Urteil vom Landgericht Mainz (2. Kammer für Handelssachen) - 12 HK.O 108/05, 12 HKO 108/05


Tenor

1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Mainz vom 25.10.2005 (12 HK.O 108/05) bleibt bzgl. der Ziff. 1. a) und b) bestehen. Demnach ist es den Verfügungsbeklagten zu 1) (Dr. R. K. und zu 2) (G. Labor für funktionelle Medizin) weiterhin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, für den Fall der Nichtbeitreibung einen Tag Ordnungshaft für je 500,-- €, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an dem Vorstand der Verfügungsbeklagten zu 2), untersagt,

a) Ärzte telefonisch, schriftlich oder in sonstiger Weise aufzufordern, mit den Antragsgegnern Vertragsbeziehungen einzugehen, die die entgeltliche Zuweisung von Patienten oder die entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial an den Antragsgegner zu 1) oder den Antragsgegner zu 2) zum Gegenstand haben,

b) mit Ärzten Vertragsbeziehungen einzugehen, zu erfüllen oder fortzusetzen, die die entgeltliche Zuweisung von Patienten oder die entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial an den Antragsgegner zu 1) oder den Antragsgegner 2) zum Gegenstand haben.

2. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Mainz vom 25.10.2005 (12 HK.O 108/05 Landgericht Mainz) wird bzgl. Ziff. 1. c) aufgehoben. Insoweit (Antrag Ziff. 1. c)) wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

3. Die auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten widerklagenden Anträge der Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) (Bl. 76 GA) werden zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Verfahrens haben zu tragen:

Die Gerichtskosten haben die Verfügungsklägerin zu 1) zu 50% und die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) zu 50% zu tragen.

Bzgl. der außergerichtlichen Kosten gilt:

Die Verfügungsklägerin zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) tragen ihre außergerichtlichen Kosten gleichfalls selbst.

Die außergerichtlichen Kosten der Verfügungswiderbeklagten zu 2) bis 4) haben die Verfügungsbeklagten und Verfügungswiderkläger zu 1) und 2) zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) können die Vollstreckung wegen des von ihnen zu tragenden Teils der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,-- € abwenden, wenn nicht die Verfügungswiderbeklagten zu 2) bis 4) vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

1

Die Verfügungsklägerin zu 1) erbringt medizinische Laborleistungen; bei ihr handelt es sich um ein in I. ansässiges medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zur kassenärztlichen Versorgung (AS 1). Der Verfügungsbeklagte zu 1) ist niedergelassener Facharzt für Laboratoriumsmedizin in M. und zugelassener Kassenarzt. Er ist darüber hinaus Vorstand der Verfügungsbeklagten zu 2) (AS 2 und AS 3). Die Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagten dürfen jeweils nach Maßgabe von § 13 Abs. 4 des Bundesmantelvertrags für Ärzte (Anlage AS 4) nur auf Überweisung durch einen Arzt Leistungen für Patienten erbringen.

2

Die Verfügungsklägerin zu 1) trägt vor:

3

Am 19.9.2005 habe der Verfügungsbeklagte zu 1) bei Herrn Dr. L., Allgemeinmediziner in Bad T. angerufen um ihn als Einsender für Laboruntersuchungen zu gewinnen; bei dieser Gelegenheit habe der Verfügungsbeklagte zu 1) Herrn Dr. L. 50% des Umsatzes mit seinen fachärztlichen Laboruntersuchungen als Prämie für die Zuweisung der Untersuchungsproben versprochen (eidesstattliche Versicherung Dr. L., AS 5, Bl. 25 GA). Diese Vorgehensweise stelle sich als Verstoß gegen § 31 der Berufsordnung für Ärzte Rheinland-Pfalz, somit als Rechtsbruch und wettbewerbswidriges Verhalten des Verfügungsbeklagten zu 1) dar. Überdies sei eine wettbewerbswidrige Dreieckskoppelung festzustellen.

4

Überdies bediene sich der Verfügungsbeklagte zu 1) zum Zweck der unzulässigen Verdeckung dieser wettbewerbswidrigen Vorgehensweise eines Vertrags über die Errichtung der Berufsausübungsgemeinschaft Dr. K. und Partner Partnerschaftsgesellschaft. Wegen des Inhalts dieses Errichtungsvertrags wird auf die zu den Akten gereichten Anlagen AS 9 Bezug genommen.

