Urteil vom Landgericht Konstanz - 11 S 3/04 E

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 14.11.2003 (6 C 832/03) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen das vorliegende Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

 
Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Überlingen ist unbegründet. Das amtsgerichtliche Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
Dabei kann offen bleiben, ob die Begründung des Amtsgerichts, dass die Abrechnung der Klägerin schon rechnerisch nicht nachvollziehbar ist und damit den Anforderungen nach § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV nicht genügt, im Ergebnis durchgreifend ist. Ebenso kann offen bleiben, ob die Abrechnung der Klägerin überhaupt den Anforderungen des § 16 TKV genügt. Offenbleiben kann auch, ob eine korrekte Abrechnung im Sinne des § 16 Abs. 3 TKV auch bei der Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten über 0190-Nummern zu einem Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der vorgenommenen Abrechnung führen würde, da nach den im vorliegenden Fall gegebenen Besonderheiten die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis ausnahmsweise nicht vorliegen würden, bzw. die Besonderheiten dazu führen würden, dass der Beklagte den gegebenen Anscheinsbeweis erschüttert hat.
Die Klägerin hat in zweiter Instanz im Hinblick auf die amtsgerichtliche Begründung dargelegt, dass es zu den im Hinblick auf die unterschiedliche Zeitdauer rechnerisch nicht nachvollziehbaren Beträgen durch sogenannte Blocktarife gekommen ist, bei denen zu Anfang einer Mehrwertdienstverbindung ein bestimmter höherer Betrag berechnet wird und der Kunde den betreffenden Mehrwertdienst dann zu geringeren oder gar keinen Gebühren beliebig lang in Anspruch nehmen kann. Ob diese allgemein gehaltene Darstellung in der Berufungsbegründungsschrift ausreichend gewesen ist, kann aus den schon genannten Gründen offen bleiben. Wenn dies der Fall gewesen wäre und  trotz der in der Berufungserwiderung weiter vorgebrachten Einwendungen gegen die Abrechnung eine korrekte Rechnung im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV vorgelegen hätte, wäre die Frage zu prüfen gewesen, ob aufgrund einer korrekten Abrechnung ein Anscheinsbeweis zugunsten der Klägerin auch bei der Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten über 0190-Nummern in Betracht kommt. Diese Frage wird in der Rechtsprechung kontrovers behandelt (vgl. z. B. Amtsgericht Hamburg-Altona, Entscheidung vom 02. August 2003, Aktenzeichen 316 C 354/03; Amtsgericht Herborn, Entscheidung vom 05. Juni 2003 Aktenzeichen 5 C 783/02; Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. März 2003, Aktenzeichen 11 S 8162/02; OLG München, Entscheidung vom 04.12.1996, Aktenzeichen 15 U 3562/96).
Letztlich kann sie offen bleiben, da aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls entweder schon die Voraussetzung für einen Anscheinsbeweis nicht vorliegen oder der Beklagte diesen erschüttert hat.
Insoweit war für das Berufungsgericht zum einen maßgeblich, dass eine nicht unerhebliche Anzahl der abgerechneten Verbindungen über einen so kurzen Zeitraum erfolgt sind, dass die sinnvolle Inanspruchnahme eines Mehrwertdienstes jeweils nicht oder kaum möglich war. Es sind eine Vielzahl von Verbindungen abgerechnet worden, die kürzer als 20 Sekunden waren. Zudem spricht nach der vorgelegten Einzelverbindungsübersicht alles dafür, dass es sich immer um dieselbe 0190-Nummer gehandelt hat. Ab dem 18.04.2002 wurde die gesamte Zielrufnummer in der Einzelverbindungsübersicht angegeben. Ab diesem Zeitpunkt kann daher sicher festgestellt werden, dass es sich immer um dieselbe Zielrufnummer handelte. Aber auch davor handelte es sich bis auf die letzten drei Ziffern, die nicht angegeben wurden, um eine identische Zielrufnummernfolge, die insoweit den später uneingeschränkt angegebenen Zielrufnummern entsprach. Weiter ist zu beachten, dass der Beklagte unmittelbar auf die Abrechnungen der Deutschen Telekom AG reagiert hat und schon mit Schreiben vom 14. März 2002 (AS I/63) Einwendungen gegen die Abrechnung der Mehrwertdienste erhoben hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin - aus welchen Gründen auch immer - keine Angaben zu dem Anbieter der Mehrwertdienste gemacht hat, obwohl zumindest ab dem 18.04.2002 im Hinblick auf die vollständige Zielrufnummer Angaben hätten möglich sein müssen, bzw. zumindest zu erwarten gewesen wäre, dass die Klägerin darlegt, warum sie zu Angaben nicht in der Lage ist.
Bei Würdigung dieser Umstände kommt es aus Sicht des Berufungsgerichts schon kaum in Betracht, von den Voraussetzungen eines Anscheinsbeweis zugunsten der Klägerin auszugehen. Selbst wenn man von einem solchen ausgehen würde, hat der Beklagte diesen durch die vorgenannten Umstände und seine informatorische Anhörung im Termin vom 14.04.2004 erschüttert. Die genannten Umstände sprechen schon für sich genommen dafür, dass es zu der Inanspruchnahme der abgerechneten 0190-Nummern nicht mit Wissen und Wollen des Beklagten, sondern durch die heimliche Installation eines automatischen Einwahlprogramms in den PC des Beklagten (sogenannter Dialer) gekommen ist. Die Angaben, die der Beklagte hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2004 persönlich gemacht hat, erscheinen dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit den genannten Umständen durchaus plausibel und glaubhaft. Ein für die Klägerin streitender Anscheinsbeweis wäre daher jedenfalls erschüttert.
Da der Telefonnetzbetreiber und nicht der Anschlussinhaber das Risiko der heimlichen Installation eines Dialers trägt (vgl. BGH, Entscheidung vom 04. März 2004, Aktenzeichen III ZR 96/03), wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, darzulegen und ggfs. zu beweisen, dass es zu den streitgegenständlichen Verbindungen nicht durch einen entsprechenden Dialer gekommen ist. Sie hätte darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen, dass es mit Wissen und Wollen des Beklagten zu der Inanspruchnahme der abgerechneten Mehrwertdienste gekommen ist. Da es insoweit sowohl an Vortrag, als auch an Beweisangeboten fehlt, hat die Klage auch in zweiter Instanz keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, war die Revision gegen das vorliegende Urteil nicht zuzulassen.

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