Urteil vom Landgericht Köln - 26 O 465/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung verzinslicher Beiträge und macht im Wege der Stufenklage einen höheren Rückkaufswert hilfsweise geltend.
3Mit Antrag vom 27.10.2000 beantragte der Kläger den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung (Investment-Plus-Police) bei der Beklagten, auf den Antrag, Bl. 25 ff. GA, wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
4Der Antrag enthält folgende Widerspruchsbelehrung:
5„Sie können dem Versicherungsvertrag ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
6Mit Schreiben vom 02.11.2000, Bl. 30 ff. GA, übersandte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschein.
7Das Leitblatt Verbraucherinformation, Bl. 32 GA, enthält unter „5. Wie lange können Sie dem Versicherungsvertrag widersprechen?“ eine identische Belehrung.
8Der Versicherungsschein, Bl. 53 ff. GA, enthält in Fettdruck folgende Belehrung:
9„Sie können dem Versicherungsvertrag ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
10Die Allgemeinen Bedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung, Bl. 42 ff. GA, enthalten unter § 3 Können Sie dem Versicherungsvertrag widersprechen? folgende Belehrung:
11„Der Vertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheins einschließlich der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der genannten Unterlagen schriftlich widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs an uns. Sollten wir Sie über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer bei Aushändigung des Versicherungsscheins oder der Annahmeerklärung nicht in ausreichender Form belehren, erlischt das Recht zum Widerspruch ein Jahr nach Zahlung des Einlösungsbeitrages.“
12Als Vertragsbeginn war der 01.12.2000 vereinbart.
13Mit Nachtrag vom 14.10.2002, Bl. 47 GA, stornierte die Beklagte die ursprünglich vereinbarte Dynamik von Rente und Beitrag.
14Ebenfalls im Jahr 2002 trat der Kläger seine Ansprüche aus der Lebensversicherung an die E-Bank AG ab, eine Rückabtretung erfolgte im Jahr 2012.
15Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.01.2013, Bl. 66 ff. GA, erklärte der Kläger den Widerspruch, was er mit anwaltlichem Schreiben vom 18.02.2013, Bl. 70 ff. GA, wiederholte und zugleich hilfsweise die Kündigung erklärte. Mit Schreiben vom 28.05.2013, Bl. 82 ff. GA, wies die Beklagte den Widerspruch zurück und akzeptierte zugleich die Kündigung zum 01.03.2013 unter gleichzeitiger Mitteilung eines Rückkaufswertes von 18.808, 00 Euro, dieser wurde ausgezahlt.
16Der Kläger zahlte insgesamt Beiträge in Höhe von 18.917,00 Euro (monatlich 250,00 DM, bzw. 127,82 Euro).
17Der Kläger ist der Ansicht, die Belehrung sei fehlerhaft, da sie nicht hervorgehoben sei. Zudem enthalte sie keine Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerspruchs, es fehle der Widerspruchsadressat und der Hinweis, dass ein Widerspruch ohne Angaben von Gründen möglich ist. Auch ein Hinweis auf die Jahresfrist fehle. Der Beginn der Frist sei nicht einheitlich dargestellt und teilweise abweichend von § 187 BGB bezeichnet. Auch die Form des Widerspruchs sei nicht bezeichnet. Die Belehrungen seien auch deshalb fehlerhaft, da sie inhaltlich voneinander abweichen. Die Jahresfrist und das Policenmodell insgesamt seien europarechtswidrig. Er könne zudem nur mit Nichtwissen bestreiten, die Vertragsunterlagen vollständig übersendet bekommen zu haben, es sei nicht mehr mit absoluter Gewissheit erinnerlich, ob die Unterlagen vollständig waren. Bezüglich der Hilfsanträge sei die bisherige Rechtsprechung des BGH aufgrund der langen Vertragslaufzeit nicht anwendbar. Zudem bestehe ein Schadensersatzanspruch aufgrund fehlerhafter bzw. unterlassener Aufklärung über Stornokosten und Rückvergütungen.