5

Hierzu trägt die Verfügungsklägerin vor:

6

Über den Deckmantel der Gewinnausschüttung solle den anderen Ärzten im Rahmen des Errichtungsvertrags/Partnerschaftsgesellschaft ein Entgelt dafür zugeleitet werden, dass ihr Untersuchungsmaterial an den Verfügungsbeklagten zu 1) und die Verfügungsbeklagte zu 2) übersenden und von diesen laborärztlich analysieren lassen. Auch diese Vorgehensweise über den Errichtungsvertrag/Partnerschaftsgesellschaft stelle sich als rechtswidrige und daher wettbewerbswidrige Vorgehensweise dar.

7

Das Gericht hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 944 ZPO am 25.10.2005 auf den Antrag der Verfügungsklägerin eine einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) mit folgendem Inhalt erlassen:

8

1. Den Antragsgegnern wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, für den Fall der Nichtbeitreibung einen Tag Ordnungshaft für je 500 €, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an dem Vorstand der Antragsgegnerin zu 2)
untersagt:

9

a) Ärzte telefonisch, schriftlich oder in sonstiger Weise aufzufordern, mit den Antragsgegnern Vertragsbeziehungen einzugehen, die die entgeltliche Zuweisung von Patienten oder die entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial an den Antragsgegner zu 1) oder den Antragsgegner zu 2) zum Gegenstand haben,

10

b) mit Ärzten Vertragsbeziehungen einzugehen, zu erfüllen oder fortzusetzen, die die entgeltliche Zuweisung von Patienten oder die entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial an den Antragsgegner zu 1) oder den Antragsgegner 2) zum Gegenstand haben,

11

c) die Handlungen in lit. a) und b) dadurch zu begehen, dass sie mit anderen Ärzten oder der Ärztliches Zentrum für Labordiagnostik Berufsausübungsgesellschaft Dr.. K. und Partner“ der Firma „Partnerschaftsgesellschaft Dr. K. und Partner“ oder einer anderen ihm zuzurechnenden Firma oder eines von ihm beauftragten Dritten, diesbezügliche Vertragsbeziehungen eingeht, insbesondere so genannte „Teilgemeinschaftspraxis“-Verträge, in denen ein Eintritt anderer Ärzte in die Partnerschaftsgesellschaft Dr. K. und Partner vorgesehen ist.

12

Gegen diese einstweilige Verfügung haben die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) Widerspruch eingelegt.

13

Die Verfügungsklägerin zu 1) beantragt,

14

die einstweilige Verfügung vom 25.10.2005 aufrechtzuerhalten und den Widerspruch der Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) gegen die einstweilige Verfügung zurückzuweisen (Schriftsatz 9.12.2005, Bl. 119).

15

Die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) beantragen,

16

die einstweilige Verfügung vom 25.10.2005 aufzuheben und den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen (Schriftsatz 7.11.2005, Bl. 70).

17

Darüber hinaus beantragen die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) -widerklagend- gegen die Verfügungsklägerin zu 1) sowie gegen die Verfügungswiderbeklagten zu 2) bis 4),

18

Im Wege der einstweiligen Verfügung - und zwar wegen der Dringlichkeit der Sache ohne vorherige mündliche Verhandlung - anzuordnen:

19

Den Antragsgegnern wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, für den Fall der Nichtbeitreibung einen Tag Ordnungshaft für je 500 €, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1) und 2)
untersagt:

20

a) Ärzte selbst oder durch beauftragte Dritte telefonisch, schriftlich oder in sonstiger Weise aufzufordern, mit den Antragsgegnern Vertragsbeziehungen einzugehen, die der entgeltlichen Zuweisung von Patienten oder die entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial an die Antragsgegner zu 1), 2) oder 3) zum Gegenstand haben,

21

b) selbst oder durch beauftragte Dritte mit Ärzten Vertragsbeziehungen einzugehen, zu erfüllen oder fortzusetzen, die die entgeltliche Zuweisung von Patienten oder die entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial an die Antragsgegner zu 1), 2) oder 3) zum Gegenstand haben.

22

Die Verfügungsklägerin zu 1) sowie die Verfügungswiderbeklagten zu 2) bis 4) beantragen,

23

die widerklagend geltend gemachten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsklägerin und die drei weiteren Verfügungswiderbeklagten zurückzuweisen.

