Vorbehaltsurteil vom Landgericht Krefeld - 11 O 99/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 113.583,33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
Der Beklagten wird die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert: 113.583,33 €
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten im Urkundenprozess um einen Vergütungsanspruch des Klägers aus einem Dienstvertrag für den Monat November 2014.
3Der Kläger war seit vielen Jahren Vorstandsmitglied der Beklagten und als Vorstandssprecher für diese bestellt und zuletzt aufgrund eines am 12.11.2010 geschlossenen Dienstvertrages für sie tätig. Der Vertrag war auf fünf Jahre befristet und sah als Ende des Vertragsverhältnisses den 15.11.2015 vor. Das Bruttomonatsgehalt betrug bis zum 14.11.2014 monatlich 112.333,33 € und danach 114.833,33 € zuzüglich eines variablen Vergütungsbestandteiles und wurde jeweils zum Monatsende fällig. Zudem hält der Kläger, der einer von drei Gründungsgesellschaftern der Beklagten ist, als Aktionär Anteile an der Beklagten.
4Mit Beschluss vom 30.08.2014 wurde der Kläger als Vorstandsmitglied und Vorstandssprecher abberufen. Mit Schreiben vom 26.11.2014, dem Kläger zugegangen am gleichen Tage, kündigte die Beklagte durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten den zwischen dem Kläger und ihr geschlossenen Dienstvertrag fristlos.
5Der Kläger wies die Kündigung mit Schreiben vom 03.12.2014 zurück und bot seine Arbeitskraft weiterhin an. Die Zahlung des Gehaltes für den Monat November steht aus.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 113.583,33 € nebst Zinsen in Höhe von
85 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen,
11hilfsweise ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren
12vorzubehalten.
13Sie vertritt die Ansicht, die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages sei wirksam. Es lägen mehrere Gründe vor, die eine fristlose Kündigung rechtfertigten.
14In einem Telefonat am 03.09.2014 habe - wie unstreitig ist - der Kläger dem Aktionär Herrn Q. I. Einzelheiten über die Finanzierung des Kaufs der C Bank AG (C. AG) durch die Beklagte dargelegt. Des Weiteren habe er offengelegt, dass aufgrund des schwierigen Marktumfeldes geplant gewesen sei, den Mitarbeitern keine Boni auszuzahlen, dass man jedoch zur Vermeidung von Massenkündigungen letztendlich die Hälfte der Boni gezahlt habe. Er habe des Weiteren suggeriert, dass sich die anderen Organmitglieder der Beklagten mit den gesetzlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen einer Bank sowie der zum Betrieb einer Bank notwendigen Technologie nicht auskennen würden. Aufgrund dieser Äußerungen wurde am 17.09.2014 dem Kläger gegenüber eine Abmahnung erklärt.
15Die Beklagte behauptet, zwischen dem 17.09.2014 und dem 21.11.2014 habe der Kläger gegenüber Kunden erklärt, er sei von Organmitglieder "gemeuchelt" worden, diese würden ihm "sein Unternehmen wegnehmen", mit ihm sei "die Kompetenz in der Risikokontrolle und der Technologie verschwunden" und bei den Organmitgliedern der Beklagten handele es sich um eine "IT-mäßige Laienspielschar". Von diesen die Organmitglieder der Beklagten diskreditierenden Äußerungen habe der Aufsichtsrat sukzessive Kenntnis erlangt.
