Urteil vom Landgericht Köln - 7 O 396/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger macht Ansprüche auf Architektenhonorar geltend.
3Die beklagten Eheleute wollten im Jahr 2015 auf einem Grundstück in C ein Einfamilienhaus zur eigenen Nutzung errichten lassen. Da für das Bauvorhaben ein Architekt benötigt wurde, kam es am 18.03.2015 zu einem ersten Gespräch zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Kläger. Mit einer E-Mail vom 19.03.2015 (Anlage K 3) übersandte der Beklagte zu 2) dem Kläger weitere Informationen zur gewünschten Ausstattung des Objekts. In einer E-Mail vom 19.03.2015 (Anlage B 9), teilte der Kläger dem Beklagten zu 2) mit, dass das Haus unter Heranziehung der Kosten eines anderen von ihm geplanten Objekts und unter Berücksichtigung der von den Beklagten beabsichtigten Eigenleistungen ca. 307.000,00 € kosten werde. Es wurde für den 26.03.2015 ein weiterer Termin mit beiden Eheleuten vereinbart, in dessen Rahmen auch das Referenzobjekt in F besichtigt werden sollte.
4Im Vorfeld dieses Termins ließ der Kläger dem Beklagten zu 2) ein zehnseitiges, noch nicht ausgefülltes Formular mit der Bezeichnung „Raumbuch „Wohnen“/Vorplanungsbeauftragung“ zukommen. Dieses enthielt auf der ersten Seite im oberen Bereich über einem Unterschriftsfeld den Text „Hiermit beauftragen wir T Architekten + Ingenieure, F zunächst zumindest für die LP 1, Grundlagenermittlung und LP 2, Vorentwurf, Bissatz u. 9 % Nebenkosten n. d. gesetzlichen Gebührenordnung HOAI.“ Das restliche Formular bestand aus Tabellen mit Ausstattungsmerkmalen zur Abklärung der Planungsanforderungen. Der Beklagte zu 2) versah das Formular mit einigen Angaben zu Ausstattungsmerkmalen sowie im Unterschriftenfeld mit seiner Unterschrift und nahm es zum Termin am 26.03.2015 mit. Wegen des Inhalts der vom Beklagten zu 2) zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen Eintragungen wird auf die Anlage B 2 Bezug genommen.
5Die Beklagten fuhren am 26.03.2015 zunächst zum Büro des Klägers, um von dort aus gemeinsam mit dem Kläger zum Referenzobjekt zu fahren. Da der Kläger mitteilte, dass sich in seinem Auto Hundehaare befanden, kam man überein, gemeinsam das Fahrzeug der Beklagten zu nutzen. Im Auto übergab der Beklagte zu 2) dem Kläger das Formular mit der Bemerkung „Ich habe es nicht geschafft, alles auszufüllen“. Der Kläger nahm das Formular entgegen und legte es in eine von ihm mitgeführte Mappe. Nach durchgeführter Besichtigung fuhren die Beteiligten wieder zum Büro des Klägers, wo weitere Ausstattungswünsche erörtert wurden. Der Kläger vervollständigte das Formular entsprechend, wobei streitig ist, ob er es bei dieser Gelegenheit auch bereits mit seiner eigenen Unterschrift versah. Wegen des Inhalts der vervollständigten Fassung wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
6Der Kläger entfaltete sodann im Einverständnis der Beklagten weitere Tätigkeiten. Unter anderem wandte sich am 31.03.2015 einer seiner Mitarbeiter an das zuständige Bauamt, um bauplanungsrechtliche Vorgaben zu erfragen. Am 09.04.2015 übersandte der Kläger den Beklagten verschiedene Vorentwürfe, die diese in einem Besprechungstermin vom 10.04.2015 zurückwiesen. Gegen einen weiteren, am 15.04.2015 übersandten Vorentwurf erhob der Beklagte zu 2) ebenfalls Bedenken. Am 16.04.2015 fand wiederum ein Telefonat mit dem Bauamt statt. In einem Besprechungstermin vom 30.04.2015 wurde dem Beklagten zu 2) eine weitere Planungsvariante vorgestellt, die dieser ebenfalls zurückwies. Mit E-Mail vom gleichen Tag übersandte der Kläger dem Beklagten hierzu Ansichten und vermaßte Entwürfe (Anlage K 12). Der Beklagte zu 2) lehnte es im Besprechungstermin auch ab, einen ihm unterbreiteten Generalplanervertrag über die Vollarchitektur (Anlage B 5) zu unterzeichnen. Mit E-Mail vom 30.04.2016 monierte der Beklagte zu 2), dass die aktuelle Planung weder hinsichtlich der Bauzeit noch der Baukosten die Vorgaben der Beklagten einhalte. Nach weiterer E-Mail-Korrespondenz (Anlage B 7) erklärte der Beklagte zu 2) in einer E-Mail vom 04.05.2015, dass er das Vertrauensverhältnis als gestört ansehe und von einer weiteren Beauftragung „über LPH 1-2“ absehe.
