Urteil vom Landgericht Köln - 14 O 38/19
Tenor
I. Den Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, hinsichtlich der Beklagten zu 1) zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer,
zu unterlassen,
die Client-Software für das Spiel „Q “ selbst oder durch Dritte ganz oder teilweise, dauerhaft oder vorübergehend zu gewerblichen Zwecken zu vervielfältigen,
insbesondere die Client-Software des Spiels „Q “ auf ein Smartphone oder Tablet herunterzuladen und dort zu speichern
und/oder auf die Festplatte eines PC zu kopieren
und/oder in den Arbeitsspeicher zu laden, um zu gewerblichen Zwecken eine Automatisierungssoftware (sogenannte Bots) für das Spiel „Q “ herzustellen und/oder bearbeiten zu lassen;
insbesondere zu dem Zweck, die Software zu analysieren, um anschließend einen Dienst und/oder eine Software anzubieten, die es Dritten ermöglicht, mit den „Q -Servern zu kommunizieren.
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen geordneten Verzeichnisses vollständig und wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen über den Umfang der unter I. begangenen Handlungen und zwar insbesondere unter Angabe,
1. der verkauften Abonnements der Automatisierungssoftware „Q1 “ und „M “ und „B Service“;
2. des mit dem Verkauf der Automatisierungssoftware „Q1 “, „M “ und „B Service“ erzielten Umsatzes;
3. des mit dem Verkauf der Automatisierungssoftware „Q1 “, „M “ und „B Service“ erzielten Gewinns.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als Gesamtschuldner sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgte Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden sind oder noch entstehen werden.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit der Verwendung von Automatisierungssoftware (im Folgenden auch: Bots) und anderer Software bezogen auf das Smartphone- und Tablet-Spiel „Q “.
3Die Klägerin ist ein führendes Unternehmen auf dem Gebiet der Entwicklung und des Vertriebs von Online-Rollenspielen. Sie entwickelte die Spiele-Software „Q “ und vertreibt diese seit 2016 u.a. in der Bundesrepublik Deutschland.
4Die Beklagte zu 1) bietet Automatisierungssoftware für verschiedene Computerspiele an. Der Beklagte zu 2) war zunächst Mit-Geschäftsführer und ist seit April 2017 alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) basiert darauf, dass diese zur Verwendung für bekannte und beliebte Computerspiele Bots vertreibt und anbietet, die ihren Nutzern zeitintensive oder sonst aufwändige Spielhandlungen ersparen und gegenüber anderen Spielern entscheidende Spielvorteile verschaffen. Die Beklagte zu 1) war an dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreit in der Sache „X“ (BGH, Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 15/15) beteiligt.
5Die Klägerin macht gegen die Beklagten urheberrechtliche Unterlassungs- sowie Auskunfts- und Schadensersatzansprüche dem Grunde nach in Zusammenhang mit der Entwicklung von Bots für die „Q “-Software sowie der Entwicklung einer Software geltend, welche die Möglichkeit beinhaltet, Softwareanfragen mit Hash-Signaturen zu versehen (eines sogenannten „B Service“), und welche unautorisierten Nutzern die Kontaktaufnahme mit auf Servern der Klägerin gespeicherter Spiele-Software unter Umgehung der von der Klägerin vorgesehenen Authentifizierung ermöglicht.
6Die von der Klägerin entwickelte und vertriebene Spiele-Software „Q “ ist nur für den Einsatz auf mobilen Endgeräten (Smartphones und Tablets) konzipiert. Spielprinzip ist, dass die Spieler sich in ihrer realen Umgebung bewegen müssen, um virtuelle Wesen, sogenannte Q2 , zu fangen. Mit diesen Q2 treten die Spieler dann im Wettkampf gegeneinander an. Voraussetzungen für den Fortschritt eines Spielers und den Levelaufstieg sind neben Wettkampferfolgen u.a. auch Art und Zahl der gefangenen Q2 , welche von der „Bewegungsfreudigkeit“ des Nutzers abhängen.
7Befindet sich in der direkten realen Umgebung des Spielers ein Q2 , erscheint ein rot-weißer Ball (Q3), den der Spieler durch Berühren des Bildschirms in Richtung des Q2 werfen kann, um es zu fangen. Als Belohnung für das Fangen von Q2 und das Einsammeln anderer Spielgegenstände erhält der Spieler Punkte; hat er eine bestimmte Anzahl von Punkten gesammelt, erreicht er das nächste Level. Nach Erreichen des fünften Spiellevels kann der Spieler sich einem Team anschließen und dieses Team mit seinen Q2 in sogenannten Arenakämpfen unterstützen. Der Spieler kann feindliche Arenen angreifen, indem er die jeweilige Arena betritt und anschließend sechs Q2 auswählt und zum Kampf antreten lässt.
8Die Klägerin finanziert sich u.a. durch sog. In-App-Käufe, bei denen die Spieler für reales Geld virtuelle Q4 erwerben können, mit denen sie wiederum virtuelle Spielgegenstände erwerben können. Q ist im Google Play Store ab 6 Jahren und im AppStore ab 9 Jahren freigegeben.
9Die Software des Spiels besteht aus zwei Komponenten: der auf Servern Klägerin gespeicherten Q Software und der Client-Software, die Nutzer auf ihren Geräten als App nach Akzeptanz der Nutzungsbedingungen der Klägerin im Rahmen einer Kontoanmeldung bei der Klägerin installieren. Der Nutzer lädt sich eine App aus dem Internet herunter und installiert diese auf seinem mobilen Endgerät (Client-Software). Die Client-Software kommuniziert nach einem request/response-Prinzip mit den Q -Servern, auf denen die Datenbanken für die grafische Spielumgebung und die Spieleverwaltung hinterlegt sind. Diese Server werden von der Klägerin betrieben. Den Zugang zu diesen Servern gestattet die Klägerin nur mittels ihrer eigenen Client-Software, die mit einer Hash-Signatur-Funktion ausgestattet ist.
10In den Nutzungsbedingungen der Klägerin ist festgehalten, dass eine Lizenz zum Herunterladen und Installieren einer Kopie des Spiels auf dem Gerät des Nutzers ausschließlich zu privaten Zwecken eingeräumt wird (Anlage 8, Bl. 15 f. d.A.).
11Die Nutzungsbedingungen der Klägerin lauten auszugsweise wie folgt (vgl. Bl. 15 ff. d.A.):
12Rechte an Apps
13Vorbehaltlich ihrer Einhaltung dieser Bestimmungen gewährt O ihnen eine beschränkte, nicht exklusive, nicht übertragbare, nicht unterlizensierbare Lizenz zum herunterladen und installieren einer Kopie der App auf einem Mobilgerät und Betreiben eines solchen Exemplars der App ausschließlich zu eigenen, privaten und nicht gewerblichen Zwecken…
14..
15Verhalten, allgemeine Verbote und O Durchsetzungsbefugnisse
16… Werden sie im Rahmen der Nutzung der Services und Inhalte nicht
17…
18versuchen, die Anfälligkeit jeglicher Systeme von O oder dessen Netzwerk, Sicherheitslücken oder Authentifizierungsmaßnahmen zu sondieren, zu scannen oder zu testen,
19…
20versuchen, mithilfe jedwede Technologie, die von der von O bereitgestellten Technologie und anderen allgemein zugänglichen Webbrowsern von Drittanbietern abweicht, (einschließlich und ohne Einschränkung Automatisierungssoftware, Bots, Spiders, Crawlers, Data-mining-Tools oder Hacks, Tools, Agenten, Maschinen oder Geräte jeglicher Art) auf die Services oder Inhalte zuzugreifen oder darin zu suchen oder Inhalte aus den Services herunterzuladen;.
21Um Q nutzen zu können, müssen Nutzer durch das Setzen eines Häkchens den Nutzungsbedingungen zustimmen.
22Die Kommunikation zwischen der Client-Software und der auf Servern der Klägerin installierten Q Software erfolgt mittels einer Algorithmus-Verschlüsselung, welche die Q Software erkennen lässt, ob die Kontaktaufnahme auf Grundlage eines Nutzerkontos bei der Klägerin erfolgte.
23Die Software des Q Spiels ermittelt über die GPS-Funktion des Mobilgeräts unter Echtzeitlokalisierung die Standortdaten des Spielers und positioniert ihn in einer virtuellen Spielumgebung, die als Kartenumgebung auf der tatsächlichen Umgebung des Spielers basiert, wie nachfolgend beispielhaft eingeblendet:
24Bilddatei entfernt
25Im Rahmen des Spiels kann der Nutzer mit seinem Avatar, einer von ihm ausgewählten Trainerfigur, an unterschiedlichen, von ihm auch in der Realität aufgesuchten Spielorten, mittels seines dort jeweils eingeblendeten Avatars Q2 fangen sowie weitere Gegenstände finden, wie etwa Tränke, die Vorteile beim Wettkampfeinsatz der Q2 bringen. Der Spieler kann ferner mit anderen, dort ebenfalls anwesenden Spielern Q2 und Gegenstände tauschen.
26Den Reiz des Spiels „Q “ macht zu einem nicht unwesentlichem Anteil aus, dass unter Echtzeitlokalisierung die Standortdaten des Spielers ermittelt und dieser in einer virtuelle Spielumgebung positioniert wird, die als Kartenumgebung auf der tatsächlichen Örtlichkeit, in welcher der Spieler sich aufhält, basiert. Der Spieler kann dann mit der von ihm ausgewählten Trainerfigur mit anderen Spielern in Wettkampf treten.
