Urteil vom Landgericht Köln - 18 O 299/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Anlagen- und Automatisierungstechnik. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Bestellungen vom 27.05.2008 sowie 27.03.2009 mit Montagearbeiten an einer Kondensationsturbine (Projekt Nr. ###, Dampf-, Druck- und Wassersysteme zur Entnahme-Kondensationsturbine 11). Grundlage der Beauftragung war das klägerische Angebot vom 11.02.2008. Darin hieß es unter anderem unter Ziff. 4.3: „Werden nach Auftragsabschluss Bedingungen gestellt, die einen über den aufgeführten Angebotsumfang hinausgehenden Aufwand erfordern, so bedarf es eines gesonderten Auftrags.“ Wegen der Einzelheiten der angebotenen Arbeiten wird auf das zur Gerichtsakte gereichte Angebot der Klägerin vom 11.02.2008 verwiesen. Bei der Beauftragung handelte die Beklagte ihrerseits als Subunternehmerin. Die Beklagte war mit den entsprechenden Arbeiten von der Fa. E GmbH Duisburg (im Folgenden: E GmbH) beauftragt worden. Im Februar 2010 hatte die Klägerin alle nach dem Vertrag mit der Beklagten geschuldeten Leistungen erbracht. Es kam zu Vertragsverhandlungen über Mehr- und Zusatzleistungen der Klägerin an der streitgegenständlichen Kondensationsturbine. Am 30.03.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten ein Nachtragsangebot über weitere Leistungen an der Turbine. Im Oktober 2010 trafen die Klägerin und die Beklagte eine von ihnen so bezeichnete Anerkenntnisabrede, wonach die Klägerin der Beklagten eventuelle Mehrleistungen erst dann in Rechnung stellen durfte, wenn der Beklagten „eine entsprechende Bestellung und die unterschriebenen Unterlagen seitens der E GmbH vorliegen“. Wegen der genauen Einzelheiten der Vereinbarung wird auf das zur Gerichtsakte gereichte Schreiben der Beklagtenseite vom 29.12.2010 verwiesen. Mit Rechnungen vom 21.12.2010 berechnete die Klägerin der Beklagten „Zusatzarbeiten“ in Höhe von 30.537,59 € sowie „Mehrleistungen“ in Höhe von 83.419,39 € hinsichtlich der Turbinenmontage. Dabei handelte es sich nicht um Leistungen, welche im Nachtragsangebot der Klägerin vom 30.03.2010 enthalten waren. Wegen der Einzelheiten der geltend gemachten Zusatzvergütung wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Rechnungen der Klägerin vom 21.12.2010 verwiesen. Die Beklagte versuchte ihrerseits erfolglos, die Rechnungsbeträge bei der E GmbH geltend zu machen. Mit Schreiben vom 29.12.2010 wies die Beklagte die Rechnungen der Klägerin zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das zur Gerichtsakte gereichte Schreiben der Beklagten vom 29.12.2010 verwiesen.
3Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage den offenen Werklohn aus den beiden Rechnungen vom 21.12.2010 über insgesamt 113.956,98 €. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die Klägerin mit der Durchführung der streitgegenständlichen Zusatz- und Mehrleistungen mündlich beauftragt. Die Zusatz- und Mehrungsleistungen seien im Einzelnen in den Baubesprechungen und auf der Baustelle mündlich besprochen und angewiesen worden. Anschließend seien sie unter den Augen der Beklagten und der E GmbH ausgeführt, gemeinsam aufgemessen, abgenommen und allseitig in Rechnung gestellt worden. Während der Ausführungen der Arbeiten sei die Beklagte in stetiger Kenntnis gewesen und habe die Arbeiten ebenfalls bei den Rundgängen auf der Baustelle besichtigt und ausführen lassen. Am 20.12.2010 habe die E GmbH gegenüber der Klägerin die Zusatz- und Mehrleistungen anerkannt. Die E GmbH habe auf die Rechnung der Beklagten bezüglich der „durchgereichten“ Zusatz- und Mehrleistungskosten keine Zahlungen erbracht, da sie ihrerseits gegenüber der Beklagten die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen erklärt habe.