18Er beantragt daher sinngemäß,
19die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.042,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen sowie
20die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den nicht anrechenbaren Teil vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 782,43 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Hilfsweise beantragt er,
22die Beklagte zu verurteilen, in nachprüfbarer Form anhand von schriftlichen Nachweisen Auskunft zu erteilen über die Höhe des sich aus dem Vertrag zu der Versicherungsnummer #### zum Zeitpunkt der Kündigung am 01.04.2013 ergebenen Rückkaufswert ohne Abzug von Stornokosten, Vertragsschlussgebühren und weiteren Vertragskosten im Sinne des § 176 VVG ergebenden Betrages, sowie
23die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Auskünfte an Eides statt zu versichern und
24die Beklagte daraufhin zu verurteilen, auf den bereits ausgezahlten Rückkaufswert den weiteren Betrag (Mindestrückkaufswert) nach Auskunftserteilung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2013 an den Kläger zu zahlen.
25Weiter hilfsweise beantragt er die Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung über die Europarechtswidrigkeit des Policenmodells.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte beruft sich auf Verwirkung und Verfristung des Widerspruchsrechts. Die Belehrung sei ordnungsgemäß, widersprüchliche Belehrungen lägen nicht vor. Sowohl das Policenmodell als solches als auch die Jahresfrist seien nicht europarechtswidrig, jedenfalls komme eine Auslegung contra legem nicht in Betracht. Nutzungen habe sie nicht gezogen bzw. im Form von Überschüssen bereits ausgezahlt. Beratungspflichten seien nicht verletzt worden. Im Hinblick auf die Hilfsanträge sei zu berücksichtigen, dass im Falle unwirksamer Versicherungsbedingungen zur Rückkaufswert und Kündigung der in seiner Höhe dem Grunde nach höchstrichterlich geklärte Mindestrückkaufswert im Sinne der Höhe des hälftigen ungezillmerten Fondsguthabens im Kündigungszeitpunkt zu zahlen sei, dieser beträgt (unstreitig) 10.016,00 Euro.
29Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist unbegründet.
32Bereicherungsansprüche gemäß § 812 BGB bestehen nicht. Die Beklagte hätte die von dem Kläger entrichteten Versicherungsbeiträge und die hieraus gezogenen Nutzungen nur dann ohne rechtlichen Grund erlangt, wenn zwischen den Parteien kein Versicherungsvertrag zustande gekommen wäre. Dies wäre wiederum dann zu bejahen, wenn der mit Schreiben vom 15.04.2013 bzw. Schriftsatz vom 14.03.2014 erklärte Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. wirksam wäre.
33Vorliegend ist der erklärte Widerspruch vom 14.03.2014 jedoch – unabhängig von der Frage, ob er nach einer vorausgehenden Kündigung des Versicherungsnehmers überhaupt noch wirksam erklärt werden kann – jedenfalls zu spät erfolgt und mithin unwirksam:
34Nach § 5a VVG a.F. gilt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat, der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter Frist widerspricht (sog. Policenmodell). Gemäß § 5a Absatz 1 und 2 VVG in der hier maßgeblichen Fassung vom 21.7.1994 (gültig vom 29.7.1994 bis 31.7.2001)
35betrug die Widerspruchsfrist bezogen auf den Versicherungsantrag vom 27.10.2000 und den Versicherungsschein vom 02.11.2000 14 Tage. Der Lauf dieser Frist beginnt gem. § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1, nämlich die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
36An dem Vorliegen einer solchen ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerspruchsrecht bestehen hier indes keine Zweifel. Zur Überzeugung der Kammer ist die Widerspruchsbelehrung formal und inhaltlich nicht zu beanstanden:
37Die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein ist durch Fettdruck in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt, die sich in einer nicht zu übersehenden Weise aus dem übrigen Text hervorhebt (vgl. OLG Köln, 20 U 202/11, Urteil vom 2.3.2012; zur Hervorhebung durch Einrücken und Kursivdruck; OLG Köln, 20 U 141/12, Urteil vom 12.10.2012 zur Hervorhebung durch Fettdruck). Einer weiteren Hervorhebung durch gesonderte Überschrift, Einrücken oder Unterlegen bedurfte es nicht. Die Belehrung befindet sich an prominenter Stelle direkt unterhalb der Angabe der maßgeblichen Vertragsgrundlagen. Ein Überlesen ist nicht zu befürchten.
