Urteil vom Landgericht Köln - 11 S 497/15
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 25.11.2015 – Az. 125 C 162/15 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
- Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO –
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
3Die Kläger wehren sich gegen die fehlende Rückerstattung des Ticketpreises in Höhe von je 564 € (Grundpreis), den Kerosinzuschlag, auch YQ-Zuschlag genannt, in Höhe von 320 € pro Person, die Kosten der Sitzplatzreservierung in Höhe von insgesamt 240 € sowie die Kreditkartengebühren von 36 € für die von ihnen gebuchten Flüge von Bremen über Frankfurt nach Orlando am 02.01.2015 und zurück am 02.04.2015.
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5Grundsätzlich ist die Vorschrift des § 649 BGB, der das Kündigungsrecht im Werkvertragsrecht regelt, abdingbar (vgl. Palandt, 75. Auflage, § 649 Rn 16, MüKo BGB, 6. Auflage 2012, § 649 Rn 5). Abweichende Vereinbarungen könnten mithin zwischen den Vertragsparteien getroffen werden. Dies ist vorliegend auch geschehen, denn die Parteien haben, in dem sie eine Erstattung des Ticketpreises bei Stornierung ausgeschlossen haben, eine dem Grundgedanken des § 649 BGB abweichende Regelung getroffen.
6Diese von den Klägern gebuchte Tarifoption - Ticket ohne Stornierungsmöglichkeit – unterfällt auch nicht dem AGB-Recht, so dass auch kein Verstoß gegen die §§ 307 ff. BGB gegeben ist. Nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB liegen dann keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Vorliegend hat der Kunde bei der Buchung eines Fluges die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Tarifoptionen zu wählen, die unterschiedliche Folgen u.a. bei Stornierung und Umbuchung vorsehen und starke Preisunterschiede aufweisen.
7Trotz des Umstandes, dass die verschiedenen Tarifoptionen, zwischen denen der Kunde wählen kann, von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen, können diese nach der BGH-Rechtsprechung ausgehandelt sein, wenn der Verwender sie als eine von mehreren Alternativen anbietet, zwischen denen der Vertragspartner die Wahl hat. Erforderlich hierfür ist, dass die Ergänzungen nicht nur unselbständiger Art bleiben (z.B. Anfügen von Namen und Vertragsobjekt), sondern den Gehalt der Regelung beeinflussen und die Wahlfreiheit nicht durch die Einflussnahme des Verwenders, sei es durch Gestaltung des Formulars oder in andere Weise überlagert wird (BGH, Urteil vom 06.12.2002, Az. V ZR 220/02; BGH, Urteil vom 13.11.1997, Az. X ZR 135/95, juris). Dem steht auch nicht entgegen, dass die verschiedenen Vertragsoptionen mit unterschiedlichen Entgeltabreden verbunden sind, denn die Hauptpreisabreden unterliegen nicht den §§ 307 Abs. 1, 308, 309 BGB. Ein durchschlagender Grund, Vertragsalternativen mit unterschiedlichen Entgeltregelungen der Aushandlungsmöglichkeit zu entziehen und sie unterschiedslos als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu behandeln, besteht nicht (BGH, Urteil vom 13.11.1997, Az. X ZR 135/95, juris; Palandt, 75. Auflage, § 305 Rn 11).
8Vorliegend hat die Beklagte anhand der Anlage B 2 (Bl. 132 ff.) dargelegt, dass dem Kunden bei der Flugbuchung vier verschiedene Tarifoptionen im Bereich Economy zur Verfügung stehen, die u.a. für Umbuchungen, Erstattung, Meilengutschrift und Meilenupgrade verschiedene Leistungen vorsehen. In der Sparte Economy Basic ist erkennbar, dass eine Erstattung des Flugpreises bei Stornierung ausgeschlossen ist. In der Tarifklasse Economy Flex befindet sich bei dem Fenster „Erstattung“ der Buchungsübersicht ein Häkchen, durch welches sichtbar ist, dass eine Erstattung bei Stornierung des Fluges möglich ist. Ferner ist in der Buchungsübersicht erkennbar, dass die verschiedenen Tarifoptionen zu stark variierenden Preisen angeboten werden, im Beispielsfall kostet der Flug im Tarif Basic 444,89 €, während bei Wahl des Tarifs Economy Flex bereits 1.349,89 € aufgewendet werden müssen. Nach Auffassung der Kammer genügt die von der Beklagten angebotene Auswahl zwischen vier Tarifen mit verschiedenen Leistungsmerkmalen, um davon ausgehen zu können, dass der Kunde Einfluss auf die Gestaltung des Vertrages nehmen kann, indem er die Wahl zwischen den verschiedenen Tarifen hat, bei denen sich die Leistungen auch nicht nur auf unselbständige Vertragsbestandteile beziehen, sondern Teile der Hauptpflichten der Vertragspartner definieren. Eine Einflussnahme des Verwenders, also der Beklagten, auf die Wahl des Kunden ist vorliegend aufgrund der Gestaltung der Buchungsformulare nicht zu erkennen. Ferner stehen einem freien Aushandeln des Vertrages auch nicht die verschiedenen Preise der unterschiedlichen Tarife entgegen, denn der Verwender darf für verschiedene Vertragsoptionen auch unterschiedliche Preise verlangen. Insgesamt ist im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH von einem freien Aushandeln des Tarifes mit den unterschiedlichen Leistungsmerkmalen, die sich auf die Möglichkeiten der Umbuchung bzw. der Erstattung bei Stornierung ergeben, auszugehen, so dass die von den Klägern gewählte Tarifart – Ticket ohne Stornierungsmöglichkeit bzw. keine Erstattung bei Stornierung – nicht der AGB-Kontrolle unterfällt.