16Zudem habe der Kläger die Dienste des "Privatssekreteriats" der Z. AG, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten, Kosten in unerheblichem Umfang in Anspruch genommen. Dies habe die Beklagte durch ein Mitglied ihres Vorstandes sowie des Aufsichtrates der Z. AG, Herrn G., durch eine Email des Bruders des Klägers am 01.09.2014 erfahren habe. Diese Mail habe Herr G. am gleichen Tag an den Aufsichtsratvorsitzenden der Beklagten weitergeleitet. Frau C. als Vorständin der Z. AG sei für den Kläger und dessen Bruder auf dessen Veranlassung hin tätig geworden. Zurückzuführen sei dies darauf, dass die Z. AG im Jahr 2012 unter anderem den Kläger für einen sehr begrenzten Zeitraum und in geringem Umfange kostenlos als sogenannten "Testkunden" betreute um die Serviceleistung der Z. AG zu testen. Dem Aufsichtsrat der Z. AG sei jedoch nicht bewusst gewesen, dass die kostenlosen Leistungen noch bis September 2014 erbracht wurden. Bei Überprüfung eines eventuellen Schadens der Z. AG hätten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zwischen dem 26.09.2014 und dem 30.10.2014 im Vorstandsbüro von Frau C. 60 Ordner gesichtet, die den Gesellschaften des Klägers und dessen Bruder zugeordnet werden konnten. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um zwei Grundstücksverwaltungsgesellschaften, deren Anteilseigner je zur Hälfte der Kläger und sein Bruder G. B.. Unter Berücksichtigung der Tätigkeit für andere Testkunden seien jedenfalls mindestens 2.264,75 Stunden auf die Betreuung des Klägers und der beiden genannten Gesellschaften entfallen. Dies entspreche einem Kostenaufwand von 291.313,06 €. In einem Umfang von 1.144,25 Stunden hat der Kläger mit Mail vom 20.11.2014 die Tätigkeit unstreitig gestellt und mitgeteilt, dass er bereit sei, diese Stunden zu einem marktüblichen Stundensatz für Hausverwaltungen der Gesellschaft zu vergüten.
17Der über die Tätigkeit der Frau C. erstellte Berichtsentwurf sei dem Aufsichtsrat der Z. AG am 30.10.2014 zugeleitet worden, der den Aufsichtsrat der Beklagten mit Schreiben vom 10.11.2014 informiert habe. In der unverzüglich angesetzten Aufsichtratsitzung am 12.11.2014 sei er diskutiert worden.
18Der Aufsichtratvorsitzende und ein Mitglied des Vorstands der Beklagten hätten am 18.11.2014 erfahren, dass - wie unstreitig ist - der Kläger über den Bericht verfüge und ihn einem Geschäftspartnern und - wie sie im Februar 2015 erfahren habe - auch seinem Bruder gegenüber - passagenweise offenbart habe. Der Bericht sei widerrechtlich in seinen Besitz gelangt. Er sei nicht zur Weitergabe bestimmt gewesen und von denjenigen, die ihn zur Kenntnisnahme erhalten hätten, auch nicht weitergeleitet worden.
19Die der Z. AG möglichweise zustehenden Zahlungsansprüche gegen den Kläger hat diese mit Abtretungsvertrag vom 26.02.2015 an die Beklagte abgetreten.
20Mit diesen Ansprüchen erklärt die Beklagte die Aufrechnung gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung seiner Dienstbezüge für den Zeitraum zwischen dem 01. und 26.11.2014 in Höhe von 98.438,89 € und hilfsweise gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung seiner Dienstbezüge für den Zeitraum zwischen dem 27. und 30.11.2014 in Höhe von 15.144,44 €.
21Hilfsweise erklärt die Beklagte mit der abgetretenen Forderung auf Schadenersatz die Aufrechnung gegen dem Anspruch des Klägers auf Dienstbezüge und Zinsen bis einschließlich 25. Februar 2015 für den Zeitraum zwischen dem 1. und 26. November 2014 In Höhe von 99.454,29 € und - wiederum hilfsweise - gegen den weiteren Anspruch des Klägers auf Dienstbezüge für den Zeitraum vom 27.11.2014 bis 30.11.2014 und Zinsen bis einschließlich 25.02.2015 in Höhe von 15.299,27 €.
22Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, die Kündigung sei verfristet. Die Beklagte habe aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Strukturen und Beteiligungsvehältnisse bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der unentgeltlichen Inanspruchnahme der Dienstleistung des Privatsekretariats gehabt, da alle Aufsichtsratmitglieder der Z. AG auch Vorstandsmitglieder der Beklagten seien. So ist Herr X. als Vorstandsmitglied der Beklagten für Controlling und Faktura zuständig, wodurch er auch die Abrechnungen der Z. AG über die für Kunden erbrachten Dienstleistungen überwacht und verantwortet habe. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass Frau C. als Geschäftsführerin der B. mbH den Kläger unterstützt habe. Gesellschafter dieser GmbH sind der Kläger, seine Ehefrau und weitere Führungskräfte der Beklagten. Mieterin des Grundstücks sei die Beklagte. Diese habe zudem Kenntnis durch einen Hinweis von Frau C. im September 2014 über ihre Tätigkeit für den Kläger erhalten.