38Die Belehrung über Beginn und Dauer der Frist ist ordnungsgemäß erfolgt. Dazu gehört (neben dem unverzichtbaren Hinweis darauf, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt) die Benennung des Ereignisses, das die Frist in Gang setzt ("nach Zugang der Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen"). Das konkrete Datum des Fristbeginns muss dabei ebenso wenig mitgeteilt werden wie die Grundsätze der Fristberechnung (vgl. BGH NJW 2010, 3503; OLG Köln aaO.).
39Eine Abweichung von § 187 BGB lässt sich nicht feststellen, da ausweislich der konkreten Formulierung der Belehrung die Frist nicht „mit“ sondern „nach“ Überlassung der Unterlagen beginnt. Allenfalls ersteres könnte einen von § 187 Abs. 1 BGB abweichenden Fristbeginn suggerieren.
40Dass ein Adressat des Widerspruchs nicht in der Belehrung genannt wird ist gleichfalls unschädlich (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.10.2012, 20 U 141/12; OLG Hamburg, Beschluss vom 5.10.2011, 9 U 143/11). Ein solcher lässt sich aus dem Schreiben der Beklagten, in dem ihre Anschrift unübersehbar enthalten ist, unschwer entnehmen.
41Schließlich muss sich die Belehrung auch nicht darauf erstrecken, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Im Gegensatz etwa zu § 360 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB wird die von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht verlangt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.10.2012, 20 U 79/12; OLG München, Urteil vom 25.9.2012, 25 U 1828/12, bei juris). Auf § 8 VVG n.F. und die hierzu existierende Musterbelehrung kann zur Auslegung des § 5a Abs. 2 VVG a.F. nicht abgestellt werden. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG verlangt in der Belehrung einen Hinweis auf die Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG n.F., wonach – u.a. – der Widerruf keiner Begründung bedarf. Eine solche Bestimmung enthält § 5a Abs. 2 VVG a.F. indes nicht. Eine entsprechende Anwendung der neuen Regel des § 8 Abs. 2 Nr. 2 mit Abs. 1 Satz 2 VVG auf früheres Recht kommt nicht in Betracht (OLG Köln, Beschluss vom 8.4.2013, 20 U 11/13).
42Die Belehrung muss letztlich auch nicht auf die Rechtsfolgen eines Widerspruchs hinweisen; auch dies wird in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht gefordert (OLG Köln vom 3.2.2012 – 20 U 133/11).
43Im Rahmen der Belehrung sind auch keine Ausführungen zu § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erforderlich, da § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. lediglich die Rechtsfolgen für den Fall, dass eine ordnungsgemäße Belehrung gerade nicht erfolgt ist, regelt (OLG Naumburg vom 1.8.2013 – 4 U 74/12).
44Die Belehrungen sind auch nicht widersprüchlich. Insoweit ist schon nicht erkennbar, inwieweit sich der Kläger darauf berufen kann, widersprüchliche Belehrungen erhalten zu haben, wenn er sich nach eigenen Angaben gar nicht daran erinnern können will, welche Belehrung er überhaupt erhalten hat. Die Belehrungen sind jedenfalls nicht widersprüchlich. Als Fristbeginn wird, auch wenn dies in unterschiedlicher Formulierung erfolgt, der Zeitpunkt nach Erhalt der Unterlagen genannt. Ein unterschiedlicher Fristbeginn ist nicht erkennbar.
45Der Kläger hat auch alle erforderlichen Vertragsunterlagen erhalten. Damit begann die Frist ab Erhalt des Versicherungsscheins vom 02.11.2000 zu laufen; der Widerspruch vom 27.01.2013 konnte die Frist deshalb nicht mehr wahren und die ordnungsgemäß in Lauf gesetzte Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. ist verstrichen.
46Soweit der Kläger pauschal den Erhalt der Versicherungsunterlagen mit Nichtwissen bestreitet, ist dies unzulässig (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23.9.2011, 20 U 90/11, Urteil vom 8.3.2013, 20 U 178/12; OLG Hamm, Beschluss vom 31.8.2011, 20 U 81/11).
