Urteil vom Landgericht Köln - 24 O 53/12
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der im Laufe des Rechtsstreits verstorbene Ehemann der Klägerin, die Alleinerbin ist, unterzeichnete am 19.07.2001 eine Beitrittserklärung zur A Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Medienbeteiligung KG (im Folgenden Fa. ). Er zahlte ein Beteiligungskapital in Höhe von 30.000,- DM ein zuzüglich eines fünfprozentigen Agios von 1.500,- DM.
3In dem Prospekt der vorgenannten Fondsgesellschaft war die Vertriebsprovision mit 12 % angegeben. Stattdessen wurden, wie bereits bei Auflage des Fonds beabsichtigt, Vertriebsprovisionen von 20 % gezahlt. Die Differenz von 8 % wurde den Weichkosten entnommen, die nach dem Prospekt der A GmbH, der Komplementärin der Fondsgesellschaft, zustehen sollten für Konzeption, Werbung, Prospektherstellung und Gründung. Die Zahlung von Vertriebsprovisionen erfolgte an die B-Beratungsgesellschaft mbH (im Folgenden: B-GmbH). Inhaber der B-GmbH war Herr P, der zugleich Mehrheitsgesellschafter der A GmbH war.
4Der verstorbene Ehemann der Klägerin wurde weder über die beabsichtigte Abweichung der prospektierten von den zu zahlenden Vermittlungsprovisionskosten noch über die vorgenannte personelle Verflechtung vor Abgabe ihrer Beitrittserklärung informiert.
5Der Beitritt des Ehemannes der Klägerin erfolgte über die C Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: Fa. C), die als Treuhänderin für den Ehemann der Klägerin auftrat. Im streitgegenständlichen Zeitraum waren Herr Prof. Dr. X sowie Frau H Geschäftsführer der Fa. C. Herrn Prof. Dr. X und Frau H war vor dem Beitritt des Ehemannes der Klägerin bekannt, dass der Prospekt bzgl. der vorgenannten beiden Umstände unrichtig bzw. unvollständig war.
6Prof. Dr. X und Frau H waren zudem Sozien von Q, X & Partner – Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater -, die als solche ebenfalls im Rahmen der Fonds beratend tätig waren.
7Der Ehemann der Klägerin wäre – hierin geht der Vortrag der Klägerin und das Hauptvorbringen der Beklagten überein - dem Fonds nicht beigetreten, wenn er über eine der beiden vorbezeichneten Umstände, in denen die Parteien Aufklärungspflichtverletzungen sehen, informiert worden wäre.
8Am 10.12.2010 wurde über das Vermögen der Fa. C das Insolvenzverfahren eröffnet.
9Der Ehemann der Klägerin meldete seine vermeintlichen Schadensersatzansprüche die sich auf die beiden vorgenannten Aufklärungspflichtverletzungen gründen, zur Insolvenztabelle an. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wurde mit der prospektwidrigen Weichkostenverteilung und der nicht offen gelegten personellen Verflechtung begründet. Eine bindende Feststellung zur Tabelle liegt nicht vor.
10Die Fa. C war zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung Mitversicherte einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Diese beinhaltete folgenden Deckungsausschluss:
11„Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten) oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung“. § 4 Nr. 6 AVB (VH 550:03)
12„Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche: wegen Schadensverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung.“ § 4 Nr. 5 AVB-W (VH 555:02)
13Was den vorliegend geltend gemachten Versicherungsfall angeht, gewährte die Beklagte der Fa. C vorgerichtlich keinen Deckungsschutz in Form von Abwehrschutz.
14Die Beklagte erklärte gegenüber der Fa. C mit Schreiben vom 22.07.2010 die Deckungsablehnung wegen wissentlicher Pflichtverletzung und wegen vorsätzlicher Auskunftsobliegenheitsverletzung, nachdem mit Schreiben vom 12.05.2010 ein entsprechender Vorbehalt erfolgt war.
15Der Insolvenzverwalter der Fa. C erklärte, etwaige Deckungsansprüche gegen die Beklagte nicht geltend zu machen und die Absonderungsansprüche an den Deckungsansprüchen aus der Insolvenzmasse freizugeben.