7Der Kläger erteilte daraufhin unter dem 11.05.2015 eine Abschlagsrechnung betreffend die Leistungsphasen 1 und 2 sowie eine Schlussrechnung über die begonnene Leistungsphase 3 (Anlagen B 14, B 15). Mit Anwaltsschreiben vom 01.06.2015 erklärten die Beklagten den Widerruf des Auftragsverhältnisses und traten der Honorarforderung vorsorglich auch im Übrigen entgegen. Der Kläger fasste die erteilten Rechnungen daraufhin mit Datum vom 01.06.2016 teilweise neu; die geänderte Abschlagsrechnung (Anlage K 13) endete mit einem Zahlbetrag von 5.962,44 €, die geänderte Schlussrechnung (Anlage K 14) mit einem Zahlbetrag von 4.913,72 €. Diese Rechnungen (5.962,44 € aus der Abschlagsrechnung sowie ein Teilbetrag von 4.508,00 € aus der Schlussrechnung) bilden den Gegenstand der Klage; wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Anlagen Bezug genommen.
8Der Kläger behauptet, er habe das Formular über die Vorplanungsbeauftragung im Anschluss an die Besichtigung in seinem Büro unterzeichnet. Er ist der Auffassung, ein Widerrufsrecht habe dem Beklagten zu 2) nicht zugestanden. Überdies sei aufgrund der über die Leistungsphasen 1 und 2 hinausgehenden Planungswünsche auch eine Beauftragung für die Leistungsphase 3 erfolgt. Die Leistungen des Klägers seien auch nicht wertlos gewesen. Die zeitlichen Vorstellungen der Beklagten seien unrealistisch gewesen und deshalb vom Kläger auch nicht bestätigt worden. Es sei auch weder eine Kostenobergrenze, ein Kostenlimit, noch eine Bausummengarantie vereinbart worden.
9Der Kläger hat die Klage, soweit sie ursprünglich auch gegen die Beklagte zu 1) gerichtet war, im Verhandlungstermin vom 22.07.2016 zurückgenommen.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn 10.4710,44 € sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 490,99 €, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
12Der Beklagte zu 2) beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte zu 2) vertritt die Auffassung, den Architektenauftrag wirksam widerrufen zu haben. Abgesehen von den Leistungsphasen 1 und 2 fehle es an einem Auftrag. Im Übrigen seien die Leistungen des Klägers wertlos gewesen. Die Raumeinteilung in den Vorentwürfen habe nicht den Vorgaben der Beklagten entsprochen. Auch habe die Planung des Klägers weder die zeitlichen Vorgaben – Fertigstellung bis Ende Dezember 2015 – noch den vorgegebenen finanziellen Rahmen – Baukosten von nicht mehr als 300.000,00 € - eingehalten. Der Beklagte zu 2) bestreitet im Übrigen auch die den Honorarrechnungen zugrunde gelegten anrechenbaren Kosten.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
16Die Klage ist unbegründet. Soweit der Kläger mit Architektenleistungen beauftragt worden ist, hat der Beklagte zu 2) seine Willenserklärung wirksam widerrufen.
17Ein Architektenvertrag über die Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) zustande gekommen. Ein entsprechendes Angebot hat der Beklagte zu 2) abgegeben, indem er das betreffende Auftragsformular unterzeichnet und dem Kläger am 26.03.2015 übergeben hat. Dieser hat das Angebot angenommen, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Kläger seine Unterschrift noch am 26.03.2015 im Beisein der Beklagten geleistet hat. Dadurch, dass er anschließend im Einverständnis der Beklagten Planungsleistungen erbracht hat, hat er das Vertragsangebot zumindest konkludent angenommen.
