Urteil vom Landgericht Köln - 26 O 410/11
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.500,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Gerichts entstanden sind. Diese trägt der Kläger.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung wegen zu vollstreckender Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG aufgenommen ist. Er macht gegen die Beklagte eine Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung sowie hilfsweise die Unterlassung neuer Klauseln geltend.
3Die Beklagte betreibt die O-Therme in N, in der über ein elektronisches Medium, einen sog. Coin, bezahlt wird, den der Gast nach Zahlung des Eintrittsgeldes enthält. Dieser hat Kreditfunktion und ermöglicht das bargeldlose Bezahlen während des Aufenthalts. Der maximale –insoweit streitig- Kreditrahmen beträgt für Kinder EUR 10,00 und für Erwachsene EUR 50,00.
4Die Beklagte verwendete in diesem Zusammenhang bis Juli 2010 zunächst folgende Klausel in ihrer Haus- und Badeordnung (HBO):
5„4. … 2Für verloren gegangene Datenträger (Coin) bzw. Schlüssel ist ein Betrag von EUR 60,00 (Erwachsene) bzw. von EUR 20,00 (Kinder) für eine eventuelle Ersatzbeschaffung zu entrichten. 3Der Verlierer erhält den Betrag zurück, falls der Datenträger (Coin) und/oder der Schlüssel innerhalb von 14 Tagen nach Feststellung des Verlustes gefunden werden.“
6Mit Schreiben vom 05.07.2010 (Bl. 14 d.GA) mahnte der Kläger die Verwendung der Klausel ab und forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung für die Verwendung dieser oder inhaltsgleicher Klauseln auf. Bei der Klausel handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die gegen § 309 Nr. 5 BGB verstießen. Die Pauschalen seien höher als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden. Außerdem würden sie dem Gast nicht den ausdrücklichen Nachweis gestatten, dass überhaupt kein oder ein wesentlich niedrigerer Schaden als die Pauschale entstanden sei. Der Gast werde entgegen § 307 I BGB auch dadurch unangemessen benachteiligt, dass eine Rückzahlung nur erfolgen solle, wenn das verlorene Medium binnen 14 Tagen nach Feststellung des Verlustes gefunden werde. Unter dem 22.07.2010 gab die Beklage eine entsprechende Unterlassungserklärung ab, in der sie sich für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs gegenüber dem Kläger zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 4.500,00 verpflichtete (Bl. 17 d.GA.).
7In der Folge änderte die Beklagte ihre Haus- und Badeordnung und verwendete seitdem folgende Regelung (Bl 11 d.GA.):
8„IV. Zutrittsbestimmungen
9[…]
105. 1Der beim Erwerb des Eintritts-Coins ausgegebene Kassenbon ist bis zum Verlassen des Freizeitbades aufzubewahren. 2Beim Verlust des Coins ist der bis zur Meldung des Verlustes hierauf gebuchte Betrag zzgl. eines Betrages von EUR 5,00 für die Materialkosten und den Wiederbeschaffungsaufwand zu zahlen. 3Dieser Betrag entspricht dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden.
114Kann der Besucher den Kassenbon nicht vorweisen und verhindert damit die Möglichkeit, den Coin zu identifizieren, ist eine Pauschale in der maximal aufbuchbaren Höhe von EUR 50,00 (bei Kindern und Jugendlichen EUR 10,00) zzgl. eines Betrages von EUR 5,00 für die Materialkosten und den Wiederbeschaffungsaufwand zu zahlen. 5Dieser Betrag entspricht dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden.
126Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der tatsächlich entstandene Schaden geringer ist (z.B. nach Auffinden des Coins), wird dem Besucher der Differenzbetrag erstattet. 7Dem Besucher wird darüber hinaus ausdrücklich der Nachweis gestattet, dass ein Schaden nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist.“
13Mit Schreiben vom 05.09.2011, Bl. 19. d.GA, teilte der Kläger mit, dass die neue Klausel in Ziffer 5 Satz 4 HBO inhaltsgleich sei und forderte die Beklagte auf, auch die neue Klausel nicht mehr zu verwenden. Außerdem verlangte er Zahlung der Vertragsstrafe unter Fristsetzung bis zum 19.09.2011. Unter dem 20.09.2011 forderte der Kläger die Beklagte nochmals zur Zahlung auf. Mit Schreiben vom 03.11.2011 mahnte der Kläger Ziffer 5 Satz 4 HBO der neuen Klausel ab und verlangte die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung.
