Urteil vom Landgericht Köln - 82 O 99/03
Tenor
Die Anträge der Antragsteller zu 12 und 17 werden zurückgewiesen. |
1 |
Die angemessene Barabfindung für die von der Hauptversammlung der B Versicherung AG am 25. Juni 2002 gemäß § 327 a AktG für die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf die Hauptaktionärin wird gerichtlich auf EUR 429,04 je Stückaktie festgesetzt. |
2 |
Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen. |
|
Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Vergütung und der Auslagen des gemeinsamen Vertreters der ausgeschiedenen Aktionäre. Die Antragsgegnerinnen tragen ferner die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1-11, 13-16 und 18. Die Antragsteller zu 12 und 17 sowie die Antragsgegnerinnen tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst. |
3 |
Der Gegenstandswert wird auf EUR 4.861.455,12 festgesetzt. |
1
Gründe
3- A.
Die Antragsteller waren Aktionäre der B Versicherung Aktiengesellschaft (nachfolgend „B1“ oder „Gesellschaft“). Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb aller Arten der Schadensversicherung, der Krankenversicherung, der Rückversicherung u. a. und damit zusammenhängender Geschäfte im In- und Ausland. Die Gesellschaft war eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Aachen unter HRB 1043. Das Geschäftsjahr entsprach dem Kalenderjahr. |
5 |
||||
Die B1 wurde im Jahre 1959 als D Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft (nachfolgend „D“) gegründet. Sie nahm im Jahr 1961 ihre Geschäftstätigkeit in Frankreich auf. Im Jahr 1972 wurden der deutsche Versicherungsbestand auf die B Versicherung AG, Aachen (im Jahr 2002: B2 Generali Holding AG, nachfolgend „B2“) und der französische Versicherungsbestand auf die M Nationales , Paris, übertragen. Der Sitz der Gesellschaft wurde nach Aachen verlegt. Die B1 war nachfolgend als Rückversicherer tätig. Im Jahr 1974 nahm die Gesellschaft das selbst abgeschlossene Versicherungsgeschäft wieder auf. Im Jahr 1979 übertrug die B1 ihren gesamten Versicherungsbestand auf die D. Anschließend firmierte diese Gesellschaft als B1 und die frühere B1 firmierte nun als B Beteiligungs-Aktiengesellschaft. |
6 |
||||
Ab dem Jahr 1979 baute die B1 ihre Stellung als größter Kompositversicherer der B Versicherungs-Gruppe (nachfolgend „B1G“) aus. Im Jahr 1983 konnte das Beitragsaufkommen der B1 erstmals auf mehr als EUR 1 Milliarde gesteigert werden. Ab dem Jahr 1995 gehörte die B1 mit einem Jahresbeitragsaufkommen von über EUR 2 Mrd. und mehr als 5,3 Mio. Versicherungsverträgen in verschiedenen Versicherungszweigen zu den führenden Kompositversicherern in Deutschland. |
7 |
||||
Die gebuchten Bruttobeiträge der B1 im selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft betrugen im Jahr 2001 insgesamt EUR 1.168.814.000,00. Davon entfielen 42,7 % auf die Kraftfahrtversicherung, gefolgt von der Feuer- und Sachversicherung (23,7 %), der Unfallversicherung (15,2 %), der Haftpflichtversicherung (13,5 %), der Transport- und Luftfahrtversicherung (3,2 %) und den sonstigen Versicherungen (1,8 %). Zu den Stichtagen 31. Dezember 2001 und 31. Dezember 2002 beschäftigte die B1 insgesamt 3.333 bzw. 3.378 Mitarbeiter. |
8 |
||||
Die B1 nahm im Jahr 2002 Rang 11 von 243 Sachversicherern ein, die von der BaFin beaufsichtigt wurden. Der Marktanteil der B1 lag im Jahr 2002 bei ca. 2,14 %. Der größte Sachversicherer war seinerzeit die Allianz Versicherungs-AG mit einem Marktanteil von ca. 12,91 %. |
9 |
||||
Zum Ende des Jahres 2001 verfügte die B1 über folgende wesentliche Beteiligungen: |
10 |
||||
E Rechtsschutzversicherung Aktiengesellschaft, HB2urg (nachfolgend „E“) |
29,29 % |
11 |
|||
B2 Beteiligungs-GmbH, Aachen (nachfolgend „B2B“) |
10,42 % |
||||
B4 B Partner-Servicegesellschaft mbH, Aachen (nachfolgend „B4“) |
100,00 % |
||||
J GmbH, München (nachfolgend „J“) |
47,62 % |
Das Grundkapital der B1 betrug zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 25. Juni 2002 EUR 136.463.895,94 und war eingeteilt in 4.042.656 Stückaktien, die auf den Namen lauteten (vinkulierte Namensaktien). Das Grundkapital der B1 wurde zu 98,71 % von Gesellschaften der B1G gehalten. Die restlichen ca. 1,29 % (63.103 Aktien) des Grundkapitals der B1 wurden von institutionellen und privaten Anlegern gehalten. |
12 |
Zum Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses war die B2 größter Einzelaktionär der B1. Die B2 hielt unmittelbar 97,12 % der Aktien der B1. Die B2 war die Obergesellschaft der B1G als drittgrößte deutsche Erstversicherungsgruppe. Über die Konzerngesellschaften wurden nahezu das gesamte Spektrum des Versicherungsgeschäfts sowie weitere Finanzdienstleistungen, insbesondere das Bauspargeschäft und das Investmentfondsgeschäft, abgedeckt. An der B2 war ihrerseits die Assicurazioni Generali S.P.A., Triest/Italien, seit 1998 mehrheitlich beteiligt. |
13 |
Am 30. Juni 1997 schloss die B2 mit allen wesentlichen Konzerngesellschaften der B2V Beherrschungsverträge, unter anderen mit der B1. Die Angemessenheit der in dem Beherrschungsvertrag mit der B1 festgesetzten Kompensationen war Gegenstand der Entscheidungen der Kammer vom 13. Juni 2008 (Az: 82 O 78/03) und des OLG Düsseldorf vom 19. Dezember 2013 (I-26 W 9/08 AktE, juris). |
14 |
Im Jahre 2001 wurden zudem mit allen wesentlichen Konzerngesellschaften der B2G Gewinnabführungsverträge abgeschlossen, und zwar jeweils mit der Zwischenholding B5 GmbH (nachfolgend „B5“), deren Anteile zu 100 % von der B2 gehalten wurden. Die B5 wurde im Jahr 2002 auf die B2 verschmolzen. Der Gewinnabführungsvertrag zwischen der B5 und der B1 datiert vom 15. Oktober 2001. Die im Vertrag angebotene Barabfindung von EUR 352,00 je Stückaktie wurde im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung durch die Entscheidungen der Kammer vom 26. Juni 2012 (82 O 75/03) und des OLG Düsseldorf vom 20. Oktober 2014 (I-26 W 6/13 AktE, juris) auf 485,73 je Stückaktie festgesetzt. Der Antrag auf Heraufsetzung des angebotenen Ausgleichs von EUR 23,60 je Stückaktie wurde zurückgewiesen. |
15 |
Am 22. Januar 2002 gab die B2 den Grundsatzbeschluss zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre für die Gesellschaften B Lebensversicherung Aktiengesellschaft (nachfolgend „B3“), B1, S Versicherungs-Aktiengesellschaft (nachfolgend „S“) und O Holding Aktiengesellschaft (nachfolgend „A1“) im Rahmen einer ad hoc-Meldung bekannt. |
16 |
Auf Verlangen der B2 als Hauptaktionärin der B1 hat deren ordentliche Hauptversammlung am 25. Juni 2002 die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer Barabfindung i.H.v. EUR 352,00 je Stückaktie der B1 beschlossen (Squeeze Out). Die Angemessenheit der angebotenen Abfindung ist Gegenstand dieses Spruchverfahrens. |
17 |
Die Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister erfolgte am 2. August 2002. Die Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Print-Bundesanzeiger geschah am 7. September 2002. Veröffentlichungen der B1 hatten gemäß ihrer Satzung ausschließlich im Bundesanzeiger zu erfolgen. Dieses Spruchverfahren ist am 9. November 2002 im Print-Bundesanzeiger bekannt gemacht worden. |
18 |
Die B2 hat die gewährte Barabfindung i.H.v. EUR 352,00 je Stückaktie der B1 in ihrem Übertragungsbericht vom 15. April 2002 (Anl. B 1) gemäß § 327 c Abs. 2 AktG unter Bezugnahme auf das Bewertungsgutachten der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln (nachfolgend „Vorgutachter“ oder „KPMG“) unter Berücksichtigung der Börsenkursentwicklung der B1-Aktien erläutert. Danach wurde die Barabfindung nach dem Ertragswertverfahren unter Berücksichtigung der Börsenkursentwicklung der B1 ermittelt. Die KPMG schätzte den Unternehmenswert der B1 auf EUR 1.259,0 Mio. In diesem Betrag sind ein Ertragswert der B1 aus operativer Tätigkeit in Höhe von EUR 931,1 Mio. sowie Beteiligungswerte in Höhe von insgesamt EUR 327,9 Mio. enthalten. Aus der Aufteilung des vorgenannten Unternehmenswerts auf 4.042.656 Aktien folgte eine Barabfindung i.H.v. EUR 311,43 je B1-Aktie. Für den Zeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe des Übertragungsverlangens wurde ein gewichteter Börsenkurs der B1-Aktien in Höhe von EUR 360,86 ermittelt. Dieser Betrag wurde im Hinblick auf die durch den Gewinnabführungsvertrag mit der B5 garantierten Beträge von Abfindung und Ausgleich allerdings für nicht aussagekräftig erachtet. Abgezogen wurde der feste Ausgleich i.H.v. EUR 23,60 für das Geschäftsjahr 2001, um eine Doppelberücksichtigung zu vermeiden. Damit lag der bereinigte Börsenkurs i.H.v. EUR 337,26 je B1-Aktie zwar oberhalb des ermittelten Unternehmenswerts i.H.v. EUR 311,43 je B1-Aktie. Um die von dem Squeeze Out betroffenen Aktionäre nicht schlechter zu stellen als die Aktionäre, die von dem Abfindungsangebot aus dem Gewinnabführungsvertrag der B1/B5 Gebrauch gemacht haben, wurde die Abfindung im Rahmen des Übertragungsverlangens auf EUR 352,00 je B1-Aktie festgelegt. |
19 |
Das Landgericht Aachen bestellte mit Beschluss vom 20. Februar 2002 auf Antrag der B2 die T & Partner OHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, HB2urg (nachfolgend „T“ oder „Prüferin“), zum sachverständigen Prüfer über die Angemessenheit der Barabfindung, § 327 c Abs. 2 AktG. T bestätigte in ihrem Gutachten vom 16. April 2002 (Anl. B 1-Teil 4) die Angemessenheit der Abfindung i.H.v. 352,00 je Aktie der B1. |
20 |
Die Inhaberaktien der B1 wurden mit amtlicher Notierung an den Wertpapierbörsen Düsseldorf, Berlin, Frankfurt am Main, HB2urg und München sowie im Freiverkehr an der Wertpapierbörse Stuttgart gehandelt. |
21 |
Die Gesellschaft erbrachte mit ihrem Personal und ihren Einrichtungen auch Dienstleistungen für Konzerngesellschaften, u. a. in den Bereichen Rechnungswesen, Kapitalanlagen und Vertriebssteuerung. In den Bereichen EDV, Kapitalanlagen und Steuerberatung erhielt sie Dienstleistungen von anderen Konzerngesellschaften. Der Vertrieb erfolgte über 14 Filialdirektionen und 8 Geschäftsstellen. Neben der eigenen Außendienst-Organisation waren auch andere Unternehmen vermittelnd für die B3 tätig, u. a. die Deutsche Vermögensberatung Aktiengesellschaft (DVAG) als selbstständige Generalvertreterin. |
22 |
Die Antragssteller und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre (nachfolgend „gemeinsamer Vertreter“) halten die von der Hauptaktionärin für die Übertragung der B1-Aktien angebotene Barabfindung i.H.v. EUR 352,00 für nicht angemessen. |
23 |
Die Antragsteller wenden zunächst ein, dass sich die Unangemessenheit der angebotenen Barabfindung bereits aus einer Kapitalisierung des im Jahre 2001 festgesetzten Ausgleichs i.H.v. EUR 23,60 je Aktie der B1 ergebe. Unter Berücksichtigung der zum Stichtag erzielbaren Rendite von Bundesanleihen i.H.v. 4,87 % ergebe sich daraus ein Barwert i.H.v. EUR 725,10 pro B1-Aktie. |
24 |
Unabhängig davon hätte sich unter Berücksichtigung des Ausgleichs in Höhe von EUR 23,60 je B1-Aktie ohne den Squeeze Out ein Börsenkurs der B1-Aktie bis zum Stichtag in Höhe von EUR 482,00 entwickelt. |
25 |
Die angebotene Barabfindung sei auch deshalb unangemessen, da die sich für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 25. Juni 2002 ergebende anteilige jährliche Dividende nicht in die Barabfindung eingeflossen sei. |
26 |
Unschlüssig sei ferner, dass sich der Unternehmenswert der B1 pro Aktie zum Stichtag 10. Dezember 2001 (Gewinnabführungsvertrag B5) gegenüber dem Unternehmenswert der B1 zum Stichtag 25. Juni 2002 (Squeeze Out) nicht verändert haben soll, was vor dem Hintergrund zwischenzeitlich gesunkener langfristiger Zinsen nicht plausibel sei. Das stehe nicht in Einklang mit der Kursentwicklung der B1-Aktie. |
27 |
Die Antragsteller rügen zunächst, dass die in der Ausgangsbewertung gewählten Planansätze und Prognoseannahmen zu pessimistisch und damit unangemessen seien. Vor dem Hintergrund der für 2001 veröffentlichten Unternehmensdaten mit den Hinweisen, dass ein Beitragswachstum sowie Erfolge beim Schadensmanagement erwartet würden und die Gesellschaft von den Terroranschlägen des Jahres 2001 kaum betroffen worden sei, seien die Erwartungswerte nicht nachvollziehbar. |
28 |
Das Kapitalanlagenergebnis der B1 sei nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht die stillen Reserven. In diesem Zusammenhang seien die Ansätze zu den Schwankungs- und Schadensrückstellungen anzuzweifeln. |
29 |
Die Antragsteller kritisieren ferner, dass das in der Ausgangsbewertung vorhandene Steuerguthaben der B1 in Höhe von EUR 22,6 Mio. nicht im neutralen Vermögen erfasst wurde. |
30 |
Die Antragsteller und der gemeinsame Vertreter halten die für die Unternehmensbewertung herangezogenen Kapitalisierungszinssätze von 5,525 % (Detailplanungsphase) und 5,025 % (ewige Rente) für überhöht. |
31 |
Der zugrunde gelegte Basiszinssatz i.H.v. 6,0 % vertrage sich nicht mit der seinerzeitigen Rendite öffentlicher Bundesanleihen i.H.v. 4,93 % (Laufzeit 10 Jahre) und 5,30 % (Laufzeit 30 Jahre). Maßgebend sei der Basiszinssatz zum Stichtag, da eine Wiederanlage nur zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen sei. |
32 |
Auch der für die B1 sowie für ihre Beteiligungsunternehmen berücksichtigte Risikozuschlag i.H.v. 2,5 % sei unangemessen hoch. Die Erhöhung des allgemeinen Risikozuschlags von 2,0 % um einen besonderen Risikozuschlag von 0,5 % sei nicht berechtigt. Insgesamt müsse der Risikozuschlag wegen des geringen Risikos der B1 auf 1,0 % reduziert werden. |
33 |
Der von der KPMG herangezogene Wachstumsabschlag von 0,5 % wird als unangemessen niedrig kritisiert. Gefordert wird ein Wachstumsabschlag i.H.v. mindestens 1 %. An sich müsse der Wachstumsabschlag mindestens die geschätzte Inflationsrate von 2 % erreichen. Ansonsten sei von schrumpfenden Erträgen auszugehen, mit denen ein Unternehmen auf Dauer nicht bestehen könne. |
34 |
Die Antragsteller und der gemeinsame Vertreter beantragen, die angemessene Barabfindung gemäß § 327 a AktG gerichtlich höher festzusetzen. Die Antragsteller zu 4, 5, 20 und 21 betragen zudem, anzuordnen, dass die gerichtlich festgesetzte angemessene Barabfindung zu verzinsen ist. Die Antragsgegnerinnen beantragen, die Anträge zurückzuweisen. |
35 |
Die Antragsgegnerinnen halten die im Übertragungsbericht in Bezug genommene Unternehmensbewertung der KPMG für zutreffend, zumindest aber für vertretbar. Die Antragsgegnerinnen äußern sich in diesem Zusammenhang zu sämtlichen Einwänden der Antragsteller bzw. des gemeinsamen Vertreters und halten diese für unbegründet. |
36 |
Die Kammer hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 29. September 2003 ein Sachverständigengutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Z & Partner GmbH (nachfolgend „Z“, „Sachverständige“ oder „Gutachter“) eingeholt. Ferner sind durch Beweisbeschlüsse vom 1. Februar 2012 und 17. Juli 2013 ergänzende gutachterliche Stellungnahmen von Z eingeholt worden. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf das schriftliche Z-Gutachten vom 8. Juni 2011, der 1. ergänzenden Stellungnahme vom 17. Juli 2012 und der 2. ergänzenden Stellungnahme vom 25. Juli 2014 Bezug genommen. |
37 |
- B.
