Urteil vom Landgericht Mainz (1. Zivilkammer) - 1 O 57/03
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 9.095,00nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.02 zu zahlen. Wegen der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche für die Herstellung eines Fernsehbeitrags.
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Im Juni 2002 hatte die Klägerin der Redaktion „ZDF-Dokumentationen“ einen Projektvorschlag für eine 45-minütige Reportage über den Busbahnhof „Otogar“ in Ankara unterbreitet und ein Exposé (Bl. 72 ff d.A.) übersandt. Kurz darauf nahm der damalige Leiter des Auslandsjournals der Beklagten, Herr S., Kontakt mit der Klägerin bzw. deren geschäftsführendem Gesellschafter, dem Drittwiderbeklagten, auf und bekundete Interesse an einer Zusammenarbeit, allerdings nicht im Rahmen einer längeren Dokumentation, sondern eines ca. 7-minütigen Beitrags für das Auslandsjournal. Hierzu erklärte sich der Drittwiderbeklagte, der in der Regel längere Dokumentationen, Reportagen und Kinodokumentarfilme dreht, nach einiger Überlegungszeit bereit und forderte ein Honorar – als Lizenzgebühr bei Übertragung der Rechte auf die Beklagte – von netto € 9.000,00, das im Verhandlungswege auf € 8.500,00 zuzüglich Umsatzsteuer reduziert wurde. Nachdem die Beklagte die Vereinbarung per Telefax vom 24.07.02 (Bl. 19 d.A.) bestätigt und der Drittwiderbeklagte, der für Buch und Regie verantwortlich war, sich einzelne Beiträge des Auslandsjournals angesehen hatte, reiste das Produktionsteam der Klägerin in die Türkei und fertigte die Filmaufnahmen.
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Am 17.08.02 lieferte die Klägerin die Videofassung des Films und die Textliste (Bl. 206 ff d.A.) bei der Beklagten ab, am 19.08.02 erhielt er den schriftlichen Vertragstext (Bl. 24 ff d.A.), der nach Streichung eines Passus betreffend die Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen nach Urheberrecht von den Parteien unterzeichnet wurde (Bl. 86 ff d.A.). Im schriftlichen Vertrag ist unter anderem vorgesehen, dass die Vergütung erst fällig ist nach redaktioneller und technischer Endabnahme und Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen des Vertragspartners.
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Mit E-Mail vom 20.08.02 (Bl. 30 d.A.) monierte Herr S., dass das Stück nicht den Kriterien entspreche, die das Auslandsjournal verlange und im Einzelnen aufgeführte Mängel vorhanden seien. In nachfolgenden Gesprächen mit Herrn S. wurde vereinbart, dass die Klägerin durch eine zweite Schnittfassung den Beitrag überarbeitet und vorab eine zweite Textliste übermittelt wird. Nach Übermittlung der zweiten Fassung der Textliste (Bl. 31 ff d.A.) Informierte der Drittwiderbeklagte per E-Mail vom 23.08.02 (Bl. 34 d.A.) Herrn S., dass der Beitrag im Laufe der nächsten Woche fertiggestellt und der Beklagten zugehen werde; die Rechnung über die vereinbarte Lizenzsumme sei versandt, um umgehende Begleichung werde ersucht. Herr S. antwortete mit E-Mail vom selben Tage (Bl. 36 d.A.) und wies darauf hin, dass mögliche Änderungswünsche am Text bis Montagabend gemailt würden. Weiter heißt es: „Ich denke, dass Sie es nun reportagig gemacht haben“. Mit E-Mail vom 27.08.02 (Bl. 37 d.A.) teilte der Drittwiderbeklagte mit, dass die Neufassung des Beitrags fertig sei und, da keine Textkorrekturwünsche eingegangen seien, am Mittwoch die Sprachaufnahmen gefertigt würden. Die zweite Fassung des Beitrags wurde dann am 29.08.02 der Beklagten zugeleitet.
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Mit Datum vom 04.09.02 erstellte die Klägerin ihre Rechnung über die vereinbarte Bruttosumme mit dem Zusatz „zahlbar bis spätestens 10.09.02“ (Bl. 35 d.A.) und leitete sie der Beklagten zu.