27Der Zeuge T ist ausgebildeter Fachinformatiker und alleiniger Geschäftsführer der Firma M1 UG. Diese entwickelt Apps, Webseiten, Anwendungen und Bots (Automatisierungssoftware für Online-Rollenspiele) im Kundenauftrag, u.a. für die Beklagte zu 1).
28Der Zeuge T entwickelte für das streitgegenständliche Spiel „Q “ einen Bot namens „Q1 “, mit dessen Hilfe Q2 automatisiert – ohne Ortswechsel des Nutzers – eingesammelt werden können. Die Firma M1 UG lizensierte diese Automatisierungssoftware an die Beklagte zu 1). Die Beklagte zu 1) bot bereits im Jahr 2017 diesen Bot „Q1 “ auf der von ihr betriebenen Webseite www.Q1 .com Nutzern des Spiels Q gegen monatliches Entgelt von mindestens 3,95 EUR zum Download an. Mittels des Bots Q1 kann der Nutzer einstellen, in welchem Radius und mit welcher Geschwindigkeit er seinen Avatar über die virtuelle Kartenlandschaft steuern möchte und welche Spielhandlungen automatisiert vorgenommen werden sollen. Der Spieler kann auf diese Weise eine Vielzahl von Spielhandlungen automatisiert vornehmen, nämlich die Aktionen des Q2 -Fangens, Spielgegenstände an sog. Q5 einsammeln, Q2 verschicken, Rauch einsetzen, Ei-Brutmaschinen nutzen und Glückseier einsetzen. Ferner ermöglicht die Software es dem Nutzer, einzustellen, welche Spielgegenstände er unter welchen Bedingungen einsetzen möchte. Zudem kann der Spieler einstellen, welche Spielgegenstände automatisch „recycelt“ werden, d.h., ab einer bestimmten Menge weitere Spielgegenstände weggeworfen werden, damit die Kapazität des Beutels, in dem diese im Spiel aufbewahrt werden, nicht überschritten wird. Nach Vornahme der vorgenannten Einstellungen steuert das Programm den Avatar automatisch, wobei der Software auf den Servern der Klägerin suggeriert wird, der Spieler befinde sich tatsächlich an dem angegebenen Standort und nehme die Handlungen selbst vor.
29Auf einer weiteren Webseite der Beklagten zu 1), www.M 2d.com, konnten Nutzer gegen Entgelt einen weiteren Bot zu dem Spiel der Klägerin für 5,95 EUR monatlich herunterladen. Dieser Bot „M “ ermöglichte, das von der Klägerin nur für den Einsatz tragbarer Endgeräte konzipierte, streitgegenständliche Spiel von einem Desktop-Computer aus zu spielen. Auf diese Weise konnten Nutzer weltweit Q2 fangen und einsetzen, ohne die Einsatzorte wie andere Nutzer tatsächlich selbst aufsuchen zu müssen.
30Über die Internetseite www.entfernt.org wurde ein kostenpflichtiger sogenannter B Service angeboten. Die Verantwortlichkeit der Beklagten für diese Internetseite steht zwischen den Parteien in Streit. Dieser Service beinhaltet die Möglichkeit, Software-Anfragen mit Hash-Signaturen versehen zu lassen, die von den Servern der Klägerin als vermeintliche Anfragen der Client-Software der Klägerin erkannt und bearbeitet werden. Dies ermöglicht es den Nutzern des B Service u.a. Automatisierungssoftware für das Spiel der Klägerin zu entwickeln.
31Die Klägerin ließ die Beklagten wegen der vorgenannten Produktangebote mit Schreiben vom 21.11.2017 abmahnen. Die Beklagten wiesen die geltend gemachten Ansprüche zurück.
32Am 22.03.2018 installierte die Klägerin zu der Client-Software ein Softwareupdate und veränderte den zuvor genutzten Verschlüsselungs-Algorithmus. Zugleich installierte die Klägerin eine „Debugging-Protection“. Diese protokolliert u.a. Versuche von Nutzern, den Ablauf des Programmes technisch zu analysieren.
33Am 22.03.2018 meldete sich der Zeuge T unter dem Nutzernamen „O1 0000“ bei der Klägerin als Nutzer der „Q “-Software an, akzeptierte die Nutzungsbedingungen der Klägerin und lud die Client-Software des streitgegenständlichen Spiels auf ein internetfähiges Endgerät herunter. Der Zeuge T ließ die Software unter Einsatz eines Debugging-Tools ablaufen. Ein solches Tool ermöglicht, die Software, die Gegenstand des „Debuggings“ ist, im Objekt-Code anzeigen und beobachten zu lassen. Hierzu wird mittels der Debugging-Software der Ablauf des Programms regelwidrig unterbrochen, um eine Untersuchung des Objektcodes Befehl für Befehl zu ermöglichen.
34Mittels der von ihr eingesetzten Debugging-Protection wurde die Klägerin auf den Nutzer O1 aufmerksam. Anhand der für den Nutzer O1 bei dessen Anmeldung gespeicherten (GPS)-Standortdaten ermittelte die Klägerin in der Folge die Adresse, unter welcher der Zeuge T wohnhaft ist. Die Klägerin erlangte im Rahmen einer Google-Suche ferner Kenntnis davon dass der Zeuge T sich im Internet als langjährig erfahren in der Bot-Szene präsentierte. Die Klägerin eruierte ferner durch einen Vergleich von Internet-Kommentaren des Zeugen T unter seinem Klarnamen mit Posts des Nutzers I1 , dass es sich bei Letzterem um den Zeugen T handelte.
35Zeitlich nach dem Sicherheitsupdate der Klägerin erklärte der Zeuge T auf der Plattform E unter dem Hashtag “entfernt“:
36I1 : “You will expect a downtime.That recent update takes time….
37Der Zeuge T schrieb ferner am 22.03.2018 in dem Forum „entfernt“ Support:
38I1: „I was summoned“
39…..
40“After a year this will be the first time we have downtime again”
41…
42“there are insane changes”#
43…
44“we did it when they changed everything. And they again changed everything, so
45gogo :p“
46In der Folge erklärte der Zeuge T weiter in dem Forum „entfernt“ Support:
47I1 : when i code almost 2 years ago the Q1
48…
49I was sick as well and I finished it
50…
51who knows, im sick again, maybe I finish hashing :p
52Am 03.05.2018 postete der Zeuge T auf der Plattform E in dem Forum re-research:
53I1 : I got a custom android kernel
54enable debugging
55getting rid of debugger protection”
56……..
57It´s just their stupid debugger protection (which is fairly good).
58But that’s bypassable easily whith….
59Die Klägerin erwirkte am 26.04.2018 eine einstweilige Unterlassungsverfügung der Kammer gegen den Zeugen T . Diese einstweilige Verfügung wurde dem Zeugen T am 16.05.2018 zugestellt und auf dessen Widerspruch vom 30.05.2018 durch Urteil der Kammer vom 13.07.2018 bestätigt.
60Über das Vermögen der Beklagten zu 1) wurde mit Beschluss des AG Chemnitz vom 14.10.2021, um 12:00 Uhr, das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Chemnitz – 321 IN 1368/21).
61Die Klägerin hat ursprünglich gegen die Beklagten wegen Wettbewerbsverstoßes und wegen Urheberrechtsverletzung Klage beim Landgericht Hamburg erhoben (vgl. Bl. 1 ff. d.A.). Das Landgericht Hamburg hat sich mit Beschluss vom 07.01.2019 hinsichtlich der Klageanträge, welche eine Verletzung des Urheberrechts durch unerlaubte Vervielfältigung der Client Software für das Spiel „Q “ betreffen, für örtlich unzuständig erklärt (Bl. 285 f. d.A.) und den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Köln verwiesen.
62Die Klägerin behauptet, sie halte neben den ausschließlichen Nutzungsrechten an der „Q “-Software auch die ausschließlichen Nutzungsrechte an verschiedenen audiovisuellen Spielelementen. Dies gelte insbesondere für das Karten-Design, das Menü-Design wie die sonstigen graphischen Benutzeroberflächen und das O -Logo, welches stets beim Öffnen der App angezeigt werde. Das Herunterladen und die notwendige Speicherung der Client-Software zu gewerblichen Zwecken, nämlich zur Entwicklung der Automatisierungssoftware, verletze ihre Vervielfältigungsrechte.
63Der Zeuge T habe im Auftrag der Beklagten zu 1) – von dieser bezahlt und mit deren Wissen und Billigung – gehandelt. Der Zeuge sei seit Jahren gegen Bezahlung für die Beklagten tätig und führe in Bezug auf Bots betreffend das Spiel „Q “ der Klägerin regelmäßige Status-Updates durch. Der Zeuge habe an dem Vertrieb der fraglichen Bots durch die Beklagte zu 1) partizipiert. Der Zeuge sei für die Beklagte zu 1) tätig gewesen und von dieser bezahlt worden, um sich in die Entwickler-Community zu begeben, Informationen zu erlangen und mit den Entwicklern zu kommunizieren. Diese Informationen habe der Zeuge den Beklagten übermittelt.
64Der Zeuge T habe die Client-Software der Klägerin inklusive urheberrechtlich geschützter Inhalte heruntergeladen, um die im Rahmen der letzten Sicherheitsupdates von der Klägerin installierten Verschlüsselungsmechanismen im Auftrag der Beklagten zu 1) zu analysieren und zu entschlüsseln. Dies sei allein mit dem Zweck erfolgt, eine Software zu entwickeln, um wieder wirksam mit dem Spieleserver des Spiels „Q “ kommunizieren zu können und Dritten eine Software anzubieten, welche die Möglichkeit beinhaltet, Softwareanfragen mit Hash-Signaturen zu versehen (sog. B Service). Über die Internetseite entfernt.org sei unter Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) eine entsprechende B Service-Software vertrieben worden.
