Beschluss vom Landgericht Mannheim - 6 Qs 10/10

Tenor

1. Die Beschwerde des Rechtsanwalts N. W. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 08. Februar 2010 wird als unbegründet verworfen.

2. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Karlsruhe erließ am 01.06.2006 gegen A. S. I. einen Strafbefehl wegen des Verdachts der mittelbaren Falschbeurkundung in elf Fällen. Gegen diesen Strafbefehl legte Rechtsanwalt C. W. namens des Beschuldigten einen auf acht dieser Taten beschränkten Einspruch ein und beantragte seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Mit Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 11.07.2006 wurde er antragsgemäß zum Pflichtverteidiger des Beschuldigten bestellt.
In der Hauptverhandlung vom 28.07.2006 wurde A. S. I. durch das Amtsgericht Karlsruhe unter Freispruch im Übrigen wegen mittelbarer Falschbeurkundung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Berufung ein, welche durch das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 16.11.2006 verworfen wurde. Die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 07.12.2007 verworfen.
Am 18.03.2008 stellte Rechtsanwalt C. W. „als Pflichtverteidiger des Angeklagten“ einen Wiederaufnahmeantrag mit dem Ziel, dass der Verurteilte auch von den drei verbliebenen Fällen freigesprochen werde. Dieser Antrag wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 22.04.2008 als unzulässig verworfen. Die gegen diese Entscheidung von Rechtsanwalt C. W. „als Pflichtverteidiger des Angeklagten“ eingelegte sofortige Beschwerde wurde vom Landgericht Mannheim durch Beschluss vom 09.06.2008 als unbegründet verworfen.
Am 18.12.2009 stellte Rechtsanwalt C. W. einen „Kostenfestsetzungsantrag für Pflichtverteidigung“, mit dem er einen Betrag von EUR 556,92 geltend machte. Dieser Antrag wurde durch den Rechtspfleger des Amtsgerichts Mannheim am 28.12.2009 zurückgewiesen, da sich die Pflichtverteidigerbestellung aus dem Ursprungsverfahren nicht auf das Wiederaufnahmeverfahren erstreckt habe. Gegen diese Entscheidung legte Rechtsanwalt C. W. am 20.01.2010 „sofortige Beschwerde“ ein, welche vom Amtsgericht Mannheim als Erinnerung gewertet und durch Beschluss vom 08.02.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dieser Beschluss wurde Rechtsanwalt N. W., der im Jahr 2010 allgemeiner Vertreter von Rechtsanwalt C. W. ist, am 18.02.2010 zugestellt.
Rechtsanwalt N. W. legte am 25.02.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 08.02.2010 Beschwerde ein. Das Amtsgericht Mannheim hat der Beschwerde mit Verfügung vom 26.02.2010 nicht abgeholfen; die Staatsanwaltschaft beantragt mit Verfügung vom 03.03.2010, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
1. Die innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist (§§ 33 Abs. 3 Satz 3, 56 Abs. 2 RVG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht Mannheim hat im Ergebnis zu Recht die Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 28.12.2009 zurückgewiesen. Der Rechtspfleger hatte den Kostenfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts C. W. für das Wiederaufnahmeverfahren nämlich seinerseits zu Recht zurückgewiesen. Ein Anspruch des Rechtsanwalts auf Pflichtverteidigergebühren war nicht entstanden.
Rechtsanwalt C. W. war im Verfahren über den Wiederaufnahmeantrag nicht zum Pflichtverteidiger des Verurteilten bestellt worden. Ein Gebührenanspruch wäre daher nur dann entstanden, wenn die im Ursprungsverfahren erfolgte Pflichtverteidigerbestellung im Wiederaufnahmeverfahren fortgewirkt hätte. Die damit vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob eine solche Fortwirkung besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (2.); sie ist nach Auffassung der Kammer indes zu verneinen (3.).
2. Nach § 364a StPO bestellt das für die Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren zuständige Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, auf Antrag einen Verteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren setzt daher voraus, dass der Verurteilte zum Zeitpunkt der Bestellung noch unverteidigt ist. Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht in diesem Zusammenhang in den Fällen, in denen dem Verurteilten im Ursprungsverfahren ein Pflichtverteidiger beigeordnet worden war, davon aus, dass diese Bestellung fortwirkt, der Verurteilte also bereits einen Verteidiger hat und eine Pflichtverteidigerbestellung nach § 364a StPO in diesen Fällen folglich ausscheidet (a.), während die Gegenmeinung eine solche Fortwirkung verneint und davon ausgeht, dass eine – erneute – Pflichtverteidigerbestellung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 364a StPO erforderlich ist (b.).
a. Die Auffassung, dass eine im Ursprungsverfahren erfolgte Pflichtverteidigerbestellung im Wiederaufnahmeverfahren bis zur Entscheidung über die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags (§ 370 StPO) fortwirkt, wurde bereits vom Reichsgericht vertreten (RGSt 22, 97, 99; 29, 278, 279; 40, 4, 5).
