Urteil vom Landgericht Mainz (2. Kammer für Handelssachen) - 12 HK.O 112/02, 12 HKO 112/02
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 9/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/10 zu tragen.
Die Kosten der Streitverkündeten hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung der Beklagten in Höhe von 6.000,-- €.
Die Beklagten können die Vollstreckung wegen des von ihnen zu tragenden Teils der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,-- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
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Die Insolvenzschuldnerin, Firma P... Beschichtungstechnik GmbH wurde 1993 gegründet. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin waren Monika und Silke N. sowie der verstorbene Bernhard N. Die Beklagte zu 2), Monika N., war Alleingeschäftsführerin. Im vorliegenden Rechtsstreit streiten sich die Parteien um
- 2
a) die Verpflichtung zur Zahlung des restlichen Stammkapitals entsprechend der Beteiligungsverhältnisse; insoweit haben sich die Parteien durch Teilvergleich vom 20.3.2003 (Bl. 70 bis 72 GA) dahingehend geeinigt, dass die drei Beklagten sich als Gesamtschuldner verpflichtet haben, an den Kläger 3.600,-- € zu zahlen (Stammeinlagenzahlungen -Streitgegenstand I).
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b) von dem Kläger angefochtene Zahlungen/Rechtshandlungen in der Zeit 17.9.2001 bis 1.12.2001 hinsichtlich 16.156,19 €.
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c) restliche Werklohnforderung über 48.521,40 €.
- 5
Der Kläger trägt vor:
- 6
Die Beklagten hätten in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag vom 5.12.2001, nämlich in den Monaten September bis Dezember 2001, noch die folgenden Auszahlungen von dem Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin veranlasst (Anlagen K 7 bis K 15):
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17.09.2001
1.712,72 DM
17.09.2001
1.783,55 DM
01.10.2201
3.500,00 DM
04.10.2001
6.960,00 DM
25.10.2001
3.682,50 DM
31.10.2001
3.500,00 DM
05.11.2201
6.960,00 DM
01.12.2001
2.500,00 DM
Summe:
31.598,77 DM
(= 16.156,19 €).
- 8
Der Kläger hat diese Auszahlungen/Auskehrungen als anfechtbare Rechtshandlungen angefochten und trägt hierzu vor, die Insolvenzschuldnerin sei spätestens seit September 2001 zahlungsunfähig gewesen, sodass die entsprechenden Zahlungen anfechtbar und an ihn, den Kläger als Insolvenzverwalter, zurückzuzahlen sind, zumal den Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen bekannt gewesen sei.
- 9
Der Kläger macht überdies eine Werklohnforderung in Höhe von 48.521,40 € (94.899,60 DM) auf der Grundlage der Rechnung der Insolvenzschuldnerin, gerichtet an die Familie N., vom 12.10.2001 (Anlage K 20) geltend und trägt hierzu vor:
- 10
Auch die dieser Rechnung zugrunde liegende Vereinbarung vom 18.12.1998 (Anlage K 19), worin die Familie N. einen Kontokorrentkredit der Insolvenzschuldnerin bei der Spar- und Kreditbank in Höhe von 100.000,-- DM mit einer persönlichen Bürgschaft abgesichert hat und worin bis zur Höhe der Bürgschaftssumme die Rechnungen nicht fällig werden sollten und als Absicherung der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Familie N. gelten sollten (K 19), wird vom Kläger angefochten. Diese Sicherheitsbestellung auf der Grundlage der Vereinbarung vom 18.12.1998 sei gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 und gemäß § 135 InsO anfechtbar. Infolgedessen stünde den Beklagten gegenüber der Werklohnforderung kein Einbehaltsrecht wegen angeblich mangelnder Fälligkeit zu.
- 11
Der Kläger beantragt,
- 12
1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 67.621,04 € nebst Zinsen von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
- 13
- aus 2.943,45 € seit dem 22.2.2002 und
- 14
- aus 64.677,59 seit dem 15.9.2002,
- 15
hiervon
- 16
a) in Höhe von 1.278,23 nebst Zinsen seit dem 22.2.2002 und in Höhe von 48.521,40 € nebst Zinsen seit dem 15.9.2002 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 2) und
- 17
b) in Höhe weiterer 1.665,22 € nebst Zinsen seit dem 22.2.2002 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 3)
- 18
zu zahlen.
- 19
2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 50.495,20 € nebst Zinsen von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
- 20
- aus 1.973,80 € seit dem 22.2.2002 und
- 21
- aus 48.521,40 seit dem 15.9.2002,
- 22
hiervon
- 23
in Höhe von 1.278,23 nebst Zinsen seit dem 22.2.2002 und in Höhe von 48.521,40 € nebst Zinsen seit dem 15.9.2002 gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1)
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zu zahlen.