Die weitgehend zulässigen Anträge sind überwiegend begründet. Die angebotene Abfindung nach § 327 a AktG i.H.v. EUR 352,00 ist gerichtlich auf EUR 429,04 festzusetzen. Vereinzelt gestellte Zinserträge sind unzulässig und daher zurückzuweisen. |
38 |
- I.9
Zulässigkeit der Anträge
Die Anträge auf gerichtliche Festsetzung einer höheren Abfindung sind zulässig mit Ausnahme der Anträge zu 12 und 17. |
39 |
- 1.12
Anwendbares Recht
Das Spruchverfahrensgesetz ist auf das vorliegende Altverfahren nicht anwendbar, § 17 Abs. 2 SpruchG. Danach sind für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, weiter die entsprechenden bis zu diesem Tage geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes anzuwenden. Nach § 327 f Abs. 1 S. 2 AktG a. F. hat das in § 306 AktG a. F. bestimmte Gericht auf Antrag die angemessene Barabfindung zu bestimmen. Für das Verfahren und die Kosten des Verfahrens gilt § 306 AktG a. F. sinngemäß. |
40 |
- 2.15
Fristen
Die Anträge sind rechtzeitig eingegangen. Im Ergebnis kann offen bleiben, ob die Anträge innerhalb der Antragsfrist von 2 Monaten gemäß § 327 f Abs. 2 AktG a. F. rechtzeitig eingegangen sind. Jedenfalls sind die Anträge als Folgeanträge gemäß § 306 Abs. 3 S. 2 AktG a. F. rechtzeitig bei Gericht eingegangen. Gemäß § 327 f Abs. 2 AktG a. F. ist antragsberechtigt jeder ausgeschiedene Minderheitsaktionär. Der Antrag kann nur binnen zwei Monaten nach dem Tage gestellt werden, an dem die Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister nach § 10 HGB als bekannt gemacht gilt. Nach § 10 Abs. 1 HGB a. F. hat das Gericht die Eintragungen in das Handelsregister durch den Bundesanzeiger und durch mindestens ein anderes Blatt bekannt zu machen. Mit dem Ablauf des Tages, an welchem das letzte der die Bekanntmachung enthaltenden Blätter erschienen ist, gilt die Bekanntmachung als erfolgt. Gemäß § 306 Abs. 3 Satz 2 AktG a. F. hat das Landgericht den Antrag auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung in den Gesellschaftsblättern der Gesellschaft, deren außenstehende Aktionäre antragsberechtigt sind, bekannt zu machen. Folgeanträge können noch binnen einer Frist von zwei Monaten nach der durch das Gericht zu veranlassenden Bekanntmachung des Spruchverfahrens in den Gesellschaftsblättern gestellt werden. Auf dieses Recht ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. |
41 |
Die Veröffentlichung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister im Bundesanzeiger erfolgte am 7. September 2002. Allerdings haben die Antragsgegnerinnen trotz ihrer Ankündigung nicht mitgeteilt, wann die Bekanntmachung in einem anderen Blatt erfolgt war. Die weitere Aufklärung dieses Punktes durch das Gericht ist entbehrlich, da die Anträge auf jeden Fall als Folgeanträge zulässig sind. Das streitgegenständliche Spruchverfahren ist im Print-Bundesanzeiger am 9. November 2002 veröffentlicht worden. Nach der Satzung der B1 a. F. hatten Veröffentlichungen in den Gesellschaftsblättern ausschließlich im Bundesanzeiger zu erfolgen. Die Veröffentlichung im Print-Bundesanzeiger entsprach der damaligen Gesetzeslage, da Veröffentlichungen nach dem Aktiengesetz erst ab dem 01. Januar 2003 im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen waren, § 25 S. 1 AktG (Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 19. Juli 2002, in Kraft seit dem 1. Januar 2003, vergleiche Hüffer, Aktiengesetz, 6. Auflage, § 25 Rz. 3). Die Frist für Folgeanträge lief folglich 2 Monate später am 9. Januar 2003 ab. Die Anträge sämtlicher Antragsteller sind spätestens bis zum 9. Januar 2003 bei Gericht eingegangen. |
42 |
- 3.18
Ordnungsgemäße Antragsstellung
Bis auf den Antrag des Antragstellers zu 17 (R) genügen die Anträge der Antragsteller den Anforderungen gemäß §§ 327 f, 306 AktG a. F. |
43 |
Teilweise kann den Anträgen nicht entnommen werden, gegen wen sich der Antrag richtet. Andere Anträge richten sich entweder gegen die B1 oder die B2. Wieder andere Anträge richten sich gegen beide. Vereinzelt sind die Anträge auch nicht begründet worden. |
44 |
Bei der Überprüfung der Barabfindung im Rahmen eines Squeeze-Outs ist auch in den sogenannten „Altfällen“ allein der Mehrheitsaktionär richtiger Antragsgegner (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04. Juli 2012 – I-26 W 11/11 (AktE), juris Rz. 30 ff.). |
45 |
Die Anträge der Antragsteller zu 3 (P), 5 (Q) und 11 (H) richten sich gegen die B2 als Hauptaktionärin der B1 und sind daher zulässig. Die Anträge der Antragsteller zu 1-2 (F; X), 6 (G), 8-10 (I; K; L) und 13-16 (BEM; V; N, a) und b)) und 18 (Y) sind ebenfalls zulässig, obwohl sie sich sowohl gegen die B1 als auch die B2 richten. Der Antragsteller zu 1 hat seinen zunächst gegen die B1 gerichteten Antrag mit Schriftsatz vom 10. April 2003 auf die B2 erweitert. In Übergangsfällen, in denen wie hier ein Spruchverfahren vor Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes eingeleitet worden ist, können als Antragsgegnerinnen ggfs. beide an der Strukturmaßnahme beteiligten Unternehmen in Betracht kommen (vgl. OLG Düsseldorf, Vorlagebeschluss vom 28. August 2014 – I-26 W 9/12 (AktE), juris Rz. 58; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. September 2010, I-26 W 4/09 (AktE), juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Juni 2009, I-26 W 1/07 (AktE), AG 2009, 907). |
46 |
Der Antragsteller zu 7 (P1) hat seinen Antrag zunächst gegen die B1 gerichtet. Nach gebotenem Hinweis durch die Kammer hat der Antragsteller klargestellt, dass er seinen Antrag gegen die B2 richtet. Entsprechendes gilt für die Antragstellerin zu 4. |
47 |
Der Antragsteller 12 (P2) hat seinen Antrag nicht gegen die B2 gerichtet. Auch auf den Hinweis des Gerichts vom 19. Juni 2015 hat er nicht klargestellt, dass sich sein Antrag gegen die B2 richtet. Der Antrag des Antragstellers zu 12 ist daher als unzulässig zurückzuweisen. |
48 |
- 4.21
Antragsberechtigung
Antragsberechtigt sind gemäß § 327 f AktG a. F. alle ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre. Nach altem Recht ist jedoch für die Zulässigkeit der Anträge weder eine konkrete Antragsbegründung noch ein urkundlicher Nachweis der Antragsberechtigung innerhalb der Antragsfrist erforderlich (OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. Oktober 2005 – 20 W 149/04 –, juris Rn. 18). |
49 |
Die Antragsteller haben ihre Antragsberechtigung, soweit erforderlich, durch Vorlage entsprechender Belege nachgewiesen. Die Kammer hat insoweit auch nicht unterzeichnete Bankbestätigungen zum Aktienbestand akzeptiert, soweit diese eine Abrechnung unmittelbar nach der Übertragung der Aktien zum 2. August 2002 bestätigen (Ausbuchung). Auch die Antragsgegnerinnen haben insoweit keine Bedenken geäußert. |
50 |
Die Antragsberechtigung der Antragsteller zu 2 (X) und 17 (R) haben die Antragsgegnerinnen allerdings bestritten. Die Kammer hatte in den Verhandlungsterminen im Jahr 2003 jeweils Nachweise gefordert. Die Antragstellerin zu 2 hatte indes bereits mit der Antragsschrift vom 3. September 2002 eine Bankbestätigung vom 9. August 2002 über die Ausbuchung der B1-Aktie infolge des Squeeze Outs vorgelegt. Der Antragsteller zu 17 hat allerdings zwei unzureichende Bankbestätigungen vorgelegt. Einerseits ist eine Dividendengutschrift vom 26. Juni 2002 für das Jahr 2001 vorgelegt worden. Andererseits ist eine Bankbestätigung vom 29. Januar 2002 zum Abfindungsangebot aus dem Gewinnabführungsvertrag der B1 und der B5 vom 15. Oktober 2001 vorgelegt worden. Der im Termin vom 2. April 2003 von dem Antragsteller zu 17 geforderte Nachweis zum Zeitpunkt des Übergangs der Aktien zum 7. September 2002 ist damit nicht erbracht worden. Eine weitere Aufforderung an den Antragsteller zu 17 zur Vorlage tauglicher Nachweise ist nicht erforderlich. Folglich ist dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen. |
51 |
- II.24
Begründetheit
Die zulässigen Anträge der Antragsteller auf gerichtliche Festsetzung einer höheren Barabfindung gemäß § 327 f AktG sind sachlich begründet. |
52 |
Die angemessene Barabfindung für die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gemäß § 327 a AktG ist zum Stichtag 25. Juni 2002 auf EUR 429,04 pro B1-Aktie anstelle der angebotenen und durch die Hauptversammlung der B1 beschlossenen Abfindung i.H.v. EUR 352,00 festzusetzen. |
53 |
Die erhöhte Barabfindung folgt aus dem vorgelegten Gutachten der Sachverständigen. Sie haben für die B1 einen Unternehmenswert i.H.v. EUR 1.734.444.000,00 ermittelt. Für die 4.042.656 Aktien der B1 folgt daraus eine Abfindung i.H.v. EUR 429,04 pro Aktie. Dem steht der von der KPMG ermittelte Unternehmenswert der B1 i.H.v. 1.258.986.000,00 gegenüber, woraus sich die angebotene und beschlossene Barabfindung i.H.v. EUR 352,00 pro Aktie ergab. |
54 |
Für den maßgeblichen Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Maßnahme (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09 -, juris, BGHZ 186, 229-242 „Stollwerck“) hat Z einen gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs pro B1-Aktie i.H.v. EUR 360,86 festgestellt. Da der von den Gutachtern ermittelte Unternehmenswert je Aktie der B1 i.H.v. EUR 429,04 deutlich über dem durchschnittlichen bereinigten Börsenkurs i.H.v. EUR 360,86 liegt, ist der Börsenkurs als Untergrenze der Barabfindung nicht abfindungsrelevant. |
55 |
- III.27
Bewertungsziel
Gemäß § 327 a AktG haben die ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre Anspruch auf eine angemessene Barabfindung. Dazu ist nach ständiger Rechtsprechung der wahre Wert des Unternehmens, an dem die Aktionäre beteiligt waren, zu ermitteln (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. März 2008 – I-26 W 8/07 AktE –, juris Rz. 14). Der Börsenkurs der Aktie als Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor der Bekanntmachung des Squeeze Outs bildet die Untergrenze der angemessenen Abfindung (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09 -, juris, BGHZ 186, 229-242 „Stollwerck“). |
56 |
Der wahre Wert des lebenden Unternehmens als wirtschaftliche Einheit kommt in seinem Verkehrswert zum Ausdruck. Fraglich ist, ob in Anbetracht der in der Betriebswirtschaftslehre vertretenen These ausschließlich subjektiver Unternehmenswerte eine Verkehrswertermittlung von Unternehmen überhaupt möglich ist oder ob der auch in dem vorliegenden Fall angewendete Bewertungsstandard IDW S1 (objektivierter Unternehmenswert) den Verkehrswert des Unternehmens abbildet, was die Kammer bezweifelt. Dennoch ist davon abgesehen worden, den von Z auf der Grundlage des Bewertungsstandards IDW S1 ermittelten Unternehmenswert zusätzlich daraufhin untersuchen zu lassen, ob er als marktgerechter Preis gelten könnte, der bei einer Veräußerung des Unternehmens als Einheit erzielt werden könnte (vgl. dazu Hüttemann, in: Hüttemann/Fleischer (Hrsg.), Rechtshandbuch Unternehmensbewertung 2015, § 1 Rz. 36 m.w.N.). Das ist in anderen bei der Kammer anhängigen vergleichbaren Spruchverfahren jüngeren Datums unter Bezugnahme auf die DVFA-Grundsätze (DVFA Arbeitskreis „Corporate Transactions and Valuation“: Best Practice-Empfehlungen Unternehmensbewertung, Okt. 2011, abrufbar unter: http://www.dvfa.de/files/die_dvfa/kommissionen/valuation/application/pdf/dvfa_best_practice_empfehlungen_unternehmensbewertungen.pdf) angeordnet worden. Vorliegend war jedoch die zu erwartende höhere Schätzgenauigkeit durch weitere Aufklärung des Sachverhalts ― ergänzende Beauftragung der Gutachter ― gegen den Anspruch der Minderheitsaktionäre auf einen effektiven Rechtsschutz in Spruchverfahren abzuwägen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. März 2014 - 21 W 15/11 -, juris Rz. 39 m.w.N.). Für dieses Spruchverfahren verbietet sich aus der Sicht der Kammer eine weitere Verzögerung der verfahrensabschließenden Entscheidung in dem bereits seit 13 Jahren anhängigen Rechtsstreit. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Bewertung des Unternehmens auf der Grundlage des IDW S1 uneingeschränkt von der obergerichtlichen Rechtsprechung gebilligt wird. Danach sind die Bewertungsstandards sowie die sonstigen Verlautbarungen des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) anerkannte Expertenauffassungen und als Erkenntnisquellen für das methodisch zutreffende Vorgehen bei der Ermittlung von Unternehmenswerten heranzuziehen (vgl. OLG Düsseldorf, Vorlagebeschluss vom 28. August 2014 – I-26 W 9/12 (AktE), juris Rz. 61; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05. Juni 2013 – 20 W 6/10, juris Rz. 144 m.w.N., AG 2013, 724; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05. November 2013 – 20 W 4/12, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. Januar 2011 – 20 W 2/07, juris Rz. 26, AG 2011, 420, 421; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. Oktober 2011 – 20 W 7/11, juris Rz. 273, 304, 380, ZIP 2012, 133). |
57 |
- IV.30
Bewertungsgutachten Z
Z hat ein mehrbändiges Gutachten zu den Unternehmens- und Börsenwerten der B1 vorgelegt. Das gesamte Gutachten besteht aus einem Hauptgutachten sowie insgesamt 8 Anlagenbänden. In dem Hauptgutachten werden grundsätzliche Fragen behandelt, die auch für das Spruchverfahren der B3 (LG Köln, Aktz. 82 O 94/03) von Bedeutung sind. Der Anlagenband Nr. 2 betrifft das Gutachten zum Unternehmenswert der B1 (nachfolgend „B1-Gutachten“). Die Bände 1 und 3-8 betreffen die Gutachten zu den Unternehmenswerten der B3 (Gutachten Nr. 1), der E (Gutachten Nr. 3), der Deutsche Bausparkasse C1 AG (nachfolgend „C1“, Gutachten Nr. 4), der D1 Krankenversicherung AG (nachfolgend „D1“, Gutachten Nr. 5), der O Deutsche Lebensversicherung AG (nachfolgend „A2“, Gutachten Nr. 6), der O Deutsche Sachversicherung AG (nachfolgend „O“, Gutachten Nr. 7) und der A1 (Gutachten Nr. 8). |