24

Im Zusammenhang mit den widerklagend geltend gemachten Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung tragen die Verfügungsbeklagten und Verfügungswiderkläger zu 1) und 2) vor:

25

Sie hätten in Erfahrung gebracht, dass auch die Verfügungsklägerin und die übrigen Verfügungswiderbeklagten für die Zuweisung von Untersuchungsproben in ihr Labor zur Bearbeitung eine umsatzbezogene Rückvergütung zahlen würden. Wegen dieses Sachverhalts liegen von beiden Parteien vorgelegte eidesstattliche Versicherungen vor.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

Die einstweilige Verfügung vom 25.10.2005 ist bzgl. der Ziff. 1. a) und b) aufrechtzuerhalten und auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hin bzgl. Ziff. 1. c) aufzuheben.

28

Die widerklagend geltend gemachten Anträge der Verfügungsbeklagten auf Erlass einer weiteren einstweiligen Verfügung sind zurückzuweisen.

29

Im Einzelnen lässt sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten:

I.

30

Einstweilige Verfügung hinsichtlich der Anträge Ziff. 1. a) und b) (entgeltliche Zuweisung von Patienten oder entgeltliche Einsendung von Untersuchungsmaterial):

31

Insoweit ist auch nach der mündlichen Verhandlung die am 25.10.2005 erlassene einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang hat nämlich die Verfügungsklägerin eine eidesstattliche Versicherung des Dr. med. M. L. vom 30.9.2005 (AS 5, Bl. 25) sowie zwei Email-Schreiben des Verfügungsbeklagten zu 1) vom 22.9. und 20.9.2005 (AS 6, Bl. 26) vorgelegt. In diesem Zusammenhang ist daher von der Verfügungsklägerin zu 1) glaubhaft gemacht worden, dass der Verfügungsbeklagte zu 1) Herrn Dr. L. am 19.9.2005 zum wiederholten Mal angerufen habe, um diesen als Einsender zurückzugewinnen. Nach der vorliegenden eidesstattlichen Versicherung habe der Verfügungsbeklagte zu 1) Herrn Dr. L. versprochen, von dessen, bei dem Verfügungsbeklagten zu 1) zu tätigenden Laboreinsendungen 50% des Umsatzes als Prämie an ihn, Dr. L., zurückfließen zu lassen. Herr Dr. L. habe in diesem Zusammenhang Bedenken wegen dieser illegalen Praxis geäußert und erklärt, keine neuen Geschäftsverbindungen mit dem Verfügungsbeklagten zu 1) aufnehmen zu wollen; er habe aber von dem Verfügungsbeklagten zu 1) daraufhin Emails vom 20. und 22.9.2005 erhalten (AS 5 und AS 6). Nach diesen eidesstattlichen Versicherungen und Urkunden ist daher glaubhaft gemacht, dass der Verfügungsbeklagte zu 1) Herrn Dr. L. versucht habe dafür zu gewinnen, als Prämie für die Zuweisung von Untersuchungsproben zur laboratoriumsärztlichen Analyse bei dem Verfügungsbeklagten zu 1) 50% des Umsatzes zurückzugeben.

32

Der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung Dr. L. (AS 5) sowie der Email-Schreiben des Verfügungsbeklagten zu 1) (AS 6) werden von den Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) im Kern nicht in Abrede gestellt. Vielmehr bezieht sich der Sachvortrag der Verfügungsbeklagten in diesem Zusammenhang auf eine Darstellung der ersichtlich sehr streitigen Vorgeschichte und des sich aufbauenden Streits zwischen Herrn Dr. L. einerseits und dem Verfügungsbeklagten zu 2) andererseits. Der Inhalt des Gesprächs vom 19.9.2005 wird indessen von den beiden Verfügungsbeklagten im Kern nicht bestritten. Daher ist auch nach der mündlichen Verhandlung es nach wie vor im Rahmen des vorliegenden Verfahrens der einstweiligen Verfügung hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Verfügungsbeklagte zu 1) Herrn Dr. L. versprochen hatte, diesem 50% des Umsatzes mit seinen fachärztlichen Laboruntersuchungen als Prämie für die Zuweisung von Untersuchungsproben zu zahlen bzw. zurückleiten zu wollen.

