Urteil vom Landgericht Krefeld - 12 O 31/03
Tenor
1. Die Klage wird unter Aufhebung des Anerkenntnis-
und Vorbehaltsurteils vom 01.04.2003 abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin
zur Last.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 2.400 . vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt eine Unternehmensberatung. Ihre bevorzugten Kunden sind kleinere Firmen, zumeist aus den neuen Bundesländern. Gewinnung und Beratung des Kunden erfolgen in vier Phasen:
31.
4Zunächst wird der Kunde per Telefon angesprochen und aufmerksam gemacht auf die Möglichkeit, sich durch die Klägerin beraten zu lassen.
52.
6Zeigt er Interesse, sucht ihn - unverbindlich - ein Außendienstmitarbeiter auf. Dessen Aufgabe ist es, den Kunden in einem persönlichen Gespräch davon zu überzeugen, daß es sich lohnt, gegen ein Honorar von 300 EURO zuzügl. MWSt. sein Unternehmen einer Vorprüfung unterziehen zu lassen. Stimmt der Kunde zu, wird hierüber ein schriftlicher (Formular-) Vertrag geschlossen und ein Termin für die Vorprüfung verabredet.
73.
8Nach seiner Prüfung rät der Vorprüfer dazu, die eigentliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Er schließt mit dem Kunden den Hauptvertrag. Das verwandte Formular der Klägerin sieht vor einen Stunden/Tagessatz von 270/2.160 EURO zuzügl. MWSt. und Spesen von 150 EURO zuzügl. MWST. täglich.
94.
10Die Beratung erbringen freiberufliche Mitarbeiter der Klägerin als deren Subunternehmer.
11Vorliegend ist die Beklagte am 11.06.2002 auf 2. Stufe zum Abschluß des Vertrages über die Vorprüfung bewegt worden von einer Außendienstmitarbeiterin A der Klägerin. Auf 3. Stufe hat die Vorprüfung am 18.06.2002 bei ihr durchgeführt ein Herr B. Mit ihm hat sie am gleichen Tage den eigentlichen Beratungsvertrag geschlossen, der, beginnend am 20.06.2002, drei Beratungstage vorsieht à 2.160,00 EURO netto zuzügl. 150,00 EURO netto Spesenpauschale täglich. Die Beratung ist erfolgt am 20., 21. und 24.06.2002 durch den Zeugen C. Gegenstand der Beratung sollten nach dem abgeschlossenen Vertrag Bl. 12, 48 d.A. sein die Komplexe
12- Unternehmensfinanzierung / Finanzplanung (Öffentliche Finanzierungshilfen),
13- Hilfe bei der Umsetzung von kfm. und org. Verbesserungsvorschlägen,
14- Reorganisation: Erstellen einer Kosten- und Leistungskontrolle,
15- Beantragung aller möglichen Fördermittel.
16Auf das Honorar von 3 x 2.160,00 EURO x 1,16 = 7.516,80 EURO incl. MWSt. hat die Beklagte 2.516,80 EURO in bar gezahlt sowie angenommen die beiden zum 15.09. und zum 15.11.2002 zahlbar gestellten Wechsel vom 24.06. und vom 06.08.2002 über je 2.500 EURO Bl. 5 und 6 d.A..
17Beide Wechsel gingen am 17.09. bzw. 18.11.2002 zu Protest. Aus den Wechseln geht die Klägerin im Wechselprozeß gegen die Beklagte vor. Die Kammer hat am 01.04.2003 gegen die Beklagte das auf Zahlung von
185.083,36 EURO nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozent-
19punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz , mindes-
20tens aber in Höhe von 6% von je 2.500 EURO seit dem
2115.09. und seit dem 15.11.2002
22lautende Anerkenntnis- und Vorbehaltsurteil Bl. 32 ff d.A. erlassen.