65Der Beklagte zu 2) habe die Vervielfältigungen seitens des Zeugen T in Vertretung der Beklagten zu 1) veranlasst. Die Beklagten hätten den Zeugen T dafür bezahlt, den B Service zu entwickeln und ihn bewusst und gewollt dazu veranlasst, die Client-Software der Klägerin zu gewerblichen Zwecken herunterzuladen und zu speichern. Der Beklagte zu 2) treffe alle relevanten Entscheidungen für die Beklagte zu 1). Die Verletzungshandlungen seien rechtswidrig, weil die Vervielfältigung nicht von einer Lizenz gedeckt sei. Schon nach der Zweckübertragungslehre sei ein gewerblicher Nutzer nicht von der Lizenzeinräumung umfasst.
66Die Klägerin beantragt,
67wie erkannt.
68Die Beklagten beantragen,
69die Klage abzuweisen.
70Die Beklagten sind der Auffassung, das Landgericht Köln sei örtlich nicht zuständig. Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin. Weiterhin bestreiten die Beklagten, dass die Client-Software urheberrechtlich geschützte Inhalte, insbesondere audiovisuelle Bestandteile enthalte. Die Beklagten behaupten, mit den von der Beklagten zu 1) angebotenen Bots würde in zulässiger Weise Zubehör zu dem Spiel der Klägerin angeboten. Bei dem B Service handele es sich um eine Schnittstelle, die es anderen Anbietern ermögliche, gleichfalls Zubehör für das Spiel der Klägerin anzubieten. Urheberrechtlich relevante Benutzungshandlungen seien in der Bundesrepublik Deutschland nicht erfolgt. Die Beklagte zu 1) behauptet, sie verfüge lediglich über zwei Mitarbeiter, einschließlich des Beklagten zu 2). Der weitere Mitarbeiter der Beklagten neben dem Geschäftsführer sei ausschließlich mit ausländischen Kundenanfragen wie der Produktion von Musik für eine bulgarische Tochtergesellschaft befasst. Sämtliche weiteren Mitarbeiter seien im Ausland tätig. Die Beklagte zu 1) nutze moderne Arbeitsmethoden.
71Die Beklagten sind der Auffassung, jedenfalls sei eine Vervielfältigung von der Nutzungslizenz gedeckt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin seien nicht wirksam in den Vertrag zwischen der Klägerin und den Nutzern einbezogen worden, § 305c Abs. 1 BGB. Eine Vervielfältigung sei nach §§ 69d, 69e Urhebergesetz zulässig. Eine etwaig erfolgte Dekompilierung sei unerlässlich, um die erforderlichen Informationen zur Herstellung der Interoperabilität eines unabhängig geschaffenen Computerprogramms, nämlich der Produkte der Beklagten zu 1), mit anderen Produkten der Klägerin zu erhalten. Auch nach dem Vortrag der Klägerin diene die Vervielfältigung allein der Ermöglichung des Informationsaustausches.
72Die Beklagte zu 1) bestreitet, die streitgegenständlichen Bots sowie den B Service entwickelt zu haben; sie vertreibe die Produkte lediglich. Die für die Entschlüsselung des Algorithmus der Hash-Signaturen erforderlichen Handlungen habe sie nicht vorgenommen. Zu keinem Zeitpunkt hätten sich die Beklagten oder ihre Mitarbeiter bei der Klägerin in gewerblicher Absicht registriert und den Client heruntergeladen und gespeichert.
73Die von der Beklagten zu 1) vertriebenen Bots hätten nicht auf einer in der Bundesrepublik Deutschland betriebenen Webseite genutzt werden können. Die Webseite www.entfernt.org werde nicht von den Beklagten betrieben; sie würden die Schnittstelle nicht selbst im Internet anbieten. Der Zugriff auf diesen Dienst sei nur mit einem Direktlink möglich, den die Beklagte zu 1) nicht öffentlich mache.
74Der Beklagte zu 2) behauptet, er habe ausschließlich kaufmännische Aufgaben für die Beklagte zu 1) wahrzunehmen. Er sei in die Entwicklung der Produkte der Beklagten zu 1) zu keiner Zeit eingebunden gewesen. Der Beklagte zu 2) behauptet weiter, für die Softwareentwicklung sei stets ausschließlich der Zeuge L verantwortlich gewesen. Entwicklung und Programmierung der Produkte der Beklagten würden nicht von der Geschäftsführung, sondern von Mitarbeitern in aller Welt vorgenommen. Der Beklagte zu 2) sei in das Tagesgeschäft der Beklagten zu 1) seit geraumer Zeit nicht involviert. Der Beklagte zu 2) ist der Auffassung, er könne selbst auf keinen Fall, auch nicht als Störer, von der Beklagten in Anspruch genommen werden. Schließlich sind die Beklagten der Auffassung, eine Haftung als Gesamtschuldner komme nicht in Betracht. Die Klägerin trage die Darlegungs- und Beweislast, wer von den beiden Beklagten für welche zurechenbare rechtsverletzende Handlung verantwortlich sei. Die Beklagten sind weiter der Auffassung, der Klägerin stünden auch keine Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu, zumindest seien die Auskunfts- und Schadensersatzansprüche nicht weltweit begründet.
75Der Zeuge T sei technisch nicht versiert und habe lediglich aus privater Neugier das Programm der Klägerin angeschaut. Die Entschlüsselung habe in der Vergangenheit für die Beklagte zu 1) nicht der Zeuge T , sondern ein koreanischer Entwickler unter dem Nutzernamen „F “ vorgenommen. Die Beklagten bestreiten, dass der Zeuge T für die Beklagte zu 1) arbeite oder deren Arbeitnehmer sei. Der Zeuge T stehe in keiner wirtschaftlichen Beziehung zu der Beklagten zu 1). Wirtschaftliche Beziehungen bestünden allein zwischen der M1 UG und der Beklagten zu 1). Der Zeuge T habe auch nicht für die Beklagte zu 1) die Client-Software am 22.03.2018 vervielfältigt. Die Beklagten hätten erst aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen den Zeugen T , Az. 14 O 138/18, Kenntnis davon erlangt, dass der Zeuge die Client-Software heruntergeladen habe. Der Zeuge habe allein aus Neugierde – nach Kontakt mit dem Koreaner „F “ – sich selbst ein Bild machen wollen. Dem Zeugen T selbst hätten die technischen Fähigkeiten gefehlt, um ein erfolgreiches Debugging durchzuführen. Deshalb sei der Zeuge T beim Herunterladen und Speichern der Client-Software nicht davon ausgegangen oder habe auch nur das Ziel gehabt, den Verschlüsselungsmechanismus der Klägerin zu entschlüsseln, um daraus eine Software zu entwickeln.
76Die M1 UG habe lediglich im Zusammenhang mit dem Hashing-Service einen Teil der Außenkommunikation des Marketings übernommen und gelegentlich die Beklagte zu 1) bei der Kommunikation mit Entwicklern unterstützt. Äußerungen des Zeugen T in Gamer-Foren seien nicht verlässlich, insbesondere seien solche der Beklagten zu 1) nicht zuzurechnen. Bei dem Nutzer mit dem Namen „I1 “ handele es sich zwar um den Zeugen T . Seine unter diesem Namen getätigten Äußerungen belegten aber nicht, dass er bei der Beklagten zu 1) beschäftigt gewesen sei. Diese Äußerungen seien auch kein Beweis für die in dem Forum selbst getätigten Äußerungen. Die Beklagte zu 1) stellt weiter in Abrede, dass der Zeuge T für die M1 UG in der Vergangenheit den Bot „Q1 “ programmiert habe und die M1 UG für die Beklagte zu 1) tätig geworden sei. Nachdem die Klägerin sich einer Verschlüsselung bedient habe, habe der Zeuge T keine diesbezüglichen Programmierleistungen für die Beklagte zu 1) erbracht, insbesondere habe der Zeuge nicht den Bot „M “ übernommen. Die Zeugenvernehmung des Zeugen T habe bestätigt, dass die Beklagten diesen nicht mit dem Debugging-Versuch am 22.03.2018 beauftragt hätte, sondern, dass dem Zeugen T allein die Aufgabe zugekommen sei, die Kommunikation mit den Entwicklern zu führen und nach außen für die Beklagte zu 1) die Kommunikation zu begleiten.
77Die Beklagte zu 1) habe spätestens seit den rechtskräftigen Urteilen in der Sache „I“ seit 2016 keine Vervielfältigungshandlungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mehr vorgenommen. Dies habe das OLG München in einem Ordnungsmittelverfahren bestätigt (vgl. Bl. 559 f. d.A.). An das Verbot von Vervielfältigungshandlungen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hätten sich die Beklagten in der Folge auch in Bezug auf das Spiel der Klägerin gehalten. Es sei schlichtweg wirtschaftlich und rechtlich völlig widersinnig, über den Zeugen T sich nun erneut Vervielfältigungshandlungen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vorwerfen lassen zu müssen. Dies gelte umso mehr, als der Zeuge glaubhaft bestätigt habe, dass er technisch schon nicht in der Lage sei, die Verschlüsselungssoftware der Klägerin zu umgehen. Dass es sich um einen einmaligen, nicht strategisch – und schon gar nicht mit den Beklagten – geplanten Vorgang gehandelt habe, sei auch dem Umstand zu entnehmen, dass es lediglich einen einzigen Debugging-Versuch durch Herrn T gegeben habe. Bei einem ernsthaften Debugging-Versuch hätte es selbstverständlich eine Vielzahl sich wiederholender Zugriffe gegeben. Der Zeuge T habe dies bestätigt. Der Zeuge habe vielmehr gegen die klar kommunizierte Unternehmenspolitik gehandelt, als er in der Bundesrepublik Deutschland die Client-Software der Klägerin heruntergeladen habe, um sie, wenn auch nur aus Neugierde, zu testen. Eine Zurechnung des Handelns des Zeugen T an die Beklagten scheide aus. Ein Auftrag zum Debugging habe eindeutig nicht vorgelegen. Das Testen der Client-software und damit letztlich die begangene Schutzrechtsverletzung habe nicht nur vollständig außerhalb der von der M1 UG für die Beklagte zu 1) übernommenen Aufgaben gelegen, sondern sei auch wider die Interessen der Beklagten erfolgt.
