Beschluss vom Landgericht Landau in der Pfalz (1. Große Strafkammer) - BRs 11/04, BRs 11/04 (7047 VRs 787/04)

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung einer Krisenintervention gem. § 67 h Abs. 1 StGB wird zurückgewiesen.

Gründe

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Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat im Rahmen des Sicherungsverfahrens durch Urteil vom 12.02.2004 gegen T.A. die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und zugleich die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt.

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Der Verurteilte konsumiert Drogen (Cannabis) und verstößt damit gegen die ihm insoweit erteilte Abstinenzweisung. Der Drogenkonsum bewirkte eine Zustandsverschlechterung, die u. a. der Aufnahme einer Tätigkeit in den Wichern-Werkstätten entgegensteht. Wegen Verschlechterung des Zustands des Verurteilten hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung einer Krisenintervention gem. § 67 h Abs. 1 StGB beantragt, um den ansonsten drohenden Widerruf der Bewährungsaussetzung gem. § 67 g StGB i.V.m. § 68 b Nr. 10 StGB zu vermeiden.

3

Der Antrag der Staatsanwaltschaft ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für eine Kriseninterventionsmaßnahme gem. § 67 h Abs. 1 StGB, dergestalt, dass während der Dauer der Führungsaufsicht das Gericht die ausgesetzte Unterbringung nach § 63 StGB für eine Dauer von höchstens 3 Monaten wieder in Vollzug setzt, wenn eine akute Verschlechterung des Zustands der aus der Unterbringung entlassenen Person oder ein Rückfall in ihr Suchtverhalten eingetreten ist und die Maßnahme erforderlich ist, um einen Widerruf gem. § 67 g StGB zu vermeiden, liegen hier nicht vor. Nach der eindeutigen gesetzlichen Formulierung ("wieder in Vollzug setzen, Verschlechterung des Zustands der aus der Unterbringung entlassenen Person") ist der Vollzug der Unterbringung und seine anschließende Bewährungsaussetzung Voraussetzung für eine dann eventuell in Betracht kommende Krisenintervention. Dies zeigt auch der Verweis auf die Vorschrift des § 67 g Abs. 4 StGB in § 67 h Abs. 2 S. 3 StGB, wonach die Dauer der Unterbringung vor und nach dem Widerruf insgesamt die gesetzliche Höchstfrist der Maßregel nicht übersteigen darf. Zuständig für die Anordnung der Krisenintervention ist überdies allein die Strafvollstreckungskammer, nicht jedoch das erkennende Gericht. Der Hinweis der Staatsanwaltschaft auf die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Marburg vom 01.06.2007 (7 StVK 230/07) vermag ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Der genannten Entscheidung liegt ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Die dortige Strafvollstreckungskammer hat in einem Verfahren, in dem sowohl die Unterbringung in eine Entziehungsanstalt nach § 64 StGB als auch in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB angeordnet war, wobei letztere nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt war, nach Vollzug der Maßregel gem. § 64 StGB und Erledigterklärung wegen Erreichens der Unterbringungshöchstfrist, die Krisenintervention angeordnet, um einen Widerruf der zur Bewährung ausgesetzten Maßregel gem. § 63 StGB zu vermeiden. Ob die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer Marburg der Gesetzeslage entspricht, was bezweifelt werden muss, mag dahinstehen. Keinesfalls kommt danach eine analoge Anwendung des § 67 h StGB im vorliegenden Fall in Betracht, in dem eine originäre Aussetzung der Maßregel durch Urteil erfolgte und die Krisenintervention zur Vermeidung eines Widerrufs durch das erkennende Gericht anzuordnen wäre. Wegen des erheblichen Eingriffs dieser Maßnahme ist eine analoge Anwendung der Vorschrift zu verneinen. Es besteht insoweit eine Gesetzeslücke, die nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann. Diese Auffassung der Kammer entspricht im Übrigen auch dem Ergebnis der Bund-Länder-Besprechung vom 16.01.2008 zu Problemen des Rechts der Führungsaufsicht nach der zum 18.04.2007 in Kraft getretenen Reform. Zur analogen Anwendung des § 67 h StGB bei originärer Aussetzung der Maßregel wurde das Ergebnis der Erörterungen wie folgt mitgeteilt: "Der Wortlaut des § 67 h StGB sieht lediglich die Krisenintervention nach zum Teil vollzogener Unterbringung vor. Der Vertreter des BMJ betonte, dass man dort im Hinblick auf Art. 104 Grundgesetz große Bedenken gegen eine Analogie habe. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass das Instrument der Krisenintervention an eine im Rahmen des Maßregelvollzugs bewirkte Besserung des Zustands anknüpfe.", vgl. Schreiben des Ministeriums der Justiz vom 25.02.2008, Az. 4000/1-4-168.

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