Urteil vom Landgericht Köln - 11 S 336/11
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06.04.2011 – 266 C 190/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.
- Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. -
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
2Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
3Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Klage des Klägers auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 17.08.2008 gegen seine Vollkaskoversicherung, die Beklagte, in Höhe von 3.105,46 € abgewiesen. Es wird auf die Gründe in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
4Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt und ergänzt. Er macht insbesondere erneut geltend, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bezüglich der Vollkaskoversicherung gegen das Transparenzgebot des § 307 ff. BGB verstöße. Außerdem würden die Bedingungen der Beklagten von den Musterbedingungen des GDV von der systematischen Stellung her abweichen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Übrigen wird auf seine Berufungsbegründung Bezug genommen.
5Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hat sich auf die Gründe in der angefochtenen Entscheidung bezogen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
6Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Berufung des Klägers ist in der Sache unbegründet.
7Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Klage des Klägers auf restlichen Schadensersatz gegen seine Vollkaskoversicherung in Höhe von 3.105,46 € abgewiesen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Es wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfassende Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung verwiesen.
8Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass dem Kläger aus Anlass des Versicherungsfalles vom 17.08.2008 kein Anspruch auf weitere Versicherungsleistung über den von der Beklagten hinaus regulierten Betrag zusteht. Zu Recht hat die Beklagte in ihrer Abrechnung vom 06.10.2008 den Wiederbeschaffungswert mit netto 16.344,54 € zugrunde gelegt und den Restwert mit 10.890,-- € inklusive Mehrwertsteuer sowie die Selbstbeteiligung von 300,-- € abgezogen. Nach A 2.7 der Bedingungen der Beklagten für die Vollkaskoversicherung ergibt sich, was der Versicherungsnehmer erhält, nämlich wenn er nicht repariert oder unvollständig und dies nicht durch Rechnung belegen kann, nämlich den Wiederbeschaffungswert abzüglich der Mehrwertsteuer, weil sie nicht anfällt. Dies ist in A 2.5 Abs. 4 geregelt. In A 2.5 Abs. 1 ist der Wiederbeschaffungswert genau definiert. Er wird jedoch unter Vorbehalt der weiteren Vorschriften gezahlt und in A 2.5 Abs. 5 Satz 2 ist die Mehrwertsteuerregelung ausdrücklich geregelt. Die Mehrwertsteuer wird danach nur erstattet, wenn und soweit diese für den Versicherungsnehmer bei der von ihm gewählten Schadensbeseitigung (Reparatur oder Wiederbeschaffung) tatsächlich angefallen oder nachgewiesen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mehrwertsteuer grundsätzlich ein durchlaufender Posten ist, der an das Finanzamt abgeführt werden muss, wenn sie anfällt. Vorliegend ist sie jedoch unstreitig bei dem Kläger nicht angefallen. Er ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Es ist grundsätzlich der Wiederbeschaffungswert netto anzusetzen, da die Mehrwertsteuer unstreitig nicht angefallen ist. Diese Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann aus den Bedingungen der Beklagten eindeutig und zweifelsfrei entnehmen, dass für jeden Fall der Berechnung der Versicherungsleistung Mehrwertsteuer vom Versicherer nur ersetzt wird, wenn diese tatsächlich anfällt. Diese Regelung benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ist die Mehrwertsteuer mangels Ersatzbeschaffung oder vollständiger Reparatur nicht entstanden und belastet den Versicherungsnehmer mithin auch nicht, so ist nicht ersichtlich, wieso er durch die Beschränkung des Ersatzes auf den Nettobetrag unangemessen benachteiligt sein sollte (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2009, 816; OLG Celle, VersR 2008, 1204).