58 |
Die Kammer folgt dem vorgelegten Bewertungsgutachten der Sachverständigen in vollem Umfang. Das Gutachten ist in jeder Hinsicht überzeugend. Die von den Antragstellern und dem gemeinsamen Vertreter vorgebrachten Einwendungen gegen die Ausgangsbewertung der Vorgutachter werden umfassend berücksichtigt. Soweit die Einwendungen berechtigt sind, sind sie in vertretbarer Weise in die Neubewertung der Sachverständigen eingeflossen. Im Übrigen sind sie mit beizupflichtender Begründung zurückgewiesen worden. Die erheblichen Vorbehalte der Antragsgegnerinnen gegen das Bewertungsgutachten von Z sind im Rahmen der Ergänzungsgutachten ausführlich erörtert und im Ergebnis für nicht durchschlagend erachtet worden. Auch das überzeugt die Kammer. |
59 |
- V.33
Methodik
Die methodische Vorgehensweise der Sachverständigen zur Ermittlung des Unternehmenswertes und des Börsenkurses der B1 entspricht den von der Rechtsprechung formulierten rechtlichen Anforderungen und betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen. |
60 |
Für die Unternehmensbewertung haben die Sachverständigen die Ertragswertmethode herangezogen, wonach sich der Wert eines Unternehmens allein aus dem zukünftigen finanziellen Nutzen für die Inhaber des Unternehmens richtet. Das nicht zur Erzielung finanzieller Überschüsse vorhandene Unternehmensvermögen (neutrales Vermögen) ist gesondert zu bewerten und dem Ertragswert hinzuzurechnen. In der Rechtsprechung hat sich die Unternehmensbewertung nach IDW S 1 (aktuelle Fassung 2008) fest etabliert (vgl. OLG Düsseldorf, Vorlagebeschluss vom 28. August 2014 – I-26 W 9/12 (AktE), juris Rz. 60 ff.). Danach wird ein so genannter objektivierter Unternehmenswert ermittelt, der die dem Unternehmen innewohnende Ertragskraft ohne Berücksichtigung subjektiver Wertschätzungen der beteiligten Gesellschafter oder Dritter ermittelt (IDW S 1). Die Gutachter haben den zum Bewertungsstichtag gültigen IDW S 1 vom 18. Juli 2000 angewendet. Für die Bestimmung des Basiszinssatzes haben sie davon abweichend auch den Bewertungsstandard IDW S 1 2005 angewendet. Rechtliches Bewertungsziel ist aber unabhängig davon der Verkehrswert des Unternehmens. |
61 |
Z ist bei der Ermittlung des Unternehmenswertes auf der Grundlage des Ertragswertes in üblicher und von der Rechtsprechung gebilligter Weise vorgegangen. Die Ertragserwartungen für die B1 sind unter Berücksichtigung der Vergangenheitsergebnisse geschätzt worden. Dabei wurde die Planung für die B1 zugrunde gelegt mit kleineren Korrekturen durch Z, soweit die Planung nicht plausibel war. Es wurde zunächst ein Detail-Planungszeitraum von 2002-2006 (Phase 1) zugrunde gelegt. Ab den Jahren 2007 ff. ist eine ewige Rente (Phase 2) veranschlagt worden. Das Wachstum der B1 ist in der Phase 1 konkret geschätzt worden und in die Ertragserwartungen eingeflossen. Für die Phase 2 ist ein Wachstum der ewigen Rente durch einen Wachstumsabschlag auf den Kapitalisierungszinssatz i.H.v. 0,75 % in die Ertragsberechnung eingeflossen. |
62 |
Die geschätzten Zukunftserträge sind auf einen Barwert zum Stichtag diskontiert worden. Der Kapitalisierungszinssatz reflektiert die beste Alternativanlage aus einer risikoäquivalenten Investition. Die Kapitalisierungszinssätze für die Erträge der B1 sind dabei entsprechend der Vorgehensweise der Vorgutachter pauschal geschätzt worden. Für die Phase 1 ist ein Kapitalisierungszinssatz i.H.v. 5,0375 % veranschlagt worden. Für die Phase 2 beträgt der Kapitalisierungszinssatz 4,2875 %. Zur Plausibilisierung sind die Kapitalisierungszinssätze auch nach CAPM bzw. TAX-CAPM berechnet und bestätigt worden. |
63 |
Der Substanzwert der B1 ist nicht geschätzt worden. Der Substanzwert des Unternehmens im Sinne seines Wiederbeschaffungswerts hat nach heutiger ökonomischer und juristischer Erkenntnis keine Relevanz mehr für den juristisch geprägten Unternehmenswert. Anerkannte Ausnahmen, etwa überdurchschnittlich hohes Betriebsvermögen (Grundstücke), die zu einer Bewertung der Substanzwerte veranlassen könnten, liegen hier ersichtlich nicht vor. |
64 |
Der Liquidationswert des Unternehmens als Summe der Einzelzerschlagungswerte ist zwar grundsätzlich relevant, da ein höherer Liquidationswert ggf. den Verkehrswert des Unternehmens widerspiegeln würde. Allerdings kommt der Liquidationswert als mögliche Untergrenze der Bewertung vorliegend nicht in Betracht, da der Liquidationswert nach der Einschätzung der Sachverständigen schon bei überschlägiger Betrachtung erheblich niedriger lag als der Ertragswert der B1 als fortgeführte Einheit. |
65 |
Der Börsenkurs der B1-Aktie wurde als Untergrenze der Abfindung beachtet. Zutreffend haben die Sachverständigen nach der Vorgabe des Beweisbeschlusses die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 – II ZB 18 09, juris „Stollwerck“) berücksichtigt, wonach der Börsenkurs aus einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der streitrelevanten Maßnahme zu ermitteln ist. |
66 |
Ferner haben die Sachverständigen bei der Unternehmensbewertung der B1 die Besonderheiten im Sachversicherungsgeschäft berücksichtigt. Das gilt insbesondere für die Schwankungsrückstellungen, die zum Eigenkapital des Unternehmens gerechnet werden. Die Veränderung der Schwankungsrückstellung beeinflusst nicht die Zinsträger und den Unternehmenswert. Die Erträge aus Kapitalanlagen sind insoweit zu kürzen, als die erwirtschafteten Zinserträge auf die Zuführung zur Schwankungsrückstellung entfallen. |
67 |
- VI.36
Einwände gegen das Gutachten
Diverse Antragsteller, der gemeinsame Vertreter als auch die Antragsgegnerinnen haben die gutachterlichen Feststellungen von Z in zahlreichen Punkten angegriffen. |
68 |
Die Antragsteller beanstanden insbesondere die Feststellungen der Sachverständigen zum Wachstumsabschlag von 0,75 %. |
69 |
Die Antragsgegnerinnen wenden insbesondere ein, dass die Heraufsetzung der Kapitalanlagenergebnisse sowie der versicherungstechnischen Ergebnisse bei gleichzeitiger Herabsetzung der Risikozuschläge nicht vertretbar sei angesichts der gesamtwirtschaftlichen Situation zum Stichtag 25. Juni 2002. Diese Umstände seien geprägt gewesen durch die Anschläge vom 11. September 2001, die erheblichen Unsicherheiten an den Finanzmärkten und die schwerste Krise der Deutschen Versicherungswirtschaft, von der sie sich bis heute nicht erholt habe. |
70 |
Rechtlicher Ausgangspunkt der Bewertung müsse die Frage sei, ob die zugrunde liegende Abfindung unangemessen sei. Daraus folge, dass jedenfalls eine vertretbare Abfindung nicht zu korrigieren sei. |
71 |
Die Korrekturen von Z zum versicherungstechnischen Ergebnis – Schadensquoten – seien weder begründet worden noch im Ergebnis vertretbar. Die Schadensquoten in der Sparte Kraftfahrt seien in sämtlichen Vergangenheitsjahren zum Teil sogar mehr als 10 Prozentpunkte höher als die höchsten in der Ausgangsbewertung eingesetzten Planwerte ausgefallen. Durch tatsächlich durchgeführte Bestandssanierungsmaßnahmen seien die Schadensquoten zwar erheblich gesenkt worden. Dies habe jedoch zu deutlich geringeren Beitragseinnahmen geführt, und zwar um rund 27,5 % im Jahr der ewigen Rente. |
72 |
Die von Z kalkulierten Kapitalanlagenergebnisse seien unrealistisch. Die stillen Reserven der Versicherer seien seit dem Jahr 2001 massiv und in kurzer Zeit abgeschmolzen worden. Einige Versicherungen seien insolvenzgefährdet gewesen und hätten gerettet werden müssen. Deswegen habe die Aktienquote in den Kapitalanlagen der B1 zurückgefahren werden müssen mit der Folge, dass die B1 an späteren Erholungen der Aktienkurse nur wenig teilgenommen habe. Bei der Planung ab dem Jahr 2002 sei das noch nicht vorhersehbar gewesen. Z habe im Durchschnitt der Jahre 2002-2010 dreimal höhere stille Reserven veranschlagt als tatsächlich erzielt worden seien. Bezüglich der Kapitalanlagenergebnisse seien von Z zweimal höhere Werte als die tatsächlich erzielten Ergebnisse unterstellt worden. Ferner seien die stillen Reserven methodisch fehlerhaft ermittelt worden, da jährliche Wertzuwächse als realisierte Gewinne ausgewiesen seien. Dann sei aber die Annahme steigender stiller Reserven falsch. |
73 |
Der Kapitalisierungszinssatz sei methodisch inkonsistent ermittelt worden. Zwar sei die Schätzung des Basiszinssatzes nach dem neuen Standard IDW S1 (2005) akzeptabel. Dann müsse aber auch der Kapitalisierungszins insgesamt nach diesem Standard ermittelt werden, da ansonsten die Schlüssigkeit der Bewertung infrage stehe. Der von Z geschätzte Risikozuschlag habe nicht die schwierige Situation ab dem Jahr 2001 berücksichtigt. Tatsächlich seien die Betafaktoren angestiegen auf einen Wert von ca. 1,0. Die KPMG habe das gesteigerte Risiko zu Recht mit einem allgemeinen Risikozins von 2,0 % und einem erhöhten Risikozins von 0,5 % bewertet. Diese Zuschläge würden auch bei der sachgerechten Anwendung des TAX-CAPM gemäß IDW S1 (2005) und Branchen-Betas erzielt. Das liege auch auf einer Linie mit den von Z für das Jahr 1999 pauschal ermittelten Risikozuschlägen für Sachversicherer von 2,25 %. Bei der Auswertung historischer Betas seien sogar höhere Risikozuschläge begründbar. |
74 |
Das von Z unterstellte nachhaltige Gewinnwachstum von 0,75 % anstelle des von KPMG geschätzten Gewinnwachstums von 0,5 % sei unrealistisch. Bereits ein Wachstumsabschlag von 0,5 % sei äußerst großzügig bemessen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass in den wesentlichen Ertragskomponenten – Kapitalanlagen – bereits Zuschläge in Höhe der Geldentwertungsrate enthalten seien. Ferner seien substanzerhaltende Aufwendungen oder Ausgaben bei Versicherungen nur im geringen Umfang nötig. Versicherungsunternehmen würden zudem nur das nominale Eigenkapital aufrechterhalten. Die darüber hinausgehenden Überschüsse würden für Bewertungszwecke unmittelbar ausgeschüttet. Inflationsbedingtes Wachstum könne daher nicht unterstellt werden. Bei einem Wachstumsabschlag von 2 % würde die Eigenkapitalrendite bei einem langen Betrachtungszeitraum von 500 Jahren auf fast 200.000 % im letzten Jahr ansteigen, auch wenn die Steigerung durch den gegenläufigen Diskontierungseffekt relativiert werde. Wachstum sei lediglich mit Thesaurierungen zu generieren, die vorliegend bei der Anwendung des IDW S 1 (2000) aber nicht unterstellt worden seien. Im Gegenteil seien seit dem Jahr 2001 wesentlich höhere Eigenkapitalquoten für die Generierung des Neugeschäfts erforderlich geworden. Im Bereich der Sachversicherung sei seit der EU-Liberalisierung der Versicherungsmärkte im Jahr 1994 selbst nominal kein Gewinnwachstum mehr erzielt worden. |
75 |
Schließlich beanstanden die Antragsgegnerinnen den Abzug der persönlichen Ertragsteuern von dem Risikozuschlag. Zur Abbildung des seit dem Jahr 2001 gültigen Halbeinkünfteverfahrens sei nach zutreffender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur die Anwendung des IDW S 1 (2005) geboten. Danach sei die Ertragsteuer nicht vom Risikozuschlag abzuziehen, sondern lediglich vom Basiszins. |
76 |
Die Gutachter haben in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 17. Juli 2012 und vom 25. Juli 2014 zu den Einwänden der Verfahrensbeteiligten Stellung bezogen. Die Ausführungen der Sachverständigen werden nachfolgend im sachlichen Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung der B1 erörtert. |
77 |
- VII.39
Unternehmensbewertung B1
Die Sachverständigen haben für die B1 zu dem Bewertungsstichtag 25. Juni 2002 einen Unternehmenswert i.H.v. EUR 1.734.444.000,00 ermittelt und ausführlich erläutert. Sie haben sich dabei ausgiebig mit den Einwänden der Verfahrensbeteiligten auseinandergesetzt und diese im Ergebnis für nicht begründet erachtet. Dem ist beizupflichten. |
78 |
- 1.42
Grundlagen der Unternehmensbewertung
Bei der Unternehmensbewertung sind die Planungsrechnungen der Gesellschaft über die erwartete Unternehmensentwicklung für die Geschäftsjahre 2002-2006 zugrundegelegt worden. Zur Abschätzung der Planungsrechnungen sind die Gewinn- und Verlustrechnungen der Vergangenheit für die Geschäftsjahre 1997-2001 aufbereitet, um außerordentliche Aufwendungen und Erträge bereinigt und mit den entsprechenden Planansätzen verglichen worden. Soweit es geboten war, haben die Gutachter Unplausibilitäten korrigiert. Dagegen ist nichts einzuwenden. |
79 |
Für die wichtigen unmittelbaren Beteiligungen der B1 sind separate Ertragsbewertungen nach den für die Bewertung der B1 angewendeten Grundsätzen vorgenommen worden (Anlagenbände Nr. 1, 3-8). Die Beteiligungserträge der E, B2B, J und B4 sind bei der Bewertung der B1 eliminiert und stattdessen deren Werte, die in gesonderten Bewertungsgutachten ermittelt worden sind, dem Wert der B1 unter Ausschluss dieser Beteiligungserträge hinzugerechnet worden (Anhängeverfahren). Die Eliminierung der Beteiligungserträge erfolgt in der Weise, dass die Buchwerte einschließlich der anteiligen stillen Reserven der gesondert bewerteten Beteiligungsunternehmen nicht in die Verzinsung der Kapitalanlagen einbezogen worden sind. Die 100 %-ige Beteiligung der B1 an der B4 wurde zum Buchwert berücksichtigt. |