14Der Kläger ist der Ansicht, die von der Beklagten unter Ziffer 5 Satz 4 HBO verwendete Klausel sei mit der zu unterlassenden Klausel inhaltsgleich, da auch durch die neue Klausel die Höhe der Pauschale nicht auf den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden –durchschnittlichen– Schaden begrenzt, sondern der maximal mögliche Schaden geltend gemacht werde. Durch die Einräumung eines Gegenbeweises seien lediglich die Anwendungsfälle reduziert worden. Wenn aber etwa der Badegast auch den Kassenbon verloren oder schon nicht in Empfang genommen habe, solle weiterhin eine Schadenspauschale in Höhe des Kreditlimits zuzüglich Materialwert geschuldet sein.
15Die neue Regelung sei auch nicht deshalb inhaltlich unterschiedlich, weil in der Ursprungsregelung Schadensersatz für eine eventuelle Ersatzbeschaffung gezahlt werden sollte. Entgegen dem Wortlaut habe der Zweck der Regelung in der Absicherung des dem Gast mit dem Chip eingeräumten Kreditlimits bestanden. Der Betrag habe sich aus dem Materialwert des Coins (EUR 2,00), dem Aufbuchungslimit und Bearbeitungskosten zusammengesetzt.
16Auch die neue unter Ziffer 5 S. 4 HBO verwendete Klausel verstoße gegen § 309 Nr. 5 a BGB. Die Klausel sei bereits deshalb unwirksam, da die Pauschalen von EUR 5,00 höher seien, als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden. Der Kläger behauptet, der Materialwert der Chips betrage nicht mehr als EUR 2,00. Ein Wiederbeschaffungsaufwand von EUR 3,00 falle nicht an. Es könne sich nur um fiktive anteilige Personalkosten handeln, die nicht als Schaden anrechenbar seien, weil die Beklagte die Wiederbeschaffung durch eigenes Personal vornehmen lasse, das dafür keine Vergütung erhalte. Die Klausel sei aber auch deshalb unwirksam, weil auch Pauschalen von EUR 50,00 bzw. EUR 10,00 höher seien als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden. Nur bei den wenigsten Chips würde der Kreditrahmen vollständig ausgeschöpft. Die Wiederholungsgefahr ergebe sich aus der fortgesetzten Verwendung der Klausel.
17Der Kläger beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 4.500,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2011 zu zahlen
19hilfsweise:
201. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen gegenüber Verbrauchern gem. § 13 BGB den fettgedruckten Teil nachfolgender Klausel oder eine inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über die Benutzung des O-Therme-Zikkurat zu verwenden oder sich auf eine solche Klausel zu berufen:
211Der beim Erwerb des Eintritts-Coins ausgegebene Kassenbon ist bis zum Verlassen des Freizeitbades aufzubewahren. 2Beim Verlust des Coins ist der bis zur Meldung des Verlustes hierauf gebuchte Betrag zzgl. eines Betrages von EUR 5,00 für die Materialkosten und den Wiederbeschaffungsaufwand zu zahlen. 3Dieser Betrag entspricht dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden.
224Kann der Besucher den Kassenbon nicht vorweisen und verhindert damit die Möglichkeit, den Coin zu identifizieren, ist eine Pauschale in der maximal aufbuchbaren Höhe von EUR 50,00 (bei Kindern und Jugendlichen EUR 10,00) zzgl. eines Betrages von EUR 5,00 für die Materialkosten und den Wiederbeschaffungsaufwand zu zahlen. 5Dieser Betrag entspricht dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden.
236Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der tatsächlich entstandene Schaden geringer ist (z.B. nach Auffinden des Coins), wird dem Besucher der Differenzbetrag erstattet. 7Dem Besucher wird darüber hinaus ausdrücklich der Nachweis gestattet, dass ein Schaden nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist.“
242. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 145,00 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.21011 zu zahlen.
253. dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel zu Antrag Nr. 3 (hier Hilfsantrag Nummer 1 ) mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Ihrer Ansicht nach reiche es zur Annahme von Inhaltsgleichheit nicht aus, auf das Vorliegen eines Pauschalbetrages abzustellen. Dem Erfordernis des § 309 Nr. 5 a BGB werde Genüge getan, da in der neuen Klausel der Schaden anhand des gewöhnlichen Laufs der Dinge und anhand des zu erwartenden Schadens festgestellt würde. EUR 5,00 für Materialkosten seien angemessen.
29Die unter Ziffer 5 Satz 4 HBO verwendete Klausel sei aber auch schon deshalb nicht inhaltsgleich, weil eine entsprechende Regelung in den ursprünglichen AGB nicht vorhanden gewesen sei. Es gehe in der neuen Regelung nicht um Materialkosten für die Coins, sondern vielmehr um eine Regelung für den Fall, dass ein Badegast weder einen Coin noch einen Kassenbon vorlegen könne.
30Die verwendete Klausel sei schließlich mit AGB-Recht vereinbar. Der Maximalbetrag werde nur ausnahmsweise fällig, wenn weder Kassenbon noch Coin auffindbar seien.