78Das Gericht hat Beweis erhoben über die Umstände unter denen der Zeuge T am 22.03.2018 die Anwendungssoftware der Klägerin „Q “ heruntergeladen und mittels eines Debugging-Tools analysiert hat, durch Vernehmung des Zeugen T gemäß Beweisbeschluss vom 23.01.2020 (Bl. 484a f. d.A.) in der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2021.
79Die Akte des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen den Zeugen T , Az.: 14 O 138/18, ist beigezogen worden, lag der Kammer bei Entscheidung vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
80Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt sowie auf die beigezogene Akte des Verfahren 14 O 138/18 und den dortigen Inhalt Bezug genommen.
81Entscheidungsgründe
82Die Klage ist zulässig und begründet.
83A. Die Klage ist zulässig.
84I. Das Landgericht Köln ist örtlich und sachlich zuständig.
851. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich vorliegend aus § 32 ZPO. Für die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergibt (Schultzky, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 32, Rn. 22). Dies hat die Klägerin vorliegend in hinreichender Weise getan. Die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO besteht bei einer behaupteten unerlaubten Vervielfältigung dort, wo diese vorgenommen wurde (vgl. KG Berlin, GRUR-RR 2002, 343). Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass die geltend gemachte unerlaubte Vervielfältigungshandlung durch den Zeugen T , der über einen Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Köln verfügt, auf Veranlassung der Beklagten vorgenommen worden wurde.
862. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften (§§ 21, 71 f. GVG).
87II. Der urheberrechtliche Unterlassungsantrag verstößt nicht mangels Bestimmtheit gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
88Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Klageantrag so bestimmt gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind und der Unterlassungsschuldner erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und welche Unterlassungspflichten sich aus einer dem Unterlassungsantrag folgenden Verurteilung ergeben. Die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, darf nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen werden (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 1, 8 f. - Paperboy, m.w.N., BGH, Urteil vom 22.11.2007, I ZR 12/05 – Planfreigabesystem, juris Rn. 20).
89Der Gebrauch von allgemeinen Begriffen im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung kann genügen, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Besteht zwischen den Parteien Streit über die Bedeutung von allgemeinen Begriffen, muss der Kläger die Begriffe hinreichend konkret umschreiben und gegebenenfalls mit Beispielen unterliegen oder sein Begehren an der konkreten Verletzungshandlung orientieren (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 25/15 – World of Warcraft I, juris Rn. 29 m.w.N.)
90Nach diesen Grundsätzen sind die Unterlassungsanträge bereits in der Fassung der Hauptanträge hinreichend bestimmt. Insbesondere lässt die Formulierung „zu gewerblichen Zwecken“ nicht unklar, was den Beklagten verboten werden soll. Denn die Klägerin hat durch den Zusatz „insbesondere“ deutlich gemacht, dass sie sich gegen eine Vervielfältigung der Client-Software mit dem Ziel der Entwicklung einer Automatisierungssoftware für das streitgegenständliche Spiel wendet. Dies hat sie auch in der Antragsbegründung ausgeführt, welche zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehen ist (BGH GRUR 2015, 485, zitiert nach juris Rn. 23 – Kinderhochstühle im Internet). In einem vergleichbaren Fall hat zudem der Bundesgerichtshof eine solche Antragsfassung als hinreichend bestimmt erachtet (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 25/15 – World of Warcraft I, juris Rn. 31).
91III. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) durch Beschluss des AG Chemnitz vom 14.10.2021, um 12:00 Uhr, (AG Chemnitz – 321 IN 1368/21) zeitigt auf die Zulässigkeit der Klage und der Entscheidung keine Auswirkungen, da die Unterbrechung durch Insolvenzverfahren nach § 240 ZPO erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten ist. Gemäß § 249 Abs. 3 ZPO wird die Verkündung der aufgrund mündlicher Verhandlung ergehenden Entscheidung durch die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung nicht gehindert.
92B. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.
93I. Der Klägerin steht der gegen die Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der gewerblichen Vervielfältigung aus § 97 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 7, Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1, § 69c Nr. 1 UrhG zu. Das Herunterladen der Client-Software der Klägerin zum Zwecke, Automatisierungssoftware herzustellen und weiterzuentwickeln verletzt die Urheberrechte der Klägerin.
941. Die Client-Software des Computerspiels Q ist urheberrechtlich geschützt.
95a) Dabei kommt nicht nur dem zugrundeliegenden Computerprogramm gemäß § 69a Abs. 1 UrhG Schutz zu, sondern auch den audiovisuellen Bestandteilen des Spiels. Diese sind als Sprachwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, Musikwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG sowie Werke der bildenden Kunst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG und als Laufbilder gemäß § 95 UrhG urheberrechtlich geschützt. Aus den vorgelegten Screenshots ist ersichtlich, dass das Spiel eine Reihe von grafischen Darstellungen, Namen und Beschreibungen der einzelnen Spielfunktionen enthält. Insbesondere die grafischen Darstellungen der Spielumgebung, der Avatare, der verschiedenen Q2 und der Spielgegenstände weisen dabei eine hohe Individualität und Schöpfungshöhe auf; daneben wird die Spielhandlung von Musik begleitet. Schaltet das Spiel vom Augmented Reality-Modus in den normalen Spielermodus, bewegt sich der Spieler durch die virtuelle Spielumgebung, sodass ein Laufbild entsteht.
96Bei einer solchen Software für ein Computerspiel, die nicht nur aus einem Computerprogramm besteht, sondern auch audiovisuelle Daten enthält, kommt nicht nur dem Computerprogramm (§ 69a Abs. 1 UrhG), sondern auch den audiovisuellen Bestandteilen urheberrechtlicher Schutz zu, soweit sie einen eigenen schöpferischen Wert haben, der nicht auf die Kodierung in einer Computersprache beschränkt ist. Diese Bestandteile können für sich genommen als Sprachwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), Musikwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG), Werke der bildenden Kunst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG), Lichtbildwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG), Filmwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG), Lichtbilder (§ 72 UrhG) oder Laufbilder (§ 95 UrhG) urheberrechtlich geschützt sein oder an der Originalität des Gesamtwerks teilhaben und zusammen mit diesem Urheberrechtsschutz genießen (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 25I/15 – World of Warcraft, juris Rn. 34).
97b) Das von der Klägerin entwickelte Spiel Q ist nach diesen Grundsätzen zum einen gemäß § 69 a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 UrhG als Computerprogramm geschützt. Die für die Schutzfähigkeit erforderliche Individualität und Komplexität der geschaffenen Software ergibt sich ohne weiteres aus den vorgelegten Spielausschnitten sowie den seitens der Klägerin vorgetragenen, zuvor nicht bekannten Nutzungsmöglichkeiten. Dies wird von Seiten der Beklagten auch nicht erheblich in Abrede gestellt.
98Des Weiteren sind auch die in das streitgegenständliche Q2 -Spiel implementierten grafischen Elemente, wie im Tatbestand beispielhaft eingeblendet und von der Verfügungsklägerin als Screenshots der Spielumgebung vorgelegt, gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt.
99c) Darüberhinaus sind bereits die von der Verfügungsklägerin als Screenshots der Spieloberfläche vorgelegten Grafiken, Modelle der Avatare und das Logo der Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt, weil sie zumindest im Rahmen der so genannten kleinen Münze über eine für den Urheberrechtsschutz ausreichende, schöpferische Gestaltungshöhe verfügen.
100An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Dagegen ist nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen (BGH, Urteil v. 13.11.2013, I ZR 143/12 - Geburtstagszug, BGHZ 199, 52-71, zitiert nach juris Rn. 26).
101d) Diesen Anforderungen genügen beispielhaft die von der Klägerin genutzten Trainerfiguren:
102Bilddatei entfernt
103Diese sind im Rahmen der so genannten kleinen Münze durch übergroße Augen, stilisierte Haare, verschlankte Körperproportionen und variantenreiche Kleidung hinreichend individualisiert.
104Des Weiteren ist auch das von der Klägerin genutzte Logo
105Bilddatei entfernt
106bereits gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG im Rahmen der so genannten kleinen Münze urheberrechtlich geschützt. Bei der Darstellung, die Assoziationen sowohl mit einer Weltkugel, welche ein Segelboot trägt, als auch mit einem Heißluftballon an einer stilisierten Gondel zulässt, handelt es sich um eine eigenständige, schöpferische Leistung, die keine vorgegebenen Muster erkennen lässt.
107Auch die Kartenoberfläche ist als technische Darstellung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 UrhG geschützt.
108Bilddatei entfernt
109Die reale Umgebung wird wiedergegeben in einem Farb- und Zeichenmuster, welches die Darstellung auf die für die Orientierung des Nutzers wesentlichen Merkmale reduziert unter markanter Hervorhebung von Straßen und Wegen in weitgehend einheitlichen Blau/Grün/Gelb Farbtönen. Die reale Spielumgebung wird nicht wirklichkeitsgetreu wiedergegeben, ohne dass deren Wiedererkennungswert aufgehoben oder die Orientierungsmöglichkeit des Nutzers beeinträchtigt werden.