47Dass der Kläger das Policenbegleitschreiben, den Versicherungsschein, der die maßgebende Widerspruchsbelehrung enthält, sowie die übrigen Vertragsunterlagen erhalten hat, hat er nicht wirksam bestritten. Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist es einer Partei grundsätzlich verwehrt, eigene Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen zu bestreiten. Nur ausnahmsweise darf sich eine Partei dann zu eigenen Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen erklären, wenn nach der Lebenserfahrung glaubhaft ist, dass sie sich hieran nicht mehr erinnert (BGH NJW-RR 2002, 612, 613). Die bloße Behauptung, sich nicht erinnern zu können, reicht indes nicht aus (so bereits BGH NJW 1995, 130). Zwar liegt hier der Vertragsschluss bereits einige Zeit zurück. Alleine dieses Zeitmoment genügt aber nicht, um ein fehlendes Erinnerungsvermögen glaubhaft darzustellen. Unstreitig hat der Kläger jedenfalls nach eigenem Vortrag irgendwelche Unterlagen erhalten. Es ist eine fehlende Erinnerung an den Zugang aller Unterlagen nicht fallbezogen glaubhaft vorgetragen. Der Vortrag des Klägers erschöpft sich darin auszuführen, an den Erhalt aller Unterlagen könne er sich nicht mehr erinnern. Das alleine genügt nicht (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 8.3.2013, 20 U 178/12). Insoweit müsste er wenigstens vortragen, welche Unterlagen er denn erhalten hat bzw. an welche er sich nicht erinnern kann. Denn nach eigenem Vortrag hat er jedenfalls irgendwelche Unterlagen erhalten. Wenig glaubhaft ist es, dass er sich noch nicht mal daran erinnern können will, ob er den Versicherungsschein erhalten hat oder nicht.
48Auf die Wirksamkeit der Jahresfrist kommt es daher nicht an.
49Auch soweit das Policenmodell als solches gegen Europarecht verstoßen sollte und in der Folge von einem wirksamen Vertragsschluss nicht auszugehen sein soll, wäre ein Anspruch des Klägers nicht gegeben.
50Letztlich steht einem Anspruch des Klägers unter den konkreten Umständen des Falles die Verwirkung eines Widerspruchsrechts (§ 242 BGB) entgegen:
51Der Vertrag ist beanstandungslos von 2000 bis zum 27.01.2013 geführt worden. Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es über einen längeren Zeitraum hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich hierauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, weil er nach dem Verhalten des Berechtigten annehmen konnte, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. etwa BGHZ 84, 280, 281; BGH NJW 2008, 2254; Palandt-Grüneberg, 71. Aufl. § 242 Rn. 87). Sinn und Zweck des zeitlich befristeten Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F. war es, dem Versicherungsnehmer eine Überlegungsfrist einzuräumen und es ihm zu ermöglichen, sich von einem ggfls. übereilt getroffenen Entschluss, sich vertraglich gegenüber einem Versicherer zu binden, ohne Angabe von Gründen wieder lösen zu können. Indem der Kläger hier aber nach Vertragsbeginn über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg die vereinbarten Prämien gezahlt hat, hat er zu erkennen gegeben, dass er an dem Vertrag festhalten will. Darauf konnte und durfte sich die Beklagte einrichten. Dies gilt umso mehr, als der Kläger seine Ansprüche aus der Lebensversicherung zeitweise an die Bank als Sicherung abgetreten hatte, dem Kläger es also ausdrücklich auf den Bestand des Vertrages ankam.