16Die Klägerin hält die Klage für zulässig, da ihr schon mit Rücksicht auf die Sozialbindung des Haftpflichtversicherungsanspruchs ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten zustehe. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Verjährung der Haftpflichtansprüche lägen nicht vor, abgesehen davon, dass dies wegen des Trennungsprinzips ohnehin im vorliegenden Deckungsprozess nicht zu prüfen sei.
17Sie behauptet, durch den Fondsbeitritt sei ihrem verstorbenen Ehemann ein näher bezeichneter Schaden entstanden.
18Was den seitens der Beklagten angeführten Deckungsausschluss wegen wissentlicher Pflichtverletzung angehe, so greife dieser nicht, weil von einer wissentlichen Pflichtverletzung nicht ausgegangen werden könne. Aus der Aktennotiz vom 12./13.01.1999 könne die Beklagte zum einen deshalb nichts herleiten, weil dieser von Herrn Prof. Dr. X und Frau H in ihrer Eigenschaft als Steuerberater gefertigt worden sei und nicht ersichtlich sei, woraus sich eine Zurechnung zur Fa. C ergeben könne. Zudem betreffe der Aktenvermerk einen anderen Fonds, so dass schon von daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Geschäftsführung der Fa. C gewusst hätte, dass die Fonds- und Vertriebsgesellschaften weiterhin an den Vertriebsprovisionen und an den gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen festgehalten hätten.
19Die Klägerin behauptet, ihr Ehemann sei zudem auch deshalb dem Fonds beigetreten, weil ihm in Wirklichkeit nicht bestehende, ihn persönlich absichernde Garantien vorgespiegelt worden seien. Mit diesen Garantien habe die Fa. C geworben.
20Was die angeblich gefundene Aktennotiz vom 12./13.01.1999 angehe, so müsse zudem angenommen werden, dass der Beklagten die Umstände, aus denen sie den Deckungsausschluss wegen angeblich wissentlicher Pflichtwidrigkeit ableite, schon seit Jahren bekannt sei, da in den Haftpflichtprozessen bereits seit langem die prospektwidrige Weichkostenverschiebung und die Nichtoffenlegung der personellen Verflechtung geltend gemacht worden seien.
21Die Klägerin beantragt,
221.
23festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihrer Versicherungsnehmerin, der Fa. C Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, K-Straße, ####1 München, vertreten durch den Insolvenzverwalter D, K-Straße, ####2 München, Deckungsschutz aus dem zwischen ihr und der bezeichneten Gesellschaft (ehemals) bestehenden Versicherungsverhältnis zu gewähren hat, soweit ein Schadenersatz- bzw. Haftungsanspruch der Klägerin gegen die C Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vertreten durch den Insolvenzverwalter D, wegen der im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Pflichtverstöße rechtskräftig festgestellt wird.
242.
25die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von dem im außergerichtlichen Verfahren entstandenen Gebührenanspruch seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 899,40 € freizustellen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte hält die Klage mangels Rechtsschutzinteresses für unzulässig, da der Klägerin im Hinblick auf die vorliegend gegebene Pflichthaftpflichtversicherung ohnehin infolge der Untätigkeit der Fa. C bzw. des Insolvenzverwalters kein Rechtsverlust durch Verjährung drohe. Zudem fehle es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse auch deshalb, weil etwaige Haftpflichtansprüche der Klägerin ohnehin verjährt seien.
29Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin nach wie vor an dem Fonds beteiligt sei.
30Die Beklagte hält den Deckungsausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung für gegeben und trägt hierzu im Einzelnen vor. Schon aus der Aktennotiz vom 12./13.01.1999, ergebe sich nicht nur, dass Herrn Prof. Dr. X und Frau H sowohl die prospektwidrige Verschiebung der Weichkosten im Hinblick auf die Vergütung für Eigenkapitalbeschaffung als auch die vorgenannte personelle Verflechtung positiv bekannt gewesen sei, sondern auch, dass die Geschäftsführung der Fa. C bewusst dahin mitgewirkt habe, dass dies den Anlegern, also den Treugebern der Fa. C, nicht bekannt werden solle, mithin bewusst pflichtwidrig gehandelt habe. Zudem ergebe die berufliche Stellung von Herrn Prof. Dr. X und Frau H sowie ihre frühere Befassung mit den Pflichten eines Treuhänders in Anlagemodellen, dass ihnen – anders als einem juristischen Laien – die entsprechenden Aufklärungspflichten sehr wohl bewusst gewesen seien.