80 |
Die B3, A2, O, E, C1 und A1 wurden zudem aufgrund gesonderter Bewertungen über die Zwischenholdings mittelbar einbezogen. |
81 |
Einzelheiten zu den gesondert bewerteten Unternehmen ergeben sich aus der Anlage 10 zum B1-Gutachten. |
82 |
Synergieeffekte aus Umstrukturierungsmaßnahmen, die zum Bewertungsstichtag bereits eingeleitet waren (z.B. Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung) sind in den planungsrechtlichen Annahmen der B1 und der gesondert bewerteten Gruppen-Unternehmen berücksichtigt worden. Ansonsten sind unechte Verbundvorteile wertsteigernd berücksichtigt worden. Auch echte Verbundvorteile sind entgegen der herrschenden Meinung berücksichtigt worden, soweit sie sich problemlos mit einer Vielzahl von potentiellen Kooperationspartnern verwirklichen lassen. Dies ist aus der Sicht der Kammer zutreffend, da diese Aspekte auch für den Verkehrswert des Unternehmens, wie er sich aus der Sicht markttypischer Investoren ergibt, bewertungsrelevant sind. Die durch die Strukturmaßnahme (Squeeze Out) veranlassten Verbundvorteile sind in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung aus der Betrachtung ausgeschlossen worden. Für die Schätzung des Verkehrswerts des Unternehmens haben sie keine Bedeutung, soweit die Effekte der Strukturmaßnahme nicht von markttypischen Erwerbern erzielt werden könnten. |
83 |
Die Sachverständigen haben die geschätzten Erträge der Detailplanungsphase (2002-2006) unter Verwendung eines Kapitalisierungszinssatzes von 5,0375 % diskontiert. Für die ewige Rente (2007 ff.) ist ein Diskontierungszinssatz i.H.v. 4,2875 % verwendet worden. Die Differenz zwischen den vorgenannten Kapitalisierungszinssätzen ergibt sich aus dem Wachstumsabschlag von 0,75 %, der sich lediglich auf die ewige Rente auswirkt. Damit wird inflations-, struktur- und mengenbedingtes Wachstum in der ewigen Rente abgebildet. Die Kapitalisierungszinssätze sind auf der Grundlage eines Basiszinssatzes von 5,75 %, eines Risikozuschlages von 2,0 % und umgerechneter persönlicher Ertragssteuer von - 2,7125 % (35 %) ermittelt worden. Für die gesondert bewerteten Beteiligungen der B1 haben sich ggf. abweichende Kapitalisierungszinssätze ergeben. |
84 |
Die Gutachter haben es abgelehnt, den Risikozuschlag für die B1 ausschließlich auf der Grundlage des TAX-CAPM zu ermitteln. Ebenso wie Börsenkurse könnten auch beobachtbare Risikozuschläge nicht unbesehen übernommen werden. Beta-Faktoren für die Versicherungswirtschaft seien in Fachkreisen umstritten, da es nur eine relativ geringe Anzahl börsennotierter Versicherungsgesellschaften gebe. Ferner sei die Auswahl von Peer-Group-Unternehmen schwierig. Schließlich sei auch die Güte der statistischen Regression aufgrund geringer Streubesitzquoten fraglich. |
85 |
Aus diesem Grund hatten bereits die Vorgutachter Risikozuschläge für die B1 und ihre Beteiligungsunternehmen im Wege der pauschalen Schätzung angesetzt. Der allgemeine Risikozuschlag wurde von ihnen auf 2,0 % geschätzt. Dieser wurde durch einen besonderen Zuschlag um 0,5 % erhöht auf insgesamt 2,5 % mit der Begründung, dass besondere Prognoserisiken zum Bewertungszeitpunkt aufgrund der seinerzeitigen Situation an den Kapitalmärkten und den nicht absehbaren Wirkungen des Steuersenkungsgesetzes bestünden. |
86 |
Z hat den von den Vorgutachtern geschätzten allgemeinen Risikozuschlag i.H.v. 2,0 % übernommen. Der besondere Zuschlag i.H.v. 0,5 % ist hingegen nicht übernommen worden. Dieser Zuschlag ist zwar bei der Bewertung der B3 wegen des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 22. Dezember 2003 zugebilligt worden, bei der Bewertung der B1 aber zurecht abgelehnt worden, da die Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen, die Bausparkassen sowie die Zwischenholdings von der Reform des Steuerrechts grundsätzlich nicht betroffen waren. |
87 |
Zur Ermittlung des Barwerts der Zukunftserträge zum Bewertungsstichtag 25. Juni 2002 ist ergänzend ein risikoadäquater Kapitalisierungszinssatz auf der Grundlage des Tax-CAPM geschätzt worden. Es handelt sich dabei um die Verzinsung der bestmöglichen Alternativanlage. Entsprechend der gängigen Vorgehensweise ist der Kapitalisierungszinssatz in die Komponenten Basiszinssatz, Marktrisikoprämie und spezifischer Risikozuschlag zerlegt worden, wobei sich der spezifische Risikozuschlag aus dem Produkt der Marktrisikoprämie und des Betafaktors ergibt. |
88 |
Zur Bestimmung des Basiszinssatzes ist auf eine öffentliche Anleihe mit fester Laufzeit von 10 oder mehr Jahren zurückgegriffen worden. Um diese Anleihe mit der unbeschränkten Lebensdauer des Unternehmens vergleichen zu können, ist die Wiederanlage der Anleihe unter Berücksichtigung der Zinsentwicklung der Vergangenheit unterstellt worden. Entsprechend den Empfehlungen gemäß IDW S 1 (2005) ist eine marktorientierte Ableitung des Basiszinssatzes auf der Grundlage der sogenannten Svensson-Methode und der veröffentlichten Bundesbankdaten vorgenommen worden. Für den Zeitraum vom 24. März bis zum 24. Juni 2002 hat sich für Restlaufzeiten von 1-249 Jahren ein gerundeter Basiszinssatz von 5,75 % ergeben. |
89 |
Die Verwendung von Zinsstrukturkurven auf der Grundlage des IDW S 1 (2005) ist rechtlich unproblematisch, wie die Kammer und auch das Oberlandesgericht Düsseldorf bereits in früheren Beschlüssen ausgeführt haben (vgl. ausführlich OLG Düsseldorf, Vorlagebeschluss vom 28. August 2014 – I-26 W 9/12 (AktE), –, juris Rz. 130 m.w.N.). Es handelt sich insoweit um bessere Erkenntnisse bzw. Schätzungsverfahren der Bewertungspraxis. Ein Rückwirkungs- oder Vertrauensschutzproblem besteht insoweit nicht. |
90 |
Z haben auf der Basis der Untersuchungen von Stehle (Renditevergleich von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren auf der Basis des DAX und des REXP, Humboldt-Universität zu Berlin, 2006) und den Empfehlungen des IDW eine Marktrisikoprämie in der Vergangenheit nach persönlicher Steuerbelastung von 6,66 % (arithmetisches Mittel, C-DAX) für den deutschen Markt verwendet, gemindert um einen Abschlag von 1,5 % im Hinblick auf Zukunftserwartungen. |
91 |
Der Risikozuschlag, der die Differenzrendite zwischen risikolosen Anlagen und der spezifischen Unternehmensbeteiligung widerspiegelt, ist anhand der verwendeten Marktrisikoprämie und dem systematischen Risiko des betreffenden Unternehmens, ausgedrückt durch den Betafaktor, hergeleitet worden. Entsprechend TAX-CAPM sind dabei auch die Ertragsteuern auf Anteilseignerebene berücksichtigt worden, da sie ebenfalls bei der Berechnung der Nettoausschüttungen relevant sind. Dabei wurde zwischen Kurs- und Dividendengewinnen unterschieden, da diese nach dem seinerzeit geltenden Steuerregime unterschiedlich besteuert wurden, auch gemessen an dem Basiszinssatz. |
92 |
Der Betafaktor, d. h. das systematische Risiko der B1-Aktie, gemessen anhand der Volatilität der Aktie im Vergleich zum Ausmaß der Renditeänderung eines repräsentativen Indizes, ist von Z aus den bereits erwähnten Gründen mit Vorbehalten ermittelt worden. In Analogie zu den Einschränkungen bei der Übernahme von Börsenkursen haben die Gutachter daher auch die nach TAX-CAPM ermittelten Risikozuschläge nicht unbesehen übernommen, sondern diese unter Berücksichtigung der pauschalen Schätzungen im Vorgutachten entsprechend justiert. |
93 |
Schließlich haben die Sachverständigen die ewige Rente (Phase 2) um einen Geldentwertungs- bzw. Wachstumsabschlag verringert. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Unternehmenserträge in der Regel im Hinblick auf die inflationären Entwicklungen und die Wachstumsfaktoren nachhaltig steigen und nicht, wie es die ewige Rente ausdrückt, langfristig gleich bleiben. Empirische Untersuchungen über die Höhe und die Komponenten des Wachstums (Inflation, Absatzausweitung, Profitabilität) von Versicherungsunternehmen liegen nicht vor. Nach dem statistischen Taschenbuch der Versicherungswirtschaft für das Jahr 2008 hat die Versicherungsbranche in den Jahren 1997-2006 im Durchschnitt ein Wachstum von ca. 5,5 % (Leben), 5,3 % (Kranken) sowie 1,1 % (Schaden und Unfall) erzielt. Nach den Analysen von Z haben die Versicherungsgesellschaften des AM-Konzerns in den Jahren 1997-2001 – mit Ausnahme der O – ein durchschnittliches Wachstum der Beiträge in einer Bandbreite von 1 % bis 9 % generieren können. |
94 |
Entsprechende Inflations- und Wachstumswirkungen sind für den Planungszeitraum der Jahre 2002-2006 (Phase 1) konkret berücksichtigt und in Ertragserwartungen einbezogen worden. Für die B1 ist der Wachstumsabschlag auf die ewige Rente (Phase 2) auf 0,75 % beziffert worden. Die Gutachter halten den Wachstumsabschlag unter Berücksichtigung der erwarteten Inflation und der Ertragssteigerungen der Vergangenheit sowohl bei der B1 als auch in der Versicherungswirtschaft für angemessen. |
95 |
- 2.45
Unternehmenswert der B1 im Einzelnen
Z hat nachvollziehbar und überzeugend einen Ertragswert der B1 zum Stichtag 25. Juni 2002 i.H.v. EUR 1.304.674.000,00 ermittelt, basierend auf einem mit 5,0375 % aufgezinsten Ertragswert zum 31. Dezember 2001 i.H.v. 1.273.489.000,00. |
96 |
- 3.48
Vergangenheit
Die Gutachter haben die Geschäftsentwicklung der B1 für die Geschäftsjahre 1997-2001 analysiert (Anlage 2 zum B1-Gutachten). Die Gesamtergebnisse wurden dabei in das versicherungstechnische Ergebnis und das nicht versicherungstechnische Ergebnis einschließlich der Kapitalanlagenergebnisse aufgeteilt. |
97 |
Bei der Analyse der verdienten Bruttobeiträge des selbstabgeschlossenen deutschen Versicherungsgeschäfts ergibt sich nach den Untersuchungen der Gutachter in den Jahren 1997 bis 2001 eine Beitragssteigerung von EUR 1.029.555.000,00 (1997) auf EUR 1.160.613.000,00 (2001). Das ist eine Steigerung um EUR 131.058.000,00 bzw. 12,7 %. In allen Sparten wurden Beitragssteigerungen erzielt mit Ausnahme der Sparte Feuerversicherungen. |
98 |
Der Brutto-Schadensaufwand erhöhte sich von EUR 761.200.000,00 im Jahr 1999 um EUR 136.800.000 bzw. 18,0 % auf EUR 898 Mio. im Jahr 2001. Der Schadensaufwand in Prozent der verdienten Brutto-Beiträge lag im Jahr 1999 bei 70,8 % und steigerte sich auf 74,6 % im Jahr 2001. Die B1 lag in allen Jahren jedoch geringfügig unter den Branchenkennzahlen laut den Geschäftsberichten des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen. Die Schadensrückstellungsquoten (Schadensrückstellungen im Verhältnis zu den verdienten Beiträgen im Zeitablauf) der B1 lagen in den Jahren 1999-2001 bei netto 120,3 % (1999) und sanken auf 112,5 % (2001). Insgesamt betrachtet fielen die Netto-Rückstellungsquoten der B1 etwas höher aus als im Branchendurchschnitt. |
99 |
Die verdienten Nettobeträge zwischen den Jahren 1999-2001 wurden von EUR 2.161.337.000,00 auf EUR 2.704.299.000,00 gesteigert. Das Kapitalanlagenergebnis ging in den Jahren 1999-2001 erheblich zurück von EUR 1.311.920.000,00 auf EUR 587.397.000,00. Auch das sonstige versicherungstechnische Ergebnis ging in diesem Zeitraum erheblich zurück. Allerdings gingen auch die entsprechenden Aufwendungen in den vorgenannten Jahren zurück. Die Gewinne für eigene Rechnung aus Versicherungs- und Kapitalanlagengeschäften entwickelten sich dementsprechend von EUR 592.767.000,00 auf EUR 468.570.000,00 zurück. Der Steueraufwand verringerte sich ebenfalls von EUR 40.611.000,00 auf EUR 28.168.000,00. Die Rohüberschüsse lagen gerundet bei 709.151.000,00 (1999), 783.906.000,00 (2000) und EUR 606.195.000,00 (2001). Die Überschussbeteiligungen für Versicherungsnehmer sind von EUR 660.680.000,00 (1999) um ca. EUR 100.000.000,00 zurückgegangen auf EUR 560.195.000,00 (2001). Das entsprach Überschussbeteiligungen für die Versicherungsnehmer von 93,15 % (1999), 93,15 % (2000) und 92,41 % (2001). Nach Abzug der Überschussbeteiligungen für Versicherungsnehmer betrugen die Jahresüberschüsse gerundet EUR 48.600.000,00 (1999), 53.700.000,00 (2000) und 46.000.000,00 (2001). Davon wurden in den Jahren 1999 bis 2000 jeweils der halbe Jahresüberschuss und im Jahre 2001 der gesamte Jahresüberschuss (einschließlich Gewinnabführung i.H.v. EUR 25,7 Millionen) in Gewinnrücklagen eingestellt. |
100 |
Im Rahmen der von Z vorgenommenen Gewinnanalyse wird deutlich, dass auf der Einnahmeseite die Kapitalanlagenergebnisse und die Risikoergebnisse prägend sind und auf der Ausgabenseite die Abschlusskosten und die Verwaltungskosten. |
101 |
- 4.51
Planungen der B1
Für den Zeitraum der Jahre 2001-2006 hat die Gesellschaft eine Erhöhung der Beiträge um EUR 231.775.000,00 geplant. Das entspricht einem Zuwachs von insgesamt 20,0 %. Dabei steigen die verdienten Brutto-Beiträge des direkten deutschen Geschäfts von EUR 1.160.613.000,00 im Jahr 2001 auf EUR 1.392.388.000,00 im Jahr 2006. Die B1 hat in allen Versicherungssparten ein Beitragswachstum geplant. Die geplante Beitragsentwicklung des selbst abgeschlossenen deutschen Versicherungsgeschäfts beinhaltet Steigerungsraten zwischen den Jahren 2001- 2006 von 2,5 % bis 4,2 %. |
102 |