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Herr S. reagierte dann mit Schreiben vom 16.09.02 (Bl. 92 d.A.) und erklärte, leider entspreche auch die neue Version nicht den Anforderungen, die man an einen Beitrag für das Auslandsjournal stelle, es gebe keine zusammenhängende Geschichte und keinen roten Faden, die beschriebenen gigantischen Ausmaße des Busbahnhofs würden durch die Bilder nicht vermittelt. Nach weiteren Gesprächen erstellte der Drittwiderbeklagte eine „Kommentarliste“ und eine „Schnittliste“ (Bl. 47 ff d.A.) und übersandte sie zusammen mit dem kompletten Filmmaterial an die Beklagte, die – auf wessen Betreiben, ist streitig – den Versuch unternehmen sollte, aus dem Material selbst den zu sendenden Beitrag zu erstellen. Als Reaktion folgte ein Schreiben des Herrn S., das ebenfalls das Datum 16.09.02 trägt (Bl. 39 d.A.), nach Behauptung der Beklagten aber von Mitte Oktober stammt. Darin wird ausgeführt, dass auch der letzte Textvorschlag und die mitgelieferte Schnittliste sowie das Rohmaterial nicht den Anforderungen genügten und somit eine Endabnahme nicht möglich sei; hinsichtlich der erforderlichen Vertragsauflösung werde die Klägerin ein gesondertes Schreiben erhalten. Die Klägerin wies in einem längeren Schreiben vom 19.10.02 die Vorhalte der Beklagten zurück und machte u.a. geltend, die Beklagte habe es mit allen möglichen Tricks geschafft, dass die Klägerin insgesamt € 14.000,00 habe vorschießen müssen; für die Zahlung des vereinbarten Betrages werde Frist gesetzt bis 25.10.02. Der Justitiar der Beklagten antwortete mit Schreiben vom 07.11.02 (Bl. 44 ff d.A.) und machte geltend, weder habe eine Abnahme stattgefunden noch sei eine solche möglich, weil der Beitrag mangelhaft sei und die Mängel auch durch Versuch der Selbstvornahme nicht hätten behoben werden können; die Beklagte habe daher zu Recht mit Schreiben von Mitte Oktober 2002 den Vertragsrücktritt erklärt.
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Die Klägerin trägt vor, ihr sei durch Einsatz des Drittwiderbeklagten als international anerkannter und renommierter Filmemacher mit ihrem Beitrag für das Auslandsjournal der Beklagten eine ausgezeichnete Darstellung des Busbahnhofs Otogar in Ankara gelungen. Sie habe ein außergewöhnlich detailliertes und hervorragend komponiertes, insbesondere qualitativ nicht zu beanstandendes Werk abgeliefert. Dies gelte für alle drei Schnittfassungen entsprechend den zu den Akten gereichten Videokopien. Bei den Auftragsverhandlungen habe Herr S. den Drittwiderbeklagten gedrängt, er als erfahrener Dokumentarfilmer solle ausnahmsweise mal einen 7-minütigen Beitrag über den Busbahnhof realisieren, um etwas frischen Wind in das Auslandsjournal zu bringen. Sonstige Vorgaben seien nicht gemacht worden (Beweis: Vernehmung des Drittwiderbeklagten als Partei). Der Klägerin stehe die vereinbarte Summe als Kaufpreis nach Werklieferungsrecht zu. Auch bei Annahme eines Werkvertrages sei Fälligkeit gegeben, weil spätestens in der Reaktion auf die zweite Fassung des Beitrags die Abnahme zu sehen sei und im Übrigen dem Drittwiderbeklagten auf telefonische Nachfrage die Zahlung zugesagt worden sei. Bereits die erste Fassung habe den Vorgaben entsprochen; lediglich aus Kulanz habe die Klägerin sich bereit erklärt, eine zweite Fassung herzustellen und schließlich eine dritte Textfassung mit Schnittliste für das Rohmaterial, damit die Beklagte dieses selbst wie gewünscht bearbeiten konnte. Die Beklagte versuche unter Ausnutzung ihrer Machtstellung der Klägerin, die selbst einen Aufwand von insgesamt fast € 16.000,00 gehabt habe, die vereinbarte Vergütung vorzuenthalten.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 9.095,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.02 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und widerklagend,