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Der Ansicht des Reichsgerichts – eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage ist soweit ersichtlich noch nicht ergangen – hat sich die überwiegende oberlandesgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen (vgl. KG NStZ 2009, 592; dass., B. v. 08.01.2001, 3 Ws 644/00, bei juris; dass., B. v. 14.12.1999, 5 Ws 742/99, bei juris; OLG Rostock NStZ 2007, 357; OLG Schleswig SchlHA 2005, 255; OLG Koblenz MDR 1983, 252; OLG Karlsruhe GA 1976, 344, 345; OLG Hamm NJW 1971, 1418; dass., NJW 1961, 932; dass., NJW 1958, 641; OLG Oldenburg, OLGSt. zu § 99 BRAGebO, S. 11; OLG Bremen NJW 1964, 2175; wohl auch dass. AnwBl. 1964, 288). Die von Vertretern dieser Auffassung gelegentlich zitierten Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 01.12.1982 (NStZ 1983, 235) und vom 20.12.1989 (wistra 1990, 168) betreffen allerdings nicht die Frage der Fortwirkung einer Pflichtverteidigung im Ursprungsverfahren, sondern behandeln die Frage, ob ein Wahlmandat insoweit fortbesteht.
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Die Auffassung, dass eine Pflichtverteidigung aus dem Ursprungsverfahren bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nach § 370 StPO fortbesteht, entspricht auch der herrschenden Meinung in der strafprozessrechtlichen Literatur (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Auflage, § 364a RN 2, § 140 RN 33; KK-StPO-Schmidt, 6. Auflage, § 364a RN 2; LR-StPO-Gössel, 25. Auflage, § 364a RN 3; LR-StPO-Lüderssen/Jahn, 26. Auflage, § 141 RN 28; KMR-StPO-Müller, § 140 RN 6; HK-StPO-Temming, 4. Auflage, § 364a RN 1; Graf-StPO-Hoffmann-Holland, § 364a RN 1; Pfeiffer, StPO, 5. Auflage, § 364a RN 1; AK-StPO-Loos § 364a RN 5; Krekeler/Löffelmann-StPO-Rotsch § 364a RN 3; Marxen/Tiemann, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, RN 303; Eberhard Schmidt, Lehrkommentar zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, Teil II § 140 RN 12 und Nachtragsband I § 140 RN 11; Neumann, System der strafprozessualen Wiederaufnahme, S. 92; Dippel, in: Jescheck/Meyer, Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens im deutschen und ausländischen Recht, S. 112; Schorn, Der Strafverteidiger, S. 46; Dünnebier, in: Peters-FS S. 333 ff., 336; Peters, Fehlerquellen im Strafprozess, Band 3, S. 120; Wasserburg GA 1982, 306 f., 309f., 319; Krägeloh NJW 1975, 138).
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Schließlich ist auch die Bundesregierung bei ihrem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts (1. StVRG), durch welches § 364a StPO eingeführt wurde, unter Hinweis auf die reichsgerichtliche Rechtsprechung von einer entsprechenden Fortwirkung ausgegangen (BT-Drs. 7/551, S. 88).
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b. Demgegenüber wird die vom Amtsgericht Mannheim im vorliegenden Verfahren geteilte und in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck kommende Ansicht, dass eine im Ursprungsverfahren erfolgte Pflichtverteidigerbestellung im Verfahren über den Wiederaufnahmeantrag nicht fortwirke, bislang nur vereinzelt vertreten (vgl. nunmehr OLG Oldenburg NStZ-RR 2009, 208; SK-StPO-Frister/Deiters, § 364a RN 5; KK-StPO-Laufhütte, 6. Auflage, § 141 RN 10; KMR-StPO-Eschelbach § 364a RN 37 ff.; zweifelnd bzgl. des unten wiedergegebenen Ausgangspunkts des Reichsgerichts auch v. Hentig, Wiederaufnahmerecht, S. 151 FN 2).