Die von der Gesellschaft geplanten Schadensquoten für die Jahre 2002-2006 weisen zunächst für die Jahre 2002-2003 eine stetige Verbesserung der Schadensquoten auf, die sich ab dem Jahr 2004 wieder geringfügig verschlechtern. Die für das Jahr 2006 geplante Schadensquote beträgt 69,2 %. Die durchschnittliche (ungewichtete) Schadensquote für die Jahre 2002-2006 beträgt 68,8 %. Sie liegt damit unter der durchschnittlichen (ungewichteten) Schadensquote von 71,1 % der Jahre 1997-2001. |
103 |
Die Vorgutachter hatten die Planung der B1 zu den Schadensquoten in den Jahren 2002-2006 weitgehend übernommen, allerdings für die Planjahre 2003-2006 in den Versicherungszweigen Kraftfahrzeug-Haftpflicht und Sonstige Kraftfahrt Erhöhungen der Schadensaufwendungen vorgenommen. Dies wurde nicht näher begründet. Darüber hinaus wurde für die ewige Rente in der Kraftfahrzeug-Haftpflicht eine weitere Erhöhung der Schadensaufwendungen um EUR 13.879.000,00 auf EUR 339.066.000,00 vorgenommen. Auch die Schadensaufwendungen in der Sparte Sonstige Kraftfahrt wurden in der ewigen Rente leicht erhöht. Dies wurde von der KPMG mit einer „nachhaltigen Normalisierung“ der Schadensquoten begründet. |
104 |
Z hat die von der KPMG unterstellten Steigerungen der Schadensquoten für die diversen Versicherungssparten untersucht. Soweit die Schadensquoten aufgrund der Vergangenheitsergebnisse der B1 und der Branchenwerte nicht mehr vertretbar waren, haben die Gutachter die Schadensquoten der Planung angepasst. Der Umfang der Korrekturen ergibt sich aus dem B1-Gutachten, Seite 34. Danach steigt der Schadensaufwand nach Korrekturen von EUR 818.761.000,00 (2002) auf EUR 964.000.000,00 (2006 sowie 2007 ff.). Daraus ergeben sich Schadensquoten von 68,8 % (2002) und 69,3 % (2006 sowie 2007 ff.). Diese Schadensquoten liegen im Bereich der ursprünglichen Planung der B1. |
105 |
Vor diesem Hintergrund ist schon der Behauptung der Antragsgegnerinnen zu widersprechen, Z habe die Korrekturen zum versicherungstechnischen Ergebnis – Schadensquoten – nicht begründet. Nochmals ausführlich sind die Sachverständigen auf diesen Einwand in ihren ergänzenden Gutachten eingegangen. Die Gutachter haben wiederholt dargelegt, dass die Planung der Schadensquoten von der KPMG nach oben korrigiert wurde. Ab dem Jahr 2003 wurde durchgängig eine Schadensquote von 88,0 % veranschlagt, ab 2007 ff. sogar 90,0 %. Dabei ist nochmals auf die nicht belastbare Begründung im KPMG-Gutachten hingewiesen worden. |
106 |
Soweit die Antragsgegnerinnen darauf hingewiesen haben, dass die Vorgutachter die höheren Schadensquoten aus dem geplanten höheren Beitragswachstum abgeleitet haben, das zwangsläufig höhere Schadensquoten zur Folge habe, haben die Sachverständigen diese Aussage anhand der zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht verifizieren können. Im Ergebnis haben die Sachverständigen die Schadensquoten der B1 auf deren Planungsgrößen unter Verwerfung der Erhöhungen durch die KPMG zurückgeführt. Die Antragsgegnerinnen haben nicht erläutert, warum die ursprüngliche Planung der B1 zu den Schadensquoten und den Beitragssteigerungen fehlerhaft waren. Letztlich beanspruchen die Antragsgegnerinnen eine für sie positive Anpassung der Planung, der ansonsten entschieden entgegengetreten wird. Es ist sachgerecht, die Antragsgegnerinnen grundsätzlich an dieser Planung festzuhalten. Die von den Sachverständigen geschätzten Schadensquoten entsprechen auch den Erfahrungswerten und den Ist-Schadensquoten der Jahre 2002-2006. In diesem Zeitraum war sowohl in der Branche als auch bei der B1 eine deutliche Verbesserung der Schadensquoten eingetreten, d. h. die Ist-Werte fielen wesentlich besser aus als die Plan-Werte. Einzelheiten dazu ergeben sich aus der tabellarischen Gegenüberstellung der Plan- und Ist-Werte für die Jahre 2002 ff. im 1. Ergänzungsgutachten, Seite 8. |
107 |
Im Hinblick auf die von den Antragsgegnerinnen erläuterten Beitragsminderungen haben die Gutachter darauf hingewiesen, dass die deutliche Verbesserung der Ist-Schadensquoten gegenüber der Planung in den Jahren 2003-2007 trotz der eingetretenen Beitragsminderungen nicht nur realisiert, sondern sogar übertroffen worden ist. Entscheidend ist, dass die ursprüngliche Planung der B1 zu den verdienten Bruttobeiträgen und den Schadensquoten nach der Auffassung der Sachverständigen aus der Sicht des Bewertungsstichtags stimmig ist, auch wenn die Ist-Entwicklung eine relativ geringfügige Abweichung zeigt, da die tatsächlich verdienten Bruttobeiträge prozentual höher hinter den Planwerten zurückbleiben als die Schadensquoten. Dieser etwas stärkere Beitragsrückgang ab dem Jahr 2004 war jedoch aus der Sicht der Sachverständigen zum Bewertungsstichtag nicht vorhersehbar, was durch die Branchenkennzahlen bestätigt werde. |
108 |
Zu den Schadensquoten ist abschließend darauf hinzuweisen, dass sämtliche hier relevanten Einwendungen der Antragsgegnerinnen bzw. Streitpunkte bereits Gegenstand der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 20. Oktober 2014 (I-26 WE 6/13; LG Köln 82 O 75/13) betreffend den Gewinnabführungsvertrag B5/B1 vom 15. Oktober 2001 waren. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann ergänzend auf die ausführlichen und zutreffenden Erläuterungen des Senats in der vorgenannten Entscheidung, Seite 25 ff., verwiesen werden. |
109 |
- 5.54
Kapitalanlagenergebnisse
Das Kapitalanlagenergebnis ist eine wesentliche Ergebnisquelle eines Versicherungsunternehmens. Der Umfang und die Entwicklung der Kapitalanlagen stehen im Zusammenhang mit den versicherungstechnischen Rückstellungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zinsträger durch Veränderungen der Schwankungs- und Drohverlustrückstellung nicht berührt werden, da diese sich lediglich buchhalterisch auswirken. Allerdings wirken die Veränderungen der Schadensrückstellungen und daraus folgende Ausschüttungen nicht benötigter Abwicklungsgewinne sowie die Vereinnahmungen stiller Reserven auf die Zinsträger ein. |
110 |
Bei der Ermittlung der Kapitalanlagenergebnisse sind die Sachverständigen sachgemäß wie folgt vorgegangen: Zunächst wurden die Kapitalanlagenergebnisse der Vergangenheit und die entsprechende Planung der Gesellschaft analysiert. Auf dieser Grundlage sind Prognosen zu den Buchwerten und zu den stillen Reserven einschließlich der Verteilung auf die Kapitalanlagenstruktur erstellt worden. Schließlich sind die durchschnittlichen Kapitalanlagenbestände zu Zeitwerten mit den entsprechenden Marktrenditen, ggf. mit gutachterlichen Korrekturen, geschätzt worden. |
111 |
Die Kapitalanlagen der B1 lagen in den Jahren 1997-2001 gemessen an der Bilanzsumme durchschnittlich bei 84,89 %. Der Anteil des Kapitalanlagenergebnisses am Ergebnis vor Steuern lag im Betrachtungszeitraum durchschnittlich bei 187,76 %. In absoluten Zahlen lagen die Kapitalanlagenergebnisse laut GuV bei EUR 148.717.000,00 (1997) und bei EUR 161.164.000,00 (2001). |
112 |
Die Planung der B1 zu den Kapitalanlagenergebnissen liegt deutlich unter den Vergangenheitsergebnissen. Für das Jahr 2003 ist ein Ergebnis in Höhe von EUR 112.375.000,00 vorgesehen (das Jahr 2002 ist wegen Sondereffekte ausgeblendet worden). Dieser Wert erhöht sich jährlich auf schließlich EUR 121.652.000,00 im Jahr 2006 und auf EUR 132.839.000,00 ab den Jahren 2007 ff. |
113 |
Die Gutachter haben diese Planung korrigiert. Sie kommen zu Ergebnisabweichungen in einer Bandbreite von EUR -5.595.000,00 (2002) bis EUR 13.586.000,00 (2006). Die Einzelheiten zur Berechnung ergeben sich aus den Anlagen 6a und 8b zum B1-Gutachten. Z hat die Verzinsung der Kapitalanlagen des Versicherungszweiges der Schaden- und Unfallversicherung mit den Zahlen in den Geschäftsberichten der BaFin zur Branchenentwicklung verglichen. Für die von Z berechneten Kapitalanlagenergebnisse unter Berücksichtigung der stillen Reserven ergibt sich für die Jahre 2002-2006 eine durchschnittliche Planrendite (Reinverzinsung) i.H.v. 6,3 %. Die tatsächliche Verzinsung der B1 für diesen Zeitraum betrug im Durchschnitt 9,2 %. Der Branchendurchschnitt aller Schaden- und Unfallversicherer im Zeitraum von 2002-2006 lag gemäß den Geschäftsberichten der BaFin bei einer durchschnittlichen Verzinsung i.H.v. 5,8 %, bezogen auf den durchschnittlichen Kapitalanlagenbestand. Die von der B1 geplante Rendite der Kapitalanlagen i.H.v. 6,3 % liegt folglich deutlich unter den eigenen Ist-Ergebnissen und geringfügig über den Ist-Ergebnissen der Branche. |
114 |
Die Einwände der Antragsgegnerinnen, die von Z geschätzten Kapitalanlagenergebnisse der B1 im Prognosezeitraum seien unrealistisch und unplausibel, da der von Z ermittelte Barwert der Kapitalanlagenergebnisse um 21 % höher ausfalle als der entsprechende Barwert der Vorgutachter, sowie methodisch falsch ermittelt worden sei mit der Folge, dass die Planungswerte zweimal höher und die stillen Reserven sogar dreimal höher ausfielen als die Ist-Ergebnisse, sind unbegründet. |
115 |
Die Sachverständigen haben sich zunächst zu der von den Antragsgegnerinnen eingereichten Berechnungsgrundlage gemäß Anl. B 8 ihres Schriftsatzes vom 29. November 2012 geäußert. Die Berechnung ist von den Sachverständigen aufbereitet und in der Anl. 8 zum 2. Ergänzungsgutachten dargestellt worden. Sowohl die Datenbasis als auch die Rechnung ist als korrekt bestätigt worden. In der Anl. 7 zum 2. Ergänzungsgutachten haben die Gutachter die Barwerte der Kapitalanlagenergebnisse gemäß Vorgutachter und Z unter Berücksichtigung der verwendeten Basiszinsen neu berechnet. Danach beträgt der Unterschied nicht ca. 21 %, wie von den Antragsgegnerinnen behauptet, sondern lediglich ca. 8 %. Aus der weiteren vergleichenden Berechnung von Z gemäß Anl. 9 zum 2. Ergänzungsgutachten wird erkennbar, dass die Verzinsung der stillen Reserven in den Prognosejahren 2002-2006 gemäß Z deutlich über den von den Vorgutachtern angesetzten Veräußerungsgewinnen abzüglich Verwaltungskosten liegt. Erst für den Zeitraum der ewigen Rente entspricht die Verzinsung der stillen Reserven (in Höhe von EUR 25,7 Mio.) in etwa dem Ansatz der Vorgutachter (in Höhe von EUR 25,0 Mio.). Während die Sachverständigen durchschnittliche Nettoverzinsungen i.H.v. 6,20 % bis 6,36 % angesetzt haben, betragen die Verzinsungen der Vorgutachter lediglich 1,49 % (2002) bis 6,18 % (2007 ff.). Aus der Anlage 9 zum 2. Ergänzungsgutachten ist weiterhin ersichtlich, dass die Verzinsung der Buchwerte gemäß Z ab dem Prognosejahr 2004 deutlich über derjenigen der Vorgutachter liegt. Die methodischen Gründe dafür sind in dem 2. Ergänzungsgutachten im Einzelnen dargelegt worden. Darauf kann verwiesen werden. Sie sind von den Antragsgegnerinnen nicht spezifiziert angegriffen worden. |
116 |
Die Abweichung der Planung von der tatsächlichen Entwicklung der Kapitalanlagen ist kein Grund, die diesbezüglichen Schätzungen der Sachverständigen in Frage zu stellen. |
117 |
Es liegt in der Natur der Sache, dass Planungen und Ist-Ergebnisse abweichen können. Abweichungen zwischen der Planung und den tatsächlichen Ergebnissen indizieren daher keine Fehlerhaftigkeit der Planung oder der Begutachtung. Denn entscheidend ist die Sicht des Stichtags. Eine ex-post-Betrachtung verbietet sich im Grundsatz. Stichtagsnachfolgende Entwicklungen dürfen nur berücksichtigt werden, soweit deren Ursachen bereits zum Stichtag angelegt und erkennbar waren (Wurzeltheorie). |
118 |
Die Sachverständigen haben sich mit der Berechnungsgrundlage der Antragsgegnerinnen gemäß Anl. B3 zum Schriftsatz vom 30. Januar 2012 auseinandergesetzt. Sie haben die Kapitalanlagenergebnisse gemäß Planung und gemäß den tatsächlichen Ergebnissen gegenübergestellt. In Abweichung zur Vorgehensweise der Antragsgegnerinnen haben sie berechtigterweise bei den Ist-Ergebnissen die Abgangsgewinne in Höhe von EUR 143.347.000,00, die im Jahr 2003 durch die Einbringung von neun Immobilien in die B1ers Erste Immobilien AG & Co. KG entstanden sind, nicht bereinigt, da diese Transaktionen nicht mit den gesondert bewerteten Unternehmen im Zusammenhang stehen. Bei dieser Gegenüberstellung ist deutlich geworden, dass die Ist-Ergebnisse in den ersten 4 Planungsjahren höher ausfielen als die Plan-Ergebnisse. Erst ab dem Jahr 2006 stellte sich eine unterhalb der Planung verlaufene Ist-Entwicklung ein. Die negative Entwicklung der Kapitalanlagenergebnisse ab den Jahren 2006 ff. sei insbesondere auf die negative Zinsentwicklung zurückzuführen, die aus der Sicht des Bewertungsstichtags zum 25. Juni 2002 jedoch nicht absehbar gewesen sei. |
119 |
Ergänzend ist auf den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 20. Oktober 2014 (I-26 WE 6/13), Seite 29 ff., zu verweisen. Dort ist ausführlich erläutert worden, dass im Grundsatz für die von den Antragsgegnerinnen vorgenommene Ex Post-Betrachtung kein Raum ist. |
120 |
- 6.57
Stille Reserven
Auch die stillen Reserven in den Kapitalanlagen sind nach Einschätzung der Kammer von den Sachverständigen zutreffend bewertet und begründet worden. |
121 |
Die Sachverständigen haben die Planung der B1 hinsichtlich der stillen Reserven analysiert und ohne gutachterliche Korrekturen für die Berechnungen übernommen. Als wesentlicher Plausibilitätsmaßstab ist dabei die Relation der in den Kapitalanlagen enthaltenen stillen Reserven zu den Buch- bzw. Zeitwerten der Kapitalanlagen herangezogen worden. In Einzelfällen sind stille Reserven nicht berücksichtigt worden, soweit von einer endfälligen Haltedauer ausgegangen werden konnte, etwa bei Rententiteln. Von der Summe der geplanten stillen Reserven ist der auf die gesondert bewerteten Beteiligungen entfallende Anteil abgezogen worden. |
