Beschluss vom Landgericht Mönchengladbach - 5 T 517/03
Tenor
Unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Be-schlusses vom 5. September 2003 sind aufgrund des Be-schlusses des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt vom 14. März 2003 von dem Kläger an Kosten 1.161,16 EUR ? in Buchstaben: eintausendeinhunderteinundsechzig Euro und 16 Cent ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 28. März 2003 an die Beklagten zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 129,46 EUR.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger nahm die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 20. Februar 2002 in Anspruch. Der Unfallhergang war zwischen den Parteien streitig. Vorprozessual forderte der Kläger durch anwaltliches Schreiben vom 1. März 2002 die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.733,52 EUR unter Benennung von zwei Unfallzeugen auf. Die Beklagten, die der Meinung waren, dass im Unfallfahrzeug des Klägers keine weiteren Personen gesessen hätten, schalteten am 13. Oktober 2002 eine Anzeige in der Zeitschrift "Extra-Tipp", in der sie nach Unfallzeugen suchten. Gemeldet hat sich auf die Anzeige niemand. Durch die Anzeigenschaltung wurden Kosten in Höhe von 129,46 EUR verursacht.
4Nach Beweisaufnahme hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Ihm wurden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit Schriftsatz vom 27. März 2003 beantragten die Beklagten die Festsetzung von Kosten in Höhe von 1.211,16 EUR. Darin enthalten sind die Kosten für die Anzeige im Extra-Tipp in Höhe von 129,46 EUR. Das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt hat dem Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten mit Ausnahme der Anzeigenkosten stattgegeben. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist den Beklagten-Vertretern am 18. September 2003 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 30. September 2003, bei Gericht eingegangen am 1. Oktober 2003, haben die Beklagten Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt mit dem Antrag, auch die Anzeigenkosten in Höhe von 129,46 EUR festzusetzen. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
5II.
6Das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel der Beklagten ist als sofortige Beschwere gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO zulässig. Die Beschwerde wurde innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt. Sie überschreitet den notwendigen Beschwerdewert von 50,00 EUR, § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
7Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
8Die Anzeigenkosten der Beklagten gehören zu den notwendigen Kosten im Sinne von § 91 ZPO und sind festsetzungsfähig. Grundsätzlich sind Vorbereitungskosten eines Prozesses in demjenigen Umfang erstattungsfähig, der gerade der Vorbereitung dieses bestimmten Prozesses dient. Eine Sachdienlichkeit ist aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit großzügig zu bejahen. Die Maßnahme muss im Einzelfall zur Rechtsverfolgung erforderlich sein. Die Maßnahme muss auch in einem vernünftigen Verhältnis zur Sache stehen (Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, Kommentar zur ZPO, 61. Auflage, § 91 Rdz. 270). In Konkretisierung dieser Grundsätze hat das Kammergericht (MDR 1978, Seite 762) entschieden, dass die Kosten, die ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall aufwendet, um den flüchtigen Schädiger zu ermitteln, ersatzfähig sind. Das OLG Koblenz (MDR 1975, Seite 152) hatte zuvor bereits beschlossen, dass die Kosten einer während des Prozesses ausgesetzten Belohnung für die Benennung eines Unfallzeugens ebenfalls erstattungsfähig sind. In einer neueren Entscheidung hat das OLG Koblenz (NJW-RR 1999, Seite 1158) Kosten in Höhe von 1.000,00 DM als erstattungsfähig angesehen, die durch die Einschaltung eines Detektives zur Ermittlung der Anschrift eines Zeugen angefallen waren, nachdem der Zeuge trotz eingeholter Auskünfte bei zwei Melde- und einem Gewerberegister unauffindbar war. Allgemein werden Detektivkosten als erstattungsfähig angesehen, wenn durch die Einschaltung des Detektives den Beklagten die Möglichkeit gegeben wurde, sich gegen ungerechtfertigte Forderungen zu wehren und dies nur mit Hilfe des Detektivs möglich war (Zöller-Stöber, Kommentar zur ZPO, § 91, Stichwort Detektivkosten; LG Aschaffenburg, Schaden-Praxis 1994, Seite 267).
9Nach diesen Grundsätzen, der sich die Kammer anschließt, sind im vorliegenden Fall die Anzeigenkosten erstattungsfähig. Denn die Beklagten befanden sich in einer problematischen Beweislage. Der Kläger hatte vorprozessual zwei Zeugen für das Unfallgeschehen benannt, von denen die Beklagten ausgingen, dass sie den Unfall nicht beobachtet hätten. Im Falle eines Prozesses war zu erwarten, dass der Kläger die Beklagten zu 1) und 3) in Anspruch nehmen würde und die beiden Fahrzeuginsassen damit als Zeugen ausfallen. Im Erkenntnisverfahren ist unstreitig geblieben, dass mehrere Passanten den Unfall beobachtet haben; eine Feststellung der Personalien dieser potenziellen Zeugen aber unterblieben ist. In dieser Situation stellte die Schaltung einer Anzeige zur Ermittlung von Zeugen eine prozessbezogene, vernünftige Maßnahme dar. Die angefallenen Kosten von 129,46 EUR standen auch nicht in einem Missverhältnis zur Höhe des vorprozessual geltend gemachten Schadens von 2.733,52 EUR. Die Schaltung einer Anzeige im Extra-Tipp war zudem erheblich kostengünstiger als gegebenenfalls die Einschaltung eines Detektives zur Auffindung der Zeugen.
10Eine Erstattungsfähigkeit scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil sich niemand auf die Anzeige gemeldet hat. Zutreffend hat das OLG Hamm (Beschluss vom 2. August 1990, Aktenzeichen: 23 W 364/90, zitiert nach Juris: Nr.: KORE 412029100) für den Anfall von Detektivkosten geurteilt, dass diese auch dann erstattungsfähig sind, wenn ihre Aufwendung der Partei zum Zeitpunkt der Beauftragung des Detektives bei vernünftiger Beurteilung der Situation als prozessnotwendig erscheinen müsste, gleichviel, ob sich die Einschaltung des Detektivs im Nachhinein als prozessfördernd erwiesen hat oder nicht. Entscheidend ist damit die Sachlage zum Zeitpunkt der Schaltung der Anzeige. Zu diesem Zeitpunkt war es aus den oben geschilderten Gründen aus Sicht der Kammer sachgerecht, die Anzeige zu schalten.
11III.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
13Die Rechtsbeschwerde wird aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit zugelassen.
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