23Auch Herr G. habe Kenntnis von den Tätigkeiten der Frau C. gehabt. Diese habe ihn ausführlich Anfang September 2014 in einem Gespräch über die Forstsetzung ihrer Tätigkeit für den Kläger hingewiesen. Von einer solchen Kenntnis sei auch aufgrund der räumlichen Nähe auszugehen. Frau C. belegte in den Räumlichkeiten der C. AG ein unmittelbar an das Büro von Herrn G. angrenzendes Büro. Schließlich habe Frau C. auch für die GbR B., G., T. regelmäßig Unterstützungsleistungen erbracht. Als Gesellschafter dieser GbR habe Herr G. positive Kenntnis von diesen Tätigkeiten gehabt.
24Auch Herr N. - ein weiteres Vorstandsmitglied der Beklagten - habe Kenntnis von den Tätigkeiten gehabt. Er ist Gesellschafter der I-GmbH, die ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück an die C. AG vermietet hat. Für diese Gesellschaft war Frau C . als Geschäftsführerin tätig.
25Letztlich habe er - der Kläger - am 09.07.2014 die Vorstandsmitglieder der Beklagten im Rahmen einer per Email geführten Diskussion darauf hingewiesen, dass Frau C. bereits umfangreich mit ihm und seinem Bruder in privaten geschäftlichen Angelegenheiten zusammengearbeitet habe.
26Er habe auch niemanden davon abgehalten, die besagten Dienstleistungen in Rechnung zu stellen. Vielmehr habe er des Öfteren nachfragend angeboten, diese zu bezahlen.
27Er habe den Berichtsentwurf von einem Dritten erhalten, der ihm diesen zugeleitet habe.
28Entscheidungsgründe:
29I.
301. Die Klage ist zulässig und im Urkundenprozess auch begründet. Die gewählte Prozessart ist gemäß § 592, 597 ZPO statthaft. Die Parteien streiten um einen Anspruch, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat. Sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen hat der Kläger durch Vorlage seines Dienstvertrages durch Urkunden begründet. Im Übrigen ist dieser Anspruch von der Beklagten nicht bestritten worden.
312. Die Beklagte ist hinsichtlich der Leistung des Klägers in Annahmeverzug. Durch die Vorlage des Kündigungsschreibens hat der Kläger den Annahmeverzug bewiesen. Der Annahmeverzug gemäß § 293 BGB ist dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte die ihr angebotene Arbeitsleistung des Klägers nicht angenommen hat. Der Kläger hat seine Leistung mit Schreiben vom 03.12.2014 angeboten. Für den Zeitraum davor war ein Angebot gemäß § 296 BGB entbehrlich. Mit dem Ausspruch der fristlosen Kündigung gibt der Arbeitgeber zu erkennen, dass er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht entgegen nehmen will. Einen entgegenstehenden Willen muss der Arbeitgeber erkennen lassen, indem er den gekündigten Arbeitnehmer zur Arbeit auffordert (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Juli 2015, 3 Sa,132/14, Rn. 59; LAG Köln, Urteil vom 27. November 2013,11 Sa 407/13, Rn. 90 m.w.N.). Eine solche Aufforderung hat die Beklagte nicht ausgesprochen.
32II.
33Dem klägerischen Anspruch auf Arbeitsentgelt ab dem 26.11.2014 kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Arbeitsverhältnis sei fristlos wirksam zu diesem Zeitpunkt gekündigt worden. Ihr ist der Nachweis einer wirksamen Kündigung nicht mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismittel gelungen.
341. Soweit die Beklagte sich darauf stützt, der Kläger habe gegenüber Kunden zwischen dem 17.09.2014 und dem 21.11.2014 diskreditierende Äußerungen über Organmitglieder der Beklagten getätigt, ist diese Behauptung unsubstantiiert. Für eine substantiierte Behauptung hätte es zumindestens einer Darlegung bedurft, welche Äußerung gegenüber welchen Kunden der Kläger getätigt hat. Hieran fehlt es.
35Zudem hat die Beklagte zum Beweis ihrer Behauptung Zeugenvernehmung angeboten. Hierbei handelt es sich um ein im Rahmen des Urkundsverfahren nicht statthaftes Beweismittel (§ 595 II ZPO).
