Beschluss vom Landgericht Mönchengladbach - 5 T 166/04
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt vom 25. März 2004 abgeändert.
Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Amtsgericht F wird für begründet erklärt.
1
Gründe:
2Die gemäß §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg. Entsprechend § 42 Abs. 2 ZPO besteht aus Sicht des Klägers ein objektiv vernünftiger Grund, der ihn besorgen lassen kann, der abgelehnte Richter stehe ihm nicht unbefangen gegenüber.
3Diese Sorge ergibt sich bei einer Gesamtschau des Verhaltens des Richters, die sich sowohl aus der Reaktion auf die Einwände des Klägers gegen den Beweisbeschluss vom 29.08.2003 als auch aus dem Inhalt seiner dienstlichen Äußerung zu dem Ablehnungsgesuch zusammensetzt.
4Richtig weist das Amtsgericht zwar darauf hin, dass ein Ablehnungsgrund grundsätzlich nicht aus den rechtlichen Beurteilungen und der Verfahrensweise des Richters abgeleitet werden kann. Denn im Ablehnungsverfahren geht es nicht um die Richtigkeit der Entscheidungen des Richters. Selbst wenn der Richter - wie nachfolgend darzulegen ist - das Verfahrensrecht verkannt hat, kann daraus für sich allein ein Ablehnungsgrund nicht gefolgert werden.
5Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist indessen dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrensrechts durch den Richter sich so weit von den anerkannten rechtlichen - insbesondere verfassungsrechtlichen - Grundsätzen entfernt, dass sie aus Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheint und dadurch für eine willkürliche oder doch jedenfalls sachfremde Einstellung des Richters sprechen kann (vgl. z. B. VerfGH Berlin Beschluss vom 3. Mai 2001 - VerfGH 53/01 m. w. Nw.; auch BAG, MDR 1993, S. 393). Diese Voraussetzung sieht die Kammer hier als erfüllt an, weil der Richter in mehreren Punkten essentielle Verfahrens-Grundrechte des Klägers verletzt und der Richter - obwohl er durchaus Gelegenheit hierzu hatte - sachliche oder doch zumindest rechtlich nachvollziehbare Gründe, die ihn für seine Anordnung bewogen hatten, nicht offen gelegt hat:
6Für rechtlich unvertretbar hält die Kammer, dass der Richter nicht die gem. § 404 Abs. 4 ZPO verbindliche Einigung der Parteien auf Benennung des Sachverständigen B alternativ auf M in den Schriftsätzen des Beklagtenvertreters vom 27.04.2003 Bl. 48 R und des Klägervertreters vom 28.05.2003 Bl. 50 zur Kenntnis genommen hat. Mag die Abfassung des Beweisbeschlusses vom 29.08.2003 noch auf einem Versehen beruhen, so erscheint es aus der Sicht des Klägers nicht mehr nachvollziehbar, dass der Richter nach einem ausdrücklichen Hinweis des Klägervertreters auf die Einigung der Parteien im Schriftsatz vom 24.11.2003 und die namentliche Benennung der Sachverständigen seine Rechtsauffassung nicht überprüft, sondern mit Beschluss vom 19.01.2004 kommentarlos dem Kläger zur Einzahlung eines Vorschusses eine Frist bis zum 16.02.2004 gesetzt hat.
7In ähnlich schwerwiegender Weise unvereinbar mit den Grundsätzen des rechtlichen Gehörs ist die Tatsache, dass der Richter auf die Einwände des Klägers (Bl. 63, 64) gegen seine Verpflichtung zur Vorschusszahlung und auf den Befangenheitsantrag gegen den vom Gericht ausgewählten Sachverständigen Z nicht eingeht, sondern ohne Begründung eine weitere Frist zur Vorschusszahlung mit Beschluss vom 19.01.2004 festsetzt und über das Befangenheitsgesuch entgegen § 406 Abs. 4 ZPO nicht entscheidet. Auch daraus musste sich dem Kläger der Eindruck aufdrängen, der Richter nehme sein Vorbringen nicht zur Kenntnis.
8Gleichermaßen unverständlich ist, dass der Richter in seiner dienstlichen Äußerung unter Hinweis auf § 404 ZPO mitgeteilt hat, dass ihm kein Sachverständiger bekannt war und er deshalb bei den Familienrichtern um Auskunft gebeten hat, obwohl sich die Einigung der Parteien unzweifelhaft aus den o.g. Schriftsätzen der Parteien ergibt. Daraus konnte der Kläger den Eindruck gewinnen, der Richter sei jedenfalls in diesem Verfahren nicht mehr bereit, seine eigene Rechtsauffassung kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern.
9Darauf, ob der abgelehnte Richter im vorliegenden Fall tatsächlich befangen ist - wovon die Kammer ausdrücklich nicht ausgeht - kommt es, wie stets im Ablehnungsverfahren, nicht an. Entscheidend ist allein, dass eine solche Sorge aus Sicht der Partei verständlich erscheint. Letzteres ist hier der Fall, weil für eine Partei wie den Kläger angesichts der Offensichtlichkeit des Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG die Vermutung, der Richter stehe seinem Anliegen nicht unvoreingenommen gegenüber, nicht völlig fern lag.
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