9Anders als bei der Berücksichtigung des Wiederbeschaffungswertes stellt sich die Frage nach dem Netto- oder Bruttobetrag bei der Berücksichtigung des Restwertes schon nach dem Wortlaut der Mehrwertsteuerklausel nicht. Denn danach ersetzt der Versicherer die Umsatzsteuer nur, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Ersetzt werden kann aber nur etwas, was der Versicherungsnehmer zuvor erbracht hat oder was er zu erbringen zumindest verpflichtet ist, wie z.B. die Mehrwertsteuer bei Reparatur oder Wiederbeschaffung. Beim Restwert, den der Versicherungsnehmer hat oder ihm zufließt, kann es schon rein sprachlich nicht zu einem Ersatz der Mehrwertsteuer kommen. Deshalb wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer schon nach dem Wortlaut der Mehrwertsteuerklausel, dem Ausgangspunkt einer jeden Auslegung, davon ausgehen, dass sich die Mehrwertsteuerfrage bei der Berücksichtigung des Restwertes gar nicht stellt (vgl. LG Dortmund, Schadenspraxis 2010, 231 ff.). Auch nach Sinn und Zweck der Mehrwertsteuerklausel wird der verständige Versicherungsnehmer annehmen, dass der Restwert in Höhe des ihm verbliebenen oder zugeflossenen Betrages zu berücksichtigen ist. Denn durch die Mehrwertsteuerklausel soll verhindert werden, dass dem Versicherungsnehmer ein Vorteil zufließt, dem keine entsprechende Belastung gegenübersteht. Umgekehrt soll sich der Versicherungsnehmer erkennbar den Betrag anrechnen lassen, den er für den beschädigten Pkw noch erzielen könnte und keinen fiktiven geringeren Wert. Der Restwert, den er erzielen kann, ist der Bruttobetrag, so dass auch dieser bei der Abrechnung zu berücksichtigen ist. Eine den Geboten von Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers oder eine ungerechtfertigende Bevorzugung des Versicherers kann die Kammer entgegen der Auffassung des Klägers darin nicht sehen. Der Kläger kann sein beschädigtes Fahrzeug zu dem Restwert von 10.890,-- € verkaufen, ohne dass er beim Finanzamt Mehrwertsteuer abführen muss.
10Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz erneut geltend macht, die Vertragsbedingungen der Beklagten entsprächen nicht dem Transparenzgebot, kann die Kammer dem nicht folgen. Die hier für den Kläger einschlägigen Vertragsbedingungen sind geregelt in den Punkten A 2.5 und A 2.7. Dies sind eine Seite der Vertragsbedingungen, die einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar machen, was die Versicherung bei Beschädigung des Fahrzeuges zahlt (A 2.7), nämlich für den Fall, wenn das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert wird, zahlt sie die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes nach A 2.5 Abs. 1, wenn dies durch Rechnung nachgewiesen wird. Wenn das Fahrzeug nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert wird und die Reparatur nicht durch eine Rechnung belegt wird, zahlt die Versicherung die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert gemäß A 2.5 Abs. 4 verminderten Wiederbeschaffungswertes nach A 2.5 Abs. 1, der wiederum auf die anderen folgenden Vorschriften verweist und zwar auch auf die Mehrwertsteuerklausel A 2.5 Abs. 4. Vorliegend ist unstreitig, dass der Kläger eine ordnungsgemäße Reparatur durch Rechnung nicht nachgewiesen hat, sondern er hat sein Fahrzeug durch gebrauchte Teile repariert. Aus diesem Grunde ist die Abrechnung der Beklagten auf der Basis eines Nettowiederbeschaffungswertes von 16.344,54 € abzüglich eines Restwertes 10.890,-- € brutto in keiner Weise zu beanstanden. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann auch die Kammer, wie auch das Amtsgericht in seiner ausführlichen Begründung dargelegt hat, nicht erkennen. Wie bereits oben dargelegt, befinden sich die hier einschlägigen Vertragsbedingungen der Beklagten für den vorliegenden Fall auf einer Seite und sind für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ausreichend verständlich. Dass diese Bedingungen etwas anders gefasst sind als die Musterbedingungen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Soweit der Kläger sich in der Berufungsinstanz auf eine Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts vom 13.05.2009 (Schadenspraxis 2009, 368 ff.) beruft, betrifft dies einen nicht vergleichbaren Fall. Dort wurde der Nettorestwert in Abzug gebracht. Dies beruhte jedoch darauf, dass der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt war und das geschädigte Fahrzeug zum Betriebsvermögen eines Unternehmers gehörte. Grundsätzlich hat das Thüringer Oberlandesgericht aber festgestellt, dass der Restwert eines Unfallfahrzeugs steuerneutral ist, wenn im Falle der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss und dies der Fall sei, soweit es sich bei dem Geschädigten um eine Privatperson handele.
11Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
12Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
13Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 ZPO).
14Berufungsstreitwert: 3.105,46 €.
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