23Im Nachverfahren verweist die Klägerin auf die Unterlagen vom 24.06.2002 Bl. 82/83 d.A., wonach die Beklagte sich damals mit ihrer, der Klägerin, Rechnung über 7.516,80 EURO ausdrücklich "einverstanden" erklärt und bestätigt habe, ein "kompetente und tiefgründige Beratung erfahren" zu haben. Täuschende Angaben darüber, daß es mit ihrer Hilfe möglich sein werde, in bestimmter Höhe öffentliche Fördermittel zu erlangen, habe sie nicht gemacht. Der vorliegende Beratungsbericht des Zeugen C gebe nur wieder einen Teil der von ihm entfalteten Tätigkeit. Hinzugekommen sei die mündliche Beratung und die Vorbereitung und Durchführung des Bankgespräches, das der Zeuge mit der Hausbank der Beklagten geführt hat.
24Die Klägerin beantragt,
25das vorliegende Urteil zu bestätigen.
26Die Beklagte bittet,
27die Klage unter Aufhebung des vorliegenden Vorbe-
28haltsurteils abzuweisen.
29Frau A habe angegeben, die Klägerin arbeite zusammen mit einer Deutschen Ausgleichsbank und sie sei spezialisiert auf die Eruierung von Fördermitteln. Herr B habe zum Ausdruck gebracht, Fördermittel von bis zu 300.000 EURO könnten beschafft werden. Nur auf diese Erklärungen hin habe sie den Beratungsvertrag mit der Klägerin geschlossen. Tatsächlich sei es dem Zeugen C, wie unstreitig ist, am 20.06.2002 nicht gelungen, bei der Sparkasse xy für sie, die Beklagte, Fördermittel zu erlangen. Die schriftliche Ausarbeitung des Herrn C Anl. B 3 Bl. 50 - 66R d.A. sei für sie ohne Wert. Sie enthalte nur leere Phrasen und beinhalte nicht die zugesagten/versprochenen Leistungen.
30Die Kammer hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen und auf das Protokoll vom 11.05.2004 über seine mündliche Anhörung Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe:
32Die Klage führt nicht zum Erfolg. 2.516,80 an Honorar hat die Klägerin bereits erhalten. Weiteres Honorar steht ihr nicht zu. Den verfolgten wechselrechtlichen Ansprüchen kann die Beklagte aus dem Grundverhältnis deshalb der Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß §§ 812 Abs. 2, 821 BGB entgegenhalten.
33I.
34Die Klage wäre abzuweisen, wenn der zugrundeliegende Beratungsvertrag nichtig wäre. Aber dafür besteht kein ausreichender Anhalt.
351.
36Er ist nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig als wucherähnliches Geschäft wegen eines besonders groben Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung.
37In einer früheren Entscheidung hat die Kammer den Standpunkt eingenommen, der Beratungsvertrag sei als wucherähnliches Geschäft nichtig. Damals war vorgetragen, daß die Klägerin den Hauptprüfer, der die Beratungsleistung erbrachte, mit 45 netto je Beratungsstunde entlohnte, während sie sich selbst mit 270 netto je Beratungsstunde das Sechsfache dessen als Lohn ausbedungen hatte. Der Lohn, den der Hauptprüfer erhält, ist ein Indiz für den Wert seiner Leistung. Für 45 netto/Stunde, also etwa den Betrag, den ein Handwerker für eine Gesellenstunde abrechnet, ist ein hochkarätiger oder auch nur gut qualifizierter Unternehmensberater, der sachkundig beraten kann und etwa als Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsjurist oder Steuerberater über hohes Fachwissen verfügt, am Markt nicht zu haben. Steht aber von vorneherein fest, daß der zu entsendende Berater nicht hinreichend qualifiziert ist und eine dem Kunden wertvolle Beratungsleistung gar nicht erbringen kann, besteht zwischen der Leistung, die er erbringen wird, und dem ausbedungenen Lohn von 270 netto je Stunde zuzüglich Spesenpauschale, der, wenngleich nicht unüblich, doch recht stattlich ist, ein besonders krasses Mißverhältnis, das auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin schließen läßt (Nachw. bei Palandt, BGB, 63. Aufl., § 138 RdNr. 34a).