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3. die Beklagte zu 3) gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 1.665,22 € nebst Zinsen von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.2.2002 zu zahlen,
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abzüglich der in dem Teilvergleich vom 20.3.2003 vereinbarten Beträge zur Stammeinlagezahlung (Bl. 178 GA).
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Streitverkündungsempfängerin beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 16.156,19 € nebst Zinsen zu zahlen (Bl. 183 GA).
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Die Beklagten tragen vor:
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Die veranlassten Zahlungen/Auskehrungen in Höhe von 16.156,19 € seien nicht anfechtbar, da die Insolvenzschuldnerin erst ein/zwei Tage vor dem 5.12.2001, nicht aber vorher, zahlungsunfähig gewesen sei. Der Werklohnforderung von 48.521,40 € stünde der nach wie vor geltende Einwand mangelnder Fälligkeit auf der Grundlage der wirksamen und nicht anfechtbaren Vereinbarung vom 18.12.1998 entgegen. Die Vereinbarung vom 18.12.1998 sei weder gemäß § 131, noch gemäß § 135 InsO anfechtbar, da die Vereinbarung weit vor insolvenzrechtlichen Anfechtungsfristen getroffen wurde und 1998 die Situation der Eigenkapital ersetzenden Kreditgewährung/Sicherheitsgewährung noch nicht vorgelegen habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
- 34
Das Gericht hat Beweis erhoben auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 18.7.2003. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 12.2.2004 (Bl. 177 bis 184 GA) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist als unbegründet abzuweisen, ungeachtet des in dem Teilvergleich vom 20.3.2003 (Bl. 70 bis 73 GA) zwischen den Parteien getroffenen Vergleichs bezüglich der Stammeinlagezahlungsverpflichtungen.
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Im Einzelnen lässt sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten:
I.
- 37
Die Zahlungen in Höhe von 16.156,19 €:
- 38
Der Kläger hat die genannten Zahlungen, die vom 17.9. bis 1.12.2001 erfolgt sind, gemäß § 131 Abs. 1 Ziff. 2 InsO mit der Begründung angefochten, zum Zeitpunkt der erfolgten Zahlungen sei die Insolvenzschuldnerin bereits zahlungsunfähig gewesen, sodass die angefochtenen Rechtshandlungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag (5.12.2001) erfolgt seien. Die Beweisaufnahme hat indessen ergeben, dass die Insolvenzschuldnerin, P... Beschichtungstechnik GmbH, in der hier in Rede stehenden Zeitspanne 17.9.2001 bis 1.12.2001 noch nicht zahlungsunfähig im Sinne von § 17 InsO war. Gemäß § 17 Abs. 2 InsO ist ein Insolvenzschuldner dann zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Diese Situation war bei der Insolvenzschuldnerin nach dem Ergebnis der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme erst nach dem 1.12.2001 eingetreten, nicht aber in der Zeitspanne September bis November 2001. Denn hierzu hat der bei der Streitverkündeten, M.'er Volksbank als Teilmarktleiter beschäftigte Zeuge Willi L. bekundet, dass die ursprünglich der Insolvenzschuldnerin eingeräumte Kreditlinie von 100.000,-- DM zum 15.11.2001 erheblich überschritten war und dass das Saldo sich auf 180.000,--/190.000,-- DM (ca.) belaufen habe. Er, der Zeuge L., habe aber für die M.'er Volksbank erklärt, dass er bis zur Umsetzung neuer Investitionspläne und Verkaufspläne der Familie N. bezüglich eines in Bischofsheim/Heuberger Hof stehenden Objektes damit einverstanden war, dass die vertraglich vereinbarte Kreditlinie von 100.000,-- DM weiterhin in dem Umfang überzogen sein könne, wie Mitte November 2001 festgestellt (Bl. 178, 179). So hat der Zeuge ausdrücklich bekundet, mit Herrn Bernhard N. damals vereinbart zu haben, in der Höhe, wie die Firma P... die Kreditlinie damals, Mitte November 2001, beansprucht habe, könne er, Bernhard N., weiterarbeiten. Auch bestünde, so der Zeuge L., im Rahmen der eben geschilderten tolerierten erhöhten Kreditlinie eine uneingeschränkte Verfügungsmacht des Bernhard N. über sein Geschäftskonto. Diese Verfügungsmacht habe bis zum Eingang des Insolvenzantrages vom 5.12.2001 uneingeschränkt in Höhe der tatsächlichen in Anspruch genommenen Kreditlinie bestanden (Bl. 179 GA). Der Zeuge Burkhard F. (Bl. 181 bis 182 GA) hat bekundet, dass nach seiner Information die Löhne und Gehälter der P... Beschichtungstechnik GmbH und die fälligen Betriebssteuern bis Oktober 2001 sicher gezahlt worden seien und dass die Löhne und Gehälter bis 31.12.2001 abgerechnet worden seien; was im November 2001 und Anfang Dezember 2001 bezüglich Löhne, Gehälter und fälliger Betriebssteuern im Einzelnen erfolgt sei, entziehe sich der sicheren Kenntnis des Zeugen F.
