Urteil vom Landgericht Landau in der Pfalz (1. Zivilkammer) - 1 S 87/05

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Germersheim vom 19.05.2005, Az.: 2 C 743/04 wird kostenfällig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

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Die zulässige Berufung, mit der die Beklagten ihren bereits in erster Instanz erhobenen Klageabweisungsantrag weiter verfolgen, ist nicht begründet.

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Das erstinstanzliche Urteil ist nicht zu beanstanden.

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Insbesondere hat die Berufung keinen Erfolg mit der Rüge der Verletzung von § 286 ZPO. Eine Beweiserhebung über die Behauptung der Beklagten, ein konkreter Tarif sei nicht vereinbart gewesen, die Tarifgruppe sei erst bei Rechnungsstellung eingetragen worden, war nicht erforderlich. Es hätte sich dabei um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt. Die Beklagte trägt keinerlei nachvollziehbare Tatsachen vor, die ihre diesbezügliche Behauptung stützen würden. Sowohl die Daten betreffend den eigentlichen Vertrag als auch die auf dem gleichen Formular erstellte Rechnung weisen handschriftliche Eintragungen auf. Es ist aus den dem Gericht zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Tarifgruppe in einer anderen Handschrift oder mit einem anderen Schreibwerkzeug geschrieben worden wäre als der ursprüngliche Vertrag. Im Übrigen ist in dieser Hinsicht auch keinerlei substantiierter Vortrag erfolgt. Ebensowenig ist seitens der Beklagten irgendein nachvollziehbarer substantiierter Vortrag dahingehend erfolgt, aus welchen Gründen die Liste mit den Unfallersatztarifen, die vom Kläger als Anhang zu dem streitgegenständlichen Mietwagenvertrag vorgelegt worden ist, nicht die Liste sein soll, von der der Kläger dargelegt hat, sie sei Vertragsgrundlage geworden. Eine Beweiserhebung zum Vortrag der Beklagten, es habe ein im Verhältnis zum vereinbarten Unfallersatztarif günstigerer Normaltarif zur Verfügung gestanden, war schon deshalb nicht notwendig, da diese Tatsache vom Kläger nie bestritten worden ist.

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Ebensowenig kann sich die Beklagte mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe im Licht der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Problematik der Unfallersatztarife gegen seine danach bestehende Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB verstoßen. Zwar ist es richtig, dass auf Grund dieser neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung - erstmals durch Urteil des BGH vom 12. Oktober 2004 (AZ: VI ZR 151/03, zitiert nach Juris) - eine maßgebliche Änderung zur zuvor gefestigten und ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vergl. etwa BGH, Urteil vom 07. Mai 1996, AZ: VI ZR 138/95, zitiert nach Juris) in Bezug auf die Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB bei der Inanspruchnahme von Mietwagen zu Unfallersatztarifen eingetreten ist. Diese ist für den vorliegenden Fall jedoch nicht entscheidungserheblich. Der Verkehrsunfall und die Schadensabwicklung, die hier streitgegenständlich sind, datieren aus dem Jahre 2003. Eine Anwendung der Grundsätze der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall verbietet sich hier. Ein Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB, die naturgemäß ein subjektives Verschuldenselement beinhaltet, liegt nicht vor. Der Kläger durfte im Jahre 2003 noch davon ausgehen, dass die frühere ständige und gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu der hier streitgegenständlichen Problematik Geltung haben würde, wonach die Inanspruchnahme eines Mietwagens zum Unfallersatztarif regelmäßig keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB dargestellt hat (vergl. das bereits zitierte Urteil des BGH vom 07. Mai 1996). Hierauf stellt im Übrigen auch der Bundesgerichtshof in einer seiner neuesten Entscheidungen zu diesem Themenkomplex ab. Danach ist einem Geschädigten ein Verstoß bei Inanspruchnahme eines Mietwagens zum Unfallersatztarif gerade deshalb vorwerfbar gewesen, weil er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifs hätte haben müssen, die sich unter Anderem aus der "kontroversen Diskussion und der neueren Rechtsprechung zu diesen Tarifen" hätte ergeben können (BGH, Urteil vom 19. April 2005, AZ: VI ZR 37/04). Eine entsprechende Diskussion und insbesondere eine publizierte neueste höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesen Fragen haben im Jahre 2003, zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls und der Abwicklung, jedoch überhaupt nicht vorgelegen.

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Schließlich hat die Berufung der Beklagten auch keinen Erfolg mit der Rüge des Verstoßes gegen § 139 ZPO wegen des nicht erfolgten Hinweises auf die Änderung der Rechtsauffassung des Erstgerichts im Verhältnis zu dessen Hinweisbeschluss vom 09.12.2004. Zwar ist es zutreffend, dass § 139 ZPO grundsätzlich bei Änderung einer zuvor geäußerten Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts einen neuerlichen Hinweis notwendig macht. Das erstinstanzliche Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Verfahrensfehler. Die Beklagte hat weder schlüssig vorgetragen, welche Konsequenzen sie aus einem entsprechenden Hinweis, wenn er denn erfolgt wäre, gezogen hätte, geschweige denn, dass eine etwaige Reaktion auf einen solchen Hinweis am Ausgang des Rechtsstreits etwas geändert hätte.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

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