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3. Die Kammer vermag sich der herrschenden Meinung nicht anzuschließen. Sie ist vielmehr in Übereinstimmung mit den unter 2.b. Genannten der Ansicht, dass eine im Ursprungsverfahren erfolgte Pflichtverteidigerbestellung nicht im Verfahren über den Wiederaufnahmeantrag fortwirkt. Die Begründungen, welche die Vertreter der herrschenden Meinung für ihre Auffassung geben, vermögen nicht zu überzeugen.
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Das Reichsgericht (RGSt 22, 97, 99; 29, 278, 279) begründete seine Auffassung von der Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung damit, dass nach § 339 StPO a.F. (jetzt: § 297 StPO) „der Verteidiger“ für den Angeklagten Rechtsmittel einlegen könne, diese Bestimmung gemäß § 405 StPO a.F. (jetzt: § 365 StPO) auch auf den Wiederaufnahmeantrag Anwendung finde und in § 406 StPO a.F. (jetzt: § 366 StPO) bezüglich des Antrags auf die Anordnung dieser Wiederaufnahme ausdrücklich auf den Verteidiger hingewiesen werde. Aus diesem – nach wie vor gültigen – Gesetzeswortlaut indes zu schließen, dass damit eine Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung aus dem Ausgangsverfahren postuliert oder vorausgesetzt werde, ist nach Ansicht der Kammer zumindest nicht zwingend. Die Vorschriften können genauso gut dahin verstanden werden, dass mit dem „Verteidiger“ entweder ein gewählter oder ein (erst) im Wiederaufnahmeverfahren bestellter Verteidiger gemeint ist; letzteres insbesondere deshalb, weil nach § 364a StPO bereits für die Erstellung eines Wiederaufnahmeantrags und nach § 364b StPO für dessen Vorbereitung ein Pflichtverteidiger beansprucht werden kann (SK-StPO-Frister/Deiters § 364a RN 7).
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Dass – so ein weiteres Argument der herrschenden Meinung – durch die Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung aus dem Ursprungsverfahren die besondere Sachkenntnis des Rechtsanwalts, der den Verurteilten im Erkenntnisverfahren verteidigt habe, für das Wiederaufnahmeverfahren erhalten werde, und dies nicht zuletzt im Interesse des Verurteilten selbst (so Dippel aaO), trifft in dieser Allgemeinheit schon deshalb nicht zu, weil für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens keine Antragsfrist besteht. Ein Wiederaufnahmeantrag kann vielmehr zeitlich unbegrenzt gestellt werden und wird weder durch die erfolgte Strafvollstreckung noch – soweit die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten beantragt wird (Meyer-Goßner aaO § 362 RN 2) – durch den Tod des Verurteilten ausgeschlossen (§ 361 Abs. 1 StPO). Eine Kontinuität mit dem Ursprungsverfahren und der dort geführten Verteidigung besteht deshalb häufig schon wegen des Zeitablaufs nicht (OLG Oldenburg NStZ-RR 2009, 208).
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Dem von Peters aaO vorgebrachten Argument, dass der Pflichtverteidiger zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrags berechtigt sei, da sich seine Bestellung auf das ganze Strafverfahren erstrecke, weshalb die Bestellung als Offizialverteidiger für alle Vorgänge vor der Tatsacheninstanz und damit auch für das Wiederaufnahmeverfahren gelte, ist entgegenzuhalten, dass nach allgemeiner Meinung die Rechtswirkung der im Erkenntnisverfahren erfolgten Pflichtverteidigerbestellung grundsätzlich mit der Rechtskraft des Urteils endet und sich noch nicht einmal im Vollstreckungsverfahren fortsetzt (vgl. Meyer-Goßner aaO § 140 RN 33 m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, weshalb dieser Grundsatz für das Wiederaufnahmeverfahren keine Geltung beanspruchen sollte, zumal, wie dargelegt, in den §§ 364a, 364b StPO nunmehr eine Pflichtverteidigerbestellung im Wiederaufnahmeverfahren schon in einem sehr frühen Verfahrensstadium möglich ist. Richtig ist zwar, dass ein Pflichtverteidiger im Erkenntnisverfahren grundsätzlich nicht nur für einzelne Verfahrensabschnitte, sondern für das gesamte Verfahren bestellt wird (Wasserburg aaO 309; Meyer-Goßner aaO § 140 RN 5). Das in diesem Sinne „ganze Strafverfahren“ endet aber eben mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung, so dass aus der Pflichtverteidigerbestellung allein gerade nicht auf ihre Fortwirkung im Wiederaufnahmeverfahren geschlossen werden kann.
