Beschluss vom Landgericht Köln - 1 T 19/14
Tenor
Die Beschwerde des Betroffenen vom 08.01.2014 (Bl. 136 d. A.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 19.12.2013 – 55 XVII H 1866 – (Bl. 135 d. A.) wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Für den Betroffenen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 08.11.2011 – Az. 55 XVII H 1866 – Betreuung eingerichtet. Zum Betreuer für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post und Sicherstellung häuslicher Pflege und Versorgung wurde der Beteiligte zu 2) bestellt. Zuvor hatte das Amtsgericht ein Gutachten des Sachverständigen Dr. Y vom 24.09.2011 (Bl. 18 ff. der Akte) eingeholt.
4Am 25.02.2013 verstarb die Mutter des Betroffenen. Gemäß dem Testament vom 06.02.2013 (Bl. 114 ff. der Akte) setzte sie den Betroffenen zu 3/10 zum nicht befreiten Vorerben ein. Die Schwester des Betroffenen bestellte sie zur Testamentsvollstreckerin. Weiter ordnete die Erblasserin an, dass die Testamentsvollstreckerin aus den Reinerträgen, die dem Betroffenen gebühren, also den Nutzungen des Nachlasses, Geld und Sachleistungen zukommen lassen muss, die zur Verbesserung seiner Lebensqualität beitragen, aber nicht dem Zugriff des Sozialhilfeträgers unterliegen und die auch nicht auf die ihm gewährten Sozialleistungen anrechenbar sind.
5Durch die im Tenor näher bezeichnete Entscheidung hat das Amtsgericht nach Anhörung des Betroffenen am 08.11.2013 (Bl. 125 der Akte) den Aufgabenkreis des Betreuers auf den Bereich „Geltendmachung der Rechte am Nachlass der Mutter des Betroffenen“ ausgedehnt. Auf den Bericht des Verfahrenspflegers (Bl. 128 der Akte) wird ergänzend Bezug genommen.
6Gegen die Erweiterung der Betreuung wendet sich der Betroffene mit Beschwerde vom 08.01.2014.
7Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 08.01.2014 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
8II.
9Die Beschwerde des Betroffenen gegen die im Tenor näher bezeichnete Entscheidung ist gemäß § 58 FamFG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
10Der angefochtene Beschluss ist unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Er findet seine gesetzliche Grundlage in § 1896 BGB. Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer, § 1896 Abs. 1 BGB.
11Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. Y vom 24.09.2011 steht fest, dass der Betroffene (auch) bezüglich der Geltendmachung der Rechte am Nachlass seiner Mutter umfassend auf die Hilfe anderer angewiesen ist.
12Bei dem Betroffenen liegt ein Asperger-Syndrom (ICD 10: F84.5) vor. Durch seine krankheitsbedingt eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit und sein unausgereiftes Verständnis von der Bedeutung behördlicher oder vertraglicher Verpflichtungen benötigt der Betroffene nach dem Gutachten des Sachverständigen Betreuung insbesondere bei der Regelung von Vertrags- und Versicherungsangelegenheiten und im Umgang mit Ämtern und Behörden.
13Dementsprechend ist der Betroffene auch an der Geltendmachung der Rechte am Nachlass seiner Mutter gehindert, weil dies die Fähigkeit zu einem grundsätzlichen Verständnis der rechtlichen Bedeutung dieser Angelegenheiten voraussetzen würde, die dem Betroffenen aufgrund seiner Asperger-Erkrankung fehlt.
14Die Ausführungen des Sachverständigen sind klar und eindeutig, in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Demgemäß hat die Kammer keine Bedenken, ebenso wie das Amtsgericht auch ihre Entscheidung auf die überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. Y zu stützen. Zwar ist das Gutachten bereits etwas mehr als zwei Jahre alt. Prognostisch ist jedoch nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen mit einem lebenslangen Förderungs- bzw. Betreuungsbedarf zu rechnen, und es bestehen keine Anhaltspunkte für Zweifel gegen die andauernde Gültigkeit dieser Einschätzung.