52Anders als im Falle der fehlerhaften Widerrufsbelehrung kann die Beklagte auch schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, da sie eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat. Selbst wenn man eine Europarechtswidrigkeit des Policenmodells insgesamt annehmen würde und dies zusätzlich dazu führen würde, dass ein Vertrag nicht abgeschlossen wäre, hätte die Beklagte, anders als in der Entscheidung des BGH vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, mangels fehlerhafter Belehrung diese Situation nicht selbst herbeigeführt. Der Umstand beruhte dann vielmehr auf einer Fehlleistung des Gesetzgebers, der nicht zulasten der Beklagten zu korrigieren ist. Selbst wenn der Vertrag rückabzuwickeln wäre, müsste, was der BGH in seiner Entscheidung vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 für den Fall der fehlerhaften Widerspruchsbelehrung pauschal dargestellt hat, ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden. Da vorliegend beide Parteien von einem wirksamen Vertragsschluss ausgegangen sind und die Belehrung nicht fehlerhaft ist, kann ein solch gerechter Ausgleich letztlich nur dergestalt erfolgen, dass der Vertrag als wirksam anzusehen ist. Dies gilt erst Recht nach der von dem Kläger durchgeführten Abtretung seiner Ansprüche aus dem Vertrag an die Bank als Sicherungsmittel. Denn hiermit hat er gezeigt, dass es ihm auf den Bestand des Vertrages und seiner Rechte hieraus ankam.
53Soweit beanstandet wird, es sei nicht ordnungsgemäß über den Rückkaufswert und die Verwendung der Abschluss- und Verwaltungskosten und die hiermit verbundenen finanziellen Nachteile aufgeklärt worden, scheidet eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung von vornherein aus. Die gebotene Aufklärung über die Folgen einer vorzeitigen Vertragsauflösung, die Verwendung der Prämien zur Deckung von Abschluss- und Verwaltungskosten in den ersten Jahren mit entsprechenden finanziellen Nachteilen im Falle frühzeitiger Vertragsbeendigung erfolgt über die schriftliche Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F., die Folgen ihres Fehlens ergeben sich abschließend aus § 5a VVG a.F.. Insoweit kommt eine Beratungspflicht nur im Einzelfall in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles zusätzlicher Beratungsbedarf besteht. Hieran fehlt es vorliegend.
54Eine Beratungspflichtverletzung ergibt sich nicht aus dem behaupteten Versäumnis, nicht auf sogenannte „Kick-Backs“ hingewiesen worden zu sein. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 170, 226; BGH NJW 2009, 2298), die im Zusammenhang mit Anlageberatungsverträgen zwischen Banken und Anlageinteressenten entwickelt wurde, ist auf die vorliegende Problematik des Abschlusses einer fondsgebundenen Lebensversicherung nicht anwendbar. Auf die der ständigen Rechtsprechung der Kammer und der Oberlandesgerichte entsprechenden Entscheidungen (OLG Köln, VersR 2011, 248 ff; Urteil vom 25.11.2011, 20 U 126/11 bei juris; Urteil vom 3.2.2012, 20 U 140/11 bei juris; OLG Stuttgart, r+s 2011, 218, OLG Hamm, Beschluss vom 31.8.2011, 20 U 81/11 bei Juris) wird zur Meidung von Wiederholungen verwiesen; mit Urteil vom 29.11.2011 hat der BGH selbst klargestellt, dass diese Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten über Innenprovisionen und vereinnahmte Rückvergütungen nur in Fällen einer Kapitalanlageberatung durch die Bank gilt (BGH ZIP 2012, 67, Rz 39).
55Auch die Hilfsanträge sind nicht begründet.
56Ein Auskunftsanspruch über die Ermittlung des Mindestrückkaufswertes und dessen Berechnungsgrundlagen steht nach herrschender Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer bereits nicht zu (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 25.06.2010, 20 U 199/09; 30.11.2012, 20 U 149/12; OLG München, 25 U 3975/08).
57Es besteht auch unter Berücksichtigung der klägerischen Argumentation bezüglich der langen Vertragsdauer kein Anlass, von der Rechtsprechung des BGH zur Höhe des Mindestrückkaufswerts abzuweichen. Der Kläger berücksichtigt dabei nicht, dass er einen Rückkaufswert erhalten hat, der den Betrag der eingezahlten Prämien nahezu erreicht. Vorrangig ist zunächst der vertraglich vereinbarte Betrag, dieser liegt nach unbestrittener Angabe der Beklagten deutlich über dem hälftigen ungezillmerten Fondsguthaben. Zudem weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass bereits aus der Regelung in § 7 Abs. 3 der AVB der Beklagten hervorgeht, dass bei Kündigung nach 12 Jahren Vertragslaufzeit keine Stornokosten erhoben werden.
58Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
60Streitwert:
61Bis 13.000,00 Euro
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