4Die Klägerin beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, an sie 113.956,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2011 zu zahlen.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe die geltend gemachten Zusatz- und Mehrleistungen ausschließlich mit der E GmbH besprochen und verhandelt. Die Beklagte meint, die Klägerin müsse sich hinsichtlich der Zusatz- und Mehrleistungen an die E GmbH halten, welche insoweit Vertragspartnerin der Klägerin geworden sei.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
10Entscheidungsgründe:
11Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
12Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Restwerklohns in Höhe von 113.956,98 € für Zusatzarbeiten und Mehrleistungen gemäß Rechnungen ####### und ####### vom 20.12.2010.
13I. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag über die Durchführung der streitgegenständlichen Arbeiten nach § 631 Abs. 1 BGB. Die Leistungen, für welche die Klägerin eine weitere Vergütung verlangt, waren unstreitig nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung gemäß Aufträgen vom 27.05.2008 sowie 27.03.2009 und im Rahmen des ursprünglichen Vertrages nicht geschuldet. Eine zusätzliche Beauftragung der Leistungen durch die Beklagte steht hingegen nicht fest.
14Der Vortrag der Klägerin zur Beauftragung der Mehr- und Zusatzleistungen durch die Beklagte ist nicht hinreichend substantiiert, so ihr Vorbringen prozessual unbeachtlich ist. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist dann schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist zwar nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind, da das Gericht nur in der Lage sein muss, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Allerdings richtet sich Umfang der Darlegungslast nach der Einlassung des Gegners. Danach bedarf der Vortrag der darlegungsbelasteten Partei der Ergänzung, wenn die Gegenpartei die Darstellung angreift, infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und dieser somit nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechtes zulässt (BGH NJW 1984, 2888, 2889; 2005, 2710, 2711).
15Nachdem die Beklagte das Zustandekommen einer weiteren Beauftragung bestritten hat, hat die Klägerin ihren Vortrag nicht weiter ergänzt und vertieft. Die Beklagte stellt in Abrede, dass auf der Baustelle bzw. anlässlich von Baubesprechungen weitere Leistungen von ihr angewiesen worden sind. Vielmehr fanden nach den Ausführungen der Beklagten alle Verhandlungen bezüglich der streitgegenständlichen Mehr- und Zusatzleistungen ausschließlich zwischen der Klägerin und der E GmbH statt. Das Tatbestandsmerkmal „weitere Beauftragung“ ist damit unklar geworden, so dass weitere Einzelheiten vorgebracht werden müssen, wie Angebot und Annahme erfolgt sind. Die Klägerin hat jedoch keinen weiteren qualifizierten Vortrag geleistet. Es ist schon nicht klar, welche konkreten Personen an der Abrede beteiligt gewesen sein sollen. So formuliert die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 05.03.2012 (dort S. 3) durchweg passivisch, dass Zusatz- und Mehrleistungen „mündlich besprochen und angewiesen wurden“. Auch in der Folge benennt die Klägerin nicht die maßgeblichen Akteure. Streng genommen trägt die Klägerin nicht einmal konkret vor, dass überhaupt eine aus dem Beklagtenlager stammende Person gehandelt hat. Da die Beklagte als juristische Person durch ihre Organe bzw. durch sonst zur Vertretung befugte natürliche Personen handelt, muss wenigstens ansatzweise deutlich werden, wer im konkreten Fall für die Beklagte aufgetreten ist. Die klägerseits für das Zustandekommen der Vereinbarung benannten Zeugen entstammen jedenfalls nicht dem Beklagtenlager. Vielmehr handelt es sich ausschließlich um Personen aus dem Mitarbeiterkreis der Klägerin und der E GmbH, so dass auch insofern keine Anhaltspunkte vorgebracht werden, wer für die Beklagte gehandelt haben sollte.