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dem Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner neben der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
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Sie trägt vor, der Beitrag in der ersten Fassung sei unbrauchbar, weil er nicht den grundsätzlich an eine Reportage zu stellenden Anforderungen entspreche, keinen roten Faden habe und keine interessante Geschichte erzähle; geliefert worden sei allein eine äußere Beschreibung des Busbahnhofs, wobei die einzelnen Bilder verbindungslos aneinandergereiht seien ohne inhaltliche Verknüpfung mit sparsam eingestreuten hölzernen Statements ohne Bezug zum aktuellen Geschehen statt der für eine Reportage typischen situativ eingebetteten O-Töne. Die zweite Fassung sei lediglich eine weitere Rohschnittversion, in der die grundlegenden Mängel der ersten Fassung nicht beseitigt worden seien (kein roter Faden, Schilderungen vom Busbahnhof unzusammenhängend). Das von der Klägerin mit Kommentarliste übersandte Rohmaterial enthalte keine für eine Reportage geeigneten Sequenzen und bestätige den Befund aus den bereits abgelieferten Versionen, dass die einzelnen Personen nicht in ein durchgehendes Erlebnis eingebettet seien und es sich nur um eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen handle. Bereits im ersten Gespräch sei seitens der Beklagten auf die inhaltlichen Anforderungen der Redaktion Auslandsjournal hingewiesen und erklärt worden, dass man sich den Beitrag als subjektiven Erlebnisbericht vorstelle und das Auslandsjournal ein solches Thema gewöhnlich an einer oder zwei Personen festzumachen pflege, worauf Herr G. erklärt habe, er sei mit der Handschrift des Auslandsjournals vertraut und bereit, eine solche 7-minütige Reportage zu fertigen (Beweis: Zeugenvernehmung). Eine Abnahme sei zu keinem Zeitpunkt erklärt worden und hätte nach den vertraglichen Regelungen auch nur schriftlich erfolgen können. Wegen der aufgezeigten Mängel fehle es im Übrigen an der Abnahmefähigkeit.
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Die Widerklage sei angezeigt deswegen, weil nach der neueren Rechtsprechung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts parteifähig sei und – wie hier geschehen – selbst klagen könne, im Falle der Klageabweisung aber kein Kostentitel gegen den materiell gesamtschuldnerisch auf Kostenerstattung haftenden Gesellschafter selbst vorliege.
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Der Drittwiderbeklagte beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Er hält die Widerklage bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet wegen Fehlens eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs der Beklagten entsprechend dem Klagevortrag.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. L vom 20.02.04 (Bl. 182 ff d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet, die Drittwiderklage ist unbegründet.
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Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 649 BGB.
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Das zwischen Klägerin und Beklagter durch Vereinbarung begründete Schuldverhältnis ist nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten die Verpflichtung übernommen, einen Fernsehbeitrag über den türkischen Busbahnhof Otogar in Ankara zu produzieren, der eine Dauer von ca. 7 Minuten hat und im Rahmen der Sendereihe Auslandsjournal ausgestrahlt werden kann. Die gesamte Produktionsleistung einschließlich Buch und Regie sollte von der Klägerin erbracht und mit eigenen Mitteln finanziert werden bei vorher festgelegter pauschaler Vergütung. Die Klägerin sollte somit nicht ein Produkt verkaufen oder im Rahmen eines Dienstvertrages tätig werden, sondern eine für den vorgesehenen Zweck geeignete Filmproduktion abliefern. Damit sind die Merkmale eines Werkvertrages erfüllt.