9Die Kläger können mithin nicht einwenden, die fehlende Erstattung des Ticketpreises bei Stornierung benachteilige sie unangemessen im Sinne der §§ 305 ff. BGB.
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11Die Tickets der Kläger haben insgesamt 2.362,72 € gekostet, nach Stornierung derselben hat die Beklagte zweimal 159,36 €, insgesamt also 318,72 € an die Kläger zurück erstattet. Hierbei handelte es sich um Steuern und Gebühren, die sie anhand der Anlage B 1 (Bl. 128) im Einzelnen aufgeschlüsselt hat. Die Höhe dieser Gebühren wird von Klägerseite nicht in Abrede gestellt.
12a) Der Ticketgrundpreis in Höhe von zweimal 564 € ist von der Beklagten nicht zu erstatten. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Plätze in den von den Klägern gebuchten Flügen erneut verkaufen konnte. Denn die Parteien haben jegliche Erstattung des Ticketpreises, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte die frei gewordenen Plätze neu belegen kann, ausgeschlossen. Dies ist Grundlage des Vertrages geworden, unabhängig davon, ob die Kläger diese Vereinbarung – im Nachhinein – für unangemessen halten. Einer AGB-Kontrolle unterliegt diese Regelung, wie oben ausgeführt, gerade nicht.
13Für die Kläger war die fehlende Erstattungsfähigkeit auch vor Buchung erkennbar, zum einen bei der Auswahl der Tarifoptionen (Bl. 132), zum anderen u.a. nochmals am Ende des Buchungsvorganges (Bl. 145 f.), bei dem ausdrücklich aufgeführt ist „Die Stornierung des Tickets ist nicht möglich.“
14b) Der Kerosin- oder YQ-Zuschlag ist Teil des Ticketpreises, dieser bildet einen pauschalen Zuschlag für den Kerosinverbrauch bei der Beförderung, ohne Rücksicht darauf, ob der Fluggast tatsächlich befördert wird, wie viele Gepäckstücke mit welchem Gewicht er aufgibt und welches Eigengewicht dieser selbst besitzt. Er ist damit genaugenommen Bestandteil des Ticketpreises, so dass bei Wegfall der Beförderung dieser Bestandteil des Preises von den Fluggesellschaften auch nicht erspart wird. Denn durch die Abwicklung des Fluges entstehen die Kosten in jedem Falle, egal ob der betreffende Passagier den Flug wahrnimmt oder nicht. Bedenken gegen eine Pauschalierung dieses Zuschlags bestehen ebenfalls nicht, führt man sich vor Augen, dass dieser Bestandteil des Ticketpreises ist.
15Bei der Buchung ist für den Kunden – was im vorliegenden Fall auch nicht in Abrede gestellt wird – erkennbar, dass dieser Teil der Zuschläge, anders als andere Steuern und Gebühren, bei Nichtantritt nicht erstattungsfähig ist. In der Anlage B 2 (Bl. 146) ist erkennbar, dass die Beklagte ausdrücklich darauf hinweist, dass der internationale/nationale Zuschlag (YQ-Zuschlag) nicht erstattbar ist. Auch die Höhe dieses Zuschlags lässt sich durch Öffnen eines Fensters erfahren, so dass die Kläger vor Abschluss der Buchung hätten erkennen können, dass im Falle des Nichtantritts der Flüge auch dieser Zuschlag nicht würde erstattet werden.
16c) Auch die Kosten für die Sitzplatzreservierung in Höhe von 240 € sind von der Beklagten nicht zurückzuerstatten. Hierbei handelt es sich um einen besonders buchbaren Service, den der Fluggast bei der Beklagten wählt und entsprechend vergüten muss. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte genau diese Plätze erneut vergibt und hierfür Gebühren erhält. Der Fluggast erhält besondere Plätze, für die er ein zusätzliches Entgelt zahlen muss, diese Umstände sind aber mit der Zahlung des Ticket-Grundpreises vergleichbar, so dass für eine Erstattung dieser Gebühr nichts anderes gelten kann als für die Erstattung des Ticketpreises, für die die Kläger mit der Beklagten vertraglich eine Erstattung im Falle der Stornierung ausgeschlossen haben.
17d) Gleiches gilt für die Kreditkartengebühr in Höhe von 36 €. Diese Gebühren sind mit der ursprünglichen Buchung und Zahlung der Flüge angefallen und entfallen auch bei einem Nichtantritt derselben nicht.
183.
19Nach allem ist die Berufung insgesamt mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
20Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
21Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.
22Berufungsstreitwert: 2.044 €.
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