110Da bereits diese Elemente zugunsten der Klägerin urheberrechtlich geschützt sind, kann dahinstehen, welche weiteren, gemäß § 2 UrhG geschützten Elemente die Spielsoftware noch enthält.
1112. Klägerin ist aktivlegitimiert.
112Die Klägerin ist als Inhaberin der Urheberrechte am Gesamtwerk der audiovisuellen Darstellung des Spiels sowie an den verschiedenen audiovisuellen Spielelementen zur Geltendmachung urheberrechtlicher Unterlassungsansprüche gemäß §§ 97 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2,15 ff., 31, 69 c Nr. UrhG berechtigt. Von der Aktivlegitimation der Klägerin ist auszugehen.
113Soweit die Beklagten die Inhaberschaft ausschließlicher Rechte durch die Klägerin pauschal bestreiten, ist dies unbeachtlich, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin hat unter Beweisantritt detailliert dazu vorgetragen, dass sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an der Software des streitgegenständlichen Spiels Q einschließlich der in dem Spiel enthaltenen visuellen Elemente, insbesondere dem O -Logo, dem Karten-Designs, den Menü-Designs und der Gestaltung der Benutzeroberfläche ist. Der Vortrag der Beklagten erweist sich demgegenüber schon als widersprüchlich. Während die Beklagten einerseits in Abrede stellen wollen, dass der Klägerin sämtliche Rechte an dem Spiel Q zustehen, räumen sie andererseits explizit ein, dass es sich um „das Spiel der Klägerin“ handelt und die Klägerin Marktführerin im Bereich mobiler Spiele und Anbieterin des streitgegenständlichen Spiels ist. In der Sache gilt das Bestreiten der Aktivlegitimation daher offenbar nur der hier nicht streitgegenständlichen Geltendmachung von Markenrechten.
114Im Rahmen der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs streitet für die Berechtigung der Klägerin zudem die Vermutung des § 10 Abs. 1, Abs. 3 UrhG, weil die Klägerin auf Vervielfältigungsstücken der Client-Software mit „2016 © O Inc.“ als Rechteinhaberin bezeichnet ist. Dies stellen die Beklagten auch nicht in Abrede. Soweit auf den Vervielfältigungsstücken des Weiteren ein „© Q2 “ aufgeführt ist, begründet dies keine vernünftigen Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin. Denn die Klägerin berühmt sich nicht der ausschließlichen Rechte an den anderweitig geschützten Q2 -Figuren als solche.
1153. Die Beklagten sind passivlegitimiert.
116Sie haben in das ausschließliche Recht der Klägerin eingegriffen, die Client-Software dauerhaft oder vorübergehend zu vervielfältigen. Das Herunterladen der Client-Software durch den Zeugen T stellt eine unerlaubte Vervielfältigung im Sinne von § 69c Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 UrhG dar, die den Beklagten zu 1) und zu 2) nach mittäterschaftlichen Grundsätzen (§ 25 Abs. 2 StGB) als eigene Tat zurechenbar ist.
117a) Eine Vervielfältigung ist jede körperliche Festlegung eines Werks, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen (BGH, Urteil vom 04.10.1990, I ZR 139/89 - Betriebssystem, juris Rn. 60; BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 5/15 – World of Warcraft I, juris Rn. 37 m.w.N.).
118Der Zeuge T hat unstreitig die Client-Software am 22.03.2018 an seinem Wohnort in Bergneustadt auf ein internetfähiges Endgerät heruntergeladen, dort gespeichert und, nach eigenen Angaben, „ablaufen lassen“. Der Zeuge hat dazu in der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2021 zudem bekundet, er habe das Spiel heruntergeladen und die Debugger-Software laufen lassen. Nach dem Start des Debugging-Tools durch ihn habe sich das Programm Q dann beendet. Dies geht denknotwendig mit einem Hochladen in den Arbeitsspeicher und Grafikspeicher des Endgerätes einher. Damit aber ist die Client-Software einschließlich der audiovisuellen Spielarten vervielfältigt worden, indem diese körperlich festgelegt und über das internetfähige Endgerät wahrnehmbar gemacht worden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 5/15 – World of Warcraft I, juris, Rn. 38). Dem vermag die Beklagtenseite nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, mit der Debugger-Software werde lediglich die ausführbare Datei (Maschinencode) analysiert, audiovisuelle Elemente würden indes nicht vervielfältigt. Denn der Einsatz der Debugger-Software erfolgte erst nach dem Herunterladen und Speichern der Client-Software auf das Smartphone des Zeugen T , was auch die Beklagten nicht in Abrede stellen. Die Vervielfältigungshandlung war mithin bereits vor Einsatz der Debugging-Software erfolgt.
119Der Zeuge T hat damit innerhalb des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland in die der Klägerin zustehenden, ausschließlichen Nutzungsrechte zur Vervielfältigung des streitgegenständlichen Computerprogramms (§ 69c Nr. 1 UrhG) eingegriffen und zugleich in die ausschließlichen Vervielfältigungsrechte der Klägerin nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 15, 16, 31 UrhG, die urheberrechtlich geschützten, visuellen Elemente betreffend. Die Client-Software zeigt jedenfalls zum einen das Logo der Klägerin vor Spielbeginn, und weist zudem die audiovisuellen Elemente (Musik, Spielfigur als Trainer, Kartenumgebung etc.) auf. Aufgrund der von der Klägerin hierzu vorgelegten Designmuster ist davon auszugehen, dass sämtliche Gestaltungsvarianten der Benutzeroberfläche sowie der grafischen Trainer-Darstellungen urheberrechtlichen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Nr. 7 Urheberrechtsgesetz genießen.
120b) Der Eingriff des Zeugen T in das Recht der Klägerin zur Vervielfältigung der Client-Software ist nicht durch ein vertraglich eingeräumtes Nutzungsrecht gedeckt.
121aa) Nach ihren Lizenzbedingungen, die der Zeugen T anlässlich seiner Anmeldung am 22.03.2018 akzeptiert hat, hat die Klägerin dem Zeugen vertraglich lediglich das Recht zur ausschließlich privaten Nutzung der Client-Software eingeräumt. Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass ein Nutzer vor der Möglichkeit, die Client-Software herunterzuladen, die Lizenzbedingungen der Klägerin akzeptieren muss. Die Nutzer müssen ihre Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen explizit durch Setzen eines Häkchens erklären, bevor sie den Registrierungsprozess fortsetzen können. Bevor sie das Häkchen setzen, haben die Nutzer die Möglichkeit von dem gesamten Inhalt der Nutzungsbedingungen Kenntnis zu nehmen, indem sie auf dem Bildschirm ihres Endgerätes herunterscrollen. Die Nutzungsbedingungen wurden damit auch vorliegend im Sinne der §§ 307 ff. BGB wirksam in den Nutzungsvertrag zwischen dem Zeugen T und der Klägerin einbezogen. Die Beschränkung auf eine private Nutzung wurde damit auch wirksamer Bestandteil dieses Vertrages, wie regelmäßig mit allen Spielern.
122Die vertragliche Einschränkung der Lizenz auf die private Nutzung der Client-Software hat dingliche Wirkung. Es handelt sich um eine wirksame inhaltliche Beschränkung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 UrhG. Bei der privaten Nutzung und der gewerblichen Nutzung handelt es sich nach der Verkehrsauffassung um verschiedene Nutzungsarten, über die der Rechtsinhaber unabhängig voneinander mit dinglicher Wirkung verfügen kann, weshalb es sich bei der Nutzung einer Client-Software zum privaten Gebrauch um eine eigenständige Nutzungsart handelt (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 5/15 – World of Warcraft I, juris Rn. 46 m.w.N.).
123bb) Der Zeuge T hat die Client-Software nicht zu privaten Zwecken vervielfältigt.
124Ein privater Gebrauch ist der Gebrauch in der Privatsphäre zur Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse außerberuflicher und außererwerbswirtschaftlicher Art. Vervielfältigungsstücke werden nicht privat genutzt, wenn sie, jedenfalls auch, für berufliche oder gewerbliche Zwecke angefertigt werden (BGH, Urteil vom 24.06.1993 – I ZR 148/91 – Dia-Duplikate, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 16.06.2016, I ZR 25/15 World of Warcraft I, juris Rn. 49 m.w.N.).
125Unter Berücksichtigung der zahlreichen Stellungnahmen des Zeugen T als „I1 “ u.a. in Foren der Beklagten zu 1) und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Sicherheitsupdate der Klägerin, in welchen der Zeuge T Auswirkungen und Lösungsmöglichkeiten anspricht, insbesondere mittels eines „anitiantidebug.inc“, sowie unter Berücksichtigung seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2021 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Zeuge T bereits die Vervielfältigung der Client-Software nicht nur zu privaten Spielzwecken vorgenommen hat. Hierzu hätte es eines Debuggings nicht bedurft. Vielmehr handelte der Zeuge T in unmittelbaren Zusammenhang mit seiner unternehmerischen Tätigkeit als Geschäftsführer der M1 UG, welche den Bot Q1 der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt hatte.