38Aber in vergleichbarer Weise verhält es sich vorliegend nicht. § 138 BGB kann nur zur Anwendung kommen, wenn der durch das besonders große Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung Begünstigte bei Vertragsschluß verwerflich gehandelt hat, also bereits bei Vertragsschluß um das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wußte, nicht hingegen, wenn sich dieses grobe Mißverhältnis erst später ergeben hat. Daß der Beratungsbericht des Zeugen C, wie die Beklagte vorbringt, für sie ohne jeden Wert sein soll, kann folglich noch nicht zur Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB führen. Das wäre nur von Belang, wenn die Klägerin schon bei Abschluß des Vertrages gewußt hätte, daß der Beratungsbericht des Zeugen Dr. Oberascher für die Beklagte unbrauchbar sein werde. Dafür besteht kein Anhalt. Vor allem ist unklar, für welches Honorar der Zeuge C vorliegend tätig geworden ist. Denkbar ist, daß er von der Klägerin hoch entlohnt worden ist. Dann durfte sie von ihm auch gute Arbeit erwarten. Ein verwerfliches Handeln auf ihrer Seite kann folglich nicht festgestellt werden.
392.
40Der Beratungsvertrag Anl. B 1 und B 2 ist auch nicht nichtig wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz.
41Zwar steht eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in Frage, soweit die Klägerin es gemäß Ziff. 7. des Beratungsvertrages Anl. B 1 übernommen hat, für die Beklagte nach den Richtlinien Bl. 88 ff d.A. den Antrag auf Zuschuß zu den Beratungskosten zu stellen. Aber diese Leistung stand nicht im Vordergrund, sondern war bestimmungsgemäß lediglich Nebentätigkeit bzw. Hilfsgeschäft der freiberuflichen Beratungstätigkeit der Klägerin, deren Schwerpunkte Beratungsleistungen unbedenklicher Art waren, die nicht mit dem RBerG kollidieren, nämlich
42- die Beurteilung des Ist-Zustandes des Betriebes der
43Beklagten und die Ermittlung vorhandener Schwachstellen,
44- das Erarbeiten von Verbesserungsmaßnahmen auf dem Ge-
45biet der Unternehmensfinanzierung und das Erstellen
46eines Finanzplanes, dazu gehörig auch das Aufzeigen
47öffentlicher Finanzierungshilfen und ggf. die "Be-
48antragung aller möglichen Fördermittel" (Anl. B 2),
49- die Reorganisation, das Erstellen einer Leistungs-
50und Finanzkontrolle.
51Folglich liegt ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht vor (vergl. Müller-Graff in GRUR 1988, 95/96).
523.
53Der Beratungsvertrag ist auch nicht nichtig geworden, weil die Beklagte ihn mit Erfolg wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, §§ 123, 142 BGB.
54a)
55Das ganze Konzept der Klägerin ist nach der Überzeugung der Kammer angelegt darauf, Kunden zu "ködern", indem ihnen in Aussicht gestellt wird, sie, die Klägerin, werde, lasse man sich nur von ihr beraten, behilflich sein beim Erlangen öffentlicher Finanzierungshilfen. Die Erwartung, u.U. Subventionen in sechsstelliger Höhe erlangen zu können - so soll sich der Beklagten zufolge die Mitarbeiterin A der Klägerin erklärt haben - enthemmt und fördert die Bereitschaft, das nicht unbescheidene Beratungshonorar zu akzeptieren, das die Klägerin für ihre Dienste verlangt.