31Die Beklagte behauptet, von der entsprechenden Aktennotiz erstmals im April 2010 Kenntnis erlangt zu haben. Zuvor habe die Geschäftsführung der Fa. C ihr gegenüber stets beteuert, zum Zeitpunkt der Beitrittserklärungen keine positive Kenntnis von der prospektwidrigen Weichkostenverschiebung und der vorgenannten personellen Verflechtung gehabt zu haben.
32Soweit die Klägerseite sich auf weitere angebliche Pflichtverletzungen der Fa. C berufe, seien diese zum einen unschlüssig. Zum anderen könne sie hiermit ohnehin nicht gehört werden, denn wenn ein bestimmter Schaden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht worden sei, so entfalte dies eine Sperrwirkung. Es könne dann keine Deckung wegen desselben Schadens mit der Begründung verlangt werden, dieser sei auch durch eine nicht wissentliche Pflichtverletzung herbeigeführt worden.
33Die Beklagte ist auch der Auffassung, dass der Deckungsausschluss der geschäftsführenden Treuhandtätigkeit einschlägig sei und trägt hierzu vor.
34Zudem sei eine wegen Interessenkollision von vornherein unzulässige Tätigkeit der Fa. C anzunehmen, die daher als solche ebenfalls nicht in der Deckung sei.
35Hilfsweise bestreitet die Beklagte, dass die Aufklärungspflichtverletzungen ursächlich für den Fondsbeitritt der Klägerin und ihres Ehemannes geworden seien und dass ihnen der geltend gemachte Schaden der Höhe nach entstanden sei.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die im Termin vom 23.04.2012 abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Inwieweit das Rechtsschutzinteresse für die vorliegende Feststellungsklage besteht, kann dahinstehen.
39Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
40Die Beklagte ist leistungsfrei.
41Die Kammer ist davon überzeugt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme des Deckungsausschlusses der Schadensverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vorliegen.
42Der Aktenvermerk von Q, X & Partner vom 13.01.1999 (Anlage BLD 8), der als Fax an die Fa. A ging, hat folgenden Wortlaut:
43„Aktennotiz Vertriebsvereinbarung IT
44Sehr geehrter Herr L2,
45in der Anlage übersenden wir Ihnen unsere Stellungnahme zur Vertriebsvereinbarung mit der B-Beratungsgesellschaft mbH, Düsseldorf.
46Aktennotiz
47Sachverhalt :
48Herr P ist zu 60 % am Kapital der A GmbH und zu 100 % am Kapital der B GmbH beteiligt.
49Die B-Beratungsgesellschaft mbH ("B") ist von der A KG mit Vertrag vom 04.06.1997 beauftragt worden, das Kommanditkapital einzuwerben. Sie erhält hierfür eine Provision von 20 %. Die Provision entspricht angabengemäß üblichen Konditionen. Nach dem Finanzplan im Prospekt der A KG ist eine Gebühr für die Eigenkapitalbeschaffung in Höhe von 7 % sowie das Agio vorgesehen. Zum Ausgleich der nicht prospektgemäß vorgesehenen Provision verzichtet die A GmbH bei dem von der B geworbenen Kommanditkapital auf die Vergütung für die Absicherung der Produktionskosten in Höhe von 3 % sowie auf 5-Prozentpunkte der ihr vertragsgemäß zustehenden Vergütung für Konzeption, Werbung, Prospektherstellung und Gründung.
50Fragestellung:
51Begründet der Verzicht der A GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1997 der A GmbH an Herrn P?
