Urteil vom Landgericht Köln - 15 O 130/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger schloss im Januar 2006 mit der Beklagten einen Verbraucherdarlehensvertrag über 92.000,- EUR zur Finanzierung einer Immobilie ab. Dem Vertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, für deren Inhalt auf die Anlage K1 (Bl. 11 ff d.A.) Bezug genommen wird. Da der Kläger die Immobilie in der Folge veräußern wollte, schlossen die Parteien unter dem 24.05.2012 eine Aufhebungsvereinbarung, mit welcher der Kläger sich zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 11.340,63 EUR verpflichtete (Anlage K2, Bl. 15 d.A.). Mit Schreiben vom 04.08.2014 ließ der Kläger den Darlehensvertrag widerrufen (Anlage K3, Bl. 16 ff d.A.).
3Der Kläger ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft, weshalb die Vorfälligkeitsentschädigung zu erstatten sei. Vertrauensschutz sei der Beklagten nicht zu gewähren, weil die verwendete Belehrung nicht dem damals geltenden amtlichen Muster entsprochen habe. Die Beklagte müsse zudem Nutzungsersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf sämtliche Zinszahlungen leisten, was einen Betrag in Höhe von 8.934,69 EUR ausmache.
4Der Kläger beantragt,
51. die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 11.340,63 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2014 zu zahlen;
62. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere EUR 8.934,69 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte behauptet, der Kläger habe sein Widerrufsrecht im Kern verstanden und verfolge mit der Ausübung sachfremde Ziele. Sie ist der Ansicht, die verwendeten Belehrungen seien nicht fehlerhaft, jedenfalls sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren, weil sie das damals geltende amtliche Muster keiner inhaltlichen Bearbeitung unterzogen habe. Die Geltendmachung des Widerrufsrechts sei verwirkt und treuwidrig. Zudem bilde die Aufhebungsvereinbarung den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vorfälligkeitsentschädigung.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die Klage ist nicht begründet.
13I. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung zu. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 346 BGB oder § 812 BGB, weil die dem Kläger nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. in Bezug auf die Darlehen zustehende zweiwöchige Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs im August 2014 bereits abgelaufen war.
14Unabhängig von der Fehlerhaftigkeit der Belehrung kann sich die Beklagte auf die Schutzwirkung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1, 3 der BGB-InfoV berufen, weil die verwendeten Widerrufsbelehrungen dem damals geltenden Muster entsprachen (vgl. allg. BGH ZIP 2009, 1512; 2010, 734; 2011, 178; 2014, 913). Die Beklagte hat das Muster in der bis zum 31.03.208 geltenden Fassung der BGB-InfoV verwendet.
15Die von dem Kläger aufgezeigten Unterschiede sind unerheblich.
16Die unter Berufung auf das LG Hamburg geäußerte Ansicht des Klägers, wonach bereits die in der Überschrift enthaltene Bezeichnung des Darlehensvertrages als „Zusatz“ anzusehen ist, der einer Berufung auf die Musterbelehrung entgegensteht, teilt die Kammer nicht. Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Berufung auf die Gesetzlichkeitsfiktion eine derartige wortwörtliche Übernahme der Musterbelehrung erfordert (vgl. BGH, Urt. v. 18.03.2014 – II ZR 109/13, juris Rn. 16 ff).
17Die unter den verwendeten Belehrungen befindlichen Fußnoten stehen außerhalb der Belehrung und betreffen diese nicht inhaltlich (vgl. zu anderen Fußnoten OLG Köln, Beschl. v. 10.08.2015 – 13 U 81/14, n.v.). Sie richten sich erkennbar an die Mitarbeiter der Beklagten. Offensichtlich ist dies für die Fußnote 1, mit der der Mitarbeiter der Beklagten aufgefordert wird, die Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts in den Vordruck einzutragen. Wenn aber die Fußnote 1 erkennbar als Anweisung an den Mitarbeiter der Bank aufzufassen ist, kann der durchschnittliche Verbraucher schon daraus den Rückschluss ziehen, dass dies auch für die Fußnote 2 gelten soll. Im Übrigen steht es der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher nicht entgegen, wenn auch er – der Fußnote 2 entsprechend – prüft, ob die hierfür vorgesehene Frist bereits abgelaufen ist. Soweit die Kammer in der Vergangenheit eine andere Ansicht vertreten hat, hält sie hieran nicht fest.
18Diese Erwägungen gelten auch für den Klammereinschub „(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift…)“. Schon aus dem Umstand, dass unmittelbar danach eben diese Daten der Beklagten angegeben werden, wird ersichtlich, dass es sich um eine den Inhalt der Belehrung nicht berührende, die Ausfüllung des Formulars betreffende Anweisung an die Mitarbeiter der Beklagten handelt.
19Die Beklagte hat allerdings im Absatz über finanzierte Geschäfte den die Definition der wirtschaftlichen Einheit betreffenden Satz 2 nicht durch den die wirtschaftliche Einheit im Falle eines finanzierten Grundstücksgeschäft betreffenden Satz 3 ersetzt, sondern beide Sätze wiedergegeben. Unabhängig davon, ob eine solche bloß formale Abweichung der Gewährung von Vertrauensschutz entgegensteht (offengelassen in OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 - 13 U 69/12, juris Rn. 29f.), ist die Ergänzung im Streitfall schon deshalb ohne Bedeutung, weil die Kläger keine verbundenen Geschäfte abgeschlossen haben. Nach dem Gestaltungshinweis Nr. 9 können entsprechende Hinweise unter diesen Umständen entfallen. Werden sie gleichwohl erteilt, stehen sie der Annahme von Vertrauensschutz jedenfalls dann nicht entgegen, wenn sich die Abweichung wie hier lediglich auf formale Gesichtspunkte beschränkt. Die Kammer weicht mit dieser Bewertung nicht von der Rechtsprechung des OLG Köln ab, denn OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 - 13 U 69/12, lag ein Verbundgeschäft zugrunde.
20Ebenfalls unerheblich ist, dass die Beklagte am Ende der Belehrung die Angabe des Ortes, des Datums und der Unterschriftenleiste nicht durch die Schlussformel „Ihre Kreissparkasse Köln“ ersetzt, sondern diese hinzugefügt hat. Der Gestaltungshinweis Nr. 10 sieht die Möglichkeit vor, entweder den einen oder den anderen Schluss zu wählen. Wählt ein Unternehmer demgegenüber beide Abschlüsse der Belehrung aus, handelt er zwar dem Gestaltungshinweis zuwider, gleichwohl verwendet er keinen Textteil, der nicht auch in der Musterbelehrung zu finden wäre, geschweige denn dass er diese inhaltlich verändern würde.
21II. Da der Kläger den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen hat, steht ihm auch kein Anspruch auf den begehrten Nutzungsersatz zu.
22III. Die als Nebenforderungen begehrten Zinsen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
23IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.
24Streitwert: EUR 11.340,63
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Referenzen
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