16Im Übrigen trägt die Klägerin auch nicht vor, wann die Beauftragungen in welchem Umfang stattgefunden haben sollen. Die Kammer verkennt nicht, dass an den Sachvortrag der Klägerin keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, da sie sich gerade auf eine mündliche Vereinbarung beruft, welche aufgrund fehlender Niederschrift naturgemäß nicht dokumentiert ist. Gleichwohl kann es kein unüberwindbares Hindernis darstellen, wenigstens eine grobe zeitliche Einordnung zu liefern, wann welche Beauftragungen stattgefunden haben. Selbst dazu leistet die Klägerin jedoch keinerlei greifbaren Vortrag. Aus dem Vorbringen der Klägerin geht lediglich hervor, dass die Beauftragungen irgendwann bis September/Oktober 2010 stattgefunden haben müssen, da es dort zu einem Schlussaufmaß gekommen sein soll (vgl. Anhang zu den Rechnungen vom 21.12.2010). Aus dem Nachtragsangebot vom 30.03.2010, welches die Klägerin an die Beklagte gerichtet hat, kann die Klägerin jedenfalls nichts herleiten, da es sich dabei nicht um hier streitgegenständliche Zusatz- und Mehrleistungen handelte. Weitere Ausführungen zum Ablauf der Beauftragung scheinen nicht unzumutbar, da es sich bei den behaupteten Zusatz- und Mehrleistungen um nicht unerhebliche Arbeiten handelt. So bleibt z.B. völlig im Unklaren, ob die Leistungen alle gleichzeitig bei einem Termin oder sukzessive beauftragt worden sind.
17Auf den Umstand der fehlenden Substantiierung hatte die Beklagte die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 08.05.2012 (dort S. 3) hingewiesen. Die Klägerin hat zu den hier interessierenden Einzelheiten der Beauftragung der streitgegenständlichen Mehr- und Zusatzleistungen im Folgenden keinerlei Vortrag mehr geleistet und die vermeintliche mündliche Abrede nicht weiter konkretisiert. Da die Klägerin offensichtlich nicht mehr vortragen konnte oder wollte, erübrigte sich auch eine weitere Aufklärung durch die Kammer nach § 139 ZPO (vgl. auch BGH NJW-RR 2004, 394, 395). Dem klägerseits angebotenen Zeugenbeweis war zur Vermeidung einer unzulässigen Ausforschung nicht nachzugehen.
18II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Werklohns aus der von den Parteien so bezeichneten Anerkenntnisabrede (§ 311 BGB), welche in dem Schreiben der Beklagten vom 29.12.2010 wiedergegeben ist.
19Es kann dahinstehen, ob die E GmbH – so wie die Klägerin behauptet – die Mehr- und Zusatzleistungen anerkannt und akzeptiert hat. Denn die Anerkennung eventueller Mehr- und Zusatzleistungen stellte lediglich eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung zur Geltendmachung von Mehrungen durch die Klägerin gegenüber der Beklagten dar, da die Beklagte nicht das Risiko tragen wollte, bei dem „Durchreichen“ der Kosten an die E GmbH einerseits gegenüber der Klägerin zur Zahlung verpflichtet zu sein, andererseits aber Gefahr zu laufen, dass die E GmbH als Endkundin womöglich nicht leistet. Gemäß Ziff. 4.3. des Vertragsgegenstand gewordenen Angebots vom 11.02.2008 bedurfte es jedenfalls auch eines gesonderten Auftrags der Beklagten an die Klägerin zur Durchführung von Mehr- und Zusatzleistungen, welcher hier jedoch – wie ausgeführt – nicht vorliegt bzw. dessen Vorliegen die Klägerin nicht hinreichend dargelegt hat. In Anbetracht der eindeutigen Regelung im Vertrag (Erfordernis eines gesonderten Auftrags) stellt die „Anerkenntnisabrede“ – anders als die Klägerin meint – keine selbständige Verpflichtung nach §§ 780, 781 BGB dar.