122 |
Nach den ausführlich begründeten Darlegungen der Sachverständigen ist in der Planung bereits ein erhebliches Absinken der Relation der stillen Reserven zu den Buch- bzw. Zeitwerten der Kapitalanlagen berücksichtigt worden, und zwar von 30,2 % (durchschnittliche Buchwertrelation von 1997-2001) auf 18,10 % bis 22,6 % (Buchwertrelation von 2002-2007). Diese Planung ist aus der Sicht der Gutachter schlüssig, zumal die B1 ihre Schätzung der Kapitalanlagenergebnisse im Hinblick auf die sich seinerzeit verschlechternde Entwicklung der Kapitalmärkte bereits in ihrer neuen Planung zum 25. Juni 2002 nach unten korrigiert habe. Die frühere Planung der B1 zum 11. Dezember 2001 weise gegenüber der neueren Planung zum 25. Juni 2002 für das Planjahr 2002 noch um EUR 61.138.704,00 höhere Kapitalanlagenergebnisse aus. |
123 |
Der wiederholte Einwand der Antragsgegnerinnen, Z habe die stillen Reserven in den Kapitalanlagenergebnissen der B1 doppelt berücksichtigt, ist im Ergebnis ohne Substanz. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerinnen lässt sich nicht feststellen, dass der Anstieg der stillen Reserven der B1 einmal über die ausgeschütteten Zusatzerträge und zum zweiten Mal über eine Erhöhung der Kapitalanlagenbestände berücksichtigt worden ist. |
124 |
Die Sachverständigen haben nachvollziehbar dargelegt, dass der jährliche Anstieg der stillen Reserven in ihrem Bewertungsmodell nicht offen als zusätzlicher Gewinn berücksichtigt worden ist, sondern in die Verzinsung der Kapitalanlagen einbezogen worden ist. Das bedeutet, dass nicht unterstellt worden ist, dass der jährliche Anstieg der stillen Reserven sofort als Gewinn ausgeschüttet wird. |
125 |
Schließlich haben die Sachverständigen nachvollziehbar dargelegt, dass der Ertragswertanteil, der durch den Anstieg der stillen Reserven im Prognosezeitraum entsteht, relativ unbedeutend ist. Selbst bei einer unterstellten Reduzierung der stillen Reserven um 50 % in den ersten beiden Prognosejahren ergebe sich ohne Berücksichtigung von Aktieneffekten und Steuern eine Wertdifferenz von rund EUR 20 Mio., das entspräche 1,1 % des berechneten Unternehmenswerts der B1. |
126 |
Der weitere Einwand der Antragsgegnerinnen, dass angesichts der Entwicklung an den Aktienmärkten im Jahr 2002 zum Bewertungsstichtag klar gewesen sei, dass die deutlich zu optimistischen Planungen der B1 zur Entwicklung der stillen Reserven aufgrund ihrer signifikanten Aktienquote nicht zu halten seien, was durch die im Vergleich zur Planung viel niedrigeren Ist-Ergebnisse anschaulich bestätigt werde, wird von Z im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. |
127 |
Auch hier gilt zunächst, dass die erhebliche Abweichung zwischen Planung und tatsächlichem Ergebnis nicht indiziert, dass die Bewertung der Gutachter unzutreffend ist. |
128 |
Zudem wird der tatsächliche Bestand der stillen Reserven durch aktives Asset-Management beeinflusst, d.h. die Gesellschaft hat es nach dem Stichtag in der Hand, Bestand und Höhe der stillen Reserven aktiv zu beeinflussen. Daher ist es in der Regel nicht möglich, die Einflussfaktoren für die tatsächliche Abnahme von stillen Reserven zu isolieren. Insoweit stünde auch das Stichtagsprinzip entgegen, da stichtagsnachfolgende Beeinflussungen des Kapitalanlagenergebnisses bzw. der stillen Reserven durch die Gesellschaft nicht vorhersehbar sind, jedenfalls haben dies die Antragsgegnerinnen nicht behauptet. Zudem hatte die B1 ihre Planung der stillen Reserven zwischen 2001 und 2002 bereits nach unten korrigiert. Die hier zugrunde gelegte Planung stammt vom 6. März 2002 (ca. 3 Monate vor dem Stichtag). |
129 |
Die Sachverständigen sind bei ihrer Prüfung der zu erwartenden Kapitalanlagenergebnisse der B1 entsprechend der Planung aus dem Jahr 2002 von einer nachhaltigen positiven Entwicklung der Kapitalmärkte ausgegangen. Richtig ist zwar der Einwand, dass die Wertentwicklung an den Kapitalmärkten in den Jahren 2001/2002 um ca. 20 % zurückgegangen ist. Langfristig kam es jedoch wieder zu einem Aufwärtstrend. Der DAX entwickelte sich von dem damaligen Tiefststand von ca. 4.000 Punkten bis Juli 2012 auf ca. 6.600 Punkte. Inzwischen hat der DAX mehr als 10.000 Punkte erreicht. |
130 |
Der Einbruch des Kapitalanlagenergebnisses im Jahr 2008 resultiert aus der Finanzmarktkrise des Jahres 2008. Diese stand in keinem Zusammenhang mit der kurzfristigen Krise des Finanzmarktes nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Zutreffend weisen die Sachverständigen darauf hin, dass die im Vergleich zu den Planzahlen deutlich geringeren tatsächlichen Kapitalanlagenergebnisse insbesondere mit der niedrigen Verzinsung festverzinslicher Wertpapiere zusammen hingen. Das historisch niedrige Zinsniveau bezüglich festverzinslicher Wertpapiere war ebenso wenig vorauszusehen wie die sich derzeit immer noch auswirkende Schulden- und Euro-Krise. Abgesehen davon müsste der Basiszinssatz angepasst werden, wenn eine Vorhersehbarkeit der Finanzkrisen unterstellt würde. Daraus ergäben sich entsprechende kompensatorische Effekte. |
131 |
Bei dieser Sachlage ist auch der weitere Einwand der Antragsgegnerinnen, dass tatsächlich bei der B1 nach dem Bewertungsstichtag nicht einmal annähernd wieder stille Reserven wie im Jahr 2002 erreicht worden seien, ohne Substanz. Die Entwicklung des Jahres 2002 sei gerade keine kurzfristige negative Entwicklung gewesen, sondern eine sich abzeichnende langfristige negative Entwicklung. Die Sachverständigen haben dazu im 2. Ergänzungsgutachten erneut darauf verwiesen, dass die Entwicklung des Kapitalmarktes nicht dauerhaft negativ sei, sondern im Gegenteil negative Tendenzen in einigen Bereichen bereits wieder ausgeglichen worden seien, wie das Kursniveau an den Aktienmärkten zeige. Hinzu komme, dass eine Entwicklung der stillen Reserven bis zum Jahr 2002 nicht repräsentativ für die auf Unendlichkeit ausgerichteten Unternehmenserfolge sein könne. Zudem bezögen sich die von den Antragsgegnerinnen verwendeten Referenzwerte auf die Jahre 1999-2001, d.h. auf die Jahre des überdurchschnittlichen Kapitalmarktaufschwungs. Dieses hohe Niveau könne nicht zur Grundlage der Zukunftsbetrachtung herangezogen werden. Vielmehr sei es sachgerecht, Durchschnittswerte zu verwenden. |
132 |
- 7.60
Kapitalisierungszinssatz
Im Ergebnis ist es nicht zu beanstanden, dass die Sachverständigen pauschale aus Erfahrungswerten gegriffene Risikozuschläge zugrundegelegt haben und dabei nach den jeweiligen Versicherungssparten unterschieden haben. |
133 |
- a. 63
Basiszinssatz
Die Verfahrensbeteiligten akzeptieren die partielle Anwendung des erst im Jahr 2005 beschlossenen IDW Standard S 1 zur Ermittlung des Basiszinssatzes. Auch die Kammer hält dies für sachgerecht. Dies beruht im Wesentlichen auf besseren Erkenntnissen, z. B. hinsichtlich der Anwendung von zukunftsorientierten Zinsstrukturkurven bei der Schätzung des Basiszinssatzes (vergleiche OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Dezember 2011, I-26 WE 3/11, juris Rz. 71 f.). |
134 |
Der Auffassung der Antragsgegnerinnen, dass es aus Gründen der Konsistenz geboten sei, dann auch für die Bestimmung der weiteren Komponenten des Kapitalisierungszinssatzes den neuen Standard IDW S1 (2005) anzuwenden, kann nicht gefolgt werden. Die Anwendung der Zinsstrukturkurve zur Bestimmung des Basiszinssatzes ist fachlich geboten und unabhängig von der Anwendung des CAPM. |
135 |
- b. 66
Anwendung des CAPM bzw. TAX-CAPM
Die Anwendung des CAPM bzw. TAX-CAPM im vorliegenden Bewertungsfall ist nicht zwingend. In der Versicherungswirtschaft ist die Anwendung dieser Kapitalpreisbildungsmodelle umstritten. Die versicherungswirtschaftliche Literatur steht der Ableitung eines Risikozuschlags aus Kapitalmarktdaten ablehnend gegenüber. Abgesehen davon haben die Gutachter die Untauglichkeit des CAPM/TAX-CAPM im konkreten Bewertungsfall überzeugend begründet. Z hat in der 1. ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass für die Versicherungswirtschaft bzw. für die einzelnen Versicherungsunternehmen kein identisches versicherungstechnisches (Bestands-)Risiko existiere, das allgemein gültig bei allen Versicherungsunternehmen in gleicher Höhe anzutreffen sei. Hinzu komme, dass es bei Versicherungsunternehmen an dem für die Schätzung von Betafaktoren unerlässlichen Zugang zu regelmäßig beobachtbaren Marktpreisen fehle. Die Gesamtzahl der börsennotierten deutschen Versicherungsunternehmen sowie die Handelsvolumina seien gering. |
136 |
Schon aus diesen Gründen ist die Nichtanwendung des CAPM bei Versicherungsunternehmen gut vertretbar und rechtlich haltbar (Beschluss vom 20. Oktober 2014 – I-26 W 6 /13, Seite 32 ff.). Abgesehen davon gibt es auch in der Rechtsprechung und der Literatur erhebliche Vorbehalte gegen die Anwendung des CAPM bzw. TAX-CAPM (vgl. beispielsweise OLG München, Beschluss vom 14. Juli 2009, 31 WX 121/06, juris m. w. N.). Diese Bedenken teilt die Kammer. Das CAPM beruht auf zahlreichen unrealistischen Prämissen. Es liefert Vergangenheitsdaten, deren Aussagekraft für die Zukunft ohnehin von Sachverständigen interpretiert werden muss. Ferner ist die stets behauptete intersubjektive Nachprüfbarkeit der nach CAPM ermittelten Risikozuschläge nicht belegbar, sondern die Bewertung nach CAPM beruht auf zahlreichen subjektiven Parametrisierungen und Einschätzungen von Sachverständigen und der Übernahme fremder Daten. Ferner ist die Bewertung der Ertragslage durch den Gutachter auf der Grundlage umfassender Informationen und die Bewertung des Unternehmens durch den Markt auf der Grundlage begrenzter Informationen inkonsistent. Dazu passt, dass ein Ertragswert an einem Marktpreis gemessen wird. Die Risikoäquivalenz steht ferner in Frage, soweit nicht die Kapitalkosten typischer Unternehmenserwerber herangezogen werden, sondern die Renditen sämtlicher Teilnehmer des Kapitalmarkts. Ergänzend kann auf die zusammenfassenden Ausführungen von Z zu den Bedenken gegen das CAPM bzw. TAX-CAPM in dem 1. Ergänzungsgutachten Bezug genommen werden. |
137 |
- c. 69
Plausibilisierung mittels CAPM/TAX-CAPM
Unabhängig davon haben die Sachverständigen eine überschlägige Berechnung des Risikozuschlags auf der Grundlage des CAPM/TAX-CAPM mittels der von den Antragsgegnerinnen bereitgestellten Datenbasis vorgenommen. Dabei ergaben sich Risikozuschläge in einer Bandbreite von 0,8 % bis 1,9 % (vor-Steuer-Marktrisikoprämie) und von 1,0 % bis 2,4 % (nach-Steuer-Marktrisikoprämie). Die Marktrisikoprämie (sowohl vor als auch nach Steuern) würde noch deutlich geringer ausfallen, wenn das geometrische Mittel oder die unterschiedlichen Anlagezeiträume herangezogen würden. Je nach Berechnungsweise ergeben sich dann Marktrisikoprämien von knapp über 2 % bis fast 6 %. Der von Z herangezogene Risikozuschlag (vor Steuern) i.H.v. 1,5 % liegt folglich im mittleren Bereich der nach CAPM berechneten Zuschläge. |
138 |
Aufgrund fehlender Unternehmensplanung über die zukünftige Ausschüttungspolitik der B1 sind die Sachverständigen bei der CAPM-Plausibilisierung in vertretbarer Weise von der Vollausschüttungshypothese ausgegangen, obwohl nach den ab dem 1. Januar 2001 gültigen steuerlichen Regelungen (Halbeinkünfteverfahren) die Vollausschüttung nicht mehr die ökonomisch sinnvollste Gewinnverwendung war. Denn thesaurierte Beträge unterlagen danach nicht der typisierten persönlichen Ertragsteuerbelastung, sondern nur die ausgeschütteten Dividenden. |
139 |
- d. 72
Risikozuschlag
Der für die B1 angesetzte Risikozuschlag i.H.v. 2,0 % ist sachgerecht. Die Sachverständigen haben den Risikozuschlag im Wege einer empirischen Schätzung vorgenommen und ausführlich begründet. Der Vorteil dieser Risikobewertung im Vergleich zur Bestimmung des Risikozuschlags nach CAPM besteht darin, dass die Schätzungen zu den Erträgen und den Kapitalkosten konsistent sind. Die pauschale Ableitung des Risikozuschlags steht ferner im Einklang mit der Rechtsprechung. Mit dem bereits zitierten Beschluss des OLG Düsseldorf vom 20. Oktober 2014 (I-26 W 6/13) betreffend den Gewinnabführungsvertrag B5/B1 zum 10. Dezember 2001 ist die pauschale aus Erfahrungswerten gegriffene Risikoeinschätzung der Sachverständigen gebilligt worden. |
140 |
Die Sachverständigen haben sich bei der Schätzung des Risikozuschlags für die B1 an anderen Bewertungsfällen orientiert, z.B. an der Q1 Allgemeine Versicherung AG (1,75 %) und Q2 Versicherung (2,10 % für Mai 2000). In Übereinstimmung mit der Auffassung des OLG Düsseldorf, das noch weitere Bewertungsfälle aus der Rechtsprechung zur Bestätigung des Risikozuschlags dargestellt hat, ist zu konstatieren, dass sich der Risikozuschlag für die B1 i.H.v. 2 % zum Bewertungsstichtag in der üblichen Bandbreite bewegt. Diese Einschätzung ist kompatibel mit dem geschätzten allgemeinen Risikozuschlag für die B3 i.H.v. 1,5 %. Lebensversicherungsunternehmen weisen in der Regel aufgrund ihres Geschäftsmodells geringere Risiken auf als Sachversicherer. |
141 |