56b)
57Aber es ist von der Beklagten nicht dargetan, daß die Mitarbeiter der Klägerin, also Frau A und Herr B, die Beklagte i.S.v. § 123 BGB zum Vertragsschluß bewegt haben, indem sie zu den "Chancen der Mittelgewährung" (Ziff. 2.1 S. 2 des Vertrages Anl. B 1)
58täuschend falsche Angaben gemacht haben. Insoweit fehlt auf Seiten der Beklagten jeglicher konkreter Tatsachenvortrag. Beide - A und B - mögen in allgemeinen Worten und pauschal die Chancen, öffentliche Mittel anzapfen zu können, als aussichtsreich geschildert haben. Das war ggf. nur ein unverbindliches In-Aussicht-Stellen künftiger Möglichkeiten und keine Täuschung durch das Aufstellen unzutreffender Tatsachenbehauptungen.
59c)
60Da die tatsächlichen Voraussetzungen des § 123 BGB nicht dargetan sind, kann offen bleiben, ob es überhaupt schon als hinreichend eindeutige Anfechtungserklärung gewertet werden kann, soweit die Beklagte selbst vorprozessual (ihr Schreiben Anl. B 4 Bl. 108/109 d.A.) und in dieser Sache schriftsätzlich (S. 7 des Schriftsatzes vom 15.04.2003 Bl. 45 d.A.; S. 4 des Schriftsatzes vom 23.06.2003 Bl. 106 d.A.) betont, von der Klägerin getäuscht worden zu sein.
61II.
62Die Beklagte hat auch nicht aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder aus Delikt einen Anspruch darauf, von der Klägerin in vollem Umfang freigestellt zu werden von den wechselrechtlichen Ansprüchen, die die Klägerin verfolgt.
63Ein auf Freistellung abzielender Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder aus Delikt - § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB - käme nur in Betracht, wenn Frau Az und/oder Herr B als Erfüllungsgehilfen der Klägerin - Freistellungsanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) - oder als ihre Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB - Freistellungsanspruch aus Delikt - die Beklagte vorsätzlich getäuscht oder doch sie fahrlässig durch falsche Tatsachenbehauptungen zum Abschluß des Beratungsvertrages bewegt hätten, den sie nicht eingegangen wäre, hätte man sich wahrheitsgemäß erklärt.
641.
65Daß Frau A und/oder Herr B sich vorsätzlich
66täuschend unwahr erklärt haben, kann aus den Gründen unter Abschnitt I. 3.b) nicht festgestellt werden.
672.
68Ebenso ist von der Beklagten nicht hinreichend konkret dargetan, daß beide oder einer von ihnen fahrlässig falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt haben/hat, durch die sie zum Vertragsschluß bewegt worden sei. Vor allem ist es eine Wertung und keine Tatsachenbehauptung, soweit der Zeuge B versprochen hat, die Beratungsleistung des Zeugen C werde hochwertig bzw. dem Lohn von insgesamt 7.516,80 "aequivalent" sein (S. 4 des Schriftsatzes vom 23.06.2003 Bl. 106 d.A.).
69III.
70Es bleibt der Einwand der Beklagten, die Beratungsleistung des Zeugen C sei dem Lohn von insgesamt 7.516,80 nicht aequivalent gewesen. Er ist erheblich. Mit ihm dringt die Beklagte durch. Ihr Einwand führt im Ergebnis dazu, daß sie den wechselrechtlichen Rückgriffsansprüchen, die die Klägerin geltend macht, gemäß §§ 812, 821 BGB den Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung entgegensetzen kann.
711.
72In seiner in ZIP 2003, 2118 abgedruckten Entscheidung gelangt das Oberlandesgericht Celle zu dem Befund, der Unternehmensberatungsvertrag sei Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter i.S.v. §§ 675, 611 ff BGB und es könne der versprochene Dienstlohn, erweise sich die Beratungsleistung als minderwertig, unter dem Gesichtspunkt der Schlechterfüllung auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden.