126Nach seiner stringenten, detailreichen und plausiblen Darstellung, die der Kammer keinen Anlass bietet, an seiner Glaubhaftigkeit zu zweifeln, wollte der Zeuge T sich am 22.03.2018 vergewissern, ob die Angaben des Entwicklers unter dem Pseudonym „F “ oder auch „F M2“ zutreffend waren, das Programm Q lasse sich nicht mehr mit der Debugger-Software bearbeiten. Dabei war es die Intention des Zeugen T , zu überprüfen, ob der Entwickler F etwaig nur „keine Lust hatte zu arbeiten“. Zum Zwecke dieser Überprüfung lud der Zeuge T das Spiel herunter und ließ die Debugger-Software anlaufen. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass der Entwickler F zuvor angegeben hatte, dass sich das Spiel automatisch beende, wenn man es mit dem Debugger-Tool verbinde – wie es dann auch tatsächlich im Rahmen der Überprüfung durch den Zeugen erfolgte. Diese Überprüfung nahm der Zeuge T mithin keineswegs aus rein privatem Interesse und aus Neugierde heraus vor. Vielmehr erfolgte die Überprüfung, in deren Verlauf die streitgegenständliche Vervielfältigung erfolgte, im Rahmen der fortlaufenden Zusammenarbeit des Zeugen T mit den Beklagten, wobei seine Aufgabe darin bestand, mit Entwicklern der Computerspieler-Szene zu kommunizieren und entsprechende Informationen an die Beklagte zu 1) und namentlich an den Beklagten zu 2) persönlich weiterzugeben. Der Zeuge erhielt dabei zwar keinen konkreten Überprüfungsauftrag von Seiten der Beklagten. Es entsprach aber seiner Aufgabe die Kommunikation mit den Entwicklern insgesamt aufrecht zu erhalten und regelmäßige Status-Updates an den Beklagten zu 2) zugeben. Die streitgegenständliche Vervielfältigung diente dem Zweck, eine erneute Lauffähigkeit der Bots für das Spiel der Klägerin zu erreichen, d.h. erneut eine Automatisierungssoftware zu entwickeln bzw. aktuell und funktionsfähig zu halten.
127Die hier streitgegenständliche Vervielfältigungshandlung war dabei Teil der vom Zeugen T geführten Kommunikation zwischen den Beklagten und dem Entwickler F , der für die Beklagten tätig wurde, um nach den jeweiligen Updates der klägerischen Software entsprechende Maßnahmen durchzuführen, damit die Anwendungen der Beklagten zu 1) weiterhin funktionierten. Diese Anpassungen führte der Entwickler F für die Beklagte zu 1) mehrfach aus, indem er nach jedem Update erneut die entsprechende Algorithmus-Formel herausfand, was ihm meist innerhalb kürzester Zeit gelang. Erst als er im März 2018 erstmal nicht unmittelbar reagierte, schrieb ihn der Zeuge T an, um nachzufragen und sich nach den Gründen zu erkundigen. Nach Mitteilung des Grundes überprüfte der Zeuge T dann diese Angaben. Der Zeuge agierte dabei als Projektmanager für die Beklagte zu 1), der den Kontakt zu Entwicklern für einzelne Projekte/Computerspiele sowie die darauf bezogenen Produkte der Beklagten zu 1) aufrechterhielt und vorantrieb.
128c) Die Vervielfältigung der streitgegenständlichen, urheberrechtlich schutzfähigen audiovisuellen Elemente, war entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 69d Abs. 3 UrhG zulässig, weil sie im Rahmen der Vervielfältigung eines Computerprogramms erfolgte, in welches die audiovisuellen Elemente eingebunden waren. Denn nach § 69d Abs. 3 UrhG konnte höchstens die Vervielfältigung des Computerprogramms selbst zulässig sein, nicht aber die Vervielfältigung der audiovisuellen Spieldaten. § 69d Abs. 3 UrhG ist nicht auf audiovisuelle Daten anwendbar, so dass deren Vervielfältigung in jedem Fall unzulässig bleibt (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 25/15 - World of Warcraft I, juris, Rn. 67; BGH, Beschluss vom 27. April 2017 – I ZR 167/15 –, juris, Rn. 2).
129aa) Die Zulässigkeit der Vervielfältigung eines Computerprogramms, auch zu gewerblichen Zwecken, gemäß § 69 d Abs. 3 UrhG erstreckt sich nicht auf sonstige, urheberrechtlich geschützte Elemente, wie hier Werke der angewandten Kunst sowie Darstellungen technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 7 UrhG.
130Nach § 69d Abs. 3 UrhG ist allein das Vervielfältigen des Computerprogramms und nicht das Vervielfältigen der audiovisuellen Spieldaten des Spiel-Clients gestattet. Es gibt auch keine § 69d Abs. 3 UrhG entsprechende Regelung, die eine Vervielfältigung der in einem Computerspiel enthaltenen Werke erlaubt, um durch das Beobachten der auf einem Bildschirm wiedergegebenen Werke das Funktionieren des Computerspiels und die dem Computerspiel zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln.
131bb) Der durch die Richtlinie 2009/24/EG gewährte Schutz ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 auf Computerprogramme beschränkt (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 23 - Nintendo/PC Box und 9Net). Die Vorschriften der Richtlinie 2009/24/EG – und damit auch die ihrer Umsetzung dienenden nationalen Vorschriften – sind als auf Computerprogramme zugeschnittene Sondervorschriften grundsätzlich nicht auf andere Werke anwendbar (zu Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG und § 69d Abs. 1 UrhG vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 151/13, GRUR 2016, 792 Rn. 56 - Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, BT-Drucks. 12/4022, S. 8).
132cc) Bei einem Computerspiel, das – wie der hier in Rede stehende Spiel-Client – nicht nur aus einem Computerprogramm besteht, sondern auch audiovisuelle Spieldaten enthält, sind die urheberrechtlich geschützten audiovisuellen Bestandteile zwar durch das Urheberrecht im Rahmen der Richtlinie 2001/29/EG geschützt (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 23 - Nintendo/PC Box und 9Net; BGH, GRUR 2015, 672 Rn. 43 f. - Videospiel-Konsolen II). Diese Richtlinie enthält jedoch keine Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/24/EG entsprechende Bestimmung, wonach die Vervielfältigung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands, bei dem es sich nicht um ein Computerprogramm handelt, zur Ermittlung der ihm zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze zulässig ist. Auch das nationale Urheberrecht enthält keine derartige Regelung.
133d) Die von dem Zeugen T am 22.03.2018 vorgenommenen Handlungen, die Vervielfältigung und der Versuch des Debuggings der streitgegenständlichen Client-Software, waren auch nicht nach § 69e UrhG zulässig.
134aa) Der Zeuge T überprüfte das Debugging der klägerischen Client-Software mit dem Ziel, die Funktion der von der Beklagten zu 1) angebotenen Bots zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Gemäß § 69e Abs. 3 UrhG sind die Vervielfältigung des Codes oder die Übersetzung der Codeform im Sinne von § 69c Nr. 1 und 2 UrhG sowie die Nutzung der hieraus gewonnenen Informationen ohne Zustimmung des Rechteinhabers nicht zulässig, wenn hierdurch die normale Auswertung des Werkes beeinträchtigt oder die berechtigten Interessen des Rechteinhabers unzumutbar verletzt werden.
135Die streitgegenständlichen Bots verändern die Spielkonzeption indes tiefgreifend, weil sie die Grundidee des Spiels, den Nutzer zu mobilisieren in ihr Gegenteil verkehren, indem sie ein Spielen von zu Hause aus ermöglichen. Bereits einen solch radikalen Eingriff in das Spielkonzept braucht die Klägerin nicht hinzunehmen. Der regelwidrige Einsatz von Bots dürfte zudem zu Verärgerung und Enttäuschung ehrlicher Spieler über den regelwidrigen Einsatz von Bots führen und ist geeignet, diese zu veranlassen, sich von dem Spiel abzuwenden. Es ist nachvollziehbar und entspricht der Lebenserfahrung, dass Spieler das Interesse an einem kompetitiven und kooperativen Spiel verlieren, bei dem sie sich nicht unter denselben Bedingungen mit anderen Spielern messen und Spielzüge nicht wie vorgesehen gemeinsam ausführen können (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2017, I ZR 253/14 – World of Warcraft II, juris, Rn. 82).
136bb) Der vorliegend vom Zeugen T entwickelte Bot „Q1 “ verkehrt das Spielprinzip, welches darauf beruht, dass jeder Spieler grundsätzlich nur nach dem Maß der eigenen (auch körperlichen) Anstrengung und Mobilität Q2 fangen und Fortschritte im Vergleich auch zu anderen Mitspielern erzielen kann, ins Gegenteil. Die Klägerin, die nach ihren Lizenzbedingungen den Einsatz von Bots ausdrücklich untersagt, braucht sich unerwünschte Spielvarianten auch nicht aufdrängen zu lassen. Das Argument, Bots führten zu einem variantenreichen Spiel, vermag deshalb die Beeinträchtigungen der Klägerin nicht aufzuwiegen. Der Erfolg eines Spiels, in dem eine Vielzahl von Teilnehmern gegeneinander spielt und bei dem Aufstieg in Spiellevels in Wettstreit zueinander tritt, steht und fällt damit, dass für alle Spieler die gleichen Bedingungen für die Bewältigung der Aufgaben und das erreichen höherer Levels gelten (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2017, I ZR 253/14, juris Rn. 70 – World of Warcraft II).
137Diese Grundsätze, die der Bundesgerichtshof bezogen auf unlautere produktbezogene Behinderungen herangezogen hat, können auch vorliegend herangezogen werden, um zu beurteilen, ob eine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen des Rechtsinhabers vorliegt.
138e) Die Beklagten zu 1) und 2) haften als Mittäter des Zeugen T selbst täterschaftlich für eigene Verletzungen des Urheberrechts der Klägerin, § 97 UrhG i.V.m. § 25 Abs. 2 StGB. Die vom Zeugen T begangene Urheberrechtsverletzung ist den Beklagten zu 1) und zu 2) als eigene Tat zurechenbar, obwohl sie an der Ausführung der Vervielfältigungshandlung nicht unmittelbar beteiligt waren. Sie hatten indes maßgeblichen Anteil und Einfluss auf den organisatorischen und unternehmerischen Rahmen, in dem sich die Urheberrechtsverletzung vollzog.
