Urteil vom Landgericht Köln - 29 S 240/11
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 4.11.2011 – 204 C 422/10 – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin, 4.735,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 394,61 € seit dem 3.1.2011, seit dem 3.2.2011, seit dem 3.3.2011, seit dem 3.4.2011, seit dem 3.5.2011, seit dem 3.6.2011, seit dem 3.7.2011, seit dem 3.8.2011, seit dem 3.9.2011, seit dem 3.10.2011, seit dem 3.11.2011 sowie seit dem 3.12.2011 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Zwischen den Parteien wurde 1995 ein Verwaltervertrag abgeschlossen, der vom 1.1.1994 bis zum 31.12.1995 lief. In dem Verwaltervertrag heißt es unter Ziff.1. 2: „Er verlängert sich um jeweils 1 Jahr, wenn er nicht 6 Monate vor Ablauf durch Einschreiben gekündigt wird.“ Die Klägerin wurde in der Eigentümerversammlung vom 1.8.2005 für fünf weitere Jahre vom 1.1.2006 an zur Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft Q-Straße in Köln bestellt. Am 13.4.2010 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der unter TOP 13 über die Wiederbestellung der Klägerin als Verwalterin entschieden werden sollte. Es wurde kein Beschluss gefasst. In dem Protokoll heißt es zu TOP 13: „Der Beirat wird sich in der anstehenden außerordentlichen Eigentümerversammlung positionieren.“ In der Eigentümerversammlung vom 17.11.2010 wurde die Klägerin nicht erneut zur Verwalterin bestellt. Eine Kündigung des Verwaltervertrages erfolgte nicht.
4Im amtsgerichtlichen Verfahren begehrte die Klägerin die Feststellung, dass der Verwaltervertrag bis zum 31.12.2011 fortbestehe. Sie ist der Auffassung, dass der mindestens bis zum 31.12.2011 fortbestehe, da er nicht fristgerecht gekündigt worden sei. Die Klausel, wonach sich der Vertrag, wenn er nicht bis sechs Monate vor Ablauf durch Einschreiben gekündigt werde, jeweils um ein Jahr verlängere, sei nicht unwirksam. Es handele sich nicht um eine AGB-Klausel. Der Vertrag sei in zahlreichen Sitzungen besprochen worden. Die Beklagte ist der Auffassung, dass es zumindest stillschweigender Inhalt eines WEG-Verwaltervertrages sei, dass dieser mit Beendigung der Verwalterbestellung ende. Bei der Verlängerungsklausel nach Ziff. 1.2. des Verwaltervertrages handele es sich um eine unwirksame AGB-Klausel. Sie sei überraschend und führe dazu, dass die fünfjährige Höchstbestellungszeit überschritten werde.
5Das Amtsgericht hat die Klage zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass trotz der grundsätzlichen Annahme, dass die Verwalterbestellung und der Abschluss des Verwaltervertrages zwei getrennte Angelegenheiten seien, die von der Klägerin angenommene Wirkung der mindestens einjährigen Vertragsverlängerung nicht eintrete, da bis zum Ablauf des Jahres 2010 der längst mögliche Bestellungszeitraum von fünf Jahren bereits ausgeschöpft gewesen sei. Für die tatsächlichen Feststellungen wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
6Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass nach der Rechtsprechung ein Vertrag mit Verlängerungsklausel nicht gegen das WEG-Gesetz verstoße. Die vom Amtsgericht angenommen Beendigung des Verwaltervertrages widerspreche der Trennungstheorie. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien sei vielmehr durch die Nichtwiederbestellung der Klägerin als Verwalterin nicht berührt worden. Der Vergütungsanspruch bestehe fort. Da die Beklagte jedoch die Dienste der Klägerin nicht in Anspruch genommen habe, mache die Klägerin einen Abzug von 20% und fordere 80% der vereinbarten Vergütung. Des Weiteren ist die Klägerin der Auffassung, dass die Beklagte die Vergütung auch deswegen schulde, da sie die Beklagte nicht frühzeitig darüber Klarheit verschafft habe, ob sie als Verwalterin wiedergewählt werde. Der Beirat habe sich in der Eigentümerversammlung vom 13.4.2010 nicht offenbart und die Klägerin hoffen lassen, dass sie als Verwalterin wiedergewählt werde.