Urteil vom Landgericht Köln - 10 S 48/11
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.03.2011 (217 C 114/10) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 566,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2010 zu zahlen.
2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e :
2Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S.1, 542 Abs. 1, 543, 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
3Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg; die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
4Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung von 566,61 € aus der Betriebskostenabrechnung 2008 gemäß § 535 Abs. 2 BGB verlangen.
5Zunächst ist die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008 nicht formell fehlerhaft aufgrund eines –etwaig- fehlenden Vorwegabzuges für die Gewerbebetriebe. Selbst wenn ein fehlender Vorwegabzug vorliegen sollte, führt dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich die Kammer anschließt, nicht dazu, dass eine Abrechnung formell fehlerhaft ist (vgl. BGH Urteil vom 07.12.2011, VIII ZR 118/11, WuM 2012, 123).
6Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt aber auch kein materieller Fehler vor. Zwar ist dem Beklagten zunächst soweit zu folgen, dass nach § 20 Abs. 2 S. 2 NMV grundsätzlich ein Vorwegabzug der Betriebskosten für Gewerbeeinheiten vorgenommen werden muss. Dieses zwingende Erfordernis wird aber bereits durch die Vorschrift selbst eingeschränkt: Kann nicht festgestellt werden, ob Betriebskosten auf Wohnraum oder Geschäftsraum entfallen, hat eine Aufteilung der Kosten nach Wohn- und Nutzfläche bzw. umbautem Raum zu erfolgen. In der hier streitgegenständlichen Abrechnung ist vollständig nach Fläche abgerechnet worden. Dies ist vorliegend nicht zu beanstanden, da für die ohne Vorwegabzug umgelegten Kosten für Straßenreinigung, Allgemeinbeleuchtung, Hauswartkosten, Gartenpflege und Kabelgebühren eine Trennung nach Wohn- oder Geschäftsraum nicht möglich ist. Gleiches gilt auch für die Kosten für Entwässerung und Wasserversorgung, da insoweit keine Zähler vorhanden sind.
7Dass bei der dann aber nach Fläche vorzunehmenden Abrechnung Fehler aufgetreten sind, zeigt der Beklagte nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.
8Soweit der Beklagte sich im Berufungsverfahren weiter darauf beruft, dass alleine, wenn man die Kosten für Hoch- und Tiefgarage heraus rechne, der Nachzahlungsbetrag für die Wohnung sich verringere, ist nicht nachvollziehbar. Der Beklagte hat einen einheitlichen Mietvertrag über Wohnraum und Tiefgaragenstellplatz. Die Kosten für den Stellplatz sind damit Kosten seiner Wohnnutzung. Die Umlage der Garagenbetriebskosten auf ihn ist daher nicht zu beanstanden. Denkbar wäre insoweit lediglich, dass, sollten nicht sämtliche Wohnungsmieter auch einen Stellplatz gemietet haben, die Kosten nicht auf die Gesamtfläche aller Mieter umgelegt werden durften, sondern nur auf die Fläche, die auf Stellplatzmieter entfällt. Ein solcher –etwaiger- Fehler würde den Beklagten jedoch bevorteilen, er kann ihn daher nicht dem Nachzahlungsanspruch entgegen halten, so dass dies nicht weiter aufzuklären war.
9Hinsichtlich der vom Beklagten beanstandeten Müllkosten liegt nach Auffassung der Kammer, wie bereits mit Beschluss vom 13.03.2012 dargelegt, ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot durch das Fehlen von sogenannten blauen und gelben Mülltonnen in der Wohnanlage nahe. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat hier aber nicht ausreichend zu den seiner Meinung nach bestehenden Kosteneinsparungsmöglichkeiten vorgetragen. Zunächst hat er behauptet, es könnten 50 % eingespart werden, nach dem Verhältnis der Tonnenleerungen von 2 : 1 : 1 (grau:blau:gelb). Im Berufungsverfahren trägt er vor, die Stadt Köln gehe von 35 l Gesamtmüll für jeden Bewohner eines Hauses aus, wenn keine gelben und blauen Wertstoffbehälter vorhanden sind, und nur noch von 20 l Restmüll, wenn gelbe und/oder blaue Wertstoffbehälter vorhanden sind, woraus folge, dass pro Bewohner 15 l Restmüllcontainer eingespart werden könnten, was 42,8 % seien. Nach beiden Darstellungen ist eine konkrete Kostenersparnis nicht ausreichend nachvollziehbar dargelegt. Der Beklagte lässt bei seinen Überlegungen völlig unberücksichtigt, dass die Müllkosten nicht prozentual steigen bzw. sinken, sondern ihre Höhe u.a. von der Größe der vorgehaltenen Tonnen abhängig ist. Selbst wenn von einem eingesparten Müllvolumen von 42,8 % auszugehen wäre, wofür der Vortrag des Beklagten bereits auch nicht ausreichend ist, würde dies nicht zu einer Reduzierung der Kosten von 42,8 % führen.
10Insoweit konnte die Kammer auch keine Schätzung der Kosteneinsparungsmöglichkeiten vornehmen, die dann den Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot konkretisieren würde. Es ist nicht Aufgabe der Kammer, die Einsparungsmöglichkeiten zu ermitteln. Darüber hinaus hat der Beklagte aber auch gar nicht ausreichend zu den Grundlagen vorgetragen.
11Eine Schätzung konnte entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht anhand des Betriebskostenspiegels 2008 erfolgen. Diese auf empirischer Basis ermittelte Zusammenstellung von Betriebskostenansätzen trägt den vielfältigen, unterschiedlichen Bedingungen des Wohnungsmarkts sowie den unterschiedlichen tatsächlichen Gegebenheiten des jeweils in Rede stehenden Anwesens nicht hinreichend Rechnung, so dass aus den dort ausgewiesenen Durchschnittswerten im zu entscheidenden Einzelfall kein Anhaltspunkt für unwirtschaftliches Verhalten des Vermieters entnommen werden kann (vgl. BGH Urteil vom 06.07.2011, VIII ZR 340/10, WuM 2011, S. 513; Urteil vom 11.8.2012, VIII ZR 45/10, NJW 2010, S. 3363). Die fehlende Aussagekraft von Durchschnittswerten für den konkreten Einzelfall kann auch nicht durch den vom Amtsgericht vorgenommenen „Sicherheitsaufschlag“ von 50% geheilt werden. Es ist durch nichts belegbar, dass ein nicht aussagekräftiger Durchschnittswert durch einen pauschalen Zu- oder Abschlag dem konkreten Einzelfall gerecht wird.
12Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
13Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713.
14Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich – auch unter Berücksichtigung der weiteren bei dieser und anderen Kammern des Landgerichts Köln anhängigen Verfahren- um eine Einzelfallentscheidung handelt, die allein aufgrund ihrer tatsächlichen und verfahrensrechtlichen Besonderheiten getroffen wird.
15Streitwert für das Berufungsverfahren: 566,61 €
16(Berufung Kläger: 92,53 €, Berufung Beklagter: 474,08 €).
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