139Der Beklagte zu 2) haftet auch als Geschäftsführer der Beklagten zu 1), weil er das auf Rechtsverletzungen angelegte Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) selbst initiiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2014, I ZR 241/12, juris Rn. 31 - Geschäftsführerhaftung).
140aa) Nach den allgemeinen Grundsätzen setzen Ansprüche wegen der Verletzung eines Ausschließlichkeitsrechts voraus, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem als pflichtwidrig geltend gemachten Verhalten (Tun oder Unterlassen) und der Beeinträchtigung des geschützten Rechts vorliegt. Das Grunderfordernis für die Annahme eines Zurechnungszusammenhangs ist im Rahmen sowohl der vertraglichen als auch der deliktischen Haftung die Verursachung im logisch-naturwissenschaftlichen Sinn. Nach der insoweit anzuwendenden Äquivalenztheorie ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (BGH, Urteil vom 06.05.2021, I ZR 61/20, juris, Rn. 19 – Die Filsbacher).
141Besteht das dem Verletzer vorgeworfene Verhalten in einem Unterlassen, ist zu fragen, ob eine pflichtgemäße Handlung den Eintritt der Rechtsgutsverletzung verhindert hätte. Dieser Ursachenbegriff im logisch-naturwissenschaftlichen Sinn ist Mindesterfordernis jeder Haftungsbegründung. Die sich aus der von der Äquivalenztheorie vorausgesetzten Gleichwertigkeit aller Ursachen ergebende weite Haftung grenzt die Rechtsprechung durch weitere Zurechnungskriterien wie die Adäquanz des Kausalverlaufs und den Schutzzweck der Norm ein.
142bb) Das Verhalten des Beklagten zu 2), das der Beklagten zu 1) aufgrund von dessen Geschäftsführerstellung nach § 31 BGB zurechenbar ist, war (mit)ursächlich für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung. Ohne die Beauftragung und Bezahlung des Entwicklers F mit der Weiterentwicklung des Debugging-Tools für die Beklagte 1) durch den Beklagten zu 2) und die damit in Verbindung stehende Beauftragung des Zeugen T mit dem Projektmanagement für die Beklagte zu 1) und Durchführung der Kommunikation mit den Entwicklern sowie Überprüfung derselben und regelmäßiger Status-Updates wäre es nicht zu der streitgegenständlichen Vervielfältigungshandlung und damit nicht zu der Urheberrechtsverletzung gekommen.
143(1) Aufgrund der Zeugenaussage des Zeugen T steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Zeuge T für die Beklagte zu 1) gearbeitet hat und die Einnahmen aus dieser Zusammenarbeit Teil seines Broterwerbs waren. Aufgrund seiner Ausbildung und seines persönlichen Interesses für die Automatisierung von Spielefunktionen sowie seiner Sprachkenntnisse war er besonders geeignet, um eine Scharnierfunktion in der Kommunikation zwischen der Beklagten zu 1) und der Gamer-Community zu erfüllen.
144Dies gilt unabhängig davon, dass der Zeuge wiederholt angegeben hat, er selbst habe nicht über die entsprechenden technischen Fähigkeiten verfügt, um die Schutzmechanismen der Software der Klägerin zu überwinden und den dahinterstehenden Algorithmus zu verstehen. Dies war auch nicht notwendig, da der Zeuge T der Beklagten zu 1) gleichwohl Kontakte in die Gamer-Community verschaffte, diese auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen hielt und Entwickler vermittelte, die – wie der Entwickler unter dem Pseudonym F – über die erforderlichen technischen Fertigkeiten verfügten. Die Zusammenarbeit zwischen dem Zeugen T und den Beklagten beschränkte sich nicht auf das klägerische, hier streitgegenständliche Spiel Q , für das der Zeuge T selbst den Bot Q1 entwickelt hatte, sondern erstreckte und erstreckt sich nach dem Bekunden des Zeugen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auf weitere Computerspiele, Projekte und „gemeinsame Arbeiten“.
145Die Zusammenarbeit des Entwicklers F mit der Beklagten zu 1) kam über den Zeugen T zustande. Dieser führte die Kommunikation u.a. auch mit dem Entwickler F . Die Zusammenarbeit zwischen F und der Beklagten zu 1) kam nach der glaubhaften, weil plausiblen und nachvollziehbaren, Aussage des Zeugen T zustande, weil der Entwickler F sich angeboten hatte, die jeweiligen Updates der klägerischen Software für die Beklagte zu 1) anzuschauen und entsprechende Maßnahmen durchzuführen, damit die Anwendungen der Beklagten weiterhin funktionierten. Dazu musste praktisch nach jedem Update der klägerischen Software erneut „die Formel“ herausgefunden werden. Dem Entwickler F gelang dies über Monate regelmäßig innerhalb sehr kurzer Zeit, meist innerhalb von nur zwei Stunden, nachdem das Update der klägerischen Software herausgekommen war. Diese fortwährende Zusammenarbeit des Entwicklers F mit den Beklagten unter Vermittlung des Zeugen T vollzog sich über einen längeren Zeitraum bis zum 22.03.2018.
146Der Entwickler F fertigte nach den jeweiligen Updates der klägerischen Software (neuen) Quelltext für das Produkt der Beklagten zu 1). Er teilte dann über Chat mit, dass er nun soweit sei und ließ den Quelltext dann unmittelbar in die Quelltextverwaltung der Beklagten zu 1) einfließen. Anschließend wurde der Quelltext vollautomatisch in das Produkt der Beklagten zu 1) insgesamt integriert und der dortige Quelltext aktualisiert. Dies erfolgte über ein Versionsverwaltungssystem, das von Seiten der Beklagten zu 1) verwaltet wurde. Der Entwickler F wurde von der Beklagten zu 1) durch den Beklagten zu 2) entsprechend beauftragt und entlohnt. Der Zeuge T hatte als Anwender Zugriff auf dieses System, aber keine Administratorenrechte, die es zusätzlich ermöglicht hätten, Quelltext zu löschen. Er konnte jedoch auf die Quelltexte zugreifen und hätte seinerseits Änderungen vornehmen können. Keinen Zugriff hatte er allerdings auf den Server der Beklagten zu 1), wo deren Bots angeboten wurden. Die Kommunikation erfolgte hauptsächlich über verschiedene Chatplattformen, insbesondere über die Plattform E . Der Zeuge T kommunizierte mit den Entwicklern, zu denen er im Auftrag der Beklagten Kontakt hielt, nie persönlich, insbesondere nicht mit dem Entwickler F , sondern stets per Chat. Persönlich besprach sich der Zeuge T im Rahmen dieser Zusammenarbeit nur mit dem Beklagten zu 2), über den wiederum seine Kommunikation mit der Beklagten zu 1) lief.
147Als der Entwickler F sich nach dem erneuten Update der klägerischen Software im März 2018 nicht meldete und sich nicht rührte, wurde der Zeuge T im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagten aktiv und sprach den Entwickler F – entsprechend der von den Beklagten beauftragten Aufgabe des Zeugen T , die Kommunikation mit den Entwicklern aufrechtzuerhalten und für eine fortwährende Aktualisierung der Debugging-Tools und Produkte der Beklagten zu 1) Sorge zu tragen – an, indem er diesen anschrieb und fragte, wie es denn weitergehe. Daraufhin äußerte der Entwickler F , dass man das klägerische Programm nicht mehr mit der Debugger-Software der Beklagten bearbeiten könne. Daraufhin prüfte der Zeuge T die Angaben des Entwicklers F , indem er selbst das Spiel herunterlud, wobei die streitgegenständliche Vervielfältigungshandlung erfolgte, und die Debugger-Software laufen ließ.
148Die Aufgabe des Zeugen T für die Beklagten bestand dabei nach seiner glaubhaften Aussage insbesondere in der Vornahme der öffentlichen Kommunikation, mit dem Ziel, dass von den Beklagten beauftragte und bezahlte Entwickler – wie F /F M2 – nicht von jemand anders abgeworben wurden. Einen konkreten Auftrag zur Nachfrage an F erhielt der Zeuge T in diesem Fall zwar nicht; die Nachfrage und Überprüfung erfolgte aber im Rahmen des generellen Projektmanagments und der Kommunikation, welche die Beklagte zu 1) bei ihm beauftragt hatte. Der Zeuge T teilte dem Beklagten zu 2) nach der von ihm vorgenommenen Überprüfung am 22.03.2018 dann auch unmittelbar mit, dass sich das Update verzögere und es hier nicht weitergehe. Für diese Tätigkeit, insbesondere auch für die Status-Updates, wurde der Zeuge T von den Beklagten entlohnt.
