Urteil vom Landgericht Köln - 15 O 100/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Kläger schlossen als Verbraucher im Dezember 2005 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über EUR 40.000,- und einen weiteren Darlehensvertrag über EUR 20.000,- ab, welcher eine Bearbeitungsgebühr zu Gunsten der Beklagten in Höhe von EUR 200,- vorsah. Im Dezember 2006 schlossen die Kläger bei der Beklagten einen weiteren Darlehensbetrag über EUR 10.417,- ab. Es handelte sich hierbei um einen Förderkredit aus Mitteln der L-Bank (sog. KfW-Darlehen). Ziffer 2.2 des Vertrages sieht die Erhebung eines Disagios von 4 % des Nennbetrages zu Gunsten der Beklagten vor. Hiervon soll eine Risikoprämie in Höhe von 2 % für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung des Kredites während der Zinsbindung umfasst sein. Bezüglich des genauen Wortlautes der Darlehensverträge und der den Klägern diesbezüglich erteilten Widerrufsbelehrungen wird auf die Anlagen K1 – K3, Bl. 8 ff d.A. verwiesen.
3Zu Beginn des Jahres 2014 wollten die Kläger die mit den Darlehen finanzierte Immobilie veräußern. Sie schlossen mit der Beklagten Aufhebungsvereinbarungen, in denen sie sich zur Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von EUR 2.525,11 und EUR 75,- sowie zur Zahlung einer „Gebühr für die Treuhandabwicklung“ in Höhe von EUR 200,-. Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.08.2014 ließen die Kläger die Darlehensverträge widerrufen.
4Die Kläger sind der Ansicht, die Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft, weshalb die Vorfälligkeitsentschädigungen zu erstatten seien. Vertrauensschutz sei der Beklagten nicht zu gewähren, weil die verwendete Belehrung nicht dem damals geltenden amtlichen Muster entsprochen habe. Die Bearbeitungsgebühr und das Disagio seien ebenfalls zu erstatten, weil es diesbezüglich an einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage fehle.
5Die Kläger beantragen,
6die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 9.527,22 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie seit dem 31.03.2014 für EUR 3.933,99, EUR 1.777,20 und EUR 399,24 sowie seit dem 22.01.2014 für EUR 2.525,11.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Die Beklagte behauptet sie, die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht im Kern verstanden und verfolgten mit der Ausübung sachfremde Ziele. Die Beklagte ist der Ansicht, die verwendeten Belehrungen seien nicht fehlerhaft, jedenfalls sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren, weil sie das damals geltende amtliche Muster keiner inhaltlichen Bearbeitung unterzogen habe. Die Geltendmachung des Widerrufsrechts sei verwirkt und treuwidrig. Zudem bilde die Aufhebungsvereinbarung den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vorfälligkeitsentschädigung.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die Klage ist nicht begründet.
13I. Den Klägern steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen zu. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 346 BGB oder § 812 BGB, weil die den Klägern nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. in Bezug auf die Darlehen zustehende zweiwöchige Widerrufsfrist bei Erklärung der Widerrufe im August 2014 bereits abgelaufen war.
14Unabhängig von der Fehlerhaftigkeit der Belehrung kann sich die Beklagte auf die Schutzwirkung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1, 3 der BGB-InfoV berufen, weil die verwendeten Widerrufsbelehrungen dem damals geltenden Muster entsprachen (vgl. allg. BGH ZIP 2009, 1512; 2010, 734; 2011, 178; 2014, 913). Die Beklagte hat das Muster in der bis zum 31.03.208 geltenden Fassung der BGB-InfoV verwendet.
15Die von dem Kläger aufgezeigten Unterschiede sind unerheblich.
16Die unter den verwendeten Belehrungen befindlichen Fußnoten stehen außerhalb der Belehrung und betreffen diese nicht inhaltlich (vgl. zu anderen Fußnoten OLG Köln, Beschl. v. 10.08.2015 – 13 U 81/14, n.v.). Sie richten sich erkennbar an die Mitarbeiter der Beklagten. Offensichtlich ist dies für die Fußnote 1, mit der der Mitarbeiter der Beklagten aufgefordert wird, die Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts in den Vordruck einzutragen. Wenn aber die Fußnote 1 erkennbar als Anweisung an den Mitarbeiter der Bank aufzufassen ist, kann der durchschnittliche Verbraucher schon daraus den Rückschluss ziehen, dass dies auch für die Fußnote 2 gelten soll. Im Übrigen steht es der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher nicht entgegen, wenn auch er – der Fußnote 2 entsprechend – prüft, ob die hierfür vorgesehene Frist bereits abgelaufen ist. Soweit die Kammer in der Vergangenheit eine andere Ansicht vertreten hat, hält sie hieran nicht fest.
17Diese Erwägungen gelten auch für den Klammereinschub „(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift…)“. Schon aus dem Umstand, dass unmittelbar danach eben diese Daten der Beklagten angegeben werden, wird ersichtlich, dass es sich um eine den Inhalt der Belehrung nicht berührende, die Ausfüllung des Formulars betreffende Anweisung an die Mitarbeiter der Beklagten handelt.