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Des Weiteren führt die herrschende Meinung zu widersprüchlichen Ergebnissen in den Fällen, in denen der Verurteilte im Ursprungsverfahren keinen Pflichtverteidiger hatte, dieser später entpflichtet wurde oder die Verteidigung nicht mehr führen kann, gegenüber den Fällen, in denen der ursprüngliche Pflichtverteidiger noch zur Verfügung steht. In den erstgenannten Fällen kommt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nur unter den strengen Voraussetzungen des § 364a StPO in Betracht, während bei Annahme einer Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung diese Voraussetzungen nicht zwingend erfüllt sein müssen, weil der Verteidiger z.B. nach § 140 Abs. 1 StPO und nicht nach § 140 Abs. 2 StPO bestellt worden war. Dass eine solche Ungleichbehandlung der Verurteilten vom Gesetzgeber gewollt wäre, kann zur Überzeugung der Kammer nicht angenommen werden.
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Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers gemäß § 364a StPO nach allgemeiner Meinung, der die Kammer folgt, nur unter der (ungeschriebenen) Voraussetzung, dass der Wiederaufnahmeantrag hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Das Gericht ist nicht etwa verpflichtet, einen Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn der von dem Verurteilten beabsichtigte Wiederaufnahmeantrag offensichtlich mutwillig gestellt oder aussichtslos ist (LR-StPO-Gössel aaO RN 6; KK-StPO-Schmidt aaO RN 1). Für die Prüfung dieser Anspruchsvoraussetzung wäre, folgte man der herrschenden Meinung, in den Fällen, in denen dem Verurteilten im Ursprungsverfahren ein Pflichtverteidiger bestellt worden war, kein Raum, ohne dass erkennbar wäre, warum die Tatsache der Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Erkenntnisverfahren ein Grund dafür sein sollte, von der Prüfung dieser Anspruchsvoraussetzung abzusehen. Im Gegenteil: Folgte man der herrschenden Meinung, bestünde die Gefahr, dass ohne ein Kostenrisiko für den Verurteilten völlig aussichtslose Wiederaufnahmeanträge gestellt werden könnten, die konsequenterweise Gebührenansprüche der Pflichtverteidiger entstehen ließen, was zu einer aus Sicht der Kammer nicht zu rechtfertigenden Belastung des Steuerfiskus führen würde (ähnlich OLG Oldenburg NStZ-RR 2009, 208, 209).
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Auch der Umstand, dass im Gesetzentwurf zum 1. StVRG von einer Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung ausgegangen wurde (vgl. OLG Karlsruhe aaO), führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist bei der Auslegung von Gesetzen nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung, dem Sinnzusammenhang und dem erkennbaren Zweck der Vorschrift ergibt, zu forschen (BVerfGE 45, 272, 288; BGHSt 31, 128, 130). Angesichts der aus der von der herrschenden Meinung, die von einer solchen Fortwirkung ausgeht, vertretenen Auslegung des § 364a StPO folgenden, soeben dargestellten Unbilligkeiten und Widersprüchen ist die von der Kammer vertretene, vom Gesetzeswortlaut gedeckte Interpretation dieser Gesetzesvorschrift aus ihrer Sicht vorzugswürdig. Auch für die Vorschrift des § 364b Abs. 1 Satz 2 StPO, die unter der Prämisse einer Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung eingeführt wurde (BT-Drs. 7/551, S. 89; Wasserburg aaO S. 307, 310), verbleibt bei der von der Kammer vertretenen Auffassung ein sinnvoller Anwendungsbereich: Diese Vorschrift gilt für den Fall, dass dem Verurteilten zunächst nach § 364a StPO ein Verteidiger beigeordnet wurde, die aussichtsreiche Stellung eines Wiederaufnahmeantrags aber vorbereitende Ermittlungen voraussetzt (so auch SK-StPO-Frister/Deiters § 364b RN 12).
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Eine Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung des Rechtsanwalts C. W. im Erkenntnisverfahren für das verfahrensgegenständliche Wiederaufnahmeverfahren besteht nach allem nicht. Die Beschwerde war daher wie geschehen zu verwerfen.
22 
4. Ob das Amtsgericht Mannheim Herrn Rechtsanwalt C. W., wie er meint, frühzeitig darauf hätte hinweisen müssen, dass es nicht von einer Fortwirkung der Pflichtverteidigerbestellung ausgeht, und ob dem Rechtsanwalt aufgrund dieses Verhaltens des Amtsgerichts ein Amtshaftungsanspruch zusteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ein solcher Anspruch wäre gegebenenfalls vor den Zivilgerichten gelten zu machen (Art. 34 GG, § 839 BGB).
III.
23 
Der Ausspruch über die Gebührenfreiheit und die Nichterstattung von Kosten beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

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