52Rechtliche Würdigung:
53(Es folgen Ausführungen steuerrechtlicher Art dazu, dass ein Verzicht der A GmbH zugunsten der B auf die ihr vertraglich zustehenden Gebühren seitens der Steuerverwaltung als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden könnte und statt dessen ein Vertriebsvertrag zwischen der A GmbH und der Fa. B geschlossen werden sollte, bei dem dann kein Verzicht der A GmbH auf die ihr zustehenden Gebühren erforderlich sei .In diesem Zusammenhang heißt es u.a.:)
54Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn die Leistung, die zu der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung beim Körperschaftssteuersubjekt, A GmbH, führt, nicht unmittelbar an den Gesellschafter, Herrn P, sondern an eine ihm nahestehende Person, die B, erfolgt.
55…
56Darüberhinaus birgt unserer Auffassung nach die vorliegende Gestaltung die Gefahr, dass Zweifel hinsichtlich der Werthaltigkeit der prospektierten Leistung der A GmbH betreffend die Absicherung der Produktionskosten, Konzeption und Marketing aufkommen könnten, die nicht nur aus steuerlichen Gründen vermieden werden sollten. Es erscheint daher empfehlenswert, die Vertriebsvereinbarung zwischen der A GmbH und der B zu schließen.
57Frankfurt, den 12.01.1999
58…
59unterzeichnet von Frau H sowie pro absente Dr. X.“
60Aus der Aktennotiz ergibt sich unzweideutig, dass Herrn Prof. Dr. X sowie Frau H bekannt war, dass für die Eigenkapitalbeschaffung prospektwidrig nicht 12 % sondern 20 % des jeweiligen Anlagebetrages – und zwar letztlich an die B-GmbH - gezahlt werden sollten. Insoweit weisen Prof. Dr. X und Frau H einen Weg auf, wie eben dieses Ziel erreicht werden kann, ohne dass von einer verdeckten Gewinnausschüttung gesprochen werden kann. Dementsprechend ist dann auch im Hinblick auf den zwischen der Fa. A und der B-GmbH geschlossenen Vertrag vom 04.06.1997 verfahren worden (Anlage BLD 5). Soweit dann später ein Vertrag vom 10.06.1997 zwischen der Fa. A und der B-GmbH vorgelegt worden ist, in dem von einer Eigenkapitalvermittlungsgebühr in Höhe von 12 % und einem Zuschuss in Höhe von 8 % für die Produktionsüberwachung, Produktionsauswahl, Konzeption, Werbung und Prospektlegung die Rede ist (Anlage BLD 10), hat die Kammer keinen Zweifel – im Übrigen ist dies im vorliegenden Verfahren auch unstreitig - , dass es sich um einen rückdatierten, fingierten Vertrag handelt, was sich schon daraus ergibt, dass er – was andernfalls zu erwarten gewesen wäre – mit keinem Wort darauf eingeht, ob insoweit denn der anders lautende Vertrag vom 04.06.1997 abgeändert werden solle. Schon aus dem Wortlaut der Aktennotiz vom 12./13.01.1999 ergibt sich, dass dieser gerade nicht auf ein etwaiges bloßes gedankliches Konstrukt des Herrn L2 als Geschäftsführer der Fa. A abstellt, sondern den tatsächlich eingeschlagenen Weg, die Zahlung einer Provision für die Eigenkaptalbeschaffung in Höhe von 20 % anstatt, wie im Prospekt vorgesehen, von nur 12 % vornehmlich unter Steuerrechtsgesichtspunkten abhandelt.
61Irgendein konkreter Anhaltspunkt dafür, dass Herr Prof. Dr. X und Frau H angenommen hätten oder auch nur hätten annehmen können, dass sich die Dinge bei dem später aufgelegten Fonds anders darstellen würden als zur Zeit der Erstellung des Aktenvermerks besteht nicht. Denn die Prospektangaben waren wiederum identisch mit denjenigen, die auch dem vorgenannten Aktenvermerk zugrunde gelegen hatten. Auch hat die Klägerin nicht bestritten, dass der Fa. C auch bekannt war, dass wiederum die B-GmbH im Wesentlichen die Vertriebsaufgaben auch bei dem streitgegenständlichen Fonds übernehmen sollte und auch übernommen hat, so dass nicht ersichtlich ist, weshalb Herr Prof. Dr. X und Frau H hätten annehmen sollen, bei Fonds IV sei abweichend von früheren Fonds keine prospektwidrige Weichkostenverschiebung geplant gewesen. Ihr entsprechendes Bestreiten in der Replik hat sie folgerichtig im nachgelassenen Schriftsatz vom 31.05.2012 wieder aufgegeben, indem sie dort auf Bl. 2 ausführt, die Beklagte nehme richtigerweise an, dass bei Prof. Dr. X und Frau H Kenntnis dieser höheren Weichkosten vorgelegen habe.