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen 4.735,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 394,61 € seit dem 3.1.2011, seit dem 3.2.2011, seit dem 3.3.2011, seit dem 3.4.2011, seit dem 3.5.2011, seit dem 3.6.2011, seit dem 3.7.2011, seit dem 3.8.2011, seit dem 3.9.2011, seit dem 3.10.2011, seit dem 3.11.2011 sowie seit dem 3.12.2011 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die grundsätzliche Trennung zwischen Verwalterbestellung und Verwaltervertrag könne nicht dazu führen, dass die Längstbestellungsfrist des § 26 WEG ausgehebelt werde. Die Beklagte werde faktisch an den nicht mehr amtierenden Verwalter gebunden. Auch aus dem Umstand, dass in der Eigentümerversammlung vom 13.4.2010 kein Beschluss zur Wiederbestellung gefasst worden sei, könne die Klägerin nichts herleiten. Die Klägerin habe nach dem 13.4.2010 konkret damit rechnen müssen, dass sie nicht wieder bestellt werde und sich darauf einstellen müssen. Die Berufung auf die Verlängerungsklausel sei daher treuwidrig. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin lediglich 20% ersparter Aufwendungen habe.
12II.
13Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
14Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des Verwalterhonorars für das Jahr 2011 in Höhe von 4.735,32 € nebst Zinsen.
15Der Verwaltervertrag ist seitens der Beklagten nicht sechs Monate vor Ablauf durch Einschreiben gekündigt worden, so dass er sich um ein Jahr, nämlich bis zum 31.12.2011 verlängerte. Die sog. Fristverlängerungsklausel in § 1 Ziff. 2 des Verwaltervertrages ist nicht nichtig. Die Kammer hält an ihrer in dem Hinweisbeschluss vom 6.2.2012 geäußerten Rechtsauffassung, dass es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt, nicht fest. Die Klägerin hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass sie erstinstanzlich bestritten habe, dass es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele und vorgetragen habe, dass der Vertrag in zahlreichen Sitzungen besprochen worden sei. Auf das Bestreiten der Klägerin hat die Beklagte erstinstanzlich keine weiteren Ausführungen dazu gemacht, dass es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele. Mit ihrem Vorbringen in der Berufungserwiderung dazu, dass es sich um einen Formularvertrag handele, ist sie gem. § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
16Die Verlängerungsklausel verstößt auch nicht gegen § 26 WEG. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt daraus, dass die 5-jährige Bestellungszeit der Klägerin am 31.12.2010 endete, nicht, dass nach Erreichen der Höchstbestelldauer auch der Verwaltervertrag automatisch enden muss. Nach der herrschenden Trennungstheorie ist zwischen Organstellung und Verwaltervertrag zu differenzieren. Grundsätzlich sind Kündigungsfristen, die der Verwaltervertrag vorsieht, einzuhalten. Aus der Entscheidung des BGH vom 20.6.2002 – V ZB 39/01- (NJW 2002, 3240) ergibt sich nichts Abweichendes. In dieser Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass eine Vereinbarung einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren in einem Formularvertrag nicht gegen § 309 Nr. 9 a BGB verstößt, da § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG als eine Spezialregelung der Vorschrift des § 309 Nr. 9 a BGB vorgehe. Aus § 26 Abs. 1 Satz 2, 4 WEG folge weiter, dass eine vertragliche Bindung der Wohnungseigentümer an den Verwalter nicht über die vorgeschriebene Bestellungszeit hinausgehen darf, also ebenfalls nur für höchstens fünf Jahre eingegangen werden kann. Eine Bindung über die höchst zulässige Bestellungsdauer ist die Beklagte durch den vorliegenden Verwaltervertrag hingegen nicht eingegangen. Der Vertrag war zunächst auf die Dauer von zwei Jahren geschlossen worden, nämlich vom 1.1.1994 bis zum 31.12.1995, danach lief der Vertrag für jeweils ein Jahr, wobei sich der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr verlängerte, wenn er nicht vor Ablauf von sechs Monaten gekündigt