Die Gutachter haben es mit nachvollziehbarer und überzeugender Begründung abgelehnt, den Risikozuschlag im Hinblick auf – nach Auffassung der Antragsgegnerinnen – progressive Ergebnisprognosen zu den stillen Reserven zu erhöhen. Der Kapitalisierungszinssatz unter Einschluss des Risikozuschlages bringt die Rendite einer risikoäquivalenten Alternativanlage zum Ausdruck. Es ist daher eine in sich konsistente Bewertung zu gewährleisten. Verschleierte Sicherheitsäquivalente oder Risikozuschläge sind daher zu vermeiden. Ggf. ist die Unsicherheit durch mehrwertige Ertragserwartungen mittels gewichteter Szenarien zu berücksichtigen. Die Sachverständigen haben zum Ausdruck gebracht, dass sie die Ertragserwartungen für realistisch und sachgerecht halten, so dass insofern weder die Ertragserwartungen noch der Risikozuschlag anzupassen sind. |
142 |
Auch wenn zum Bewertungsstichtag am 25. Juli 2002 sowohl die Internetblase als auch der Anschlag auf das World Trade Center bekannt waren, ist der Risikozuschlag von 2 % angemessen. Die Gutachter haben zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht sachgerecht ist, kurzfristig andauernde Krisenzustände im Risikozuschlag und damit ggf. auch in der ewigen Rente fortzuschreiben. Vielmehr sei es sachgerecht, die Ein- und Auszahlungen im Rahmen der Planungsrechnung entsprechend zu modellieren. Zudem habe sich gezeigt, dass sich die Kapitalmärkte trotz der genannten Krisen als sehr robust erwiesen hätten. Die Einbrüche des Kapitalmarktes seien kurzfristig und nicht nachhaltig gewesen. Schließlich haben die Sachverständigen zutreffend darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der Branche nicht absehbar gewesen sei. Ergänzend kann auf die Ausführungen zur Kapitalmarktentwicklung im Zusammenhang mit den stillen Reserven in den Kapitalanlagen verwiesen werden. Auch das OLG Düsseldorf hatte sich bereits in früheren Verfahren mit der Argumentation der Antragsgegnerinnen auseinandergesetzt und diese für nicht begründet erachtet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Oktober 2014, I-26 WE 6/13, S. 35 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann darauf Bezug genommen werden. |
143 |
Ebenso wenig Substanz hat der weitere Einwand der Antragsgegnerinnen, dass der hier angenommene allgemeine Risikozuschlag für die B1 mit 2,0 % noch unter dem Risikozuschlag von 2,25 % liege, den Z für den Bewertungsstichtag 1999 zugrunde gelegt habe. Die Sachverständigen haben dazu ausgeführt, dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ein Risikozuschlag von insgesamt 2 % angemessen für den Bewertungsstichtag 25. Juni 2002 sei. Diese Einschätzung sei von den Vorgutachtern geteilt worden, auch wenn diese einen zusätzlichen Zuschlag von 0,5 % für Sonderrisiken, von denen die B1 tatsächlich aber nicht betroffen gewesen sei, für geboten erachtet hätten. Die für den Bewertungsstichtag 2002 erkennbaren unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Versicherungsunternehmen rechtfertigten keine Fortschreibung im Risikozuschlag, sondern ggf. temporäre Anpassungen der Ein- und Auszahlungsreihen. |
144 |
Die von den Antragsgegnerinnen beigefügten Branchen-Betas der Jahre 2008-2012 geben ebenfalls keine Veranlassung, die Risikoeinschätzung der Sachverständigen anzuzweifeln. Sie haben dazu ausgeführt, dass die von den Antragsgegnerinnen vorgelegten Branchen-Betas Vergangenheitswerte widerspiegelten, die aufgrund der Finanzmarktkrise ab 2008 nicht ohne Prüfung und Anpassung für die Zukunft übernommen werden könnten. Für die mittlere längere Zukunft seien wesentliche Änderungen zu erwarten. |
145 |
Schließlich ist der Einwand der Antragsgegnerinnen zum Risikozuschlag, dass bislang keine vergleichbare Bewertung eines Versicherungsunternehmens zum Stichtag 2002 oder später bekannt sei, bei dem ein Risikozuschlag von weniger als 2,5 % angesetzt wurde, unerheblich. Die Sachverständigen haben auf die Frage der Antragsgegnerinnen zwar mitgeteilt, dass ihnen eine vergleichbare Risikobewertung nicht bekannt sei. Sie haben jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass das aus ihrer Sicht auch irrelevant sei. Der von den Antragsgegnerinnen vorgenommene Vergleich hätte nur dann einen Aussagewert, falls die zum Vergleich herangezogenen Versicherungsunternehmen hinsichtlich der einzelnen Erfolgsparameter und Risiken identisch wären. Dazu wäre eine eingehende Analyse der in den Vergleich einbezogenen Unternehmen erforderlich. |
146 |
- 8.75
Wachstumsabschlag
Die von Z vorgenommenen Erhöhungen des Wachstumsabschlags bei der B1 von 0,5 % auf 0,75 % und bei einigen gesondert bewerteten Beteiligungen von 0,5 % auf 0,75 % oder 1,0 % überzeugen. |
147 |
Die dagegen gerichteten Argumente der Antragsgegnerinnen können die Einschätzung der sachgerechten Beurteilung der Sachverständigen nicht erschüttern. Die Antragsgegnerinnen haben zur Begründung ausgeführt, dass nachhaltiges Wachstum der Versicherungsbranche nur über eine Ausweitung des Geschäfts in Betracht kommen könne, das über eine Thesaurierung von Gewinnen und sonstiger Zuführung von Eigenkapital finanziert wird, was vorliegend nicht unterstellt worden sei. |
148 |
Die Gutachter haben bei der Bewertung der B1 sämtliche Wachstumseffekte berücksichtigt, insbesondere auch inflations-, mengen-und strukturbedingte Wachstumseffekte. Auf die Schätzung der einzelnen Komponenten des Gesamtwachstums sei verzichtet worden, da eine solche Trennung in der Praxis nicht möglich sei. Das haben die Verfahrensbeteiligten nicht infrage gestellt. |
149 |
Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, die These der Antragsgegnerinnen, dass Versicherungsgesellschaften Wachstum aufgrund unwesentlicher substanzerhaltender Aufwendungen nur über eine Finanzierung im Wege der Gewinnthesaurierung oder der Eigenkapitalzuführung generieren könnten, sei weder empirisch belegt noch aus den Planansätzen der B1 ableitbar. Der theoretisch richtige Ansatz der Antragsgegnerinnen, bei unterstellter Vollausschüttung den Wachstumsabschlag um den Thesaurierungseffekt zu bereinigen, wirke sich aufgrund einer ausreichenden Überdeckung der Solvabilitätsspanne praktisch nicht aus. |
150 |
Die Sachverständigen haben zur Überprüfung dieses Einwandes zunächst die Wachstumsraten der Vergangenheit in den Jahren 1997- 2001 ermittelt. Die B1 erzielte in dieser Zeit ein durchschnittliches Beitragswachstum von rund 4,07 %. Die B1 lag damit über dem Branchendurchschnitt von 1,1 % Beitragswachstum. Aus dieser Entwicklung ist erkennbar, dass die B1 ebenso wie die Branche Mengenwachstum hatte. |
151 |
In den Jahren 1993 bis 2008 habe die B1 die Ergebnisse aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit im Durchschnitt um 12,92 % steigern können. Die verdienten Beträge für eigene Rechnung seien jährlich um rund 1,00 % gesteigert worden. Die entsprechenden Branchenwerte für den Vergleichszeitraum seien mit durchschnittlich 3,18 % höher ausgefallen. |
152 |
Unter Berücksichtigung der Vergangenheitswerte könne davon ausgegangen werden, dass die angesetzte Wachstumsrate von 0,75 % in der ewigen Rente auch ohne entsprechende Thesaurierung erreicht werden könne. |
153 |
Ferner weist Z auf zahlreiche Studien hin, wonach es Unternehmen in der Vergangenheit durchgängig gelungen sei, durchschnittliche Wachstumsraten von deutlich über 3 % zu generieren, die damit in der Regel über den Steigerungsraten des Bruttoinlandsprodukts und der Verbraucherpreise lagen. Vor diesem Hintergrund liege der angesetzte Wachstumsabschlag von 0,75 % – analog zum angesetzten Risikozuschlag – eher am unteren Rand des Schätzungsrahmens. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der aufgeführten Studien, u. a. vom statistischen Bundesamt, sei eher eine Erhöhung des Wachstumsabschlags als eine Herabsetzung vertretbar. |
154 |
Die Sachverständigen haben sich im Rahmen des 2. Ergänzungsgutachtens eingehend und letztlich überzeugend mit dem Einwand der Antragsgegnerinnen auseinandergesetzt, dass der Wachstumsabschlag wegen des Finanzierungserfordernisses zur Sicherstellung einer angemessenen Bedeckungsquote im Rahmen der Solvabilitätsspanne zu reduzieren sei. Die Antragsgegnerinnen wenden sich damit gegen die Annahme von Z, dass der Thesaurierungseffekt durch entsprechend hohe Solvabilitätsspannen ausgeglichen würde. |
155 |
Z hat dazu festgestellt, dass das im Detailplanungszeitraum unterstellte Beitragswachstum der B1 von 20 % auch ohne zusätzliche Eigenmittelzuführungen zu erreichen gewesen sei. Richtig sei zwar die Aussage, dass ein Wachstum des Versicherungsbestandes zu einer Erhöhung der Solvabilitätsspanne und, bei konstanten Eigenmitteln, zu einer Reduktion der Bedeckungsquote führe. Der bis zum Zeitpunkt der ewigen Rente (2006) entstehende zusätzliche Solvabilitätsbedarf der B1 von knapp EUR 8 Mio. könne jedoch durch die Anrechnung stiller Reserven erfüllt werden, soweit aufsichtsrechtlich zusätzliche Solvabilitätsmittel gefordert seien. Im Verhältnis zum gesamten Unternehmenswert der B1 betrage der ggf. zusätzlich benötigte Solvabilitätsbedarf lediglich 0,46 % und sei damit von untergeordneter Bedeutung bei einem Bestand der stillen Reserven von rund EUR 404 Mio. zum Beginn der ewigen Rente (2007 ff.). Folglich müsse die Gesellschaft nur 2 % der stillen Reserven zur Abdeckung eines ggf. benötigten aufsichtsrechtlichen Solvabilitätsbedarfs einsetzen. Zusätzliche Thesaurierungen, die den Wachstumsabschlag mindern könnten, seien dafür nicht erforderlich. Selbst wenn der Solvabilitätsbedarf — wirtschaftlich nicht sinnvoll — über die Thesaurierung von Teilen der entziehbaren Ertragsüberschüsse gedeckt würde, wären die Auswirkungen auf den Unternehmenswert vernachlässigbar gering. Diese Ausführungen seien auch gültig für die Phase der ewigen Rente. Der Solvabilitätsbedarf sei in der Phase der ewigen Rente sogar erheblich geringer als in dem Detail-Prognosezeitraum, da für die letztgenannte Zeitspanne ein durchschnittliches Wachstum von 3,7 % unterstellt worden sei. |
156 |
Der darüber hinausgehenden Forderung der Antragsteller nach einem Wachstumsabschlag in Höhe der Soll-Geldentwertungsrate der Europäischen Zentralbank von 2 % per anno haben die Sachverständigen mit nachvollziehbarer Begründung ebenfalls eine Absage erteilt. Ein solcher Wachstumsabschlag lasse sich zwar theoretisch begründen. Allerdings müssten dann sämtliche Bewertungsparameter wie Risikozuschlag, Ertragsprognose u. a. neu beurteilt werden. Es ist unmittelbar einsichtig, dass die Schätzungen zu den wesentlichen Parametern der Unternehmensbewertung in Abhängigkeit zueinander stehen und Schätzungen zu den Erträgen bzw. Kapitalkosten einhergehen können mit Wachstumsabschlägen am unteren Rand des Spektrums. |
157 |
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-26 WE 6/13 (AktE), Beschluss vom 20. Oktober 2014, I-26 W 6/13, Seite 38) hat für den Bewertungsstichtag Mai 2001 einen Wachstumsabschlag von 0,75 % für die ewige Rente der B1 gebilligt. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass bei der Bewertung anderer Versicherungsunternehmen zu den Stichtagen 2001 und 2002 Wachstumsabschläge zwischen 0,5 % und 1 % angenommen worden sind. |
158 |
- 9.78
Persönliche Ertragsteuern
Die Behandlung der persönlichen Ertragsteuern bei der Schätzung des Kapitalisierungszinssatzes findet ebenfalls die Zustimmung der Kammer. |
159 |
Die Antragsgegnerinnen wenden ein, dass Z die Steuereffekte des im Jahre 2001 in Kraft getretenen Halbeinkünfteverfahrens nicht berücksichtigt habe. Nach dem Bewertungsstandard IDW S1 (2005) sei nur noch der Basiszinssatz, nicht aber der Risikozuschlag um typisierte persönliche Steuern zu kürzen. Dieser neue Bewertungsstandard gelte nach den Empfehlungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer sowie nach neuerer Rechtsprechung in Übereinstimmung mit dem Fachschrifttum auch für frühere Bewertungen ab dem Veranlagungszeitraum 2001. |
160 |
Die Sachverständigen haben in ihrem Gutachten den Basiszinssatz um die Marktrisikoprämie erhöht und die Summe um den typisierten Steuersatz von 35 % gekürzt. Dieser Abzug wurde auch von den Vorgutachtern gebilligt. |
161 |
Die Sachverständigen haben zur Begründung dieser Vorgehensweise ausgeführt, dass die von den Antragsgegnerinnen angeführten Marktrisikoprämien nach Stehle auf Marktdaten beruhten, die sich nach Thesaurierung ergeben. Diese Daten und damit auch das TAX-CAPM seien bei der von Z unterstellten Vollausschüttung zur Gewährleistung der Ausschüttungsäquivalenz erst nach einer Anpassung der Cashflow-Prognose unter Thesaurierungsbedingungen anwendbar. Zudem ergebe sich eine steuerliche Inkonsistenz daraus, dass auf die Marktrisikoprämie unterschiedliche Steuerregime einwirkten. |
162 |
Die Gutachter haben ferner nachvollziehbar dargelegt, dass die von ihnen angesetzte Marktrisikoprämie (vor Steuern) auch bei der Anwendung des TAX-CAPM zu rechtfertigen sei. Die Sachverständigen haben dies bereits ausführlich in den Verfahren LG Köln, 82 O 75/03 und 82 O 76/03 erläutert. Sowohl die Kammer als auch das OLG Düsseldorf haben die Ausführungen der Sachverständigen als sachgerecht gebilligt. |
163 |
- VIII.81
Unternehmenswerte der Beteiligungsunternehmen der B1
82- 1.83
Gesondert bewertete Unternehmen
- 1.83
Analog zur Bewertung der B1 sind deren wesentliche Beteiligungsgesellschaften E, B2B, J und B4 zum 31. Dezember 2001 gesondert bewertet worden. Die Werte sind zum Bewertungsstichtag 25. Juni 2002 aufgezinst worden. |
164 |