62Soweit die Klägerin nunmehr jedoch in Zweifel zieht, dass die Kenntnis der vorbezeichneten Personen der Fa. C zugerechnet werden könne, so kann ihr hierin nicht gefolgt werden. Die Kenntnis einer Person ist grundsätzlich unteilbar, gleichviel in welcher Eigenschaft sie am Rechtsleben teilnimmt. Da Herr Prof. Dr. X und Frau H zugleich auch Geschäftsführer der Fa. C waren, hatte damit auch die Fa. C von den vorbesagten Umständen Kenntnis. Eine andere, hiervon zu unterscheidende Frage ist es, ob Hinweise von Prof. Dr. X und Frau H, die diese unter dem Briefkopf der Sozietät Q, X & Partner an die A betr. die Gestaltung des rechtlichen Rahmens für eine Zahlung in Höhe von 20 % der Anlagegelder für den Vertrieb an die B-GmbH damit auch der Fa. C als Treuhänderin mit der Wirkung des hierdurch möglicherweise gegebenen Deckungsausschlusse einer geschäftsführenden Treuhandtätigkeit zugerechnet werden können.
63Ebenso war der Geschäftsführung der Fa. C bekannt, wie der Eingangssatz der Aktennotiz bereits belegt, dass Herr P 100 % die Geschäftsanteile der B-GmbH hielt.
64Dass wegen beider vorgenannten Umstände auch zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Fondsbeitritte eine Aufklärungspflicht bestand, ist anerkannte Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 321/08 -, zu recherchieren über Juris).
65Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Geschäftsführern der Fa. C etwa nicht bewusst gewesen wäre, dass sowohl die von vornherein beabsichtigte Abweichung vom Prospekt bzw. die vorgenannte personelle Verflechtung den Anlegern vor dem über die Fa. C erfolgenden Beitritt nicht mitzuteilen gewesen wäre.
66Dass der Geschäftsführung der Fa. C die Verpflichtung bekannt war, entsprechende personelle Verflechtungen offen zu legen, ergibt sich schon aus ihrer beruflichen Stellung, da Herr Prof. Dr. X Wirtschaftsprüfer und Steuerberater war und Frau H Rechtsanwältin, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin. Es handelte sich mithin nicht um juristischen Laien, die sich über Voraussetzungen und Umfang von Aufklärungspflichten nicht im Klaren gewesen sein mögen.
67Zudem ergibt sich die Kenntnis der Geschäftsführung der Fa. C von den Offenlegungspflichten betr. die beiden vorgenannten Umstände auch aus den Ausführungen in dem von Herrn Prof. Dr. X und Frau H verfassten Bericht über die Prüfung des Prospektes bezüglich einer Beteiligung an der A Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Medienbeteiligungs KG vom 30.07.1997 (Anlage BLD 13), worauf die Beklagte zu Recht hinweist. Die von Prof. Dr. X und Frau H in dem vorgenannten Prüfbericht aufgestellten eigenen Maßstäbe betr. den Umfang der Offenbarungspflicht gehen mit dem überein, was nach Auffassung des BGH zum Zeitpunkt der Auflegung der Fonds auch objektiv galt, so dass auch nichts für einen Rechtsirrtum der Geschäftsführung der Fa. C spricht. Nach eben diesen Maßstäben hätten sowohl die Prospektabweichung hinsichtlich der Eigenkapitalbeschaffungskosten wie auch die vorgenannte personelle Verflechtung offengelegt werden müssen.