20III. Auch der Umstand, dass nach dem klägerischen Vortrag die E GmbH ihrerseits mit Schadensersatzforderungen gegenüber der Beklagten aufgerechnet hat, nachdem die Beklagte die streitgegenständlichen Rechnungsbeträge ihrerseits der E GmbH in Rechnung gestellt hatte, verpflichtet die Beklagte unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nach § 242 BGB nicht, eine damit zusammenhängende wirtschaftliche Ersparnis wegen Befreiung von einer Schadensersatzverbindlichkeit an die Klägerin weiterzureichen. Die Beziehungen zwischen Subunternehmer und Generalunternehmer einerseits sowie zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber andererseits sind strikt voneinander zu trennen. Sowenig wie der Hauptunternehmer Risiken aus seinem Verhältnis zum Abnehmer auf den Subunternehmer abwälzen darf, sowenig darf die Entwicklung jenes Verhältnisses dem Subunternehmer Vorteile verschaffen. Das Schuldvertragsrecht ist vom Relativitätsgrundsatz geprägt, wonach Schuldverträge nur zwischen den jeweiligen Parteien Wirkungen erzeugen.
21Gerade die Existenz des § 641 Abs. 2 BGB (sog. Durchgriffsfälligkeit) zeigt, dass nur unter den dort genannten Voraussetzungen ausnahmsweise die Leistungskette zwischen Subunternehmer, Hauptunternehmer und Abnehmer durchbrochen werden darf, so z.B. wenn der Besteller die Vergütung von dem Dritten erhalten hat, was auch durch Aufrechnung geschehen mag, so dass fortan der Unternehmer auch vom Besteller die Vergütung nach § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB fordern kann (kritisch auch Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2008, § 641 Rn. 40; MünchKomm/Busche, BGB, 6. Aufl., § 641 Rn. 18). Die Bestimmung des § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist im vorliegenden Fall allerdings nicht einschlägig. Sie regelt lediglich die Fälligkeit innerhalb einer bestehenden Leistungskette. An einer solchen Leistungskette fehlt es hier. Eine Beauftragung der Mehr- und Zusatzleistungen durch die Beklagte steht nicht fest, nachdem die Klägerin hierzu nicht hinreichend vorgetragen hat.
22IV. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vergütung hilfsweise unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 670, 683 BGB zu.
23Es fehlt bereits an der Besorgung eines Geschäfts „für einen anderen“. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Geschäftsführer das Geschäft nicht (nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes führt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 677 Rn. 3). Generell ist aber schon der erforderliche Fremdgeschäftsführungswille fraglich, wenn in Betracht kommt, dass der Handelnde nur eine eigene Verpflichtung erfüllen wollte. So vertritt auch der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung zum sog. auch-fremden Geschäft zunehmend die Auffassung, dass der Handelnde, welcher aufgrund vermeintlicher eigener vertraglicher Verpflichtung Leistungen vornimmt, kein Geschäfts seines Vertragspartners führt, sondern nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig wird (vgl. exemplarisch BGH NJW 2009, 2590 zur mieterseitigen Schönheitsreparatur auf Grundlage unwirksamer Renovierungsklauseln). Zwar hat der BGH in seiner älteren Rechtsprechung das Merkmal des (auch) fremden Geschäfts in Fällen der Erbringung einer Leistung in Erfüllung einer in Wahrheit nicht bestehenden Verpflichtung an den (vermeintlichen) Vertragspartner noch bejaht, ohne sich nunmehr ausdrücklich von seiner früheren Rechtsprechung abzuwenden. Dies kann indes letztlich dahinstehen. Denn auch in der vom BGH herausgebildeten Fallgruppe der Geschäftsführung ohne Auftrag bei nichtigen Verträgen ging es stets um Leistungen innerhalb einer Zweierbeziehung, bei der die Leistungserbringung stets zur Erfüllung einer vermeintlichen Verpflichtung gegenüber einer feststehenden Person erfolgte (vgl. BGH NJW 1988, 132, 133; NJW-RR 1989, 970). Daraus kann aber nichts hergeleitet werden, wenn – wie hier – streitig ist, gegenüber wem der Handelnde eine vermeintliche Leistungspflicht erfüllt hat (vgl. auch OLG Oldenburg Urt. v. 21.06.2000, Az. 2 U 82/00, zitiert nach Juris). Während die Klägerin behauptet, eine Leistung an die Beklagte erbracht zu haben, meint die Beklagte, dass Vertragspartner für die Zusatz- und Mehrleistungen die E GmbH gewesen sei, so dass die Klägerin danach eine andere Tilgungszweckbestimmung gesetzt hat, nämlich die Erfüllung einer Verbindlichkeit aus dem Verhältnis der Klägerin zur E GmbH.