33

Diese Vorgehensweise des Verfügungsbeklagten zu 1), der gleichfalls Vorstand der Verfügungsbeklagten zu 2) ist, stellt sich als Verstoß gegen § 31 der Berufsordnung für Ärzte Rheinland-Pfalz dar.

34

Die Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz hat in § 31 folgenden Wortlaut:

35

„Unerlaubte Zuweisung von Patientinnen/Patienten gegen Entgelt

36

Der Ärztin/Arzt ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen, Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“

37

Gegen diese Vorschrift hat - wie in dem vorliegenden Eilverfahren jedenfalls glaubhaft gemacht worden ist, der Verfügungsbeklagte zu 1), gleichfalls in seiner Funktion als Vorstand der Verfügungsbeklagten zu 2) verstoßen. Denn ein Laborfacharzt, der Kostenvorteile verspricht, die den Angesprochenen dann entstehen, wenn sie eine Analyse durch den Laborfacharzt in Auftrag geben, verstößt gegen die Bestimmung § 31 der Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz. Denn das Inaussichtstellen und Gewähren solcher Vorteile, auch eines bestimmten Prozentsatzes des Umsatzes, ist standeswidrig und stellt sich als Verletzung der Berufsordnung für Ärzte dar (vgl. BGH NJW-RR 1989 zu einer vergleichbaren Situation bei der Werbung eines Arztes für Laborleistungen -Bayrische Berufsordnung für Ärzte-).

38

Da § 31 Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz eine wertbezogene Norm ist, mithin ein Verbotsgesetz, gegen die zu verstoßen zugleich eine Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG n.F. darstellt, stellt sich der Verstoß der Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) gegen die Berufsordnung für Ärzte zugleich als wettbewerbswidrige Handlung dar (§ 3 UWG); vgl. hierzu ausdrücklich: OLG Koblenz, Urteil vom 20.5.2003 - 4 U 1532/02 -).

39

Da zwischen der Verfügungsklägerin einerseits und den beiden Verfügungsbeklagten andererseits im Hinblick auf die gleichgerichtete Tätigkeit als Labormediziner und Labormedizininstitute in der gleichen räumlichen Region ein konkretes Wettbewerbsverhältnis anzunehmen ist, stellt sich die glaubhaft gemachte Vorgehensweise der Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) und ihre Verletzung von § 31 Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz als wettbewerbswidriges Verhalten (§ 3 UWG) dar. Denn das berufsrechtswidrige, standeswidrige Verhalten ist bei wettbewerbsbezogenen Regelungen, wie im vorliegenden Fall (§ 31 Berufsordnung) mit der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage zu begegnen (BGH NJW-RR 1989, 1313, 1314).

40

Bei dieser Sachlage ist das Gericht gehalten, die einstweilige Verfügung bzgl. Ziff. 1 a) und b) aufrechtzuerhalten.

II.

41

Einstweilige Verfügung bzgl. Ziff. 1. c) (Vertrag über die Errichtung der Berufsausübungsgemeinschaft der K. und Partner/Partnerschaftsgesellschaft)

42

Bzgl. Ziff. 1. c) ist indessen die einstweilige Verfügung aufzuheben und insoweit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unbegründet zurückzuweisen.

43

Zwar weist die Verfügungsklägerin mit dem Hinweis auf den Errichtungsvertrag des Verfügungsbeklagten zu 1) (AS 9) zutreffend auf eine komplexe Regelung zur Verteilung von Entgelt hin und begründet in diesem Zusammenhang einen Anfangsverdacht eines -mittelbaren- Verstoßes gegen § 31 Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz. Der Bestätigung der einstweiligen Verfügung auch bzgl. dieses Punktes Ziff. 1. c) steht allerdings der folgende Umstand entgegen:

44

In § 2 Ziff. 6 des Errichtungsvertrags des Verfügungsbeklagten zu 1) ist die folgende Regelung getroffen worden:

45

„Die Gesellschaft beginnt zum Zeitpunkt ihrer Eintragung ins Partnerschaftsregister, jedoch nicht vor dem durch die Ärztekammer festgelegten Zeitpunkt für die Gültigkeit solcher standortübergreifenden Vereinbarungen.“

