 2): 6.922,83 €
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