24Die Klägerin hat nicht substantiiert dazu vorgetragen, dass sie ihre Zusatz- und Mehrleistungen überhaupt mit Blickrichtung auf eine vermeintliche Vertragsbeziehung mit der Beklagten vorgenommen hat. Genauso wie es zur Annahme einer Beauftragung durch die Beklagte konkreten Sachvortrags seitens der Klägerin bedurft hätte, wäre zur Annahme einer bloß vermeintlichen Leistungsbeziehung gegenüber der Beklagten ebenfalls entsprechendes konkretisierendes Vorbringen erforderlich gewesen. So behauptet die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.03.2012 (dort S. 5) lediglich pauschal, die Beklagte sei während der Ausführung der Arbeiten in „stetiger Kenntnis“ gewesen und habe die Arbeiten bei den Rundgängen auf der Baustelle „besichtigt“ und „ausführen lassen“. Wenn die Klägerin auf S. 3 des Schriftsatzes vom 05.03.2012 vorträgt, dass die Klägerin die Zusatz- und Mehrleistungen „unter den Augen der Beklagten und Endkundin“ ausgeführt habe, liefert sie keinen hinreichend qualifizierten Vortrag, dass sie ausschließlich an die Beklagte und nicht an die E GmbH als Endkundin leisten wollte.
25Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus der (vermeintlichen) Beauftragung der Zusatz- und Mehrleistungen vor Ausführung der Arbeiten. Da der klägerische Vortrag zum Vertragsschluss – wie bereits oben ausgeführt – nicht hinreichend substantiiert ist, lassen sich daraus auch keine Schlussfolgerungen zur Annahme einer hilfsweise behaupteten, bloß vermeintlichen Leistungsbeziehung mit der Beklagten ziehen.
26V. Aus denselben Gründen kommt auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der geltend gemachten Rechnungssumme nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nicht in Betracht. Die behaupteten Arbeiten der Klägerin stellen in jedem Fall eine Leistung i.S. von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB dar, da sie entweder in Erfüllung einer vermeintlichen Vertragsbeziehung mit der Beklagten oder aber der E GmbH erfolgten. Jedoch hat die Klägerin keinen hinreichenden Vortrag geleistet, dass die Zweckrichtung der Leistung gerade auf die Beklagte bezogen war.
27VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
28VII. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene und nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 19.04.2013 hat zu keiner anderen Bewertung geführt. Insbesondere besteht keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO). Ein Schriftsatznachlass ist nicht angezeigt gewesen. Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung am 08.04.2013 der Klägerseite mitgeteilt, dass sie den klägerischen Vortrag zur Beauftragung der einzelnen Zusatzleistungen durch die Beklagte als nicht hinreichend substantiiert ansieht. Die entscheidungserheblichen Punkte – Art, Umfang und Modalitäten der weiteren Beauftragung durch die Beklagte – waren stets Gegenstand des wechselseitigen Sachvortrags und der geäußerten – gegenläufigen – Rechtsauffassungen der Parteien. Bereits mit Schriftsatz vom 08.05.2012 (dort S. 3) hatte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass der klägerische Vortrag insoweit unzureichend ist. Gleichwohl hat die Klägerin keinen weiteren qualifizierten Vortrag geleistet. Die Ausführungen der Kammer im Termin konnten die Klägerin folglich nicht überraschen. Im Übrigen waren Mitarbeiter der Klägerin, welche mit dem Vorgang vertraut waren, im Termin persönlich anwesend, so dass Gelegenheit zur weiteren Substantiierung des Vortrags bestanden hätte, welche allerdings ungenutzt blieb. Die weiteren Ausführungen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz zur Reichweite der „Anerkenntnisabrede“ sowie zur Rechtsfigur der Geschäftsführung ohne Auftrag stellen bloße Rechtsausführungen dar, mit denen sich die Kammer in den Entscheidungsgründen auch auseinandergesetzt hat.
29Schließlich ist der Vortrag der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz auch der Sache nach nicht geeignet, ausreichende tatsächliche Feststellungen zur Beauftragung zusätzlicher Leistungen zu ermöglichen. Zur Beauftragung von Zusatzleistungen K 3 findet sich mehrfach die stereotype Wendung „…in Form einer Anordnung seitens DK und einer entsprechenden Weiterbeauftragung durch ELRO (Herr Q) an Cegelec (Herr T und Herr T2). Die Leistung wurde sodann in Kenntnis der ELRO ausgeführt und gemeinsam aufgemessen.“ Das ist nicht mehr als der Vortrag von bloßen Rechtstatsachen, ohne eine auch nur ansatzweise individualisierte Darstellung des jeweiligen konkreten Gesprächsinhaltes. Das kann bei bestrittenem Vortrag nicht genügen. Die Kammer kann dem Vortrag vor allem nicht entnehmen, ob sich aus dem Inhalt des Besprochenen tatsächlich der beiderseitige rechtsgeschäftliche Wille zur Änderung des bestehenden Vertrages ergibt. Dies ist insbesondere deshalb unverzichtbar, weil die von der Klägerin vorgelegten Protokolle der Baubesprechungen (K 16, 17 und 20) stark darauf hindeuten, dass die Beteiligten davon ausgingen man bewege sich im Bereich des bestehenden Vertragssolls, gegebenenfalls dem von Mängelbeseitigungsarbeiten: Unter Ziff. 5 K 16 und K 17 heißt es „I Termine“ also es wurde eine Information über einzuhaltende Termine – vgl. die Legende am unteren Rand der Blätter - gegeben. Im Protokoll K 20 unter Ziff. 16 heißt es „A Rohrleitungsarbeiten(Los5)“. Das spricht für eine Anordnung (A = Aufgabe) im Rahmen des bestehenden Los Nr 5 des Ursprungsleistungsverzeichnisses. Jedenfalls spricht nichts auch nur ansatzweise dafür, die Beteiligten könnten zum Ausdruck gebracht haben das Vertragssoll und den Vertragspreis ändern zu wollen. Das vorgesagte gilt entsprechend für den Vortrag zu Mehrleistungen. Hier lautet der stereotype Satz, auf den dann nur noch mehrfach verwiesen wird: „Die Leistung ist abredegemäß ausgeführt, gemeinsam aufgemessen, von der Beklagten weiterberechnet und der Mehrleistung (auch im Nachgang) von DK zugestimmt worden.“ Auch hier fehlen jegliche individuellen Tatsachen, die die Beurteilung zulassen, ob die Parteien tatsächlich das Vertragssoll erweitern wollten oder ob sie vielmehr davon ausgingen mit der Veränderung der Position der Schaltschränke bewege man sich noch im Bereich des ursprünglich Geschuldeten.
30Streitwert: 113.956,98 €
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