68Bezeichnend sind die Ausführungen in der Aktennotiz vom 12./13.01.1999, dass im Hinblick auf die prospektwidrige Mehrzahlung für die Eigenkapitalbeschaffung Zweifel an der Werthaltigkeit anderer prospektierter Leistungen, deren Vergütung nunmehr zur Bestreitung der höheren Eigenkapitalbeschaffungskosten verwandt werden sollte, „nicht nur aus steuerlichen Gründen vermieden werden sollten“. Dass ein Treuhänder ein auf Täuschung ausgerichtetes Verhalten der Fondsgesellschaft dem Treugeber mitzuteilen hat, versteht sich von selbst und ist auch keine Erkenntnis, die die Rechtsprechung erst in den letzten Jahren entwickelt hätte.
69Die Urkundenlage ist eindeutig. Gegenbeweis durch Angebot der Vernehmung der Zeugen Prof. Dr. X und Frau H hat die Klägerin nicht angeboten - was auch im Hinblick auf die vorgenannten Ausführungen nicht erfolgversprechend gewesen wäre.
70Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte sei zumindest verpflichtet, der Fa. C Deckungsschutz betr. den angeblichen Prospektmangel bzgl. der Garantien zu gewähren.
71Hierbei kann dahinstehen, dass der Vortrag der Klägerin, was die haftpflichtrechtliche Seite angeht, ohnehin unschlüssig ist, denn zum einen ergibt sich aus dem Prospekt wörtlich, dass etwaige Garantie- bzw. Versicherungsleistungen der Fondsgesellschaft und nicht jedem einzelnen Anleger zufließen sollen. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, weshalb gerade die Fa. C – und nicht die B-GmbH – mit entsprechenden Sicherheiten geworben haben soll.
72Es kann auch dahinstehen, inwieweit bei einem vorweggenommenen Deckungsprozess des geschädigten Dritten für die Feststellung der Deckungspflicht des Vermögensschadenshaftpflichtversicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer oder Mitversicherten bereits ausreicht, dass der geschädigte Dritte irgendwelche Behauptungen aufstellt, aus denen sich die Haftung des Versicherungsnehmers/Mitversicherten ergeben soll, obgleich der geschädigte Dritte ohnehin, auch wenn er der beklagten Versicherung nicht vorschreiben kann, wie sie ihrer Deckungspflicht nachkommt, im Ergebnis keinen Abwehrschutz sondern nur Befreiung des Versicherungsnehmer/Mitversicherten von der geltend gemachten Schadensersatzpflicht anstrebt und ein Befreiungsanspruch nur bestehen kann, wenn der Haftpflichtanspruch unstreitig oder bewiesen ist.
73Auch kann offen bleiben, inwieweit auf angebliche Pflichtverletzungen zurückgegriffen werden kann, wenn diese – wie vorliegend – nur gegenüber dem Haftpflichtversicherer, nicht jedoch gegenüber dem Schädiger geltend gemacht werden.
74Denn jedenfalls greift der Deckungsausschluss der Schadensverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung auch dann, wenn derselbe Schaden nicht nur durch eine wissentliche Pflichtverletzung sondern (möglicherweise) auch durch eine nicht wissentliche Pflichtverletzung verursacht worden ist.
75Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck der Deckungsausschlussklausel. Hierbei ist auf das Verständnis eines durchschnittlichen, versicherungsrechtlich nicht vorgebildeten Versicherungsnehmers abzustellen. Diesem wird sich sodann zunächst ohne Weiteres erschließen, dass die Versicherung es versicherungsvertraglich ablehnt, für Versicherungsfälle einzustehen, in denen Schäden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht werden, also in Fällen, in denen sich der Versicherungsnehmer oder Mitversicherte sich bewusst dafür entschieden hat, sich pflichtwidrig zu verhalten. Irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass der Versicherer dann, wenn derselbe Schaden auch auf einer nicht wissentlichen Pflichtverletzung beruht, gleichwohl Deckungsschutz zu gewähren verspricht, besteht nicht, denn dann würde er im Ergebnis doch wieder auch Deckungsschutz für einen Schaden leisten, der auch auf einer wissentlichen Pflichtverletzung beruht. Der Versicherungsnehmer oder Mitversicherte, der denselben Schaden nicht nur durch eine wissentliche Pflichtverletzung hervorruft, sondern darüber hinaus auch durch eine nicht wissentliche Pflichtverletzung und demnach mehr Pflichtverletzungen begeht als ein Versicherungsnehmer, der den Schaden nur durch eine wissentliche Pflichtverletzung hervorruft, würde demnach deckungsrechtlich besser stehen. Dies wäre erkennbar sinnwidrig. Die Versicherungsbedingungen machen diesen Zusammenhang dadurch deutlich, dass sie nicht davon sprechen, dass kein Deckungsschutz im Falle einer wissentlichen Pflichtverletzung besteht, sondern indem sie hervorheben, dass ein Deckungsschutz für eine Schadenstiftung bzw. Schadensverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung nicht besteht. Für eben diesen Schaden, wenn er denn auf einer wissentlichen Pflichtverletzung beruht, braucht der Versicherer keinen Deckungsschutz zu gewähren. Die Klausel ist weder überraschend noch unklar (§§ 305c Abs.1, Abs. 2 BGB). Auch höhlt sie nicht wesentliche Leistungspflichten des Versicherers unangemessen aus (vgl. § 307 BGB).