Weitere Gesellschaften wurden ebenfalls gesondert nach dem Ertragswertverfahren bewertet und in die Bewertung der B1 über die Zwischenholdings mittelbar einbezogen. Es handelt sich um die B3, A2, O, E, C1 und A1. |
165 |
Für die E wurde ein Wert i.H.v. EUR 251.755.000,00 ermittelt. Entsprechend der Beteiligungsquote der B1 von 29,29 % waren dieser somit EUR 73.739.000,00 zuzurechnen. |
166 |
Bei einem Wert der B2B i.H.v. EUR 2.483.784.000,00 und einer Beteiligungsquote der B1 von 10,42 % entfallen EUR 258.810.000,00 auf diese. |
167 |
Die J ist mit einem Wertansatz i.H.v. EUR 92.391.000,00 zu Gunsten der B1 berücksichtigt worden. Das entspricht einer Beteiligungsquote von 47,62 % bei einem Wert der J i.H.v. EUR 194.017.000,00. |
168 |
Der zu 100 % der B1 zugerechnete Buchwert der B4 betrug zum Stichtag EUR 4.830.000,00. |
169 |
Insgesamt sind der B1 aus den vorstehenden Beteiligungen EUR 449.770.000,00 zugeschlagen worden. |
170 |
Bei der Ermittlung der anteiligen Unternehmenswerte der Beteiligungsunternehmen sind ein Basiszinssatz von 5,75 % und Risikozuschläge zwischen 1,00 und 1,75 % veranschlagt worden. Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem Gutachten. |
171 |
- 2.86
Nicht gesondert bewertete Beteiligungen der B1
Zusätzlich haben die Gutachter die von der B1 zu erwartenden finanziellen Zuflüsse aus den übrigen verbundenen Unternehmen und Beteiligungen, die nicht gesondert bewertet wurden, ermittelt. Die prognostizierte Verzinsung der Buchwerte und stillen Reserven der Beteiligungsunternehmen ist Bestandteil des Unternehmenswerts der B1. Die Namen der insoweit betroffenen verbundenen Unternehmen und Beteiligungen ergeben sich aus der Anl. 10 zum B1-Gutachten. Darauf kann verwiesen werden. Die Ausführungen der Gutachter sind nachvollziehbar und werden von den Beteiligten auch nicht angegriffen. |
172 |
- IX.89
Börsenwerte
Die Sachverständigen haben für die B1 für den Zeitraum vom 15. März 2002 bis zum 25. Juni 2002 (3 Monate vor dem Stichtag) einen durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs i.H.v. 371,01 pro B1-Aktie ermittelt (Anl. 12 b zum Bewertungsgutachten B1). Für den Zeitraum der letzten 3 Monate vor der Bekanntgabe der Abfindung ergab sich ein durchschnittlicher Kurs i.H.v. EUR 360,73 pro Aktie der B1 (Anl. 12 a zum Bewertungsgutachten B1). Aus den Börsenkursen ergibt sich laut Z ein Mindestunternehmenswert i.H.v. EUR 1.458.307.298,88. |
173 |
In die Berechnung sind die Kurse aller Börsenplätze in der Bundesrepublik Deutschland (Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt am Main, HB2urg, München und Stuttgart), an denen die Aktien der B1 im amtlichen Handel gehandelt wurden, eingeflossen. Andere Segmente, wie der geregelte Markt, der geregelte Freiverkehr sowie der außerbörsliche Handel sind mangels gesicherter Informationen nicht berücksichtigt worden. |
174 |
Die jeweiligen Kurse und Handelsvolumina des amtlichen Handels sind Z von der Universität Karlsruhe zur Verfügung gestellt worden. Sie sind in der Anlage 5 zum Gutachten vom 8. Juni 2011 im Einzelnen aufgeführt. Darauf wird Bezug genommen. |
175 |
Bei der Berechnung des Drei-Monats-Durchschnitts wurden Tagesumsätze mit höheren Umsätzen stärker gewichtet als Tagesumsätze mit geringeren Umsätzen. Diese Gewichtung ist sachgerecht und wird in der Rechtsprechung anerkannt. |
176 |
Die Gutachter haben die Börsenkurse auch auf der Grundlage des BGH-Beschlusses vom 19. Juli 2010 ermittelt. Am 22. Januar 2002 hat die B2 den Grundsatzbeschluss zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre der B1 im Rahmen einer ad hoc-Meldung bekannt gegeben. Unter Zugrundelegung dieser ad hoc-Meldung ergäbe sich ein Referenzzeitraum vom 21. Oktober 2001 bis zum 21. Januar 2002. Dieser Referenzzeitraum kollidiert allerdings zeitlich mit dem Referenzzeitraum für die Verfahren 82 O 76/03 und 82 O 75/03 (Gewinnabführungsverträge B5/B1 mit Stichtagen 10. und 11. Dezember 2001). Aufgrund dieser zeitlichen Überschneidung und der Beeinflussung der Börsenkurse durch die Abfindungsangebote aus den Ergebnisabführungsverträgen haben die Sachverständigen sachgerecht und in Übereinstimmung mit der Vorgehensweise der Vorgutachter den Tag der Bekanntmachung des Squeeze Out-Abfindungsangebots am 8. April 2002 als Endzeitpunkt des Referenzzeitraums gewählt. Für den Drei-Monats-Zeitraum vom 8. Januar 2002 bis zum 8. April 2002 lag der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der B1 bei 360,73. |
177 |
Die KPMG hatte für den Zeitraum vom 7. Januar 2002 bis zum 5. April 2002 einen durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs i.H.v. EUR 337,26 ermittelt. Der gegenüber der Schätzung von Z geringere Betrag ergibt sich daraus, dass die KPMG den zunächst ermittelten Durchschnittsbetrag i.H.v. EUR 360,86 um den festen Ausgleich i.H.v. EUR 23,60 für das Geschäftsjahr 2001 gemindert hatte, was allerdings nicht sachgerecht war. |
178 |
Anhaltspunkte für unzureichenden und nicht repräsentativen Börsenhandel, eine Marktenge, Manipulationen oder eine Einschränkung der Freiheit zur Veräußerung der betreffenden Aktien haben die Gutachter für die jeweiligen Zeiträume nicht feststellen können. Einige außergewöhnliche Tagesausschläge oder kurzfristige sprunghafte Entwicklungen lagen zwar vereinzelt vor. Sie sind jedoch entsprechend bereinigt worden. |
179 |
- X.92
Plausibilisierung
93- 1.94
Substanzwerte
- 1.94
Z hat zur Plausibilisierung der Ertragsbewertung den Substanzwert der B1 zum Ende der Geschäftsjahre 2001 und 2002 überschlägig ermittelt. Dabei sind das Eigenkapital der B1 und die stillen Reserven mit geringfügigen Änderungen der stillen Reserven in den Aktiva und den Passiva berücksichtigt worden. Der näherungsweise ermittelte Substanzwert der B1 beträgt in den Jahren 2001 und 2002 EUR 830.875.000,00 bzw. EUR 692.407.000,00. Der Substanzwert liegt daher erheblich unter dem Ertragswert der B1 zum Stichtag. Der Substanzwert kann daher vernachlässigt werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage 11 zum Bewertungsgutachten der B1 Bezug genommen. |
180 |
- 2.97
Rekapitalisierung Ausgleich 2001
Die Unternehmensbewertung durch Z hält dem Einwand der Antragsteller stand, dass sich bereits durch eine Rekapitalisierung des den B1-Aktionären zum Stichtag 2001 angebotenen Ausgleichs i.H.v. 23,60 (brutto) ein Abfindungsbetrag i.H.v. EUR 725,41, und damit eine um EUR 373,41 höhere Abfindung ergebe. |
181 |
Die Sachverständigen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass die Unternehmensbewertung nicht durch eine derartige Rekapitalisierung ersetzt werden könne, allein schon deshalb, weil die Bewertungsstichtage verschieden seien. Hinzu kommt aus der Sicht der Kammer, dass sich der Ausgleich und die Abfindung wesentlich unterscheiden. Das zeigt sich schon darin, dass das Angebot der Abfindung zum Stichtag 2001 i.H.v. EUR 352,00, das mit dem Ausgleich i.H.v. EUR 23,60 korrelierte, nicht unwesentlich unter der hier festgesetzten Abfindung i.H.v. EUR 429,04 pro Aktie lag. Wäre die Argumentation der Antragsteller richtig, hätte schon die damalige Abfindung wesentlich höher ausfallen müssen. |
182 |
- 3.100
Erhebliche Überschreitung der Börsenkapitalisierung
Nicht überzeugend ist auch der Einwand der Antragsgegnerinnen, dass der von Z ermittelte anteilige Ertragswert der B1 i.H.v. EUR 429,04 pro Aktie mehr als 50 % über dem letzten unabhängigen Börsenkurs der B1-Aktie liege. Diese erhebliche Diskrepanz zwischen Markteinschätzung und Einschätzung der Gutachter sei nicht zu erklären. Dies gelte umso mehr, als sich die wirtschaftliche Situation der Versicherungswirtschaft insgesamt und auch der B1 zwischen den Jahren 2001 und 2002 nochmals deutlich verschlechtert habe. |
183 |
Die Sachverständigen haben entgegnet, dass die Börsenkurse der B1 ab März 2000 nicht aussagekräftig seien für deren wahren Unternehmenswert. Zunächst sei der Börsenhandel mit Aktien der B1 eingeschränkt gewesen. Das Handelsvolumen sei beschränkt gewesen, da der Streubesitzanteil der B1 zwischen 1,7 % und 1,5 % gelegen habe. Für den Haupt-Börsenplatz Frankfurt am Main habe an 28 % der Handelstage überhaupt kein Handel mit B1-Aktien stattgefunden. Ferner seien durch die Dotcom-Blase im März 2000 sowie die Anschläge vom 11. September 2001 Sondereinflüsse zu verzeichnen, die die Aktienmärkte beeinflusst und verunsichert hätten. |
184 |
Der Börsenkurs der B1-Aktie könne kein zuverlässiger Indikator für den Unternehmenswert sein, sondern er bilde lediglich den Verkehrswert der Minderheitsaktie ab. Dem kann einschränkungslos zugestimmt werden. |
185 |
- 4.103
Abweichung von der langfristigen Entwicklung des Börsenkurses
Die vorstehenden Überlegungen gelten auch für den weiteren Einwand der Antragsgegnerinnen, dass der von Z ermittelte Unternehmenswert auch nicht mit der langfristigen historischen Entwicklung der Börsenkurse vor dem Stichtag vereinbar sei. Danach liege der Unternehmenswert ganz erheblich über der in den letzten 10 Jahren erreichten Markteinschätzung. |
186 |
Z haben insoweit zutreffend ausgeführt, dass ein Vergleich der Börsenkurse aus den letzten 10 Jahren mit den auf Unendlichkeit angelegten Unternehmenswerten, deren wesentlicher Bestandteil die ewige Rente sei, nicht sachgerecht sei. Ferner ist überzeugend ausgeführt worden, dass Vergangenheitsdaten und Zukunftserwartungen nicht übereinstimmen müssen. Entscheidend seien Letztere. Die Zukunftserwartungen beruhten wesentlich auf den Planansätzen der B1, die übernommen worden seien, soweit sie plausibel gewesen seien. Zum Bewertungsstichtag deckte sich das Risiko der Versicherungsbranche mit dem Risiko der Gesamtwirtschaft. Die spätere Entwicklung, insbesondere der Niedergang der Kapitalmarktzinsen ab der Krise 2008, sei nicht vorhersehbar gewesen. |
187 |
Diese Argumente entkräften schließlich ohne Weiteres den weiteren Einwand der Antragsgegnerinnen, dass der von den Gutachtern ermittelte Unternehmenswert der B1 und der B3 (Parallelverfahren) im Bewertungsjahr 2002 höher sei als der Marktwert des gesamten Generali Deutschland Konzerns. |
188 |
- C.106
Zinsen
Der von einigen Antragstellern gestellte Antrag auf Verzinsung der gerichtlich festgesetzten angemessenen Barabfindung ist nach zutreffender Auffassung nicht zu bescheiden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. September 2006 – I-26 W 8/06 AktE –, juris Rz. 67). Gegenstand der Spruchverfahren ist die Anpassung der angebotenen bzw. beschlossenen Barabfindung gemäß § 327 a AktG. Die Entscheidung ist ein Gestaltungstitel und kein Leistungstitel. Die Verzinsung der Barabfindung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. |
189 |
- D.109
Nebenentscheidungen
110- I.111
Kosten
- I.111
Die Kostenentscheidung beruht auf § 327 f AktG a. F. i.V.m. § 306 Abs. 7 S. 7 AktG a. F. Gründe, die Verfahrenskosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich. § 306 Abs. 7 Satz 7 AktG a. F. sieht als Regelfall vor, dass die Gerichtskosten von den Vertragsparteien des Unternehmensvertrages zu tragen sind. Beim Squeeze Out gilt das analog für den Hauptaktionär. Im vorliegenden Fall besteht keine Veranlassung, von dieser gesetzlichen Wertung abzuweichen, da die angebotene Barabfindung gesetzeswidrig war. |
190 |
Darüber hinaus entspricht es auch der Billigkeit, den Antragsgegnerinnen die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller, die einen zulässigen Antrag gestellt haben, aufzuerlegen. Im Rahmen des § 13 a FFG a. F. ist der Grundsatz des § 306 Abs. 7 S. 7 AktG a. F. entsprechend anzuwenden. |
191 |
Die Antragsgegnerinnen sind hingegen nicht mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 12 und 17, die unzulässige Anträge gestellt haben, zu belasten, das wäre unbillig. Hier hat es bei der Wertung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG a. F. zu bleiben, dass grundsätzlich jede Seite ihre Kosten selbst zu tragen hat. |
192 |
- II.114
Geschäftswert
Der Geschäftswert wird auf EUR 4.861.455,12 festgesetzt. |
193 |
Der gerichtliche Geschäftswert gemäß § 30 KostO a. F. ist nach freiem Ermessen zu bestimmen. Zu ermitteln ist deshalb der so genannte Beziehungswert. Dieser wird grundsätzlich bestimmt durch den Wert des betroffenen Wirtschaftsgutes und das Ausmaß, in welchem es durch das zu bewertende Geschäft betroffen wird. Für den Fall, dass die angebotene Abfindung zu Gunsten der Aktionäre abgeändert wird, kann das Produkt aus der Anzahl der von außenstehenden Aktionären gehaltenen Aktien und dem festgesetzten Unterschiedsbetrag einen Anhaltspunkt für die Wertfestsetzung liefern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 19 W1/03 AktG, AG 2004, 614, 616 „Agrippina-Versicherung AG/Zürich Versicherung-AG“). |
194 |
Der Unterschiedsbetrag zwischen der angebotenen Barabfindung i.H.v. EUR 352,00 und der gerichtlich festgesetzten Abfindung i.H.v. 429,04 beträgt EUR 77,04. Der Anteil der außenstehenden Aktien lag 1,29 % (63.103 Aktien) der ausgegebenen 4.042.656 Stückaktien. Bei einem Erhöhungsbetrag von EUR 77,04 beträgt der Geschäftswert EUR 4.861.455,12. |
195 |
Der Geschäftswert i.H.v. EUR 4.861.455,12 gilt auch für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre. Die Geschäftswerte für die anwaltliche Vertretung der Verfahrensbeteiligten ist jeweils gesondert festzusetzen. |
196 |
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.