31Die Beklagte behauptet, der maximal aufbuchbare Wert liege weit über EUR 50,00. Es habe ein erheblicher Missbrauch des Eintritts – und Zahlungssystems durch die Kunden stattgefunden. Kunden hätten einen Mehrwert an Leistungen in Anspruch genommen und dann lediglich EUR 60,00 bezahlt. Zwischenzeitlich sei indes die Schadenspauschale auf EUR 15,00 gesenkt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftstücke nebst Anlagen verwiesen.
32Entscheidungsgründe
33I.
34Die zulässige Klage ist begründet.
35Der Kläger ist als Unterlassungsgläubiger der Unterlassungserklärung vom 22.07.2010 aktivlegitimiert. Er hat Anspruch auf Zahlung von EUR 4.500,00 aus der Unterlassungserklärung
36Obwohl die Beklagte die zunächst angemahnte Klausel nicht weiter verwendete, hat sie die Vertragsstrafe verwirkt, da in der Verwendung der neuen Klausel eine von der Unterlassungserklärung erfasste „inhaltsgleiche“ Zuwiderhandlung liegt. Der Begriff der Inhaltsgleichheit bedarf der Konkretisierung und ist als unbestimmter Rechtsbegriff der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zugänglich. Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien, zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck und die Interessenlage der Vertragschließenden heranzuziehen sind (BGH vom 03.07.2003, I ZR 297/00, Rn. 20 nach juris = NJW-RR 2003, 1278 ff.). Speziell für die Inhaltsgleichheit zweier Klauseln beurteilt sich das nach der im Wettbewerbsrecht entwickelten "Kerntheorie" (Palandt/ Grünenberg, § 339, Rn. 14; LG Leipzig vom 3.11.2008, 8 O 1800/08). Diese Auslegung entspricht dem Zweck des Unterlassungsvertrags, der regelmäßig darin liegt, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr auszuräumen und die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen (BGH vom 03.07.2003, I ZR 297/00, Rn. 21 nach juris). Nach der Kerntheorie sind auch diejenigen Änderungen der Klauseln umfasst, bei denen die Verletzungshandlung im Kern unberührt bleibt (Ulmer/Brandner/Hensen/Witt, AGB-Recht, § 9 UKlaG, Rn. 6). Danach ist die Klausel jedenfalls dann inhaltsgleich, wenn "kein Zweifel bestehen" kann, dass sie "den Kern" der Verletzungshandlung "unberührt" lässt und das Gericht sie „ebenso beurteilt hätte“ (MüKo/Micklitz, § 9 UKlaG, Rn. 4).
371)
38In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die ursprünglich verwendete Klausel nicht nur gegen § 309 Nr. 5 b BGB, sondern auch gegen § 309 Nr. 5 a BGB verstoßen hat. Bei der Klausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, da sie für alle Besucher seitens der Beklagten für den Besuch in der O-Therme gestellt wurden, § 305 I 1 ZPO. Die Haus- und Badeordnung hängt in den Räumlichkeiten der Beklagten aus, so dass sie auch nach § 305 II Nr. 2 BGB Vertragsbestandteil geworden und der Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB eröffnet ist.
39Nach § 309 Nr. 5 a) ist eine Klausel unwirksam, die die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz enthält, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Die zuerst verwendete Klausel enthielt einen Pauschalbetrag für die Ersatzbeschaffung von verloren gegangenen Coins in Höhe von EUR 60,00 für Erwachsene bzw. EUR 20,00 für Kinder. Ob das der gewöhnlicherweise entstehende Schaden ist, bleibt unklar.
40Die Klausel verstößt daneben auch gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil entgegen dem gesetzlichen Grundgedanken ein Schadensersatz ohne Verschulden des Kunden verlangt wird (Palandt/Grüneberg, § 307, Rn. 32, BGH NJW 2006, 47 (49)). Es ist ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung i.S. von § 307 II Nr. 1 BGB, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz regelmäßig nur bei schuldhaftem Verhalten besteht. Dieser allgemeine Grundsatz des Haftungsrechts gilt als Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots gleichermaßen für vertragliche wie für gesetzliche Ansprüche (BGH NJW 2006, 47 (49) m.w.N)
41Auch wenn das Gesetz in bestimmten Fällen eine verschuldensunabhängige Haftung vorsieht, sind höherrangige Interessen, die ausnahmsweise eine solche Haftung begründen können, hier nicht ersichtlich.