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Die aus einem Werkvertrag resultierende Vergütungsforderung wird gem. § 640 BGB grundsätzlich erst fällig bei Abnahme des Werkes. Im vorliegenden Vertrag haben die Parteien die Art und Weise, in der die Abnahme durchzuführen ist, zusätzlich näher definiert. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob nach dem Verhalten der Beklagten bzw. der für sie tätigen Personen von einer Billigung der Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß auszugehen ist und ob dies für die Abnahme im Sinne des konkreten Vertrages ausreicht, kann aber im vorliegenden Fall ebenso dahinstehen wie die weitere Frage, ob und ggf. wann eine Abnahmepflicht bestand, deren Nichterfüllung die direkte Klage auf Leistung ermöglicht. Denn das Verhalten der Beklagten in dem Moment, in dem die weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin verweigert wurde, ist als Kündigung des bestehenden Vertragsverhältnisses auszulegen. Die Kündigung eines Werkvertrages durch den Auftraggeber ist jederzeit bis zur Vollendung möglich, wobei es nicht darauf ankommt, ob nur Abnahme zu Recht oder zu Unrecht verweigert wird oder nur noch behebbare oder endgültige Mängel behauptet werden. Entscheidend für die Auslegung einer Erklärung als Kündigung ist der erkennbare Wille, das Vertragsverhältnis zu beenden. Unschädlich ist dagegen, dass der Erklärende meint, zum Vertragsrücktritt berechtigt zu sein. Natürlich darf der Vertrag sich nicht bereits durch wirksamen Rücktritt in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt haben, da in diesem Fall bereits begrifflich eine Kündigung ausgeschlossen ist. Dies ist aber vorliegend deshalb nicht der Fall, weil der von der Beklagten gewollte Rücktritt wegen Fehlens eines Rücktrittsgrundes nicht rechtswirksam werden konnte. Ein Rücktritt nach §§ 634 Ziff. 3, 323 BGB setzt zum einen voraus, dass das Werk mangelhaft ist, und darüber hinaus, dass zur Beseitigung dieses Mangels eine angemessene Frist gesetzt wurde und erfolglos verstrichen ist. Ein Sachmangel – Rechtsmängel scheiden vorliegend aus – liegt gem. § 633 Abs. 2 BGB vereinfacht ausgedrückt dann vor, wenn die Ist- von der Sollbeschaffenheit abweicht. Dies ist nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme bei der von der Klägerin geschaffenen Filmproduktion auch dann nicht der Fall, wenn man die streitigen Behauptungen der Beklagten zu Abreden im Zuge des Vertragsschlusses als wahr unterstellt. Jedenfalls fehlt es hinsichtlich möglicherweise berechtigter geringfügiger Beanstandungen (dazu noch unten) an einer erfolglosen Aufforderung zur Mängelbeseitigung.
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Der gerichtlich beauftragte Sachverständige Prof. L hat im Zuge seiner Begutachtung der Leistungen der Klägerin 3 von dieser zu den Akten gereichte Videokassetten einschließlich der vorgelegten Textfassungen bewertet. Dabei hat er zunächst darauf hingewiesen, dass die mit der Klageschrift als Textliste zur ersten Filmfassung vorgelegte Anlage K 4 (Bl. 21 ff d.A.) nicht mit dem entsprechenden Bildmaterial übereinstimmt. Insoweit hat die Klägerin sich auf ein Versehen berufen und nachträglich die – unstreitig – richtige Textliste als Anlage K 24 (Bl. 206 ff d.A.) vorgelegt. Allerdings bedurfte es aus nachfolgend dargestellten Gründen keiner ergänzenden Begutachtung: Zum einen hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass bereits die ersten Filmfassung durch eine leichte Bearbeitung und durch einen vergleichbaren Kommentar zu einem durchaus sendbaren Beitrag im formalen Sinne der Sendung hätte bearbeitet werden können; zum anderen hat er überzeugend begründet, dass die zweite Fassung „weder inhaltlich noch formal groß zu beanstanden ist“. In der ersten Fassung enthaltene geringfügige Bildmängel sind nach den Feststellungen des Sachverständigen weitgehend behoben; zu beanstanden hat der Sachverständige lediglich „kleine Fehler“, dass nämlich bei einer Verkaufsszene „einmal jemand für ein oder zwei Einzelbilder in die Kamera“ blickt und die interviewte Ärztin „im Gespräch ein wenig gezwungen“ (wirkt), „vermutlich weil sie nicht viel sagen kann“ (wie im Text „noch nicht