18Der vertragliche Leistungsumfang beschränkte sich auf die Leistungsphasen 1 und 2. Ein Gesamtauftrag über die Vollarchitektur ist mit der Unterzeichnung des vorgenannten Auftragsformulars nicht zustande gekommen. Dieses bezog sich ausdrücklich nur auf die genannten zwei Leistungsphasen. Anhaltspunkte dafür, dass abweichend von dem Wortlaut des Formulars bereits zu diesem Zeitpunkt eine weitergehende Beauftragung gewünscht war, bestehen nicht und werden auch vom Kläger nicht aufgezeigt. Eine weitergehende Beauftragung ist auch später nicht erfolgt. Der Beklagte zu 2) hat unstreitig die Unterzeichnung des Vertrages über die Vollarchitektur verweigert. Soweit der Kläger in diesem Zeitpunkt bereits Leistungen der Entwurfsplanung erbracht hatte, ist eine mündliche oder konkludente Beauftragung nicht ersichtlich. Die vom Kläger herangezogenen Äußerungen des Beklagten zu 2) aus dessen E-Mail vom 19.03.2015 betreffen lediglich Ausstattungswünsche aus der Phase der Grundlagenermittlung. Auch konnte der Kläger die im April 2015 vom Beklagten zu 2) geäußerte Kritik an den bis dahin vorgelegten Vorentwürfen allenfalls zum Anlass nehmen, geänderte Vorentwürfe vorzulegen, nicht aber als Wunsch zum Einstieg in die Entwurfsplanung verstehen.
19Der Beklagte zu 2) hat den Architektenvertrag wirksam gemäß §§ 355, 312g BGB widerrufen. Der Vertrag ist als Außergeschäftsraumvertrag nach § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB anzusehen. Der Beklagte zu 2) hat als Verbraucher am 26.03.2015 in seinem Fahrzeug durch Aushändigung des von ihm unterzeichneten Auftragsformulars an den Kläger ein bindendes Angebot abgegeben. Dass er seine Unterschrift zuvor in Abwesenheit des Klägers auf das Formular gesetzt hatte, ist unerheblich, denn für die Abgabe des Angebots ist auf die willentliche Entäußerung durch den Erklärenden abzustellen. Die Abgabe des Angebots fand in der von § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB vorausgesetzten Situation statt, nämlich bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit der Parteien und außerhalb der Geschäftsräume des Klägers. Damit ist der Anwendungsbereich des § 312b BGB eröffnet; es kommt – anders als nach der früheren Gesetzesfassung – nicht mehr darauf an, ob der Verbraucher tatsächlich aufgrund einer Überrumpelungs- oder Drucksituation kausal zu seiner Willenserklärung bestimmt worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Norm kommt vor dem Hintergrund der von der Verbraucherrechterichtlinie bezweckten Vollharmonisierung nicht in Betracht (vgl. BeckOK-Maume, BGB, Stand 01.08.2016, § 312b Rn. 8). Ob der Vertrag später in den Geschäftsräumen des Klägers durch dessen Annahmeerklärung zustande gekommen ist, ist für die Tatbestandsvariante des § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB unerheblich. Auch das Vorbringen des Klägers, der Beklagte zu 2) hätte bei der anschließenden Besprechung im Architektenbüro jederzeit die Herausgabe des Formulars verlangen und damit den Vertragsschluss verhindern können, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte zu 2) hatte in rechtlicher Hinsicht keine Möglichkeit, die mit der Abgabe des Angebots eingetretene Bindungswirkung einseitig zu beseitigen (vgl. §§ 130 Abs. 1, 145 BGB). Auf die Tatfrage, inwieweit sich der Vertragsgegner im Einzelfall auf eine „Rücknahme“ des Angebots eingelassen hätte, kann es für die Anwendbarkeit des § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und des Verbraucherschutzes nicht ankommen. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung greift auch die Bereichsausnahme des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht ein. Diese betrifft Verträge über den Bau von Gebäuden. Dies sind Verträge mit Bauunternehmern, nicht aber Architektenverträge.
20Die im Anwaltsschreiben vom 01.06.2015 enthaltene Widerrufserklärung des Beklagten zu 2) war fristgerecht. Da der Kläger den Beklagten zu 2) nicht gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB über dessen Widerrufsrecht belehrt hatte, war die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB im Zeitpunkt der Erklärung noch nicht angelaufen, § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB.
21Aufgrund des wirksamen Widerrufs ist der Beklagte zu 2) gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB an seine Willenserklärung nicht mehr gebunden. Zur Zahlung von Honorar ist er damit nicht verpflichtet. Wertersatz für die empfangenen Leistungen schuldet er gemäß § 357 Abs. 8 BGB ebenfalls nicht.
22Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 2, 709 ZPO.
23Streitwert: 10.470,44 €.
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Referenzen
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