worden war. Durch die Verlängerungsklausel wird die Vorschrift des § 26 WEG auch nicht ausgehebelt. Aus den Darlegungen des BGH, dass ein unzulässiger Druck zur Bestellung eines bestimmten Verwalters auch dadurch ausgeübt werden könne, dass die Wohnungseigentümer mit diesem einen Vertrag schließen, dessen Laufzeit über die Bestellungsdauer hinausgeht, folgt nicht, dass vereinbarte Kündigungsfristen nicht einzuhalten sind. Durch die Vereinbarung einer sog. Fristverlängerungsklausel wird kein unzulässiger Druck zur Bestellung eines bestimmten (des noch amtierenden Verwalters) ausgeübt. Die Wohnungseigentümer sind frei, den Verwaltervertrag jederzeit unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist zu kündigen. Auf die Einhaltung der Kündigungsfrist kann nur verzichtet werden, wenn ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt oder wenn der Fristablauf nach Ablauf der höchst zulässigen Bestellungsdauer von fünf Jahren liegen würde (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 26 Rn.159, 160). Da der Fristablauf nicht nach Ablauf der höchst zulässigen Bestellungsdauer von fünf Jahren lag, der Verwaltervertrag konnte jeweils sechs Monate vor Ablauf gekündigt werden, war die Beklagte gehalten, die Kündigungsfrist einzuhalten und den Vertrag bis zum 30.6.2010 zu kündigen.
17Die Berufung auf die Verlängerungsklausel in dem Vertrag ist auch nicht treuwidrig. Wenn die Wohnungseigentümer in der rechtzeitig von Ablauf der Kündigungsfrist anberaumten Eigentümerversammlung keine Entscheidung zur Frage der Bestellung der Verwaltung treffen, da der Beirat sich zur Frage der Wiederwahl der Verwalterin nicht zu positionieren vermag, kann darin, dass die Klägerin die Erfüllung des Vertrages verlangt, kein treuwidriges Verhalten gesehen werden. Es musste den Wohnungseigentümern und insbesondere dem Beirat klar sein, dass der Verwaltervertrag innerhalb der vorgesehenen Frist zu kündigen war, da ansonsten die dort vorgesehene Verlängerung um ein Jahr eintreten werde. Von einer automatischen Beendigung des Verwaltervertrages entgegen dem Vertragstext konnte die Beklagte nicht ausgehen. Der Vertrag hätte hier auch vorsorglich zum Ende des Jahres 2010 gekündigt werden können. Bei einer möglichen Wiederbestellung der Klägerin als Verwalterin hätte mit ihr ebenso wie mit einer neuen Verwaltung ein neuer Verwaltervertrag abgeschlossen werden können.
18Die Beklagte bleibt dafür, dass eine höhere Ersparnis als 20 % auf Seiten der Klägerin gegeben ist, darlegungs-und beweispflichtig. Die Darlegungs-und Beweislast obliegt der Beklagten (vgl. Palandt-Sprau, BGB, § 615 Rn.18). Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Klägerin nach Beendigung der Verwalterbestellung für das Objekt in der Lage war, Kosten und Personal einzusparen. Wenn der Verwalter zu einer Einsparung nicht in der Lage ist, nimmt die Rechtsprechung eine pauschale Kostenersparnis von 20% an (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 26 Rn.187).
19Der Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB begründet.
20Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
21Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
22Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die dafür nach § 543 Abs. 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung nicht von der Entscheidung des BGH vom 20.6.2002 ab, die den vorliegenden Fall nicht erfasst. Ebenso wenig ist der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts ersichtlich. Allein der Umstand, dass der BGH zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch nicht Stellung genommen hat, rechtfertigt die Zulassung der Revision für sich genommen nicht (vgl. BGH ZWE 2011, 369). Mit der Entscheidung schließt sich die Kammer der ganz herrschenden Trennungstheorie an und weicht nicht von einer Entscheidung eines höherrangigen oder gleichrangigen Gerichts ab.
23Streitwert: 4.735,32 €
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