73Dem ist im rechtlichen Ansatz zwar nicht schlechthin, aber vorliegend doch zu folgen.
74a)
75Zwar ist das unvereinbar mit der durchaus noch herrschenden Ansicht. Weil der Dienstvertrag, anders als Kauf- und Werkvertrag, keine Gewährleistungspflicht des Dienstnehmers und folglich bei Schlechtleistung kein Minderungsrecht des Dienstberechtigten vorsieht, nimmt die herrschende Ansicht an, die Schlechtleistung könne nicht via Schadensersatz wegen Schlechterfüllung zum gänzlichen oder teilweisen Entfallen des Lohnanspruchs führen, denn das laufe letztlich auf die im Gesetz nicht vorgesehene Dienstlohnminderung hinaus (OLG Frankfurt MDR 1992, 347; v.Staudinger-Richardi, BGB, 1999, § 611 RdNr. 473; weit. Nachweise bei Erman-Edenfeld, BGB, 11. Aufl., § 611 RdNr. 406).
76b)
77Eine Gegenansicht (OLG Düsseldorf VersR 1985, 456 ff; OLG Köln VersR 1987, 620 f; OLG München NJW-RR 1986, 796; MÜKO-BGB-Müller-Göge, 3. Aufl., § 611 RdNr. 24; Soergel-Siebert-Kraft, BGB, 12. Aufl., § 611 RdNr. 114; Erman-Edenfeld, aaO, RdNr. 408) befürwortet es hingegen, daß der Dienstberechtigte, hat der Dienstverpflichtete schuldhaft schlecht geleistet, im Wege eines Schadensersatzanspruches wegen Schlechterfüllung (§ 280 BGB) den Anspruch gewinnt, in angemessenem Umfang befreit zu werden vom Lohnanspruch des Dienstleisters.
78c)
79Dieser moderneren Ansicht ist vorliegend deshalb zu folgen, weil hier ein reiner Dienstvertrag richtigerweise nicht vorliegt. Die Klägerin schuldete auch einen schriftlichen Beratungsbericht. Zwar hatte dieser, wie der Umkehrschluß aus § 8 Satz 2 des Vertrages Anl. B 1 ergibt, wo es heißt, wünsche der Auftraggeber einen ausführlichen Beratungsbericht, sei dies besonders zu vereinbaren, nicht ausführlich zu sein. Aber er hatte doch zu taugen als Unterlage, um nach den Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie nachzusuchen nach einem Zuschuß zu den Beratungskosten, d.h. er hatte "die wesentlichen Ergebnisse der Beratung" wiederzugeben und zu enthalten "eine Analyse der Situation des beratenen Unternehmens und der im Einzelnen ermittelten Schwachstellen, konkrete Verbesserungsvorschläge sowie eine detaillierte Anleitung zur Umsetzung in die betriebliche Praxis" (Ziff. 4.3 und 4.3.1 der Richtlinie). Indem die Klägerin sich verpflichtet hatte, einen solchen Beratungsbericht zu erstellen, der nach den in Anlagen B 1 und B 2 übernommenen Aufgaben auch enthalten mußte unter Unternehmensfinanzierung die Aufstellung eines Finanzplanes und unter Reorganisation die Erstellung einer Kosten- und Leistungskontrolle, gewann des Vertragsverhältnis auch werkvertragliche Züge. Denn sie schuldete damit auch einen Erfolg: die Erstellung eines Beratungsberichtes, der für die erstrebte Bezuschussung taugte und, wie sich aus der Natur der Sache ergibt, auch zu taugen hatte als Leitfaden und Hilfe für die Beklagte bei der Umsetzung der ihr angeratenen Verbesserungsvorschläge oder, wie es der Sachverständige Hofheinz in seiner schriftlichen Ausarbeitung vom 10.05.2004 Bl. 201 d.A. ausgedrückt hat, als "Nachschlagewerk" des Beratenen.