15Für den verfahrensgegenständlichen Aufgabenbereich besteht auch ein konkretes Bedürfnis für eine Betreuung. Da der Betroffene nicht befreiter Vorerbe seiner am 25.02.2013 verstorbenen Mutter ist, sind die hieraus resultierenden Rechte geltend zu machen. Unter anderem müsste Klarheit über den Umfang des Nachlasses geschaffen werden, da die Testamentsvollstreckerin als Nachlassmasse bislang ausschließlich das Grundstück in Troisdorf mitgeteilt hat, während die Verfügung von Todes wegen auf das Vorhandensein weiterer Nachlassaktiva hindeutet; dort wird die Testamentsvollstreckerin angewiesen, aus den dem Betroffenen gebührenden Reinerträgen diesem Geld und Sachleistungen zukommen zu lassen.
16Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Betroffenen am 08.11.2013 sind die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens bestätigt worden. Auch im Rahmen der Anhörung zeigte sich der Betroffene nach Einschätzung des Amtsgerichts nicht in der Lage, die hier in Rede stehenden Vermögensangelegenheiten ohne die Unterstützung eines Betreuers zu regeln. So bestätigte der Betroffene, dass er zwar nicht in finanziellen Dingen, wohl aber in Behördenangelegenheiten die Hilfe seiner verstorbenen Mutter benötigt hat, die jetzt fortgefallen ist. Für eine Betreuungsbedürftigkeit spricht auch, dass der Betroffene nicht von seiner Einsetzung zu einem nicht befreiten Vorerben wusste. Auch war ihm die rechtliche Stellung eines nicht befreiten Vorerben nicht bekannt, und auf die Erklärung des Amtsgerichts reagierte er mit der Bitte nach einem neuen Termin mit seiner Schwester, die als Testamentsvollstreckerin eingesetzt ist.
17Aus der nicht begründeten Beschwerde ergeben sich ebenfalls keine Bedenken gegen die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Die Ablehnung der Erweiterung der Betreuung durch den Betroffenen stellt sich vor dem Hintergrund des zuvor Gesagten nicht als Ausdruck einer freien Willensbildung dar.
18Angesichts dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die bestehende Betreuung wie geschehen erweitert hat. Da zudem aus dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gegen den Umfang der eingerichteten Betreuung keine begründeten Bedenken bestehen, unterlag die Beschwerde des Betroffenen der Zurückweisung.
19Die Kammer hat von einer erneuten Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren abgesehen. Der Sachverhalt steht fest. Es ist nicht ersichtlich, dass durch eine erneute Anhörung neue erhebliche Tatsachen zutage treten könnten. Zwar liegt die Anhörung durch das Amtsgericht knapp drei Monate zurück. Jedoch ist nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens vom 24.09.2011 nicht mit einer durchgreifenden Krankheitsbesserung zu rechnen; vielmehr sei prognostisch davon auszugehen, dass der Betroffene aufgrund der genannten Behinderung zeitlebens nicht in der Lage sein werde, seine persönlichen Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Aus der Akte und insbesondere aus der – nicht begründeten – Beschwerde ergeben sich keine Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifeln gegen die andauernde Gültigkeit dieser Einschätzung geben würden.
20Aus den gleichen Gründen war die Einbeziehung des Verfahrenspflegers im Beschwerdeverfahren nicht notwendig. Der Verfahrenspfleger hat der Erweiterung der Betreuung zugestimmt, nachdem er den Betroffenen zuvor am 22.11.2013 – nach dem gerichtlichen Anhörungstermin – zu einem Gespräch aufgesucht hatte.
21Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Nicht sachgerecht war, einen der am Verfahren Beteiligten mit den außergerichtlichen Kosten eines anderen am Verfahren Beteiligten zu belasten.
22Rechtsmittelbelehrung (Rechtsbeschwerde)
23Gegen diesen Beschluss können Sie Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (Rechtsbeschwerdegericht) einlegen. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschluss durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerde muss enthalten die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben werden, sofern es sich nicht um eine Rechtsbeschwerde bezüglich eines Gesuchs auf Verfahrenskostenhilfe handelt.
24Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.
25Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen eines Monates ab der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses zu begründen. Die Begründung muss enthalten die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten wird und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge) und die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, also die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt und, soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
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