46

Der Vertragstext hat daher einen Vorbehalt der Umsetzung dieser Vereinbarung durch die Ärztekammer zum Gegenstand. Die den Errichtungsvertrag schließenden Parteien unterwerfen sich einer Gültigkeitsüberprüfung durch die Ärztekammer und eines von der Ärztekammer festzulegenden Testates über die Gültigkeit „solcher standortübergreifenden Vereinbarungen“. Dies bedeutet: Der Gesellschaftsvertrag steht unter einem Gültigkeitsvorbehalt. Die den Errichtungsvertrag schließenden Parteien unterwerfen sich unter eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit und Gültigkeit des Vertragstextes durch die Ärztekammer, sodass die Gesellschaft nicht sogleich nach Eintragung ins Partnerschaftsregister, sondern erst für den Fall der Bestätigung der Gültigkeit solcher standortübergreifenden Vereinbarungen durch die Ärztekammer beginnt (§ 2 Ziff. 6 des Errichtungsvertrags). Steht aber ein gesellschaftsrechtliches Vertragswerk unter einem Gültigkeitsvorbehalt und unterwerfen sich die den Gesellschaftsvertrag schließenden Parteien einer Gültigkeitskontrolle durch eine dritte neutrale Stelle (hier Ärztekammer), so kann in einem solchen Vertragswerk jedenfalls kein sittenwidriges/unlauteres Wettbewerbsverhalten angenommen werden. Denn gerade die Überprüfung der Gültigkeit des Vertrags durch die Ärztekammer und die Festlegung eines Gültigkeitszeitraums, bei dem die Ärztekammer gehalten ist, auch den Bezug zu § 31 der Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz zu prüfen, gewährt eine interne Gültigkeits- und Rechtmäßigkeitsüberprüfung. Dieser Gesichtspunkt spricht gegen unlauteren Wettbewerb.

47

Von daher muss die einstweilige Verfügung bzgl. Ziff. 1. c) aufgehoben werden.

III.

48

Die „widerklagend“ geltend gemachten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsklägerin und die Verfügungswiderbeklagten:

49

Die widerklagend geltend gemachten Anträge der Verfügungsbeklagten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind zurückzuweisen.

50

Dies ergibt sich zum einen in der Sache schon daraus, dass bzgl. des geltend gemachten Tatvorwurfs, dass auch die Verfügungsklägerin und die übrigen Verfügungswiderbeklagten für die Zuweisung von Untersuchungsproben in ihr Labor eine umsatzbezogene Rückvergütung (= Prämie) zahlen würden, widerstreitende eidesstattliche Versicherungen vorgelegt worden sind. So liegen einerseits die eidesstattlichen Versicherungen der Frau K. K., des Dr. R. K. und des A. Ko. vor, welche für eine solche Vorgehensweise sprechen könnten, andererseits hat das Gericht die von der Verfügungsklägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des J. B. und des Dr. med. B. Sch. (AS 12 und AS 13) zur Kenntnis zu nehmen (Bl. 131 bis 134 GA). Diese eidesstattlichen Versicherungen sprechen gegen die Annahme einer umsatzbezogenen Rückvergütung bzw. Prämienzahlung an Ärzte und gegen die Feststellung einer dementsprechenden Zusage durch die Verfügungsklägerin und die übrigen Verfügungswiderbeklagten. Bei diesem widerstreitenden Beweisergebnis im Zusammenhang mit den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ist eine gesicherte Grundlage für den Erlass einer Gegen-einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsklägerin und die übrigen Verfügungswiderbeklagten nicht gegeben.

51

Hinzu kommt die Tatsache, dass die Kammer sich der in der Literatur und Rechtsprechung herrschenden - wenngleich nicht unbestrittenen- Auffassung anschließt, wonach im Verfahren der einstweiligen Verfügung ein Gegenantrag auf Anordnung einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich unzulässig ist (vgl. Thomas/Putzo/Reichholt, ZPO, 27. Aufl., § 922 Rn. 2; vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 922 Rn. 16 a.E.). Denn für eine Unzulässigkeit eines solchen „widerklagend“ gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsklägerin spricht die Tatsache, dass ein solcher Gegenantrag in einer späteren Verfahrensphase eines bereits anhängigen Verfahrens der einstweiligen Verfügung geltend gemacht wird und daher geeignet sein kann, durch die spätere Geltendmachung den Gegner zu überrumpeln (so ausdrücklich: Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O.). Aus diesem Grund bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen „Gegen-einstweiligen Verfügung“ gegen die Verfügungsklägerin.

52

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

53

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6 und Nr. 11 sowie 711 Satz 1 ZPO.

54

Der Streitwert beträgt 100.000,-- €.

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