80Ist die Dienstleistung aber wie der Werkvertrag erfolgsbezogen, ist es gerechtfertigt, dem Dienstberechtigen den Lohn teilweise zu versagen, wenn er den versprochenen Leistungserfolg nur in unzulänglicher Weise erreicht hat.
812.
82Deshalb war zum Wert und zur Brauchbarkeit des Beratungsberichtes Beweis zu erheben durch Einholung des Gutachtens des Sachverständen . Überzeugend legte er dar, daß der Beratungsbericht des Zeugen C wesentliche Mängel aufweist:
83a)
84Zwar ist der Ist-Zustand des Betriebes ausreichend festgestellt worden. Aber die Schwachstellenanalyse unter 3.6 des Beratungsberichtes ist unbrauchbar. Ob und wie die als "besonders auffällig" gekennzeichneten Kosten gesenkt werden können, hat C in seinem Bericht nicht aufgezeigt. Sein Urteil, die Preiskalkulation "scheine" erheblichen Spielraum zu haben, ist aus der Luft gegriffen: einen umgebungsbezogenen Branchenvergleich und Angaben über die Preisgestaltung auf Seiten der Firmen, mit denen die Beklagte in Wettbewerb steht, hat er nicht angestellt, wie er auch nicht die von dem Sachverständigen vermißte (S. 18 seines Gutachtens) Kostenkontrolle angestellt hat.
85b)
86Der Beratungsbericht sollte Grundlage sein für ein Bankgespräch, in dem die Beklagte nachgesucht hat, ihr in Form eines zinsgünstigen Darlehens die unter Ziff. 5.2 des Beratungsberichts (GA S. 73) vorgeschlagene Zwischenfinanzierung in Höhe von 80.000 zu gewähren. Das Darlehensgesuch wurde "abgeschmettert". Überzeugend legte hierzu der Sachverständige dar, daß mangels ausreichender Schwachstellenanalyse in dem Beratungsbericht und wegen des Fehlens einer mindestens die nächsten drei Jahre umfassenden Planrechnung "keine Bank" (der Welt) bereit sein konnte, der Beklagten Kredit zu gewähren. Der Einwand des Zeugen C, einer eingehenderen Behandlung der Schwachstellen habe es nicht bedurft, weil die Bank ohnehin um diese bestens gewußt habe, ist unsinnig: Sein Bericht hatte das wesentliche Ergebnis des von ihm Ermittelten, damit auch eine ausreichend tragfähige Schwachstellenanalyse mitzuteilen. Das schuldete die Klägerin der Beklagten.
87c)
88Zu der Aufgabe "Unternehmensfinanzierung/Finanzplan" hat der Zeuge C erstellt eine Grobdarstellung von Umsatz- und Rohertragszahlen der Jahre 2001 und 2002 sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung, allerdings beschränkt nur auf das Jahr 2002 (S. 66-68 des Gutachtens BEGUTA). Keine Berücksichtigung fanden die klassischen Kennzahlen zum Grad der Liquidität, der Rentabilität und des Verschuldungskoeffizienten. Ein wirklicher Finanzstatus, der für eine tragfähige Finanzplanung unerläßlich ist und die augenblickliche und die zu erwartende zukünftige Finanzlage und damit die Zahlungsfähigkeit behandelt, fehlt.
89d)
90Detaillierte kaufmännische und organisatorische Verbesserungsvorschläge enthält der Bericht nicht. Der Rat, die hohen Vertriebs- und Frachtkosten abzubauen oder sie durch steigende Verkaufspreise zu erwirtschaften stellt sich, weil abstrakt in den Raum gestellt, als Leerformel dar. Denn weder ist ein Weg aufgezeigt, wie die Vertriebskosten gesenkt werden könnten, noch ist unter Einbeziehung der Situation im Wettbewerb ausgelotet, ob überhaupt Raum ist für eine Erlössteigerung via Anhebung der Preise.