so viele Notsituationen erlebt“ hat). Ob dies nun Mängel sind, welche den Beitrag (noch) nicht sendefähig machen, sei dahingestellt. Jedenfalls bemerkt der Sachverständige im Anschluss an oben wiedergegebene Wertung der zweiten Fassung als „nicht … groß zu beanstanden“: „Bei einigen kleineren Korrekturen (Verzicht auf Interview mit der Ärztin bspw.) wäre sie sendbar gewesen und passte in das Auslandsmagazin“ (dass die Falschbezeichnung des Auslandsjournals auf einem Versehen beruht, ergibt sich zwanglos aus der unten noch zu würdigenden Tatsache, dass dem Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung mehrere Folgen des Auslandsjournals vorlagen). Dies bedeutet aber, dass – wenn überhaupt – ohne großen Aufwand behebbare kleinere Mängel vorlagen, deren Beseitigung zunächst erfolglos hätte verlangt werden müssen, bevor ein Rücktrittsrecht entstehen konnte. Ein derartiges Beseitigungsverlangen ist dem vorgelegten Schriftverkehr nicht zu entnehmen und wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Gerügt wird vielmehr, dass die Leistung der Klägerin nicht verwertbar ist und alles neu gemacht werden müsse. Eben dies trifft aber nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht zu. Dass dieser die dritte Fassung für die schlechteste hält, die „so nicht gesendet werden sollte“, ist ohne entscheidende Bedeutung (der Vorhalt der Beklagten, sie habe doch gar keine dritte Fassung erhalten, sondern nur Rohmaterial, hat sich im weiteren Verlauf des Rechtsstreits geklärt: Die Klägerin hatte der Beklagten Rohmaterial, Kommentarliste und Schnittliste übersandt; entsprechend der Schnittliste wurde dann von der Klägerin selbst ein Videoband erstellt, das zu den Akten gereicht wurde und auch dem Sachverständigen vorlag). Denn für die Entscheidung des Prozesses ausschlaggebend ist die Tatsache, dass wahrscheinlich bereits mit der ersten Fassung (für die dem Sachverständigen die Textliste fehlte), sicher aber mit der zweiten Fassung eine sendefähige Filmproduktion geliefert wurde, die allenfalls geringfügige Fehler enthielt, deren Beseitigung die Beklagte aber nicht verlangt hat. Sämtliche allgemeinen Einwände der Beklagten wie fehlender Zusammenhang und fehlende inhaltliche Verknüpfung, fehlender roter Faden, hölzerne Statements und fehlende situativ eingebettete O-Töne, werden vom Sachverständigen überzeugend widerlegt, und zwar hinsichtlich der ersten Fassung mit der Einschränkung wegen fehlender Textliste, welche die Beklagte allerdings unstreitig erhalten hatte, hinsichtlich der zweiten Fassung ohne Einschränkung und mit lediglich dem Hinweis, dass sie gegenüber der ersten Fassung ärmer an Atmosphäre ist (die Bemerkung, dass die dritte Fassung am wenigsten einer Reportage entspricht, ist entsprechend obigen Ausführungen irrelevant).
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An vorstehenden Ausführungen ändert sich nichts, wenn man die von der Beklagten behaupteten Vorgaben als wahr unterstellt. Wesentlicher Inhalt dieser Vorgaben war nach dem Sachvortrag der Beklagten, dass auf die inhaltlichen Anforderungen der Redaktion Auslandsjournal hingewiesen worden sei und der Drittwiderbeklagte erklärt habe, er sei mit der Handschrift des Auslandsjournals vertraut. Die weitere Erklärung, dass man sich den Beitrag als subjektiven Erlebnisbericht vorstelle und das Auslandsjournal ein solches Thema gewöhnlich an einer oder zwei Personen festzumachen pflege, beinhaltet nicht mehr als einen Hinweis darauf, dass die Klägerin – wie es Herr S. in seiner E-Mail vom 20.08.02 beschreibt – „Stil und Handschrift der Beiträge im Auslandsjournal“ beachten und „eine wirkliche Geschichte … erzählen“ soll (die Beklagte behauptet ja selbst nicht, dass vereinbart worden sei, es dürften nicht mehr als zwei Personen zum „Festmachen“ auftreten; dies dürfte auch schwer fallen, nachdem unstreitig ist, dass der Beklagten das Exposé der ursprünglich beabsichtigten Dokumentation vorlag, in dem am Ende ausdrücklich auf „verschiedene Personen aus dem rastlosen Treiben“ hingewiesen wird, die weiter konkretisiert werden als Schlepper einer Busgesellschaft, Techniker der Überwachungszentrale, Ansagerin, Teeverkäufer und Reisende und ein Reisebegleiter). Diese Anforderungen hat die Klägerin allerdings erfüllt. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner Begutachtung vier von der Beklagten auf Anforderung zur Verfügung gestellte aufeinander folgende Sendungen des Auslandsjournals aus dem Monat Juli 2002 untersucht und dabei festgestellt, dass die unterschiedlichen Beiträge – vier pro Sendung – ein großes Spektrum abdecken, wobei jeweils pro Sendung eine Mischung von politischen Themen und bunten Themen herzustellen versucht wird; die Form der Beiträge ist uneinheitlich, neben Mini-Reportagen finden sich auch Mini-Features, Feature- und Reportagemittel werden zudem nicht rein angewendet, zu fast allen Berichten gibt es Beimischungen; eine Reportage im engeren Sinne als zusammenhängender Bericht eines Augenzeugen war nur in einem Fall festzustellen. In seiner Schlussfolgerung kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass angesichts der Heterogenität der Beiträge des Magazins nicht von einer festen impliziten Formatierung gesprochen werden kann; hätte man – wie in den meisten Beiträgen des Magazins – das Aufzeigen eines Widerspruchs zwischen Schein und Wirklichkeit und von Konflikten oder Problemen vor Ort darstellen wollen, hätte dies in spezifischen Vorgaben enthalten sein müssen (etwa Überprüfung von Sicherheitsmängeln im Busbahnhof); das bunte Stück, das die Klägerin geliefert hat, entspricht ansonsten der Praxis der Sendung, deren übliche Beiträge keineswegs von einem engen und absolut gesetzten Begriff der Reportage ausgehen. Dem folgt das Gericht. Die Vorgaben im oben aufgezeigten Sinne wurden unstreitig nicht gemacht. Dann ist aber die Arbeit der Klägerin auch dann nicht zu beanstanden, wenn, wie die Beklagte behauptet und die Klägerin bestreitet, auf die Anforderungen des Auslandsjournals hingewiesen und das „Hineinpassen“ des Beitrags der Klägerin Vertragsinhalt geworden wäre.
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Nach erfolgter Kündigung, die nicht von der Klägerin zu vertreten ist, hat diese Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Dass sie Aufwendungen erspart hätte, behauptet die Beklagte nicht und ist auch nicht ersichtlich, nachdem die geschuldete Leistung erbracht war (mit einem finanziellen Aufwand – unstreitig gem. § 138 Abs. 3 ZPO – in Höhe von fast der doppelten Nettovergütung)
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Hält man mit Stimmen in der Literatur (vgl. Carsten Schmidt, NJW 2001, 993, 1000) die isoliert gegen den Gesellschafter erhobene Drittwiderklage aus prozessökonomischen Gründen für zulässig, muss sie bei Erfolg der Klage der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an fehlender Begründetheit scheitern. Denn die zur Kostentragung verurteilte Beklagte hat keinen Kostenerstattungsanspruch, und zwar weder prozessual gegen die obsiegende Gesellschaft noch materiell gegen den Gesellschafter.
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Anspruch auf Zinsen in verlangter Höhe hat die Klägerin gem. §§ 286, 288 Abs. 2 ZPO erst ab Fristablauf nach befristeter Mahnung der Klägerin im Schreiben vom 19.10.02. Die Forderung der Klägerin war erst fällig ab dem Zeitpunkt der Erklärung, die als Kündigung des Werkvertrages auszulegen war, also Mitte Oktober 2002 (soweit die Klägerin meint, das betreffende Schreiben sei wie datumsmäßig vermerkt am 16.09.02 verfasst worden, kann dem nicht gefolgt werden; aus den gesamten unstreitigen Umständen ist der chronologische Ablauf klar ersichtlich, nach der Bezugnahme auf die Übersendung des Rohmaterials kann das Schreiben nicht vom September stammen). Eine Abnahme vor dem Kündigungszeitpunkt mit der Folge früherer Fälligkeit lässt sich nicht nachweisen. Nach Kündigung bedurfte es einer Mahnung, um die Verzugsfolgen herbeizuführen.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
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Das Gericht hat beschlossen, den Streitwert für die Widerklage festzusetzen auf € 3.000,00 (außergerichtliche Kosten der Beklagten zuzüglich Gutachtervorschuss aufgerundet).
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Referenzen
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