36Zur Beurteilung des Verhaltens des Klägers kann nicht das Telefonat mit dem Aktionär B. am 03.09.2014 herangezogen werden. Dieses Verhalten hat die Beklagte bereits durch eine Abmahnung sanktioniert. Durch die Abmahnung hat sie konkludent den Verzicht auf ihr Kündigungsrecht wegen der ihr bekannten Gründe, die Gegenstand der Abmahnung waren, erklärt (vgl. BAG, Urteil vom 06.03.2003, 2 AZR 128/02, LS 1).
372. Soweit die Beklagte sich zur Begründung der fristlosen Kündigung auf die Inanspruchnahme der Leistungen der Z. AG durch den Kläger beruft, ist dieser Vortrag ebenfalls nicht mit den im Urkundenverfahren statthaften Beweismitteln untermauert.
38Zur Begründung der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB gehört auch die Einhaltung der Kündigungsfrist von 2 Wochen gemäß § 626 II S. 1 und S. 2 BGB. Für die Einhaltung dieser Kündigungsfrist trägt die Beklagte die Behauptungs - und Beweislast. Dazu gehört, dass derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Ihrer Darlegungslast ist die Beklagte nachgekommen, indem sie mitgeteilt hat, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll und wie sie im Anschluss verfahren ist. Sie hat die Ermittlungen und die Dauer der Ermittlungen sowie die Unterrichtung des Vorstandes und die anschließende Anberaumung der Sitzung hinreichend dargelegt. Auch hat sie dargelegt, dass sie alle Schritte mit der notwendigen Beschleunigung betrieben hat.
39Der Kläger hat hierzu behauptet, allen Vorstandsmitgliedern sei zu einem früheren Zeitpunkt bereits bekannt gewesen, dass die unentgeltliche Tätigkeit der Z. AG für den Kläger, die zunächst einvernehmlich erfolgt ist, bis zum September 2014 fortgesetzt wurde. Über die Fortsetzung der unentgeltlichen Tätigkeit seien alle Vorstandsmitglieder der Beklagten durch Gespräche und wegen der wirtschaftlichen Verflechtungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt unterrichtet gewesen. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte im Urkundenverfahren gehindert ist, ihren eigenen Sachvortrag zur Einhaltung der Kündigungsfrist und zur Widerlegung der Behauptung des Klägers, alle Vorstandsmitglieder hätten Kenntnis von der Fortsetzung des unentgeltlichen Tätigkeit der Z. AG für den Kläger gehabt, mit anderen Beweismitteln als Urkunden nachzuweisen, ist ihre Behauptung als im Urkundenverfahren unstatthaft anzusehen, da eben diese späte Kenntniserlangung aufgrund des Bestreitens des Klägers nicht als unstreitig anzusehen ist und Urkunden fehlen.(vgl. OLG München, Urteil vom 21.01.2009, 7 U 4656/08, Rnd.Nr. 31).
403. Soweit die Beklagte sich zur Begründung ihrer fristlosen Kündigung auf die Beschaffung des Prüfungsberichtes durch den Kläger und die Offenlegung des Prüfungsberichtes gegenüber Dritten beruft, ist auch dieser Vortrag der Beklagten nicht mit den im Rahmen des Urkundenverfahrens statthaften Beweismitteln gelungen.
41Der Kläger ist der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Kenntniserlangung nachgekommen, indem er in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, er habe den Untersuchungsbericht per Mail von Herrn T. erhalten. Demgegenüber hat die Beklagte nicht mit den im Urkundenverfahren statthaften Beweismitteln nachgewiesen, dass entgegen der Darstellung des Klägers eine durch den Kläger veranlasste oder getätigte widerrechtliche Beschaffung vorliegt. Allein die Entgegennahme eines ihm zugeleiteten Berichtes kann nicht mit Erfolg als vorwerfbares Verhalten zur Begründung einer fristlosen Kündigung herangezogen werden. Ein gesteigerter Umwertgehalt liegt in einem solchen Verhalten nicht.
42Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass der Kläger gegenüber einem Geschäftspartner und seinem Bruder Passagen aus diesem Berichtsentwurf offengelegt hat. Unstreitig ist ferner, dass dieser Umstand erst am 18.11.2014 - bzw. im Februar 2015 - bekannt wurde.
43Allein diese Offenlegung rechtfertigt jedoch keine außerordentliche fristlose Kündigung.