422)
43Auch die neue Klausel, die zwar den Nachweis eines geringeren Schadens ermöglicht und daher nunmehr mit § 309 Nr. 5 b BGB vereinbar ist, verstößt aber nach wie vor gegen § 309 Nr. 5 a BGB. Ein Verstoß liegt schon deshalb vor, weil in Ziffer 5 Satz 4 HBO eine Pauschale in Höhe von EUR 5,- für Wiederbeschaffungsaufwand geltend gemacht wird. Es ist für den durchschnittlichen Verbraucher schon nicht transparent, was unter dem Wiederbeschaffungsaufwand zu verstehen ist. In der Rechtsprechung findet sich der Begriff typischerweise im Schadensrecht und beschreibt die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert eines beschädigten Fahrzeugs (BGH NJW 2003, 2085 (2085); Hirsch, JuS 2009, 299 (299)). Die Klausel ließe sich dahingehend auslegen, dass in diesem Punkt auch Bearbeitungskosten geltend gemacht werden und die Klausel, da sie dann nicht ersetzbare Positionen betrifft, bereits aus diesem Grund unwirksam ist (Palandt/Grüneberg, § 309, Rn. 26).
44Daneben verstößt die Klausel auch deshalb gegen § 309 Nr. 5 a BGB, weil wiederum ein Pauschalbetrag geltend gemacht wird, in Höhe des maximal aufbuchbaren Betrages von EUR 50,00 bzw. EUR 10,00 EUR.
45Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, dass in Ziffer 5 Satz 5 HBO erklärt wird, dass dieser Betrag dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden entspricht. Denn der Verwender der Klausel muss konkret darlegen und beweisen, dass seine Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht (Palandt/Grüneberg, § 309, Rn 29), wobei eine generalisierende Betrachtung anhand des branchentypischen Durchschnittsgewinns erforderlich ist (Palandt/Grüneberg, § 309, Rn. 26). Davon kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil eine Pauschale in Höhe des maximal aufbuchbaren Betrages verlangt wird. Der Vortrag der Beklagten, es könnten mehr als EUR 50,00 auf die Karte geladen werden, steht im Widerspruch zu der von ihr verwendeten Klausel und ist daher unbeachtlich. Insoweit widerspricht es vielmehr der Lebenserfahrung, dass Besucher regelmäßig Leistungen bis zum maximal möglichen Betrag in Anspruch nehmen. In diesem Fäll wäre der Kreditrahmen aus ökonomischen Gründen wohl auch höher ausgefallen. Jedenfalls hat die Beklagte den gewöhnlicherweise entstehenden Schaden darüber hinaus in keiner Weise dargetan.
46Schließlich verstößt die Klausel aus den o.g. Gründen gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
473)
48Beide Klauseln lassen die Verletzung im Kern unberührt. So wird in beiden Fällen eine Pauschale für den Verlust des Coins geltend gemacht. Es ist in diesem Punkt ohne Bedeutung, dass der Anwendungsbereich der neuen Klausel enger ist, da die Pauschale nunmehr nur geschuldet ist, wenn der Datenträger verloren geht und vom Besucher zusätzlich der Kassenbon nicht vorgewiesen werden kann. Der Vorwurf des § 309 Nr. 5 a BGB liegt nicht auf Tatbestands- sondern auf Rechtsfolgenebene. Das Unwerturteil richtet sich nicht gegen die Schadenspauschalierung als solche, sondern gegen seine unangemessene Ausgestaltung (Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 9 UKlaG, Rn. 3). Sie ist in beiden Fällen gleich. Dass die Verletzungshandlung im Kern gleich bleibt, bedeutet bereits dem Wortlaut nach auch, dass sich die Modalitäten durchaus ändern können.
49Ohne Bedeutung ist es zudem, dass in der zunächst verwendeten Klausel nach dem Wortlaut eine Pauschale für Ersatzbeschaffung geltend gemacht wird, während in der neuen Klausel zwischen Kreditsicherung und Materialwert differenziert wird. Die Begründung erscheint der Kammer vordergründig, da nicht zu erklären ist, warum für eine Ersatzbeschaffung des von einem Kind verwendeten Coins nur ein Drittel aufgewendet werden muss. Auch aus der neuen Klausel ergibt sich, dass der Wert des Coins deutlich geringer ist. Der Hinweis darauf, dass der Betrag dem gewöhnlichen Schaden entsprechen würde, hat im Hinblick auf den Umstand, dass der maximal aufbuchbare Betrag verlangt wird, außer Betracht zu bleiben, da es nur „Worthülse“ ist. Es kommt hinzu, dass der Kläger bereits im Abmahnungsschreiben vom 05.07.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Betrag, falls mit ihm der Schaden durch eine eventuelle Aufbuchungsmöglichkeit auf dem Coin reguliert werden solle, zu hoch ist, so dass der Beklagte über diesen Umstand bereits in Kenntnis gesetzt war.
50In beiden Fällen wird schließlich gegen das Verschuldensprinzip verstoßen.
51Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 I 1, 288 II BGB. Die Beklagte befand sich spätestens seit dem 20.09.2011 in Verzug.
52II.
53Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91 I, 281 II 2 ZPO.
54Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 709, 711 ZPO.
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Referenzen
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