Urteil vom Landgericht Landau in der Pfalz (1. Zivilkammer) - 1 S 62/05
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Landau in der Pfalz vom 27.04.2005, Az. 3 C 1734/04, wird kostenfällig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um den Ersatz von Rechtsanwaltskosten. Diese sind der Klägerin dadurch entstanden, dass sie ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragte, Ansprüche des Beklagten, die dieser seinerseits mit Anwaltsschreiben vom 06.12.2000 in Höhe von 201.800,-- DM unter Fristsetzung mit Klageandrohung gegen sie geltend gemacht hatte, zurückzuweisen. Korrespondenz wurde in dieser Sache bis in das Jahr 2002 zwischen den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Parteien geführt. Eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche, der sich der Beklagte gegenüber der Klägerin berühmte und weiterhin berühmt, ist bis heute nicht erfolgt und auch für die Zukunft nicht vorgesehen. Auch der Beklagte sieht seine vermeintlichen Ansprüche als undurchsetzbar an. Mit der am 24.09.2004 anhängig gewordenen Klage verfolgt die Klägerin den vom Beklagten mit Schreiben vom 19.07.2004 endgültig zurückgewiesenen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten weiter.
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Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, der Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe bestehe aufgrund einer Pflichtverletzung aus einer durch die unberechtigte Geltendmachung eines verhältnismäßig hohen Zahlungsanspruches durch Anwaltsschreiben mit Fristsetzung und Klageandrohung entstandenen außervertraglichen, aber vertragsähnlichen Schuldverhältnisses.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte im Wesentlichen mit dem Argument, zwischen den Parteien bestehe gerade kein Schuldverhältnis bzw. habe die Klägerin dies vehement bestritten. Aus diesem Grunde könnten auch keine vertraglichen Nebenpflichten oder vorvertraglichen Pflichten verletzt sein. Weiterhin sei ein Verschulden des Beklagten nicht zu erkennen und im Übrigen die Forderung auch verjährt.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Amtsgerichts Landau in der Pfalz vom 27.04.2005, Az. 3 C 1734/04, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
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Zu Recht hat das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung der der Klägerin entstandenen Anwaltskosten in der geltend gemachten Höhe verurteilt. Grundsätzlich ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass unter gewissen Voraussetzungen die Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Abwehr von unberechtigt erhobenen Forderungen einen schuldrechtlichen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo oder positiver Forderungsverletzung auslösen können, für den nach heutiger Gesetzeslage § 280 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage einschlägig wäre (da es sich um einen Sachverhalt aus dem Jahre 2000 handelt, ist gemäß Art. 229 § 5 EGBGB die Gesetzeslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 anwendbar). Dies gilt insbesondere gerade dann, wenn, wie hier, der unberechtigte Anspruch seinerseits mit Rechtsanwaltsschreiben (vom 06.12.2000) und unter relativ kurzer Fristsetzung mit Klageandrohung gegenüber dem Geschädigten geltend gemacht wird (so bereits OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.05.1969, Az. 9 U 134/68, Anwaltsblatt 1969, Seite 446; vgl. auch Heinrichs in: Palandt, BGB, 64. Auflage 2005, § 280 Rd-Nr. 32 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Davon, dass diese vom Kläger geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 201.800,-- DM unberechtigt sind, hat die Kammer auszugehen, nachdem der Beklagte selbst sie nicht weiterverfolgt und auch nicht zu verfolgen beabsichtigt, sie von der Klägerin weiterhin bestritten werden und der Beklagte auch im vorliegenden Rechtsstreit keinerlei Nachweis für ihr Bestehen erbracht hat.