76Vorliegend steht derselbe Schaden in Rede, der nach st. Rspr. in Fällen mangelhafter Aufklärung vor dem Beitritt zu einem Anlagefonds in dem Beitritt selbst besteht, wobei es unerheblich ist, ob gerade diejenigen Umstände, über die nicht hinreichend aufgeklärt worden ist, zu einer wirtschaftlichen Minderwertigkeit der Anlage geführt haben (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2010 – II ZR 30/09 -).
77Die Frage, wie weit der Deckungsausschluss greift, hat mit den Grundsätzen der Rechtsprechung nichts zu tun, nach denen dann, wenn eine bestimmte Pflichtverletzung im Haftpflichtverhältnis rechtskräftig feststeht, im Deckungsprozess weder der Versicherungsnehmer noch der Versicherer geltend machen könne, es habe daneben noch eine weitere wissentliche bzw. nicht wissentlich erfolgte Pflichtverletzung vorgelegen, durch die der Schaden verursacht worden sei (vgl. die Rspr.-Nachw. bei Lücke in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 100 Rz 62). Denn diese Rechtsprechung zieht lediglich die zutreffenden Folgerungen aus dem sog. Trennungsprinzip, soweit nach rechtskräftige Feststellungen der Pflichtverletzung im Haftpflichtverhältnis vorliegen. An solchen rechtskräftigen Feststellungen fehlt es jedoch vorliegend.
78Die Frage der Reichweite ist ausschließlich eine Frage der Vertragsauslegung, auch unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (in diesem Sinne auch OLG Köln, Urteil vom 29.01.2008 – 9 U 71/07 - für die dort angewandte Deckungsausschlussklausel). Das vorgefundene Auslegungsergebnis widerspricht damit auch nicht der Rspr. des BGH, der eine gesonderte Verjährung bei Geltendmachung mehrerer Aufklärungsmängel annimmt (vgl. Urteil vom 24.03.2011 – III ZR 81/10 -). Denn die zutreffende Sichtweise des BGH beantwortet nicht die vorliegend entschiedene Frage, ob die Schadensverursachung durch eine wissentliche Pflichtverletzung eine Sperrwirkung für einen Deckungsanspruch darstellt, der denselben Schaden zum Inhalt hat, falls dieser auch auf einer nicht wissentlichen Pflichtverletzung beruht.
79Soweit die Klägerin darauf hinweist, der Beklagten seien die auch bei der Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend gemachten Prospektmängel bereits seit langem bekannt, so kann hieraus nicht auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dem Grunde nach geschlossen werden. Dies scheitert schon daran, dass die Beklagte unstreitig der Fa. C betreffend den vorliegenden Versicherungsfall bislang keinen Deckungsschutz in Form von Abwehrschutz gewährt hat. im Übrigen spricht auch nichts dafür – insoweit wäre die Klägerin beweisbelastet – dass die Beklagten auch in Kenntnis der Aktennotiz vom 12./13.01.1999, aus der sich maßgeblich die Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ergibt, der Fa. C Deckungsschutz gewährt hätte.
80Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
81Streitwert: 14.0000,- € (80 % von 17.500,- € als angenommenem
82Gesamtschaden)
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