91e)
92Zu der Aufgabe Reorganisation, Kosten- und Leistungskontrolle ist der Bericht des Zeugen C ebenfalls unzulänglich. Er hat sich beschränkt auf die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2002, die sich gründet auf die gemeinsam mit den Gesellschaftern der Beklagten erarbeiteten Planzahlen (Gutachten BEGUTA S. 67/68). Die Bereiche Angebotskalkulation und Preisbildung, die zu behandeln gewesen wären, sind außen vor geblieben.
933.
94Es kommt nicht darauf an, mit welchem Zeitaufwand billigerweise der Zeuge C hätte beraten sollen, ob er also volle 24 Stunden gebraucht hat oder ob seine Beratungsleistung - so der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten - bei angemessener Intensität seines Tuns nur mit 12 Stunden anzusetzen ist. Sondern die Beratung, die die Beklagte erfahren hat und die sich bemißt an dem Beratungsbericht, weil dieser bestimmungsgemäß das wesentliche Ergebnis der stattgefundenen Beratung wiedergibt, ist zu bewerten und es ist ein Vergleich anzustellen zwischen dem Wert der erbrachten Leistung und der Höhe des verabredeten Honorars. Die von dem Sachverständigen aufgezeigten Mängel des Beratungsberichts rechtfertigen sein Urteil (unter "Zusammenfassung" auf S. 36 seines schriftlichen Gutachtens), daß die Klägerin durch ihren Erfüllungsgehilfen C den von ihr übernommenen Beratungsauftrag nur schlecht erfüllt hat. Die Beratung hat nicht das Versprochene geleistet.
954.
96Die Bewertung, wie schwer die aufgezeigten Mängel wiegen, ist heikel. In voller Besetzung mit der Sachkunde der mitwirkenden Handelsrichter, die selbst kaufmännisch tätig sind, schätzt die Kammer in analoger Anwendung des § 287 ZPO, daß der vorliegende Beratungsbericht im Wert um mindestens zwei Drittel zurückbleibt hinter dem Wert eines fachkundig und gründlicher erstellten ordnungsgemäßen Beratungsberichts.
97Die Beklagte kann folglich entgegenhalten, daß die Klägerin mit den schon erhaltenen 2.516,80 ausreichend entlohnt und um die in diesem Verfahren geltend gemachten wechselmäßigen Ansprüche ungerechtfertigt bereichert ist.
98IV.
991.
100Die Dankerklärung oder Referenzerklärung Bl. 83 d.A., die die Beklagte dem Zeugen C erteilt und in der sie bestätigt hat, durch ihn eine "kompetente und tiefgründige Beratung" erfahren zu haben, bei der er bestehende Probleme und Schwierigkeiten exakt und umfangreich erläutert und analysiert und aufgezeigt habe, wie der Betrieb weitergeführt werden könne, hindert die Beklagte nicht, in diesem Verfahren einzuwenden, daß die Beratung minderwertig gewesen sei. Die Erklärung ist weder ein bindendes Schuldanerkenntnis noch hat die Beklagte mit ihr auf die jetzt von ihr erhobenen Einwände verzichtet.
1012.
102Ebenso steht der Rechtsverteidigung der Beklagten nicht entgegen, daß sie auf dem Formblatt der Klägerin Bl. 82 d.A. bestätigt hat, "die Leistung erhalten und mit dieser Rechnung (über 7.516,80 ) einverstanden" zu sein. Ist, wie hier, die erbrachte Leistung das verabredete Honorar bei weitem nicht wert, ist eine solche formularmäßige Klausel gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil sie darauf abzielt, ein anstößiges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu sichern (OLG Celle aaO).
103V.
104Nach allem war die Klage unter Aufhebung des vorliegenden Vorbehaltsurteils abzuweisen.
105V.
106Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
107Streitwert: 5.000
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