18Die Beklagte hat allerdings im Absatz über finanzierte Geschäfte den die Definition der wirtschaftlichen Einheit betreffenden Satz 2 nicht durch den die wirtschaftliche Einheit im Falle eines finanzierten Grundstücksgeschäft betreffenden Satz 3 ersetzt, sondern beide Sätze wiedergegeben. Unabhängig davon, ob eine solche bloß formale Abweichung der Gewährung von Vertrauensschutz entgegensteht (offengelassen in OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 - 13 U 69/12, juris Rn. 29f.), ist die Ergänzung im Streitfall schon deshalb ohne Bedeutung, weil die Kläger keine verbundenen Geschäfte abgeschlossen haben. Nach dem Gestaltungshinweis Nr. 9 können entsprechende Hinweise unter diesen Umständen entfallen. Werden sie gleichwohl erteilt, stehen sie der Annahme von Vertrauensschutz jedenfalls dann nicht entgegen, wenn sich die Abweichung wie hier lediglich auf formale Gesichtspunkte beschränkt. Die Kammer weicht mit dieser Bewertung nicht von der Rechtsprechung des OLG Köln ab, denn OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 - 13 U 69/12, lag ein Verbundgeschäft zugrunde.
19Ebenfalls unerheblich ist, dass die Beklagte am Ende der Belehrung die Angabe des Ortes, des Datums und der Unterschriftenleiste nicht durch die Schlussformel „Ihre Kreissparkasse Köln“ ersetzt, sondern diese hinzugefügt hat. Der Gestaltungshinweis Nr. 10 sieht die Möglichkeit vor, entweder den einen oder den anderen Schluss zu wählen. Wählt ein Unternehmer demgegenüber beide Abschlüsse der Belehrung aus, handelt er zwar dem Gestaltungshinweis zuwider, gleichwohl verwendet er keinen Textteil, der nicht auch in der Musterbelehrung zu finden wäre, geschweige denn dass er diese inhaltlich verändern würde.
20II. Die Kläger haben auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt durchsetzbare Ansprüche auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr oder des Disagios. Die formularmäßige Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr ist nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. In Betracht kommende Ansprüche der Kläger nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB sind jedoch nach den §§ 195, 199 Abs. 1 mit dem Ablauf des Jahres 2014 und somit bei Klageerhebung im März 2015 verjährt. Dies folgt daraus, dass die formularmäßige Unwirksamkeit von Bearbeitungsentgelten bereits im Jahr 2011 von mehreren Oberlandesgerichten festgestellt worden war (hierzu BGH, Urt. v. 28.10.2014 – XI ZR 17/14, juris Rn. 44). Eine Klageerhebung war dementsprechend seit 2011 zumutbar. Durch die im Januar 2015 erhobene Klage ist die Verjährung nicht rechtzeitig gehemmt worden.
21Diese Erwägungen gelten sinngemäß auch für die vertraglich vereinbarte Einbehaltung eines Disagios. Unabhängig davon, ob man dessen Vereinbarung ebenfalls für unwirksam hält, war es jedenfalls im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Bearbeitungsentgelten ab dem Jahr 2011 naheliegend und zumutbar, einen Rückforderungsanspruch gerichtlich geltend zu machen.
22III. Ein Rückzahlungsanspruch bezüglich der unbestritten „vereinbarten“ Treuhandgebühr besteht für die Kläger ebenfalls nicht. An der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung bestehen vor dem Hintergrund keine Zweifel, dass die auf Wunsch der Kläger vorgenommene Rückabwicklung der Darlehensverträge schon wegen der notwendigen Rückabwicklung bestellter Sicherheiten mit Aufwand und Kosten verbunden war.
23IV. Der Schriftsatz vom 04.09.2015 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO. Soweit den Parteien im Termin der Hinweisbeschluss des OLG Köln vom 10.08.2015 mit einer vom Akteninhalt geringfügig abweichenden Widerrufsbelehrung mitgeteilt worden ist, sind die aufgeworfenen Rechtsfragen Gegenstand des wechselseitigen Parteivortrags und der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung gewesen. Den Parteien wie auch der Kammer ist bewusst, dass dem Hinweisbeschluss des OLG Köln eine andere als die streitgegenständliche Belehrung zugrunde lag. Die Kammer ist dementsprechend nicht dem Irrtum unterlegen, der 13. Zivilsenat des OLG Köln habe sich in dem genannten Beschluss mit dem Zusatz „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ auseinandergesetzt. Hierfür bietet der Text des Beschlusses keine Anhaltspunkte. Der vorliegende Fall gibt auch keinen Anlass, Aussagen für Fußnoten unabhängig von äußerer Gestaltung und Inhalt zu treffen. Dass und warum die Kammer die Aussagen in den im konkreten Fall verwendeten Fußnoten – entgegen den von den Klägern zitierten Entscheidungen - für unschädlich hält, ergibt sich aus den oben stehenden Erwägungen zur Bewertung der streitgegenständlichen Belehrung.
24V. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 100, 709 ZPO.
25Streitwert: EUR 9.527,22
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.