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Der Einwand des Beklagten, ein Schuldverhältnis zwischen ihm und der Klägerin, auf das sich eine den Schadensersatzanspruch auslösende Pflichtverletzung seinerseits beziehen könne, bestehe nicht, ändert hieran nichts. Die Argumentation des Beklagten, die Klägerin leugne gerade das Bestehen eines entsprechenden Schuldverhältnisses, ist bereits nicht schlüssig, da zutreffenderweise weder die Klägerin selbst noch das Erstgericht in seiner angefochtenen Entscheidung den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf eine Verletzung des Schuldverhältnisses, dessen sich der Beklagte als zwischen ihm und der Klägerin bestehend berühmt, gestützt hat, sondern vielmehr auf eine Beziehung, die zwischen den Parteien dadurch entstanden ist, dass der Beklagte unberechtigterweise Ansprüche gegen die Klägerin erhoben hat. Dabei handelt es sich indes um eine, auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in anderem Zusammenhang anerkannte, quasi deliktische Sonderverbindung zwischen den Parteien, die an die Stelle eines vertraglichen Schuldverhältnisses treten und einen entsprechenden Schadensersatzanspruch ähnlich dem aus culpa in contrahendo oder positiver Forderungsverletzung bzw. inzwischen wohl auch gemäß § 280 Abs. 1 BGB n.F. auslösen kann (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.1996, Az. VI ZR 256/95, zitiert nach JURIS). Von einer solchen Sonderverbindung als Voraussetzung für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch ist auch schon deshalb auszugehen, weil für die Kammer kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist, weshalb bei Bestehen der oben genannten und hier vorliegenden Voraussetzungen (unberechtigte anwaltliche Geltendmachung eines Zahlungsanspruches in erheblicher Höhe unter Fristsetzung mit Klageandrohung) im Verhältnis zwischen Parteien eines wie auch immer gearteten Vertragsverhältnisses zueinander, eine solche Geltendmachung von unberechtigten Ansprüchen als vertragliche Nebenpflichtverletzung gewertet werden können soll (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30.04.1986, Az. VIII ZR 112/85, zitiert nach JURIS), im Verhältnis zwischen Parteien, die keinerlei vertragliche Beziehung miteinander gehabt haben, jedoch nicht. Vielmehr muss in einem solchen Fall die Geltendmachung eines schuldrechtlichen Schadensersatzanspruches erst recht möglich sein, nachdem im ersteren Fall die mit unberechtigten Ansprüchen konfrontierte Partei durch die Aufnahme der vertraglichen Beziehungen mit der Gegenpartei zumindest freiwillig und willentlich mit dieser in eine schuldrechtliche Beziehung eingetreten ist, im letzteren Fall, wie hier die Klägerin, jedoch gerade nicht.
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Dies gilt, wie dies bereits durch das Erstgericht zutreffend festgestellt worden ist, insbesondere dann, wenn auch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO und hier insbesondere für das Bestehen des erforderlichen Feststellungsinteresses vorliegen, die sich ebenfalls aus den o.g. Umständen ergeben (vgl. auch LG Zweibrücken, Urteil vom 10.02.1998, Az. 3 S 178/97, zitiert nach JURIS).
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Das Verschulden des Beklagten ist durch die Pflichtverletzung indiziert. Der Beklagte muss sich hier ein eventuelles Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Es hätte ihm oder aber seinem Prozessbevollmächtigten oblegen, vor Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Klägerin deren Berechtigung und Durchsetzbarkeit zu überprüfen. Es liegt auch auf der Hand, dass die schuldhafte Pflichtverletzung adäquat kausal für den Schaden aufseiten der Klägerin gewesen ist. Unter den gegebenen Voraussetzungen, insbesondere der Höhe der geltend gemachten Forderung und der Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Beklagten war es für sie, wie auch das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, ohne weiteres angezeigt, selbst anwaltlichen Rat zu suchen.
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Im Übrigen wäre es dem Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, der Klägerin das Nichtbestehen eines Schuldverhältnisses anspruchshindernd entgegenzuhalten, nachdem er selbst sich mit dem die hier streitgegenständliche Forderung erst adäquat kausal bedingenden Anwaltsschreiben des Bestehens eines solchen gerade berühmt hat.
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Zu Recht hat das Erstgericht auch den - mit der Berufungsbegründung nochmals erhobenen - Verjährungseinwand nicht durchgreifen lassen. Da es sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch um einen (quasi-)vertraglichen Schadensersatzanspruch handelt, betrug die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. zunächst 30 Jahre, gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB i.V.m. § 199 Abs. 3 BGB n.F. würde der geltend gemachte Anspruch immer noch erst mit Ablauf des Jahres 2012 verjähren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO lässt die Kammer die Revision zu. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage - das Bestehen einer quasi deliktischen Sonderverbindung im Falle einer unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen zwischen Parteien, zwischen denen zuvor keinerlei vertragliche Beziehungen bestanden hatten - soweit für die Kammer ersichtlich bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.
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