44Bei der erforderlichen Abwägung der Interessen beider Parteien ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er Teile des Berichtes nicht einer Vielzahl von Leuten zugänglich gemacht hat, sondern sie lediglich einem Geschäftspartner und seinem - insoweit auch betroffenen - Bruder zur Kenntnis gebracht hat. Auch ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Offenlegende - der Kläger - derjenige war, gegen den die Ermittlungen liefen. Dies ist vom Unwertgehalt anders zu beurteilen, als hätten die Ermittlungen ein anderes Vorstandsmitglied betroffen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte Ermittlungen gegen den Kläger hinter dessen Rücken ohne dessen Kenntnis aufgenommen und ihn nach deren Abschluss von dem Ergebnis nicht unterrichtet hat. Insofern ist auch das Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht einwandfrei, was wiederum das Verhalten des Klägers in einem milderen Licht erscheinen lässt.
45Schließlich ist zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Vertragsverhältnis mit dem Kläger aufgrund des befristeten Dienstvertrages nur noch weniger als ein Jahr bestand, er aber andererseits als Gründungsgesellschafter, ständiger leitender Mitarbeiter und Aktionär der Beklagten einen Verdienst an der Beklagten erworben hat.
46III.
47Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung bzw. Hilfsaufrechnung erloschen. Im Urkundenprozess ist die Aufrechnung des Beklagten gegen eine urkundlich bewiesene Forderung eine Einwendung im Sinne des § 598 ZPO, die mit den im Urkundenprozess zulässigen Mitteln bewiesen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1971, AZ VII ZA 27/17 LS).
48Mit den zulässigen Beweismitteln ist zunächst nicht dargetan, dass der Beklagten ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Kläger zusteht. Die Tätigkeit der Z. AG für den Kläger erfolgte zunächst im Rahmen einer Absprache der Parteien kostenlos. Die Beklagte hat weder dargetan noch bewiesen, dass diese Abrede zeitlich befristet oder auf einen bestimmten Umfang beschränkt war. Sie hat auch nicht dargelegt, dass es zu einer Kündigung dieser kostenlosen Serviceleistung im Rahmen einer Erprobung gekommen ist. Infolge dessen ist bereits das Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers fraglich.
49Auch hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt, dass es zu einem Schaden auf Seiten der Z. AG gekommen ist und in welchem Umfange dieser entstanden ist. Hierzu ist nicht ausreichend, die Vergütung der Dienstleisterin Frau C. zu errechnen und diese in das Verhältnis zu der behaupteten oder der von dem Kläger zugestandenen Stundenanzahl zu setzen. Vielmehr wäre hier von Seiten der Beklagten eine Darlegung notwendig, welches Entgelt für die Dienstleistungen zwischen den Parteien vereinbart oder welches Entgelt angemessen und üblich ist.
50Zu berücksichtigen ist überdies, dass die Leistungen der Z. AG nicht alleine für den Kläger, sondern auch für Gesellschaften erfolgten, an denen der Bruder des Klägers beteiligt ist. Weder die Beklagte nach der Kläger haben bei dieser Abrechnung differenziert, welche Stunden alleine für den Kläger angefallen sind. Von daher ist es der Beklagten auch verwehrt, die von dem Kläger zugestandenen Stunden alleine diesem zuzurechnen.
51Schließlich fehlt es an einer Urkunde, die die Höhe des Anspruches der Beklagten im Rahmen des Urkundenprozesses belegen würde. Zudem kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, er habe sich einer Vergütung der für ihn erbrachten Leistungen widersetzt. Vielmehr ist unstreitig, dass er eine Vergütung nach Rechnungslegung angeboten hatte. Eine Rechnung ist jedoch nicht erteilt worden. Ohne eine solche Rechnungserteilung ist der Kläger zu einer Zahlung nicht verpflichtet, da er weder den Umfang der Zahlungspflicht kennt noch diese überprüfen kann.
52Der Umstand, dass die Beklagte nicht in der Lage ist, ihren Gegenanspruch mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln zu beweisen, hat Einfluss sowohl auf die Aufrechnungserklärung bezüglich der Gehaltsforderung des Klägers bis zum 26.11.2014 also auch der Hilfsaufrechnung bezüglich des darüber hinaus gehenden Entgeltanteiles.
53Der Zinsanspruch des Klägers rechtfertigt sich aus §§ 288, 286 BGB.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 708 Nr. 4, 711 ZPO.
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