- 39
Bei diesem Beweisergebnis muss davon ausgegangen werden, dass eine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO im Zeitraum 17.9.2001 bis 1.10.2001 noch nicht bestand bzw. nicht gesichert feststellbar ist.
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Daher sind die Zahlungen, welche von der Insolvenzschuldnerin vom 17.9.2001 bis 1.12.2001 veranlasst worden sind (in Höhe von 16.156,19 €) nicht anfechtbar im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
II.
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Werklohnforderung über 48.521,40 €:
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Der Werklohnforderung der Insolvenzschuldnerin, nunmehr von dem Kläger als Insolvenzverwalter geltend gemacht, steht die zurzeit noch begründete Einrede der fehlenden Fälligkeit auf der Grundlage der wirksamen und nicht anfechtbaren Vereinbarung vom 18.12.1998 (K 19) entgegen.
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Die Insolvenzschuldnerin einerseits und die Beklagten Monika und Bernhard N. andererseits haben am 18.12.1998 die folgende Vereinbarung getroffen:
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„Grund der Vereinbarung:
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1. Die Fam. N. sichert den Kontokorrentkredit bei der Spar- und Kreditbank, M.-K., Konto-Nr. ... bis zu einer Höhe von 100.000,-- DM (Einhunderttausend) mit einer persönlichen Bürgschaft ab.
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2. Das landwirtschaftliche Anwesen in B. wird von Mitarbeitern teilweise in Stand gesetzt. Dies geschieht in den Zeiten, in denen die Beschäftigungslage der P...-Beschichtungstechnik GmbH es zulässt.
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3. Die Rechnungsstellung erfolgt jeweils zum Ende des Kalenderjahres.
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4. Bis zur Höhe der Bürgschaftssumme werden die Rechnungen nicht fällig und dienen als Absicherung der P... gegenüber der Fam. N.
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5. Ggf. Darlehen an die Fam. N. werden ebenfalls mit aufgerechnet.
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6. Wird die Bürgschaft zurückgegeben, werden die aufgelaufenen Rechnungen zur Zahlung fällig.
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M., den 18.12.1998
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für die P...-Beschichtungstechnik GmbH für die Fam. N.“
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Dieser Vereinbarung lag - unstreitig - eine Darlehensgewährung der damaligen Spar- und Kreditbank M. in Höhe von 100.000,-- DM zugunsten der Familie N. zugrunde (Kontokorrentkonto ...) und die unstreitige Tatsache, dass die Beklagten Monika und Bernhard N. gegenüber der Darlehen auszahlenden Bank eine persönliche Bürgschaft abgegeben haben. Die Kammer bewertet die in der Vereinbarung vom 18.12.1998 zu Ziff. 1 und 4 getroffene Regelung „bis zur Höhe der Bürgschaftssumme werden die Rechnungen (aus Werklohn der P... GmbH gegen Familie N.) nicht fällig und dienen als Absicherung der P... gegenüber Familie N.“ als eine Sicherheitsbestellung für die unstreitige Bürgschaftsforderung der kreditierenden Bank gegenüber Familie N. Denn mit dem Fälligkeitsverzicht der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Familie N. sollte die Bonität der Familie N. gegenüber der Bank, welche ein Darlehen ausgezahlt hat, erhöht werden und auf diesem Wege sollte eine bessere Sicherheit für die Bürgschaftsforderung der Bank gegen die Familie N. zur Verfügung gestellt werden. So erklärt sich auch der abschließende Passus auf der Rechnung der Insolvenzschuldnerin vom 12.10.2001 „Zahlung erfolgt mit Ablösung der Bürgschaft für K-Kredit bei MVB“.
- 54
Diese Vereinbarung, welche der Fälligkeit der Werklohnforderung der Insolvenzschuldnerin entgegensteht, ist nach wie vor wirksam und insolvenzrechtlich nicht anfechtbar.