149(2) Anhaltspunkte dafür, Zweifel an den Angaben des Zeugen T über seine Tätigkeit für die Beklagten und den Ablauf der Zusammenarbeit zu hegen, bestehen nicht und wurden von den Beklagten auch nicht aufgezeigt. Der Zeuge T hat vielmehr plausibel geschildert, dass die Art, Gestaltung und der Umfang der Tätigkeit für die Beklagten seiner Lebenssituation als alleinerziehender Vater entsprach, insbesondere, dass er die Beklagte zu 1) dergestalt als Kunden gewinnen konnte, ohne an bestimmten Orten anwesend sein zu müssen und er gleichzeitig seine Kontakte in die Szene gewinnbringend nutzen konnte. Soweit die Beklagten geltend machen, der Zeuge T habe entgegen der klar kommunizierten Unternehmenspolitik gehandelt und das Testen der Client-Software habe vollständig außerhalb des von der M1 UG für die Beklagte zu 1) übernommenen Aufgabenspektrums gelegen, erweist sich dies als reine Schutzbehauptung. Die fortwährende Aufrechterhaltung der Debugging-Möglichkeit und die darauf bezogene Kommunikation mit den einschlägigen Entwicklern lag vielmehr gerade im Kern der vom Zeugen T und der M1 UG für die Beklagten erfüllten Tätigkeit. Denn vornehmlicher Zweck war gerade die fortwährende Aktualisierung und Gewährleistung der Funktionalität der von der Beklagten zu 1) kommerziell angebotenen Bots. Dass in seiner Zeugenaussage getätigte Angaben des Zeugen T inhaltlich unzutreffend gewesen wären, haben die Beklagten weder behauptet, noch im Einzelnen dargetan.
150bb) Die Beklagten zu 1) und zu 2) sind für vom Zeugen T begangene Urheberrechtsverletzung als Mittäter deliktsrechtlich verantwortlich.
151(1) Für die Haftung als Täter oder Teilnehmer einer deliktischen Handlung wie einer Urheberrechtsverletzung gelten die strafrechtlichen Grundsätze zur Täterschaft und Teilnahme. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 25 Abs. 2 StGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist die Tatherrschaft. Danach ist Täter, wer den zum Erfolg führenden Kausalverlauf beherrscht, während als Teilnehmer verantwortlich ist, wer einem mit Tatherrschaft handelnden Dritten Hilfe leistet oder dessen Tatentschluss hervorruft. Fehlen die objektiven oder subjektiven Voraussetzungen einer Haftung als Täter oder Teilnehmer, kommt lediglich eine allein zur Unterlassung und Beseitigung verpflichtende Verantwortlichkeit als Störer in Betracht. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Prüfung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen liegt. Auch dann kommt bei einer durch mehrere Personen verursachten Rechtsverletzung sowohl eine Täter- oder Teilnehmerhaftung als auch eine Störerhaftung in Betracht. In allen Fällen schließt die Tatherrschaft des unmittelbar Handelnden die Annahme aus, er werde als Tatmittler von einem bloß mittelbar oder tatferner Handelnden beherrscht. In Betracht kommt dann allenfalls Mittäterschaft, die eine gemeinschaftliche Tatbegehung und damit ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraussetzt (stRspr; vgl. nur BGH GRUR 2020, 738 Rn. 42 – Internetradiorecorder, mwN).
152Mittäter im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB ist nach allgemeinen Grundsätzen, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst, ebenso wenig eine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach fremde Tatbeiträge gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen sind, ist aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (s. BGHSt 64, 10 = NJW 2019, 1818 Rn. 157; BGH NStZ-RR 2019, 203 [204]; NStZ 2020, 22 Rn. 4 f. mwN; BGH, Beschluss vom 12.8.2021 – 3 StR 441/20, NJW 2021, 2896 [2899] Rn. 50).
153Auch die psychische Förderung der Tat, insbesondere die Bestärkung des Tatwillens des Handelnden, kann ein relevanter Tatbeitrag im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB sein (s. BGH BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatbeitrag 2 = BeckRS 1990, 31093586; NStZ 2012, 379 [380]; NStZ-RR 2018, 40; NStZ-RR 2018, 178 [180]). Um allein die Annahme von Mittäterschaft – in Abgrenzung zur psychischen Beihilfe – zu tragen, muss der psychischen Förderung allerdings ein erhebliches Gewicht zukommen (s. BGH NStZ-RR 2019, 203 [204]; BGH, Beschluss vom 12.8.2021 – 3 StR 441/20, juris, Rn. 47 ff.)
154(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Beklagte zu 2) als Mittäter der Urheberrechtsverletzung durch den Zeugen T anzusehen. Die mittäterschaftliche Rechtsverletzung des Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ist dieser nach § 31 BGB zuzurechnen.
155Der Beklagte zu 2) hat durch die Beauftragung des Zeugen T mit dem Projektmanagement und der Kommunikation in die Entwickler-Szene ganz maßgeblichen Einfluss auf das Zustandekommen der Rechtsverletzung in Form der Vervielfältigung der zugunsten der Klägerin urheberrechtlich geschützten Client-Software des Computerspiels Q sowie der dort implementierten audiovisuellen Elemente genommen. Die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung erfolgte im Rahmen der fortlaufenden Aktualisierung und Anpassung der von der Beklagten zu 1) angebotenen Produkte und im gemeinschaftlichen Zusammenwirken zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Zeugen T . Die vom Zeugen T durchgeführte Überprüfung der Angaben des Entwicklers F erfolgte allein im geschäftlichen Interesse der Beklagten am weiteren Vertrieb ihrer Produkte, da diese andernfalls nicht mehr funktioniert hätten.
156Der Beklagte zu 2) besaß daher ein maßgebliches eigenes Tatinteresse und war in die tatverantwortliche Organisation involviert. Er wurde vom Zeugen T fortlaufend über die Entwicklungen bei den relevanten Computerspielen informiert und initiierte durch Beauftragung des Entwicklers F erst die kontinuierliche Umgehung von Sicherungsmechanismen, welche die Klägerin zum Schutz ihres originären Spielkonzeptes vornahm. Die Beklagten boten dabei die technische und finanzielle Infrastruktur für die Tätigkeit des Zeugen T und des Entwicklers F . Der Beklagte zu 2) wurde vom Zeugen T auch unmittelbar informiert, nachdem eine erneute Anpassung an das neue Update der Klägerin am 22.03.2018 nicht mehr glückte. Dies zeigt, dass der Beklagte zu 2) unmittelbar in die Vorgänge einbezogen war, in deren Rahmen die Rechtsverletzung erfolgte, und widerlegt die Behauptung, der Beklagte zu 2) habe lediglich noch kaufmännische Funktionen erfüllt. Die Durchführung der Urheberrechtsverletzung war – in Ansehung des vorgehend im Einzelnen beschriebenen Ablaufs – maßgeblich auch vom Willen des Beklagten zu 2) abhängig. Dieser nahm durch Finanzierung und Bereitstellung einer Infrastruktur sowie psychisch in hohem Maße Einfluss auf die Verwirklichung der Urheberrechtsverletzung und erbrachte so zusätzlich über die Beteiligung an der Gesamtplanung hinaus einen bedeutenden objektiven Tatbeitrag.
157Der Beklagte zu 2) hat zudem auch als Geschäftsführer für die begangene Urheberrechtsverletzung einzustehen, weil er das Geschäftsmodell des Unternehmens der Beklagten zu 1) bestimmend entworfen und das rechtsverletzende Verhalten der Mitarbeiter veranlasst hat. Ein Geschäftsführer haftet bei der Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft als Täter, wenn er das auf Rechtsverletzungen angelegte Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 17 und 31 - Geschäftsführerhaftung; BGH, GRUR 2015, 672 Rn. 80 - Videospiel-Konsolen II; BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - I ZR 40/14, GRUR 2016, 803 Rn. 61 – Armbanduhr).
1584. Die für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben.
159Durch eine begangene Rechtsverletzung wird eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr begründet, die regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05 - Clone-CD; BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – I ZR 86/12 – Peter Fechter). Eine solche Erklärung haben die Beklagten nicht abgegeben.
160II. Die mit dem Klageantrag zu II.) geltend gemachten Auskunftsansprüche bestehen nach § 242 BGB als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs.
161Die Auskunftsansprüche beziehen sich auf den Klageantrag zu I.). Der Verletzergewinn kann bei Ansprüchen wegen Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG geltend gemacht werden. Somit besteht auch ein diesbezüglicher Auskunftsanspruch. In diesem Rahmen kann die Klägerin Angaben über die verkauften Abonnements der streitgegenständlichen Automatisierungssoftware, den erzielten Umsatz und den erzielten Gewinn verlangen. Die Angabe der verkauften Abonnements der Automatisierungssoftware und des mit ihrem Verkauf erzielten Umsatzes und Gewinns haben einen Bezug zur Vervielfältigung der Client-Software. Die mit dem Verkauf der Automatisierungssoftware erzielten Umsätze und Gewinne beruhen (auch) auf der Vervielfältigung der Client-Software, die der Beobachtung des Ablaufs der Spiele-Software und der Weiterentwicklung der Bots diente.
162III. Der mit dem Klageantrag zu III.) geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nach § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG bezogen auf den Klageantrag zu I.).
163Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung nach § 256 Abs. 1 ZPO ist anzunehmen, wenn – wie hier – mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstanden ist, der Kläger aber ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage ist, den Umfang des Schadens hinreichend abzuschätzen, um ihn beziffern zu können. Dies ist hier der Fall. Die Klägerin bedarf zur Bezifferung des ihr entstandenen Schadens der begehrten Beauskunftung.
164Die Beklagten haben das Vervielfältigungsrecht der Klägerin schuldhaft verletzt. Sie handelten jedenfalls fahrlässig, § 276 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Dem Beklagten zu 2) hätte – nicht zuletzt aufgrund der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Verfahren an denen die Beklagten selbst beteiligt waren – jedenfalls bekannt sein müssen, dass Vervielfältigungshandlungen der hier streitgegenständlichen Art rechtswidrig waren. Das schuldhafte Verhalten des Beklagten zu 2) ist der Beklagten zu 2) gemäß § 31 BGB zurechenbar. Der Beklagten haften insoweit auch bezüglich der Annexansprüche nebeneinander.
165C.
166Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
167Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
168Der Streitwert wird auf 175.000,00 EUR festgesetzt.
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