- 55
Eine Anfechtung der Vereinbarung vom 18.12.1998 (K 19) gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind nämlich nur die Handlungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag (5.12.2001) anfechtbar. Die Vereinbarung vom 18.12.1998 liegt aber zeitlich weit außerhalb, nämlich vor den insolvenzrechtlichen Anfechtungsfristen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Es ist in diesem Zusammenhang aber, sofern man der Regelung vom 18.12.1998 eine Bedingung beimessen sollte, nicht auf deren späteren Eintritt abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Vereinbarung selbst, mithin 18.12.1998. Dieser Zeitpunkt liegt vor den insolvenzrechtlichen Anfechtungsfristen.
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Eine Anfechtung der Rechtshandlung gemäß § 135 InsO kommt gleichfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Kapital ersetzenden Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung anfechtbar, wenn diese Sicherheit gewährt hat und wenn die Handlung in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist (§ 135 Nr. 1 InsO). Danach ist anfechtbar eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Kapital ersetzenden Darlehens oder einer gleichgestellten Kapital ersetzenden Forderung anfechtbar, wenn hierdurch Sicherheit gewährt wird. Der Fälligkeitsverzicht vom 18.12.1998 stellt zwar eine zusätzliche Sicherheitsgewährung zugunsten der die Bürgschaftserklärung abgegeben habenden Bank dar. Indessen stellt sich die Bürgschaft, welche die Eheleute Bernhard und Monika N. vor Dezember 1998 abgegeben haben, nicht sicher als Kapital ersetzend dar. Denn nur bei Kapital ersetzenden Darlehen oder diesem gleichgestellten Kapital ersetzenden Rechtsgeschäften, wie Kapital ersetzender Bürgschaft, kommt die insolvenzrechtliche Anfechtung nach § 135 InsO in Betracht. Entscheidende Voraussetzung für die Anfechtbarkeit ist daher die Qualifizierung der Bürgschaft der Familie N. gegenüber der Kredit gewährenden Bank als Eigenkapital ersetzend im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin. Es ist daher darauf abzustellen, ob die P... Beschichtungstechnik GmbH den zur Fortführung erforderlichen Kapitalbedarf auch von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen zum Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Geschäfts erhalten hätte oder nicht (vgl. Hess/Weis, Kommentar zur InsO, 2. Aufl., § 138, Rn. 21 m.w.N.). So ersetzt eine Bürgschaft Eigenkapital der GmbH, wenn der Gesellschafter sie in einem Zeitpunkt übernimmt oder aufrechterhält, indem diese von dritter Seite keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten kann und deshalb ohne die Finanzierungsleistung des Gesellschafters liquidiert werden müsste (vgl. Hess/Weis, a.a.O., Rn. 99). Ob im Dezember 1998, auf diesen Zeitpunkt ist gemäß § 140 InsO abzustellen, bei der Insolvenzschuldnerin eine Krisensituation im Sinne eines gravierenden Finanzengpasses vorlag, welche die entsprechenden Rechtsgeschäfte als Eigenkapital ersetzend zu bewerten hätten, kann nach dem Sachvortrag beider Parteien nicht gesichert angenommen werden. Der Fälligkeitsverzicht hinsichtlich der Werklohnforderung bedingt eine Bonitätsverbesserung für die Familie N., letztlich zugunsten der Kredit gewährenden und die Bürgschaft erklärenden Bank. Dass dies aber seine Grundlage in einem als Krisensituation zu definierenden Finanzengpass der Insolvenzschuldnerin hätte, kann nicht angenommen und auch nicht unterstellt werden. Auch liegt hier nicht die Situation der Abgabe einer unbefristeten Bürgschaft durch einen GmbH-Gesellschafter für die GmbH vor bei gleichzeitiger Grundschuldbestellung ohne Einschränkung (Hess/Weis, § 135 InsO, Rn. 100). Im vorliegenden Fall liegt keine doppelte Sicherheitsgewährung vor, sondern lediglich eine Fälligkeitsverhinderung mit der Folge der Bonitätsverbesserung, was der Kredit gebenden und die Bürgschaft erklärenden Bank letztlich zugute kommen sollte. Eine Indizwirkung für eine finanzielle Krise im Sinne von Eigenkapitalersatz kommt dieser rechtsgeschäftlichen Gestaltung noch nicht zu.
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Eine Anfechtung gemäß § 135 InsO scheidet daher aus.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
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Der Streitwert beträgt 119.781,46 € (= 67.621,04 € + 50.495,20 € + 1.665,22 €).
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